Vom Spiel der Farben
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Kinder entwickeln dabei: Sinn für Farben, ihre Wirkung und farbliche Gestaltungsmöglichkeiten. Rund um die Farben lassen sich viele naturwissenschaftliche Gesetzmäßigkeiten entdecken.
Bis zum Alter von sieben Jahren kennen Kinder alle Regenbogenfarben. Sie entdecken, dass sich Farben auch durch Kontraste auszeichnen wie »hell und dunkel« - »warm und kalt«. Ihre Farbenfreude zeigt sich in ihren Zeichnungen. Kinder erleben Farben mit allen Sinnen im Spiel.
Farben gehören zu unserem Leben, sie umgeben uns Tag und Nacht. Sie sind Bestandteil unseres Zuhauses und der Umgebung. Wir kleiden uns bunt und essen farbige Nahrung. Farben beeinflussen unsere Gefühle und beherrschen unsere Sinne. Bereits im frühen Kindesalter nehmen wir unsere Umwelt anhand von Farben, Formen und Klängen wahr.

Farbwahrnehmung bei Kindern

Kleine Kinder können schon relativ früh Farben unterscheiden, benennen diese aber erst sehr viel später. Zweijährige verwenden zuerst den Namen einer Grundfarbe, um alle anderen Farben damit zu bezeichnen. Meist ist die erste Farbe, die sie kennen und lieben, Rot oder Pink. Danach lernen sie, ohne eine besondere Reihenfolge beizubehalten, die anderen drei Farbwörter Gelb, Blau, Grün. Erst wenn sie diese vier Farbwörter beherrschen, ordnen sie die Farbwörter den entsprechenden Farben zu.
Bemerkenswert ist, dass die meisten Dreijährigen Gegenstände schon nach Farben zuordnen, bevor sie das Farbwort überhaupt aussprechen können. Kinder lernen später, dass sich aus den drei reinen Grundfarben Rot, Gelb und Blau alle anderen Farben entwickeln.
 
Warme und kalte Farben: Farben zeichnen sich aus durch Kontraste, zum Beispiel Hell und Dunkel. Die Wirkung entsteht aus dem Nebeneinander von mindestens zwei Farben in verschiedener Helligkeit. Den größten Kontrast bilden Schwarz und Weiß, bei den Buntfarben sind es Gelb und Violett.
Die Farben unterscheiden sich aber nicht nur im Hell-Dunkel-, sondern auch im Kalt-Warm-Kontrast. Auch hier entsteht die Wirkung aus dem Nebeneinander von mindestens einer warmen und einer kalten Farbe, zum Beispiel Grün neben Rot oder Blau neben Gelb.
 
Die Komplementärfarben: Alles steht im Leben in Bezug zu einem Gegensatz: innen und außen, heiß und kalt, Tag und Nacht, ein- und ausatmen, männlich und weiblich, Leben und Tod, Sommer und Winter. Nur wenn wir beide Seiten einbeziehen, erleben wir nicht die Gegensätze, sondern die Einheit, das Ganze. Genauso ist es mit den Farben. Im Farbkreis stehen die Farben des Regenbogenspektrums jeweils ihrer Komplementär- oder Gegenfarbe gegenüber.
Rot - Grün, Gelb - Violett, Blau - Orange sind komplementäre Paare. Diese Farben verstärken sich gegenseitig, wenn man sie nebeneinanderlegt.

Was können Farben bewirken?

Farben sind Strahlungskräfte und Energien, die auf uns in positiver oder negativer Weise einwirken, ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht. Die spielerische Begegnung mit Farben eröffnet Kindern einen tieferen Zugang mit verschiedenen Farbtönen. Durch das praktische Erleben und mit Hilfe von Geschichten können sie bestimmte Farbgefühle selber erfahren:
• Farben können fröhlich oder traurig machen.
• Farben beruhigen oder regen an.
• Farben wirken warm oder kalt.
• Farben können hell oder dunkel sein.
• Farben leuchten und glitzern.
• Farben sind manchmal dumpf und matt.
• Jede Farbe hat ihren eigenen Klang.
• Farben mischen sich zu neuen Farbtönen.
• Farben tragen zum Wohlbefinden bei.
• Farben können heilend wirken.
Ein rotorange gestrichener Raum etwa wird subjektiv um drei bis vier Grad wärmer empfunden als ein blaugrün gestrichener. Auch Tiere reagieren auf Farben. In einem Stall mit blauen Wänden beruhigten sich Pferde nach einem Rennen schneller als in einem roten Stall, in dem sie noch lange Zeit unruhig blieben.

