Als ich mit dem Training bei DB anfing, hatte ich oft Heimweh. Wenn es wirklich schlimm wurde, ließ Yujin mich in ihr Büro, damit ich mich dort verstecken und vor mich hin weinen konnte. Sie streichelte meinen Rücken, und ich atmete den Eukalyptusduft ein, der von den Zimmerpflanzen auf ihren Bücherregalen und ihrem Schreibtisch ausging. Bis heute erinnert mich der Geruch nach Eukalyptus genauso an zu Hause wie der nach den süßen gerösteten Nüssen, die es in New York an jeder Straßenecke zu kaufen gibt.

»Setzt euch«, sagt Yujin und bedeutet Akari und mir hereinzukommen, nachdem wir grüßend den Kopf geneigt haben. Sie zeigt auf die weißen Lederstühle an ihrem Schreibtisch. Sie begutachtet skeptisch mein Gesicht. »Was ist mit deiner Augenbraue passiert?«

»Oh, ähm …« Ich lächele verschämt. »Nur ein neuer Stil, den ich ausprobiere.« In der heutigen Stunde für Schönheit und Äußeres ging es darum, wie wichtig Augenbrauenpflege ist. Akaris Brauen sind von Natur aus dicht und gerade, perfekt für die angesagte Koreanische »Boy Brow«-Ästhetik. An meinen hingegen musste ich etwas mehr arbeiten, und vielleicht habe ich es am Ende mit der Pinzette ein wenig übertrieben. Ich streiche über

Sie runzelt die Stirn und lehnt sich zurück. »Was kann ich für euch beide tun?«, fragt sie.

Eine überraschende Kälte in ihrer Stimme macht mich nervös. Ich werfe Akari einen Blick zu, und sie nickt ermutigend. Okay. Ich schaffe das. Ich hole tief Luft und lege los.

»Ich habe eine Idee, wie ich vielleicht eine zweite Chance auf das Duett mit Jason bekomme«, sage ich. Ich nicke Akari zu, die ihr Handy aus der Tasche zieht. Sie hält es Yujin hin und spielt das Beauty-Video mit den Kirschblüten ab. »Hast du das schon gesehen?«, frage ich.

»Natürlich. Das Kirschblütenfest war letzte Woche. Das Video war überall.« Sie runzelt die Stirn noch stärker. »Was schlägst du vor? Willst du mit irgendeinem lächerlichen Lidschatten deine Tanzdarbietung wiedergutmachen?«

Ich verziehe das Gesicht. Ich weiß, dass jetzt, wo ich alt genug für mein Debüt bin, alles anders ist, aber manchmal vermisse ich die Zeit, in der ich auf Yujins Couch sitzen und weinen durfte. »Nein, das nicht«, sage ich. Ich lasse mich nicht so leicht von meinem Plan abbringen. »Aber du hast es gerade selbst gesagt: Das Video war überall. Und jetzt will SKII ihr einen Sponsorenvertrag anbieten, und sie hat mehr Möglichkeiten, als sie sich je erträumt hätte. Wenn ein Video viral ist, reden die Leute. Und andere müssen zuhören.«

Ich zupfe am Ärmel meiner Bomberjacke. Ich hatte mir vorgestellt, dass ich aus Yujins Büro stolziere wie Sandra Bullock beim Met Ball, mit einem perfekt ausgeklügelten Plan und einem Team aus Spezialistinnen, die sie dabei

Yujin schweigt. Akari und ich beugen uns beide erwartungsvoll vor.

»Das ist die lächerlichste Idee, von der ich je gehört habe.«

Ich lasse den Kopf hängen. So viel zu meiner Ocean’s 8-Phantasie.

