The bear was hungry,
the bear was ravenous,

Die Innenstadt ist ein hungriges Biest, das seine Kinder frisst: Silberfarbene Lincoln Continentals saugen Minderjährige ein, sexuell zügellose alte Touristen aus den Vorstädten pumpen nutzlose Lust in Menschen, die sie für ebenso austauschbar halten wie die Kondome, mit denen sie sich vor potentieller Ansteckung schützen.

Sie fahren satt und selbstgefällig nach Hause und glauben, sie hätten der Straße mal wieder ein Schnippchen geschlagen, ohne zu wissen, dass die Straße sie durchschaut. Die Kids haben bei dem Handel viel mehr von ihnen gelernt als umgekehrt. Sie können sich nicht vorstellen, dass die Menschen, die sie wie Müll zurücklassen, dem Universum mehr mitzuteilen haben als deren reiche, weiße und wertlose Kundschaft.

Ich stand in Maddys Stiefeln in einem Türeingang, meine Seele und meine Füße schmerzten, und ich fragte mich bereits, ob vielleicht beide bei dieser Eskapade dauerhaft Schaden nehmen könnten.

Denis und Vicki hatten einen Riesenspaß dabei gehabt, mich aufzutakeln. Denis hatte seine Drag-Klamotten ausgepackt und mich mit einem erstaunlich winzigen Mikrorock und Riesenwimpern aufgepimpt (den ganzen Abend über kam es mir vor, als hätten sich Ringelspinnerraupen auf meinen Lidern breitgemacht, und ich musste mir große Mühe geben, nicht zum Gegenangriff überzugehen). Die beiden hatten sich kaputtgelacht, als sie mir die Haare zu einem furchterregenden Unheiligenschein auftoupierten und Denis mir einreden wollte, die alten Dehnungsstreifen auf meinem Bauch würden den von meinem Neckholder-Top freigegebenen Anblick nur noch heißer machen. Heikler hätte es eher getroffen, dachte ich, aber vorausgesetzt, mir schaute niemand genauer in mein stark geschminktes Gesicht, würde man mich wahrscheinlich für eine verbrauchte Achtundzwanzigjährige halten, das musste ich zugeben.

Was ich zum Teufel tun würde, falls mir tatsächlich jemand so nah kam, wusste ich allerdings nicht.

Als sie fertig waren, erschrak ich selbst, wie ähnlich ich Maddy auf dem Foto sah. Wenn mich die richtigen – die falschen – Leute sahen, würde ich bestimmt einige Gemüter in Wallung bringen.

Hep war am Wochenende zum Essen gekommen, mit Hepburn-Hut und Klamotten, Stehkragen und Alkohol – und einem unaussprechlichen Malt Whiskey namens Laphroaig, der geschmeidig die Kehle hinunterfloss –, ich machte Meeresfrüchtepastetchen, und nur meine Sozialarbeiterethik hielt mich davon ab, passende Aktivitäten nach dem Essen anzuregen.

Ganz offensichtlich vertrat sie dieselben ethischen Vorstellungen oder merkte gar nicht, was in der Luft lag, denn sie kam direkt zum Geschäft. Wir sprachen über ihren letzten Besuch bei Maddy, gingen alles Minute für Minute durch. Sie war zu Maddy gefahren, hatte ihr einen Scheck zum Geburtstag geschenkt. Das war eine Woche vor dem Mord gewesen. 

»Sie hat gesagt, dass sie ihn nicht haben will. ›Ich hab Angst, wofür ich ihn vielleicht verwende‹, meinte sie. Aber ich hab ihr versichert, dass ich ihr vertraue, und ihn ihr in die Tasche gesteckt. Da waren zwei Männer, mit denen sie gestritten hat, weshalb sie mich bat zu gehen. Sie erklärte, den beiden müsse sie im ›Attitude-Modus‹ begegnen, und da könne sie nicht wie beim Pingpong hin und her springen. Das hab ich verstanden, also bin ich gegangen.«

»Wie haben die Männer denn ausgesehen?«

»Suspekt.«

Ich lachte viel zu übertrieben. »Komm schon Hep, ich sehe auch suspekt aus, Denis sieht suspekt aus. Suspekt ist in! Ich brauch was weniger Allgemeines.«

»Ich meine, so richtig suspekt. Gefährlich …«

»Das auch. Was ist mit Größe, Gewicht …?«

»Wie viel größer bist du in den Stiefeln?« Sie nickte Richtung Maddys Dienstkleidung, die an der Wand lehnte, Bun schlief auf den Spitzen.