Das Spiel mit Licht und Energie

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Kinder entwickeln dabei: Konzentrations- und Wahrnehmungsfähigkeit, Sinn für Licht und Energie etwa durch Klatschen und Reiben der Hände, das Fühlen von Sonnenlicht und Schatten, Wärme und Kälte, das Staunen beim Betrachten eines Regenbogens am Himmel. Große Lebenszusammenhänge werden sichtbar, etwa wenn sich das Sonnenlicht in Kristallen bricht und als Regenbogenfarbspektrum zu sehen ist, wenn Licht und Wärme die Pflanzen aus der Erde locken oder die Blätter des Baums grün färben usw. Ein wunderbares Feld zum Philosophieren mit Kindern.
Licht ist Schwingung, Energie, Klang und Farbe. Der Begriff Energie stammt vom griechischen Wort »Energeia« ab und bedeutet wirkende Kraft und Tatkraft. Energie ist die Kraft, die etwas in Bewegung setzt. Sie bewirkt etwas, verändert, erschafft oder zerstört. Sie ist das Wirkliche in der Welt und die Grundlage allen Geschehens. Die Sonne ist unsere wichtigste Licht- und Energiequelle. Sie steht stellvertretend für die unerschöpfliche Lichtquelle des absoluten Seins.
Die Inder nennen diese Energie Prana. Sie ist seit mehr als 5000 Jahren bekannt. Prana ist für sie Lebenskraft und universeller Lebensodem, die Quelle allen Lebens. Die Yogis begrüßen die Sonne jeden Morgen mit dem »Sonnengruß«. Sie nehmen Sonnenenergie auf für den ganzen Tag.
Die Chinesen sprechen vom Ch’i, das ist der Licht-Fluss der Lebensenergie. Diese Lebenskraft besteht aus den Energieströmen Ying und Yang. Nach der östlichen Auffassung befinden sich der Mensch und die Erde nur im Gleichgewicht, wenn beide Energien fließen und gleichmäßig vorhanden sind.
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Spielanregungen

Hier ein paar Anregungen, wie man mit Kindern diese Energie fühlen und erleben kann. Es ist erstaunlich, was diese einfachen Übungen auslösen können. Die Wahrnehmungsmöglichkeit der Kinder wird gefördert und ihre Konzentrationsfähigkeit steigt. Sie lernen ihren Körper wahrnehmen und einzelne Teile benennen.
 
Wir atmen Sonnenlicht: Wir schließen die Augen. Wir spüren, wie wir dasitzen oder daliegen. Wo berührt unser Körper den Boden? Wir atmen tief ein und aus. Beim Einatmen strömt das goldene Licht der Sonne in uns, beim Ausatmen lassen wir alles los, was uns stört, ärgert oder ängstigt. Wir spüren, wie die goldenen Sonnenpünktchen unseren ganzen Körper ausfüllen. Wir fühlen ihre Wärme, ihr Licht. Wir spüren, wie sich in unserem Bauch eine goldene Sonne bildet. Sie wird größer und größer und erfüllt unseren ganzen Körper. Wir spüren dem Licht und der Wärme nach. Dann strecken und recken wir uns und kommen in das Jetzt zurück.
 
Energie in unseren Händen: Wir klatschen und reiben unsere Hände zuerst langsam zusammen, dann schneller. Nun halten wir die Hände im Abstand von ca. 5 cm einander gegenüber. Wir bewegen unsere Handflächen zu- und voneinander, so als ob wir Akkordeon spielen würden. Die Hände berühren sich nicht und gehen auch nicht zu weit auseinander. Was können die Kinder wahrnehmen? Ist es heiß geworden zwischen den Handflächen? Hat es geprickelt? Konnte man Fäden ziehen, oder waren unsichtbare Telefondrähte da?
 