»Dein Casting war nicht nur eine Enttäuschung, Rachel. Es war eine Katastrophe«, sagt Yujin mit zusammengezogenen Augenbrauen. Ich lasse mich in meinen Stuhl zurücksinken, aber Yujin ist noch nicht fertig. »Du bist jetzt seit sieben Jahren bei DB. Du weißt, wie es läuft. Niemand zwingt dich, hier zu sein. Du musst es wollen. Du musst etwas dafür tun. Wie soll ich dir glauben, dass du ein Duett mit Jason singen kannst, wenn du es Berichten zufolge immer noch nicht durch den Medienunterricht schaffst? Und wie willst du ein virales Video machen, wenn du Angst vor der Kamera hast?«

Ein Kloß bildet sich in meiner Kehle. Sie hat recht. Natürlich hat sie recht. Eine Welle aus Scham und Verlegenheit schlägt über mir zusammen. Wie konnte ich nur denken, dass sich das alles so leicht retten lässt? Ich beiße mir auf die Lippe und nicke, während ich versuche, die Tränen zurückzuhalten.

»Schau mich an, wenn ich mit dir spreche«, sagt Yujin scharf. Ich hebe den Kopf. »Wir hatten alle so hohe Erwartungen in dich gesetzt, Rachel. Ich hatte hohe

Die Scham drückt mir auf die Brust. »Es tut mir so, so leid, Yujin. Ich weiß, dass ich dich enttäuscht habe. Aber ich weiß auch, dass ich es besser kann. Bitte gib mir noch eine Chance, weil … weil …«

Yujins kalter Blick erinnert mich an das leere Auge der Kamera, und ich lasse den Kopf hängen. Alles, was ich eben noch sagen wollte, ist verschwunden. Was soll ich auch sagen? Es gibt nichts zu sagen. Nichts, was ich tun oder sagen könnte, könnte das hier wiedergutmachen.

»Weil du dich daran erinnerst, wie es war, Rachel und Jason zusammen singen zu hören.« Akari drückt meine Hand. Sie schaut Yujin direkt in die Augen und spricht selbstbewusst weiter. »Ich weiß, dass du die Spannung auch gespürt hast. Das haben wir doch alle. Sie sind dazu bestimmt, zusammen zu singen. Kannst du das etwa abstreiten?«

Yujin starrt ebenso intensiv zurück. »Und wie genau sollen wir es deiner Vorstellung nach anstellen, sämtliche Social-Media-Regeln zu umgehen?«

»Na ja, wir dürfen nichts posten«, sagt Akari und lächelt schelmisch. »Aber wenn das Video nicht auf Rachels Profilen auftaucht, dann ist es genau genommen nicht ihre Schuld. Was kann sie dafür, wenn ein geleaktes Video, auf dem sie zufällig singt, viral geht?«

Okay, ich bin vielleicht nicht Sandra Bullock, aber Akari ist in diesem Szenario definitiv die Cate Blanchett, denke ich. Ich bewundere ihre Fähigkeit, im genau richtigen Moment

Yujin wendet ihren Blick wieder mir zu, und ich wische mir schnell die Tränen ab, die aus meinen Augenwinkeln zu rinnen drohen, und verwische dabei versehentlich meinen Augenbrauenstift. Scheiße. Was für ein Schlamassel. Wahrscheinlich war es dumm von mir zu denken, dass Yujin mich wie immer retten würde. Selbst meine Mentorin hat ihre Grenzen, und ich habe offensichtlich weit daran vorbeigekotzt.

Ich schaue vorsichtig auf und begegne ihrem Blick. Er wird weicher, und sie seufzt. »Die Performance war außergewöhnlich«, sagt sie.

Mein Herz hüpft nur so. »Ich verspreche, wenn ich noch eine Chance bekomme, werde ich es nicht wieder versauen«, sage ich schnell. Ich hole tief Luft. »Du hast mir immer gesagt, ich soll an mich glauben. Ich weiß, dass ich es schaffen kann.«

Yujin streicht über die Blätter der kleinen Bambuspflanze auf ihrem Schreibtisch. Dann nimmt sie eine Visitenkarte aus dem Halter auf ihrem Schreibtisch und dreht sie um, bevor sie in exakten Druckbuchstaben etwas darauf schreibt. Sie schiebt mir die Karte hin. Eine Adresse in Itaewon.

Akari und ich schauen Yujin an, und jetzt ist sie diejenige, die verschmitzt grinst.

»Wir treffen uns dort morgen Abend nach dem Training«, sagt sie. »Pass auf, dass dir niemand folgt. Alles klar?«

»Heißt das, du hilfst uns?«, quietscht Akari aufgeregt.