»Ungefähr eins achtundsiebzig, denke ich. Gib nochmal zwölf bis fünfzehn Zentimeter dazu.«

»Maddy war eins dreiundsechzig, dann war sie damit also eins fünfundsiebzig. Der eine war größer, der andere kleiner als sie. Aber nicht viel. Der eine hatte einen sehr schlechten Anzuggeschmack. Der andere trug keinen, der hatte einen sehr schlechten Bomberjackengeschmack. Genau. Der größere hatte lange dunkelblonde Haare und sie zu einem, wie ich sofort fand, schmierigen Pferdeschwanz zusammengebunden. Kann sein, dass er frisch gewaschen war, aber er hat einfach schmierig ausgesehen. Er hatte einen Ohrring mit irgendwas dran, kann ein Totenschädel gewesen sein, und er hat Klamotten getragen so wie schwarze amerikanische Jugendliche in Rockvideos. Aber er war nicht Schwarz. Er war käsig und picklig. So wie Maddy, nur noch schlimmer. Der im Anzug hatte dunklere Haut, war aber ein Weißer, und sein Anzug wirkte genauso schmierig, aber auch das ist nur ein subjektiver Eindruck. Ich denke, der war aus diesem glänzenden Stoff, den man früher Sharkskin nannte. Und er war dick.« 

»Kommt mir vor, als hättest du gerade ein Drittel der Innenstadtbevölkerung beschrieben. Hatten die denn gar nichts Unverwechselbares an sich?«

»Meinst du, dass einer eine Hasenscharte und der andere ein Hinkebein hatte?«

»Echt?«

»Nein.«

»Scheiße.«

»Genau.«

Wie ich Hep gesagt hatte, entsprach jeder dritte, der an mir vorbeiging, der Beschreibung, die sie mir gegeben hatte, auch wenn man geringfügige Abweichungen nicht mitzählte – dicke, schmierige Typen mit Pferdeschwänzen; dunkelblonde Männer ein bisschen größer als ich, in glänzenden italienischen Anzügen etc. Ich musste davon ausgehen, dass Heps Männer Geschäfte auf der Straße machten, Betrug oder Drogenhandel, was diejenigen ausschloss, die offensichtlich nur Nutten aufreißen wollten.

Wie sieht einer aus, der Nutten aufreißen will? Nervös und ängstlich, von seinem Chef gesehen zu werden (als wäre es nicht mindestens so verfänglich, wenn sich der Chef hier herumtreibt); großspurig, als wollte er die Welt davon überzeugen, dass er normalerweise nicht dafür bezahlen muss; ernst, als wolle er allen weismachen, er hätte nur nebenan was abzuliefern; schleimig, als wolle er seine falsche Rolex drauflegen, weil er nicht genug Geld hat …

Ich hatte mehrere Begegnungen am frühen Abend, die meinen Entschluss, das alles nicht persönlich zu nehmen, hart auf die Probe stellten. Ich beschloss, die Preise so weit zu heben, dass potentielle Freier abgeschreckt wurden.

Die Reaktion war jedes Mal dieselbe:

»Wie viel? Für dich? Was hast du denn genommen?«

Du lieber Himmel, danke auch. »Du hast recht«, sagte ich zu dem dritten. »So guten Sex hast du gar nicht verdient. Irgendwann wirst du vergessen, dass du mir je begegnet bist, dann kannst du nachts auch wieder schlafen.«

Er starrte mich ausdruckslos an, drehte sich zu Vicki um und sagte: »Und du?«

Ihr Tarif bewegte sich im gängigen Rahmen. Sozusagen.