Energie im Kreis: Wir sitzen im Kreis. Die linke Hand liegt auf dem Oberschenkel. Die rechte Hand wird in die bereitliegende linke Handfläche des rechten Nachbarn gelegt. Mit geschlossenen Augen spüren wir dem Energiefluss nach. Dann geben wir in Gedanken eine farbige, unsichtbare Kugel weiter. Je nach Farbe kann eine andere Energiequalität wahrgenommen werden. Wie fühlt sich die Farbe Rot an, wie Blau, Gelb oder Grün? Am Schluss lassen wir als inneres Bild einen Regenbogen über dem Kreis entstehen und fühlen uns wohl bedacht und geborgen.

Tanz der Farben

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Kinder entwickeln dabei: Beobachtungsgabe, Farbensinn, einen größeren Wortschatz, Unterscheidungsvermögen verschiedener Farbtöne. Kinder erleben alle Regenbogenfarben spielerisch. Im Folgenden finden Sie viele konkrete Anregungen zum Spielen und Erleben der Farben und wie Kinder im Alltag kreativ, fantasievoll und schöpferisch mit ihnen umgehen.
Der Regenbogen und seine Farben bleiben ein faszinierendes Rätsel, auch wenn man wissenschaftlich immer mehr darüber weiß. Licht und Farbe sind auch heute noch eines der großen Geheimnisse in unserem Universum. Das Erleben der Farben ist eines der ganz besonderen Privilegien, die wir auf unserem Planeten genießen. Farben gehören in unser Leben, sie umgeben uns Tag für Tag.
Was wir als Licht wahrnehmen, ist ein Teil des großen Spektrums elektromagnetischer Energien, die von der Sonne ausgestrahlt werden und auf die Erde gelangen. Wenn sie sich im Regen brechen, können wir sie als Regenbogenspektrum sehen. Farben haben verschiedene Schwingungen. Sie können uns fröhlich, aktiv, ruhig oder besinnlich stimmen. Im Regenbogenspektrum zeigen sich Rot, Orange, Gelb als warme Farben. Sie wirken magnetisch. Grün ist von seiner Schwingung her weder warm noch kalt. Darum ist Grün die Farbe der ausgleichenden Mitte. Die kühlen Farben sind Hellblau, Dunkelblau und Violett. Diese Farben wirken elektrisch.
Nur selten haben wir das Glück, den Regenbogen am Himmel zu sehen. Erfassen wir diese Gelegenheit, nehmen wir uns mit den Kindern Zeit für das kleine Wunder, wenn sich der Regenbogen in seiner Farbenpracht über den Himmel spannt. Hier ein chinesisches Sprichwort, das vom richtigen Verhalten in diesem besonderen Augenblick erzählt:
Die Arbeit läuft dir nicht davon,
wenn du deinem Kind einen Regenbogen zeigst.
Aber der Regenbogen wartet nicht,
bis du mit deiner Arbeit fertig bist.
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Tanzende Regenbogenlichter: Wir hängen eine geschliffene Glaskugel vor ein Fenster. Wenn die Sonne durchscheint, bilden sich im Zimmer wunderschöne Regenbogen. Die Kinder freuen sich an diesen bunten Lichtquellen. Wenn sich die Glaskugel an der Schnur dreht, beginnen die Regenbogen an den Wänden im Zimmer zu tanzen. Manchmal sehen sie aus wie kleine Fische und zuweilen werden sie so groß wie unsere Hände. Sonnenlicht, das sich in geschliffenem Glas bricht, entwickelt so leuchtende und intensive Regenbogenfarben, wie man sie nie malen kann.
 
»Blind« Farben malen: Wir stellen uns ganz ruhig hin und atmen tief ein und aus. Wenn möglich mit geschlossenen Augen spielen. Wir stellen uns vor, an unserer Nase wächst ein langer Malpinsel. Vor unseren Füßen stehen drei Töpfe mit den Farben Rot, Gelb, Blau. Wir tauchen nun den Pinsel in den ersten Farbtopf mit der roten Farbe. Mit großen Schwüngen pinseln wir die Farbe an die gegenüberliegende Wand von unten nach oben. Wir versuchen, die Fläche ganz zu füllen. Wenn sie voll bemalt ist, betrachten wir sie innerlich eine Weile.
Dann gehen wir mit unserem Nasenpinsel zum zweiten Topf. Wir holen gelbe Farbe und bemalen nun die Wand wieder mit großen Schwüngen des Kopfes, von unten nach oben. Gelingt es uns, das Rot mit dem Gelb zuzudecken? Abschließend bemalen wir die Wand mit der blauen Farbe. Am Schluss tauschen wir unsere Erfahrungen aus. Welche Farbe ließ sich nicht gut streichen? Welche war zähflüssig, dünn, saftig oder leuchtend? Gab es Muster, Streifen, Punkte? Damit wir kleine Kinder nicht überfordern, malen wir mit ihnen nur eine Farbe. Größere können sich auf zwei, drei Farben konzentrieren.