»Es heißt, dass dieses Gespräch jetzt beendet ist.« Yujin nickt in Richtung Tür. Ich nehme die Visitenkarte und stecke sie in meine Jackentasche.

Hoffnung steigt in meiner Brust auf. Ich verbeuge mich. »Danke, Yujin-unni. Ich werde dich nicht enttäuschen.«

Ich stehe vor dem Spiegel in meinem Zimmer und drehe meine Haare zu einem hohen Ballerinadutt, damit man den Peter-Pan-Kragen meiner fliederfarbenen Bluse sieht. Autsch. Jetzt sehe ich aus wie eine Bibliothekarin.

Ich löse mein Haar wieder aus der Frisur und lasse die Bluse auf den Haufen mit aussortierten Kleidern fallen. Vielleicht ganz in Schwarz mit Lederjacke und ripped Skinny-Jeans? Vielleicht das Maxikleid im Leopardenlook mit den weiten Ärmeln? Ich ziehe ein Paar High-Waist-Jeans-Shorts an und dann ein passendes Oversize-Shirt, bevor ich mich wieder im Spiegel betrachte. Auf keinen Fall. Ich will etwas, das sagt: »Hey, du kannst mir vertrauen. Du hast keinen Fehler gemacht, als du mich ausgesucht hast.« Und nicht: »Hi, ich bin Rachel, der verloren geglaubte Schlumpf.«

Ich reiße meinen Schrank wieder auf und wühle nach weiteren Optionen. Ein paar Fotos kleben an der Innenseite der Tür. Eins davon sticht mir ins Auge: Ich, zusammen mit meinen Cousins und Cousinen bei meinem ersten Noraebang bei einem Familienurlaub in Seoul, als ich elf war. Ich hatte mich den ganzen Sommer lang auf Noraebang gefreut: ein gemieteter Raum mit Mikrophonen und Ledersofas, die Discokugel und die bunten Lichter

An dem Abend begegnete ich Yujin. Ich hatte gerade »Style« von Taylor Swift gesungen, und meine Cousinen und Cousins jubelten, als ich plötzlich auch hinter mir jemanden klatschen hörte. Als ich mich umdrehte, sah ich eine Frau mit knallblauen Haaren im Türrahmen stehen (meine Cousine hatte vergessen, sie wieder zuzumachen, als sie von der Toilette zurückkam). Sie fragte mich, wie ich heiße, und sagte, dass ich sie an einen K-Pop-Star erinnerte, ein Mädchen, das sie früher gekannt hatte. Dann zwinkerte sie mir zu, gab mir ihre Karte und sagte, ich solle meine Eltern darum bitten, sie anzurufen.

Ich nehme eine weite Karohose und einen bauchfreien weißen Rollkragenpullover vom obersten Regal. Dann mache ich den Schrank zu und durchforste die Schmuckschublade in meinem Schreibtisch, bis ich meine großen, goldenen Kreolen gefunden habe. Ich ziehe sie an und forme dann die Hälfte meines Haars zu einem Messy Bun. Perfekt, sage ich zu mir selbst, schnappe mir meine Tasche und schlüpfe in ein paar Ledersandalen.

Yujin war von Anfang an an meiner Seite. Als Kind liebte ich K-Pop. Aber sie half mir, meinen kleinen, scheinbar völlig unrealistischen Traum wahr zu machen. Sie hat mir gezeigt, dass es eine ganze Welt von Leuten gibt, denen diese Musik genauso wichtig ist wie mir – und dass es deshalb etwas ganz Besonderes ist, K-Pop-Sängerin zu sein. Es geht darum, Geschichten zu erzählen, die Menschen auf der ganzen Welt berühren. Sie

»Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir uns verlaufen haben.«

Ich schaue mir die Visitenkarte an, die Yujin mir gegeben hat. Akari und ich laufen seit zwanzig Minuten dieselbe Straße in Itaewon auf und ab, aber wir können die Adresse, die Yujin aufgeschrieben hat, einfach nicht finden. Wir sind schon so oft an diesem Dak-Galbi-Restaurant vorbeigelaufen, dass die Gäste uns jetzt misstrauisch ansehen.