Als ich alleine an der Ecke stand, beschloss ich, mich in meinen Türeingang zu verziehen und mal Pause zu machen. Ich lehnte an der Wand des Klinkergebäudes und dachte gerade, dass Rauchen das Gesamtbild ergänzen würde, als mir jemand vertraulich ins Ohr raunte und ich vor Schreck beinahe aus Maddys Stiefeln gesprungen wäre.

»Maddy? Ich hab dich letzte Woche vermisst!«

Maddy? Guckte der Typ nicht in das Gesicht über den hochgeschnallten Titten und den Fick-mich-Stiefeln? Wahrscheinlich waren die Flaschenböden vor seinen Augen nicht nur Deko. Der Typ sah aus wie ein Freak, aber das taten sie inzwischen alle. Selbst Ed Asner hätte ausgesehen wie ein Freak.[2] 

»Ich hab eine halbe Stunde lang auf dich gewartet«, fuhr er fort.

»Ach so, wann denn?«

Auch meine Stimme störte ihn nicht. Das wiederum störte mich. Bis ich das Hörgerät sah.

»Um dieselbe Zeit, wie immer.« Ich sah auf die Pixel-Uhr im Drugstore gegenüber. 23:32 Uhr.

»Wir müssen reden«, sagte ich.

»Ich hab unser Zimmer gebucht, auch wie immer«, sagte er. »Komm. Ich kann mir diese Woche nicht länger freinehmen.«

Er hatte tatsächlich ein Stifte-Etui in der Brusttasche über dem Herzen. Vielleicht schützte ihn das ja ein bisschen, hoffte ich. Ich wartete, bis wir im Zimmer waren.

»Wie heißt du?«, fragte ich ihn. Er guckte verletzt.

»Norman …«, sagte er zögerlich. »Das weißt du doch.«

»Maddy wusste das, Norman, aber ich bin nicht Maddy.«

»Wie meinst du das?«

»Ich …« Ich beschloss auszupacken. »Ich hab mich absichtlich angezogen wie sie. Norman, Maddy wurde letzte Woche ermordet, als du auf sie gewartet hast. Die haben sie tot an der Uferböschung liegenlassen, wie einen Müllsack. Ihre Familie will, dass ich herausfinde, wer das war. Wirst du mir helfen?«

Seine Augen füllten sich mit Tränen. Er zog ungelenk die Brille ab und tastete nach der Bettkante. Ich half ihm, sich zu setzen, dann nahm ich ihn in den Arm und er weinte. Als er sich beruhigt hatte, fragte ich ihn sanft: »Wie lange hast du Maddy denn gekannt?«

»Zwei Jahre«, sagte er und wischte sich mit dem Handrücken über die Nase. Auf dem Gebiet kannte ich mich aus. Ich griff nach der Kleenexbox und gab ihm gleich mehrere. »Nächste Woche sind es zwei Jahre, dass wir uns kennengelernt haben. Ich hab für zwei Extra-Stunden gespart. Ich wollte sie zu unserem Jahrestag ausführen.«

Er löste sich von mir, schnäuzte sich und richtete sich auf. 

»Ich weiß, dass es ihr nicht dasselbe bedeutet hätte wie mir, und ich weiß auch, dass die Situation keine ist, deren Jahrestage man feiern sollte, aber mit Maddy bin ich einer Beziehung näher gekommen als sonst jemals in meinem Leben, und dafür war ich wirklich dankbar. Ich weiß, mein Bruder sagt, dass mein Leben beschissen ist, aber ich komme klar damit, und Maddy hat eine wichtige Rolle darin gespielt. Ich kann nicht glauben, dass sie tot ist.«

»Ich hab ihre Leiche gesehen. Glaub es lieber.«

»Ich wusste nicht, dass sie Familie hat. Außer ihrer Großmutter. Ich hab mir The African Queen angesehen, nachdem Maddy mir von ihr erzählt hatte.«

Wenn Maddy genug Vertrauen zu ihm hatte, um ihm von ihrem wahren Leben zu erzählen, vertraute ich ihm auch.