Mandala malen

Das Wort Mandala stammt aus dem Sanskrit, einer uralten Sprache aus Indien. Mandala bedeutet: Kreis mit einer Mitte. In allen alten Kulturen waren Mandalas als farbige, geometrische Bilder anzutreffen. Mandalas waren heilige Zeichen. Licht, Farbe und Form wurden in ihnen so verbunden, dass eine Harmonie der Einheit entstand. Bei uns fand das Mandala in den Rosenfenstern der gotischen Kirchen seine höchste Vollendung.
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Schon das bloße Betrachten eines Mandala beruhigt und zentriert. Kinder werden beim Malen von Mandalas ruhig. Während sie an einem Mandala malen, breitet sich eine kreative Stille aus. Sie sind ganz bei sich. Ein inneres Ringen entsteht: Wo beginnen wir, wie fahren wir fort, welche Farbe und welche Form muss gewählt werden, damit das Bild symmetrisch wird? Wir lassen sie Farbelfen spielen und mit den Regenbogenfarben die Märchenblumen malen. Abschließend betrachten wir die fertigen Mandalas gemeinsam. Wer möchte sein Mandala verschenken?
 
Blumenmandala: Kinder lieben Farben, darum lassen wir sie wie die Elfen Blumen malen in der Form von einem Mandala. Vielleicht schauen wir uns vorher eine Rose an oder andere Blumen. Dabei stellen wir fest, dass die Blütenblätter in einem wunderbaren kreisförmigen Muster angeordnet sind, wie ein Mandala.

Mit Fantasiereisen zu inneren Bildern

Mit Fantasiereisen führen wir die Kinder behutsam zu den Bildern ihrer inneren Welt. Sie sind eine Einladung zur Begegnung des Bewusstseins mit den eigenen seelischen Bildern. Nach C.G. Jung sind die Urbilder der Seele kultur-und religionsübergreifend. Kinder, die ruhig werden und innere Bilder wahrnehmen, können sich besser konzentrieren und klarer denken. Eine Fülle von geführten, kindgerechten Imaginationen finden Sie in Büchern und auf CDs. Sie lassen sich auch leicht selbst erfinden.
Damit Fantasiereisen mit Kindern gelingen, brauchen wir Absprachen, Zeichen und Rituale. Wir machen sie wenn möglich immer am gleichen Ort. Der erste Schritt heißt: Wir legen uns auf eine Decke, werden alle leise und atmen ruhig ein und aus. Wir halten die Anleitungen für die Kinder knapp, brauchen wenig Worte und lassen zwischen den einzelnen Sätzen Zeit. Die Reise kann auch im Sitzen gemacht werden. Fünf-, Sechsjährige schließen die Augen, wenn sie das wollen, jüngere Kinder lassen sie offen. Zum Schluss der Reise kehren wir immer an den Ausgangspunkt zurück. Wenn die Kinder wollen, dürfen sie erzählen, was sie alles gesehen und erlebt haben.
 