»Komm, wir gehen noch einmal da rüber«, sagt Akari. Sie zupft ihr gelbes, schulterfreies Top zurecht, und ich sehe, dass ihr Nacken gerötet ist und sie angefangen hat zu schwitzen, wie immer wenn sie nervös ist. »Hinter dem Coffee Bean haben wir noch nicht geschaut, oder?«

»Erst ungefähr sechsmal«, sage ich. Ich puste mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht und seufze, während ich versuche, die Adresse in meiner Naver-Maps-App zu finden. »Ich verstehe das nicht, es müsste genau hier sein.«

»O mein Gott«, sagt Akari.

»Ich weiß. Ich habe keine Ahnung, wonach wir überhaupt suchen.«

»Nein, das meine ich nicht!« Akari greift nach meinem Arm und zeigt auf einen Mann auf der anderen Straßenseite. Er hat einen Bart, breite Schultern und einen kurzen Pferdeschwanz und kommt gerade aus einem Gebäude mit einer zerkratzten Stahltür. Dann setzt er eine

Ich starre sie an. Ich habe keine Ahnung, was sie meint. In den letzten sieben Jahren habe ich nicht sonderlich viel Zeit für K-Dramas gehabt.

»Du weißt schon. Er ist derjenige, der Park Dohee gekidnappt hat, nachdem sie nach dem Motorradunfall mit ihrem Lover ihr Gedächtnis verloren hat. Er hat so getan, als sei er ihr Arzt, um sich in ihr Krankenzimmer zu schleichen. Rachel, er hat sie dazu gebracht zu glauben, sie hätte ihn die ganze Zeit schon geliebt!« Sie runzelt besorgt die Stirn. »Wir verstecken uns besser. Wer weiß, wozu er fähig ist? Er könnte uns einfach mitnehmen, wenn er wollte.«

»Äh, Akari, das ist doch nur seine Rolle. Du weißt schon, dass er in Wirklichkeit sehr wahrscheinlich kein Erinnerungen saugender Kidnapper ist?«

»Oh, stimmt.« Akari hält inne und zieht die Brauen zusammen. Er entfernt sich immer weiter. »Ich vertraue ihm trotzdem nicht.«

Ich schaue zu dem Gebäude hinüber, aus dem er gerade gekommen ist. Es sieht ganz normal aus – bisher hatte ich es nicht einmal bemerkt: Alle Scheiben sind getönt, so dass man nicht hineinschauen kann, und die Fassade müsste dringend neu gestrichen werden, aber vielleicht …

Neugierig bedeute ich Akari, mir zu folgen.

Ich ziehe am Türgriff, und die Tür öffnet sich ganz leicht. Dahinter befindet sich ein schmaler, holzgetäfelter Gang. Wir treten ein, und die Tür fällt hinter uns ins Schloss. Akari schaut mich an, sie ist ganz blass. »Willst du noch mal darüber nachdenken, was du darüber gesagt hast, dass wir heute nicht gekidnappt werden?«

»Der Klang unseres kurz bevorstehenden Todes? Ja, den höre ich«, flüstert Akari dramatisch.

»Nein, du Trottel, ich meine die Musik!«

Am Ende des Ganges hängt ein dicker Samtvorhang. Ich kann hören, dass auf der anderen Seite Musik läuft, und drehe mich zu Akari um. »Bereit?«

Sie schaut sich angespannt um. »Nein?«

Ich lache und nehme ihre Hand und ziehe sie hinter mir her auf die andere Seite des Vorhangs.

Um uns herum sind alle Wände mit Bildern von himmlisch schönen Gärten bedeckt, die uns das Gefühl geben, irgendwo in Frankreich auf dem Land zu sein. Über uns ranken sich rosa und violette Glyzinien an der Decke entlang, sogar am wunderschönen Leuchter aus Milchglas und Gold. Der Raum ist voller Menschen, die in gepolsterten, edelsteinfarbenen Nischen sitzen, sich unterhalten und einem Mann zuhören, der auf dem Klavier auf der Bühne Jazz spielt. Die Bühne nimmt die gesamte rechte Hälfte des Raumes ein. Es riecht nach einer Mischung aus frisch gebackenen Croissants und Rosenblütenblättern. Am Tisch neben mir trinkt eine Frau einen Cappuccino. Der Schwan in ihrem Milchschaum ist dermaßen perfekt, dass ich mich nicht wundern würde, wenn er die Flügel ausbreiten und einfach aus der Tasse fliegen würde.

