Kaspertheater
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Kinder entwickeln dabei: Fantasie, Spielfreude, die Fähigkeit, sich in bestimmte Rollen hineinzuversetzen, den Handlungsablauf im Gedächtnis zu behalten, vor Zuschauern zu spielen, Wünsche und Ängste darzustellen, größeren sprachlichen Ausdruck, mehr soziale Kompetenz. Spiel, Spaß und Unterhaltung mit einfachsten Mitteln, pädagogische Lebenshilfe.
Das Puppenspiel ist eine alte Kunst, die schon seit Jahrhunderten Groß und Klein erfreut. Sie ist über den ganzen Erdball verbreitet. Das Zitat des berühmten Puppenspielers und Autors Friedrich Arndt möchte ich Ihnen nicht vorenthalten. Er sagte einmal treffend über das Wesen des Kasperspiels:
»Der Welt der Kinder entspricht die Welt des Kaspers. So wie das Kind mit den Dingen umgeht, so geht auch der Kasper mit ihnen um. Für ihn hat jeder Gegenstand auch eine wirkende Kraft. Im Kaspertheater kann ein Topf, eine Blume, ein Hammer, eine Glocke, jeder Gegenstand handelnde Person werden. Das ist für das Kind gar kein Wunder, sondern ist den Gesetzen der Welt gemäß, in der es auch in seinem Kinderspiel lebt. Die sich bewegenden Puppen sind für das Kind keine Puppen mehr, sondern wirkliche Lebewesen. Es will übrigens gar nicht während des Spiels daran erinnert werden, dass es sich um Puppen handelt. Es will, dass es Lebewesen sind.«
»Dirullalla, dirullalla, der Kasperle ist wieder da!« Singend und tanzend erobert sich der Kasper die Kinderherzen. Kleine glauben, er sei lebendig, und verfolgen wie gebannt sein Spiel.
Erst wenn Kinder mit etwa vier Jahren selber anfangen, mit einfachen Handpuppen zu spielen, entdecken sie, dass die Figuren aus einem Kopf mit daran befestigtem Kleid bestehen und durch die Bewegung der Hand und des im Kopf steckenden Fingers zum Leben erweckt werden.
Das Kasperspiel bietet Kindern die Möglichkeit, sich in bestimmte Rollen zu versetzen. Sie erzählen als Kasper, Seppel, Hexe, Krokodil, Räuber, Polizist, Großmutter oder Prinzessin Märchen, Geschichten, aber auch eigene Wünsche und Ängste. Erst ältere Kinder können die Organisation und Verantwortung für eine Theateraufführung mit zusammenhängender Geschichte übernehmen. Denn auch Einüben und anderen Vor-spielen will gelernt sein.
Das Puppentheater kann grundsätzlich auf zwei Arten gespielt und verstanden werden. Es kann Unterhaltung oder Lebens- und Bildungshilfe sein. Als Letzteres kann das Puppentheater folgende Funktionen einnehmen: pädagogische Lebenshilfe, Gemütsbildung, Vermittlung von Lernstoff und Wissen, Förderung und Entwicklung der intellektuellen Fähigkeiten.
Mit Puppen jedweder Art können kurze Szenen aus dem Alltag, Geschichten, Märchen, Singspiele, Tanzspiele und anderes mehr aufgeführt werden. Die Möglichkeiten und die Vielfalt der Puppen sind unerschöpflich. Dabei bitte bedenken: Der Stoff muss der Kindergruppe angepasst sein. Karikaturen oder Satire sind für das Vorschulalter nicht empfehlenswert!

Bedeutung für das Kind

Im Hin und Her zwischen Publikum und Puppen liegt der große Wert des spontan gesprochenen Puppenspiels. Die Zuschauer und Zuschauerinnen werden zu Mitspielern und Mitspielerinnen. Im weitesten Sinn ist Puppenspiel eine für die Entwicklung des Kindes sinnvolle Form spielerischer Daseinsbewältigung. Es dient der Erschließung kindlicher Fähigkeiten im Denken, Sprechen, Handeln, im schöpferischen Bewältigen von Konflikten und im Aufbau einer eigenen Wertewelt des Kindes.

