Kapitel 51

Carl, mein lieber Carl, ich kann unser Glück noch gar nicht fassen«, schwärmte Katharina überglücklich, als sie nach der feierlichen Trauung vor die Kirche traten und den Applaus der Hochzeitsgesellschaft genossen. Es war ein wunderschöner, kalter, aber sonniger Tag, und das Glockengeläut der Klosterkirche von Sankt Christina wurde vom Wind über den nahen Dorfkern getragen. Schon während der Trauzeremonie hatte die Sonne durch die bunte Verglasung der Kirchenfenster über dem Altar geschienen und den Chorraum festlich in allen Farben erstrahlen lassen.

Hermann Westebbe, der grau melierte Pfarrer, hatte wunderschöne Worte gefunden, die ihr gemeinsames Glück in den kommenden Jahren begleiten würden.

»Es geht mir ganz genauso, Prinzessin«, antwortete Carl mit vor Rührung belegter Stimme. Seine stahlgrauen Augen schimmerten feucht, und noch immer schien er sich nicht an ihr sattsehen zu können. Ihr Kleid war wirklich ein Traum in Weiß geworden, der Schneider in Gütersloh hatte all ihre Wünsche erfüllt. Voller Stolz hatte ihr Vater, festlich gekleidet, im schwarzen Anzug, sie zum Altar geleitet, wo Carl sie bereits erwartet hatte. Während sie durch das Kirchenschiff geschritten waren, galten ihnen die bewundernden Blicke aller anwesenden Gäste. Neben den beiden Familien waren alle ihre Freunde geladen worden. Dabei war Katharina aufgefallen, dass sich Lina an die Seite von Rudolf Zenker gesetzt hatte. Immer wieder hatten die beiden angeregt miteinander getuschelt. Katharina war es recht, denn Zenker war sicherlich eine gute Partie für ihre Freundin. Sie war froh, dass Carl dem Glück der beiden ein wenig auf die Sprünge geholfen hatte.

»Du bist die schönste Braut, die ich je gesehen habe«, raunte ihr Carl ins Ohr.

»Wie viele Bräute hast du denn schon gesehen?«, fragte sie ihn augenzwinkernd.

»Eine ganze Menge«, behauptete ihr Mann lachend. »Doch du bist mit Abstand die Allerschönste!« Um seine Worte zu unterstreichen, küsste er sie vor den Augen der Hochzeitsgesellschaft. Unter dem Applaus der Gäste lächelte das Brautpaar sich an, bevor sich Katharina an die Anwesenden wandte.

»Meine Lieben«, sagte sie, »ich bin so froh, dass ihr uns in diesem schönsten Augenblick unseres Lebens begleitet habt, dass ihr Zeugen unserer Trauung geworden seid und dass ihr uns eure Glückwünsche ausgesprochen habt. Bevor es jetzt an den geselligen Teil der Hochzeitsfeier geht, möchte ich noch einen alten Brauch aufleben lassen.« Sie hob die Hand, in der sie ihren Brautstrauß hielt, und betrachtete die Blumen. Kurz zögerte sie, doch als sie Carls aufmunterndes Nicken sah, wandte sie den Gästen den Rücken zu. Innerlich zählte sie bis drei, dann holte sie aus und warf den Brautstrauß aus beiden Händen über den Kopf nach hinten in die Menge. Kurz herrschte ein Tohuwabohu unter den weiblichen Gästen.

»Ich hab ihn!«, rief dann eine helle Stimme. Als Katharina sich schnell umwandte, sah sie, wie Lina mit ihrem Strauß in der Hand jubelte. »Ich hab ihn!«, rief sie immer wieder und strahlte über das ganze Gesicht. Lina tanzte unter dem Applaus der anderen im Kreis und hielt den Strauß wie eine Trophäe in die Höhe. Neben ihr stand Rudolf Zenker. Seine Wangen röteten sich leicht, als er sie mit einem sehnsüchtigen Lächeln ansah.

Katharina klatschte begeistert in die Hände.

»Na bitte«, flüsterte Carl ihr ins Ohr. »Hat doch geklappt.«

»Was hat geklappt?«

»Nun, du hast gerade Amors Pfeil abgeschossen«, grinste Carl. »Es war doch sicher Absicht, deine Freundin mit dem Strauß zu beglücken, oder irre ich mich?«

»Nein.« Lächelnd schüttelte Katharina den Kopf. »Natürlich nicht. Ich wünsche es Lina so sehr, dass sie endlich einen Mann findet, mit dem sie glücklich wird. So glücklich, wie ich es an deiner Seite sein werde, mein geliebter Carl.«

ENDE