Ach du Scheiße. Wo sind wir denn hier gelandet?

»Rachel! Akari!« Die Stimme reißt mich aus meiner Trance. Yujin kommt auf uns zu, ihr pinkes Haar und ihre langen, bronzefarbenen Ohrringe fliegen in einer Welle hinter ihr her. Sie legt uns beiden einen Arm um die Schultern und strahlt. »Wird auch Zeit, dass ihr kommt. Willkommen im Kwangtaek.«

»Ich könnte es dir erklären.« Yujin führt uns, immer noch lachend, durch den Raum. »Aber ich glaube, ich kenne jemanden, der das besser kann.«

Sie bleibt vor einer gemütlichen Ecknische stehen, in der eine alte Frau auf einem Ledersofa sitzt und aus einer feinen Teetasse trinkt. Sie kommt mir bekannt vor. Mit ihrem silberfarbenen Haar, das in einer glamourösen, altmodischen Hochsteckfrisur auf ihrem Kopf thront, und dem luxuriösesten bestickten Seidenschal auf den Schultern, den ich je gesehen habe, sieht sie aus, als sei sie geradewegs einem Hollywoodfilm der 40er Jahre entstiegen.

»Rachel, Akari, meine Mutter.« Yujin setzt sich neben die Frau aufs Sofa. »Chung Yuna.«

Chung Yuna? Hat Yujin gerade wirklich gesagt, ihre Mutter ist Chung Yuna?

Neben mir schnappt Akari nach Luft. »Sie sind die Chung Yuna?«, fragt sie und dreht sich zu Yujin um. »Ooo-aah, Unni, wie kommt es, dass du uns nie erzählt hast, dass deine Mom der OG-K-Pop-Star ist?!«

Ich glaube das einfach nicht. Chung Yuna ist wirklich eine Legende. Vor ihr hat K-Pop-Musik nicht einmal existiert. Jetzt, vierzig Jahre später, ist sie im Ruhestand – und immer noch kennen alle ihren Namen und lieben sie. Electric Flower hat sogar auf ihrer letzten World-Tour eine zwanzigminütige Hommage an ihre größten Hits gespielt.

Ich stelle mich sofort gerade hin und verbeuge mich in einem Neunzig-Grad-Winkel. »Ahnyounghasaeyo.«

Akari tut es mir hastig gleich. Yuna lacht leise und klopft auf die Sitzfläche neben sich. »Ayy, das ist lange

Yujin lächelt. »Ihr zwei seht aus wie Fische. Macht lieber den Mund zu, bevor ihr noch Fliegen fangt.«

Ich zwinge mich, meinen Mund zuzuklappen und so ruhig zu lächeln, wie ich kann, obwohl mir das Ganze immer noch den Atem verschlägt. »Also, wo genau sind wir denn jetzt hier?« Ich werfe einen Blick auf Akari, die immer noch aussieht, als würden ihr gleich die Augen aus dem Kopf fallen.

»Kwangtaek ist ein geheimes Café, das ich für die Celebrities von Korea gegründet habe«, sagt Yuna und trinkt ein Schlückchen Tee aus ihrer zierlichen Tasse. »Ein Ort, an dem diese Leute sich abseits von Fans und Paparazzi entspannen können, wenn auch nur für einen Moment. Als ich noch Teil des Ganzen war, gab es so etwas nicht, dabei hätten wir es alle so dringend gebraucht. Und dann, vor ein paar Jahren, dachte ich mir: Wenn ich es mir so wünsche, warum mache ich es nicht einfach selbst? Es hat ein bisschen gedauert, den perfekten Ort zu finden, aber bisher läuft es hier sehr gut.«

»Das ist großartig«, sagt Akari und reißt die Augen noch weiter auf. »Ich meine, ich habe Gerüchte über ein geheimes Café für die Stars gehört, aber ich hätte nicht gedacht, dass es das wirklich gibt.«