Aus dem Familien-und Kindergartenalltag

Wertvolle Impulse für das Puppenspiel ergeben sich aus dem Umgang mit den Kindern selbst. Die meisten Ideen entstehen aus einer momentanen Situation heraus. Spielanlässe für spontanes Spiel können Beobachtungen und Vorgänge sein, die das Kind stark ansprechen, oder es bringt uns etwas entgegen, das wir aufgreifen können. Es ist dann wichtig, dass der Erwachsene nicht an perfekte, »schöne« Figuren und Bühnen gebunden ist, sondern aus einer Erfahrung schöpfen kann, wissend, dass sich in diesem Alter der Kinder auch Interaktionen ergeben mittels einfach gestalteter Figuren. Es braucht von Seiten der Erwachsenen Offenheit und Freude, diese Möglichkeit auszuschöpfen, sowie Einfühlungsvermögen und die Fähigkeit, sich auf das Gegenüber einzustellen.
 
Erste einfache Spielidee: Für den Anfang eignen sich auch kleine Verse wie der folgende:
Mi-Ma-Mäuschen, bleib in deinem Häuschen, um das Häuschen dideldum schleicht ein Kater rundherum. Mi-Ma-Mäuschen, der Kater schlüpft ins Häuschen, Mäuschen springt zum Fenster raus, nun lauf zu, du kleine Maus!
 
Spieler: eine Handpuppe als Kater und eine Fingerpuppe als Mäuschen
Requisit: Stuhllehnen oder kleine Guckkastenbühne
Spielablauf: Das Gedicht wird zuerst von Erwachsenen gesprochen und vorgespielt.
1. bis 4. Zeile: Die Kinder sprechen den Vers, und der Kater schaut dazu links und rechts hinter dem Haus hervor.
5. bis 6. Zeile: Die Kinder sprechen den Vers, der Kater verschwindet hinter der Bühne.
7. bis 8. Zeile: Die Kinder sprechen den Vers. Die Rettung der Maus lässt sich wie folgt durchführen: Die Fingerpuppe wird abgestreift und aus dem Guckkasten-Fenster geworfen. Vor der Bühne steht ein Kind bereit und fängt sie auf. Die Kinder der Gruppe schützen die kleine Maus. Der Kater faucht wütend aus dem Fenster und zieht sich dann zurück.
Spielimpulse
• Wir basteln mit den Kindern einfache Handpuppen aus Stoff oder aus einem alten Socken. Wer versucht es?
• Kleine Kinder spielen frei mit ihren Handpuppen, eventuell hinter einem Stuhl oder einem Tisch.
• Für Kindergartenkinder spannen wir ein Tuch zwischen einen Türrahmen.
• Schulkinder bauen sich mit Hilfe der Eltern eine Bühne mit Kulissen, Beleuchtung und Vorhang.
• Mit Kasper und Handpuppen spielen wir den Kindern kurze Szenen aus dem Alltag vor: Verkehrserziehung, der Kasperl macht am Anfang immer alles falsch und die Kinder müssen ihn korrigieren. Ein anderes Mal spielt er »Essen«, »In den Kindergarten gehen« oder »Katze füttern«. Erstaunlich, was ihm da alles Dummes dazu in den Sinn kommt. Zum Glück wissen es die Kinder besser und korrigieren ihn.
• Auch Lieder, Singspiele und Tanzlieder eignen sich gut für das Puppenspiel. Denken wir nur an: »Schwesterchen, komm tanz mit mir« - »Hänschen klein, ging allein, in die weite Welt hinein« - »Fuchs, du hast die Gans gestohlen« usw.
• Wer erfindet eigene Spielgeschichten?
• Wer spielt den Kindern ein Märchen vor?