»Maddys Großmutter Hep will, dass ich herausfinde, was passiert ist. Vicki und ich – du weißt, wer Vicki ist?« Er nickte. »Wir fanden, ich sollte es mal als Hure versuchen und schauen, ob ich auf Hinweise stoße. Als ich die Klamotten anhatte, sah ich Maddy ganz schön ähnlich, und wir dachten, vielleicht lockt das jemanden aus der Reserve.«

Er berührte mein Haar. »Deine Haare fühlen sich besser an«, sagte er.

»Na ja, ich versuch mein Leben ja auch nicht chemisch zu verschönern.«

»Sie hat gesagt, sie hört auf.«

»Hat sie auch gemacht. Ganz schön blöd, hm? Gerade als sie die Chance auf ein besseres Leben hatte, knipst ihr jemand das Licht aus. Norman, es würde echt helfen, wenn du mir von dir und Maddy erzählst, was ihr gemacht habt. Zu welchen Uhrzeiten, an welchen Orten, und was sie gesagt hat …«

»Ich arbeite oft bis spät. Ich bin Softwaredesigner für Spiele, und ich habe lange Arbeitszeiten.« Du lieber Himmel, er war wirklich ein Freak im wahrsten Sinne des Wortes, ein Computerfreak! »Eines Abends bin ich Maddy auf dem Heimweg nach der Arbeit begegnet. Ausnahmsweise bin ich mit dem Taxi nach Hause. War ein schrecklicher Tag gewesen. Und ich hatte mich am Telefon mit meinem Bruder gestritten. Er hat mir zugesetzt wegen meinem Leben, dabei muss der gerade was sagen. Er ist älter als ich und lebt noch bei meinen Eltern im Keller. Aber er ist Anwalt, deshalb denkt er, er hat es zu was gebracht, und ich mit meiner Behinderung entwerfe ja bloß Computerspiele. Das macht mich doch zum Nerd, richtig?«

»Falsch«, sagte ich.

»Danke für das Vertrauen, aber ich habe Bimbos Of The Death Sun gelesen.«

Ich auch, ich musste laut lachen. Er fuhr fort.

»Das war einfach so ein Impuls, mit dem man sich normalerweise Ärger einhandelt. Sie hat gefragt: ›Lust auf eine kleine Rundfahrt?‹ Dabei saß ich ja im Wagen. Ich hab gelacht, aber dann hab ich plötzlich einfach gesagt: ›Klar, spring rein.‹ In der Woche drauf bin ich ungefähr zur selben Zeit nach Hause gefahren, und sie hat mich erkannt. ›Hey, Norman‹, hat sie gesagt, ›alles fit im Schritt?‹ Das hat noch nie jemand zu mir gesagt. Mir war’s peinlich. Aber in der Woche drauf bin ich wieder mit ihr mit. Wir haben uns mit der Zeit ganz gut kennengelernt. Und an meinem Geburtstag, hat sie …« Er schniefte wieder, von Tränen überwältigt.

»Sie hat …?«

»›Geht aufs Haus‹, hat sie gesagt. ›Ein Geschenk. Für … für einen Freund‹, hat sie gesagt.« Jetzt standen uns beiden Tränen in den Augen.

»Was wusstest du über ihr Leben, Norman? Was hat sie dir erzählt?«

»Also … sie hat mit Vicki zusammengelebt. Sie waren verliebt, aber Maddy hat mir mal gesagt, dass Vicki sie mehr liebt als umgekehrt und sie deshalb ein schlechtes Gewissen hatte. Deshalb war sie immer sehr vorsichtig, wenn es um Vickis Gefühle ging. Als sie von den Drogen wegwollten, hat ihr das geholfen, weil Vicki an Maddy geglaubt hat, und Maddy wollte Vicki nicht enttäuschen. Sie meinte, das wäre nicht fair, das wäre, als würde man einen jungen Hund treten.