Yuna kichert. »Doch, das gibt es wirklich. Also, sagt mal: Wie findet ihr die Glyzinien? Ich habe mich schon öfter gefragt, ob wir etwas Minimalistischeres machen sollten …«

Akari lächelt immer mehr, während sie mit Yuna über die Einrichtung spricht. Yujin greift über den Tisch, nimmt meine Hände und steht auf. »Wir sind bald wieder da«, sagt sie. Akari winkt abwesend, während Yuna

»Yujin«, sage ich, während wir das Café durchqueren. Ich versuche, die Stars, die an den Tischen sitzen, nicht allzu auffällig anzustarren, aber – O mein Gott! Ist das wirklich Park Dohee, die mit Kim Chanwoo an einem Tisch sitzt? In Oh My Dreams sind die beiden ein Liebespaar, aber den Blicken zufolge, die sie sich über einen Teller pastellfarbener Macarons zuwerfen, sind sie auch im echten Leben ein Paar. Ich schaue weg – ich meine, sie sind schließlich hier, um sich dem Hype um ihre Rollen zu entziehen. »Wie kommt es, dass du nicht in die Fußstapfen deiner Mutter getreten bist? Wolltest du nicht selbst ein K-Pop-Star sein? Sie ist so inspirierend!«

»Sie hat mich auch inspiriert«, stimmt Yujin mir zu. »Aber auf eine andere Weise. Ich wusste schon früh, dass ich nicht für die Bühne geboren bin. Stattdessen wollte ich alles, was ich von meiner Mom gelernt habe, nutzen, um der nächsten Generation von Stars auf die Beine zu helfen.« Sie drückt meine Hand. »Menschen, die für die Bühne geboren sind, so wie du.«

Mein Herz scheint anzuschwellen, und ich muss schlucken, als mich eine Gefühlswelle überrollt. Für die Bühne geboren. Ich erwidere ihren Händedruck.

Sie führt mich zu einem Tisch in der Nähe der Bühne und schiebt meinen Stuhl zurecht. Ich setze mich, zufrieden damit, dass um mich herum die größten Stars von Korea ihren Kaffee schlürfen und ich mich mit Yujin unterhalte, ganz wie in den guten alten Zeiten (na ja, jedenfalls wenn man die Schickeria von Seoul mit ein paar Pflanzen ersetzen würde), aber es gibt eine Sache, die ich einfach noch nicht verstehe.

»Yujin-unni, es ist wirklich cool hier. Aber, ähm …«

Yujin zwinkert mir zu. »Du wirst schon sehen. Ich hole dir jetzt erst mal was zu trinken. Bin gleich wieder da.«

Sie verschwindet in Richtung Kaffeebar. Meine Hände beginnen, nervös zu zucken, also nehme ich mir eine Serviette und beginne, die Ecken auszumalen. Was hat Yujin bloß vor? Vielleicht soll ich ihrer Mutter etwas vorsingen? Das würde auf jeden Fall für ein virales Video reichen. Oh, vielleicht sollen auch Dohee und Chanwoo mit im Video zu sehen sein? Bei diesem Gedanken muss ich lachen. Dann wären Leahs Freundinnen definitiv beeindruckt. Als die ganze Serviette voller Spiralen und Blümchen ist, schiebe ich sie zur Seite und fange an, mit dem Löffel zu spielen, und seufze. Warum braucht Yujin nur so lange?

Ich schaue mich um und sehe, dass Dohee und Chanwoo sich innig küssen. Ah-ssa! Sie sind also wirklich zusammen! Leah wird ausrasten, wenn sie das hört. Ich bin so in Gedanken versunken, dass ich mir versehentlich mit dem Löffel auf die Nase schlage.

»Autsch!« Ich reibe mir die Nase und schaue hektisch nach allen Seiten, um zu sehen, ob mich jemand auslacht. Glücklicherweise bin ich mit den ganzen VIPs um mich herum nicht besonders interessant. Ich seufze erleichtert und lehne mich auf meinem Stuhl zurück.

»Wow … das sah schmerzhaft aus.«