Sie hatte keinen Zuhälter. Manchmal hat sie in einer Kooperative gearbeitet, hat sie gesagt, aber für keinen Zuhälter. Das war ihr wichtig. Sie hat gesagt, sie hätte schon einen Affen auf dem Buckel, sie bräuchte nicht gleich eine ganze Armee davon. Vor ein paar Wochen wurde es heftig. Da hatte sie ein blaues Auge. Ich hab sie gefragt, ob sie vielleicht einfach nur reden will, aber dann haben wir doch … na ja, du weißt schon … jedenfalls hat sie gesagt, ihr ging’s schon besser, wenn sie …, wenn sie Zeit mit einem anständigen Menschen verbringt. Sie meinte: ›Männer sind Schweine, weißt du das, Norman? Ich hab nicht nur im Gesicht blaue Flecken.‹ Und das stimmte. Ich hab einen gesehen … an der Brust und an ihrem, na ja Oberkörper, an der Seite … und am Bein, große dunkle blaue Flecken in einer komischen Form, wie Cursorpfeile. Sie meinte, ›Cowboystiefel sind echt krass‹, und da hab ich kapiert, dass jemand sie getreten hat.«

Einen Augenblick später fragte er: »Wie heißt du?« Ich sagte es ihm, und er wiederholte es ein paar Mal langsam. »Bist du eine echte Prostituierte?«

»Nein, ich fürchte nicht. Ich hab nur Witze darüber gemacht, dass ich ja eine werden könnte, weil ich arbeitslos bin. Aber weißt du was, Norman? Je mehr ich über Maddys Leben erfahre, umso klarer wird mir, wie schlecht ich darin wäre. Ich mag Sex, aber um Sex geht es gar nicht, oder?«

»Sie meinte, normalerweise nicht. Deshalb würde es mit mir ja auch Spaß machen. Sie hat gesagt, mit mir hätte es ihr gefallen. Ich weiß, man sagt ja, dass das alle Prostituierten sagen, aber Maddy …«

»Ich denke, sie hat’s ernst gemeint, Norman.«

»Also das ist so«, sagte er, »es gibt schon ein paar Sachen, die ich echt gut kann. Ich glaube, dass ich in allem schlecht bin, was ich als Kind gelernt hab. Ich wurde immer wegen allem gehänselt; da war’s besser, es gar nicht erst zu versuchen, und wenn ich’s doch mal versucht hab, stand schon im Drehbuch, dass ich Mist bauen würde. Aber als ich ausgezogen bin und versucht habe, neue Sachen zu lernen, war das wie ein Neuanfang, und ich war viel besser darin. Mit dem Sex war das auch so. Maddy und ich hatten Spaß. Sie hat sich locker gemacht, und ich durfte sie sogar anfassen. Sie hat gesagt ›Nutten‹ …«, ich hörte die Anführungsstriche an seiner Betonung, »… lassen das normalerweise nicht zu.«

Wir blieben einen Augenblick schweigend sitzen, dann sagte er: »Jetzt weißt du, warum ich mich so erschrocken habe, als ich dachte, sie hätte meinen Namen vergessen.«

Ich musste in meinen Stiefeln mit der U-Bahn nach Hause, weil Vicki immer noch nicht von ihrem letzten Freier zurück war. Als ich ausstieg, lag die Asiatin, der ich vorher schon begegnet war, auf einer Bank auf dem Bahnsteig. Sie schlief nicht. Sie sah mich an, als wäre ich gerade in ihr Wohnzimmer spaziert.

»Ne hao ma«, sagte ich.

»Riesendinger«, sagte sie. Ganz kurz dachte ich, sie hätte meine Titten gemeint, aber dann sah ich, dass sie mir auf die Stiefel stierte. Definitiv auf die Stiefel. Mein kurzzeitig erschüttertes Vertrauen in ihre Zurechnungsfähigkeit war wieder hergestellt.

Fuckwit war ebenfalls froh, sie zu sehen. Bunnywit, meine ich. Er schlängelte sich um meine Beine, aber es ging ihm gar nicht um mich. Als ich die Stiefel an die Wand neben dem Eingang stellte, blieb er schnurrend dort sitzen, und selbst als er den Löffel in der Futterdose klappern hörte, kam er nur ganz langsam näher. Sollten seine Eingeweide zu mir gesprochen haben, hatte ich ihre Botschaft nicht verstanden. Er schlief die ganze Nacht auf den Stiefeln.