»Die Blumenwiese«: eine kleine Fantasiereise
Die Kinder legen sich auf eine Decke, werden leise und atmen ruhig ein und aus. Entspannt halten sie die Augen geschlossen, wenn sie mögen, und hören dem Erzähler der Fantasiereise zu. Die Geschichte beginnt:
»Die Sonne scheint uns auf den Körper. Ein blauer Himmel wölbt sich über uns. Wohlige Wärme durchfließt uns von den Füßen bis zum Kopf. In unserer Fantasie stehen wir nun auf und gehen über einen kleinen Feldweg zu einer Blumenwiese. Wir setzen uns ins grüne Gras, schnuppern den Duft der Wiesenblumen und hören, wie die Grillen zirpen. Wir betrachten die vielen Wiesenblumen, ihre Farben und Formen. Wer erkennt eine Blume? Ist es vielleicht Löwenzahn oder eine Margerite? Wir beobachten das emsige Treiben der Bienen und Schmetterlinge, wie sie von Blume zu Blume fliegen. Im Gras kriecht eine Schnecke und dort hüpft ein Heupferd. Nach einiger Zeit gehen wir den gleichen Weg wieder zurück, bis wir an unseren Ausgangspunkt zurückkehren. Wir räkeln und strecken uns und öffnen die Augen. Wer will, kann erzählen, was er erlebt hat.«
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»Märchen-Garten«: eine kleine Fantasiereise
Wir legen uns auf eine Decke, werden leise, atmen ruhig ein und aus. Wir sind entspannt und haben die Augen geschlossen. Die Fantasierreise beginnt:
»Die Sonne scheint uns auf den Körper. Ein blauer Himmel wölbt sich über uns. Wohlige Wärme durchfließt uns von den Füßen bis zum Kopf. In unserer Fantasie stehen wir auf und gehen über Steinplatten zu unserem Gartentor. Wir öffnen die Türe und treten in unseren Wundergarten ein. Unter den Sträuchern wohnen die Zwerge und in den Blumen wohnen die Elfen. Sie tanzen über den duftenden Blüten und musizieren in den blauen Glockenblumen. Ihre Musik mischt sich mit dem Plätschern des Springbrunnens. Wir setzen uns auf die Gartenbank und betrachten das Wasserspiel und schauen dem Tanz der Elfen zu. Wir gehen zwischen den Blumen am Springbrunnen vorbei, zurück durchs Gartentor und schließen sorgfältig ab. Über den Steinplattenweg kommen wir zurück. Wir strecken uns und öffnen die Augen.« Die Kinder erzählen abschließend, was sie im Wundergarten erlebt haben. Fantasiereisen können wie ein Ritual täglich oder wöchentlich wiederholt werden.
 
Ein Regenbogen entsteht: Wir setzen oder legen uns entspannt hin, schließen die Augen und atmen ruhig ein und aus. Wir stellen uns einen Regenbogen vor. Wir holen uns innerlich eine Farbe nach der anderen. Wir füllen uns beim Atmen ganz mit Rot, dann mit Orange, Gelb, Grün, Hellblau, Dunkelblau und Violett. Dann lassen wir den Regenbogen vor unserem inneren Auge wieder verschwinden. Wir strecken uns, räkeln uns, öffnen die Augen und sind wieder ganz da.

Rot tanzt mit uns im Kreise

Rot ist die Königin aller Farben. Sie symbolisiert Stärke und Selbstbewusstsein. Die meisten Kinder geben Rot oder Pink als ihre Lieblingsfarben an. Die Farbe Rot ist geprägt von zwei elementaren Erfahrungen: Rot ist die Farbe des Blutes und Rot ist die Farbe des Feuers. Rot ist aktiv, ist Bewegung, ist dynamisch, bedeutet Lebenskraft. Als Heilfarbe ist Rot die Farbe der Energie. Rot bringt Leben und Wärme in unseren grauen Alltag.
• Rote Socken machen müde Beine beim Laufen munter. Auf einer roten Unterlage lässt sich gut bauen. Ein roter Teppich unter dem Schreibtisch gibt Power bei der Arbeit.
• Rottöne lassen Räume kleiner wirken. Sattes, intensives Rot wirkt bedrückend. Helles Rot wird nur in Aktiv-Räumen verwendet. Rote Wände in einem Schlafzimmer sind zu aufregend.
• Helles Rosa wirkt erstaunlicherweise nicht anregend, sondern besänftigend und Stress abbauend.
• Rudolf Steiner, der sich viel mit Farben befasst hat, rät besonders unruhige Kinder in Rot zu kleiden. Die rote »Außenfarbe« erzeuge im Inneren der Kinder die Komplementärfarbe Grün. Und Grün wirkt beruhigend. Probieren geht über studieren!
Rote Spielideen
• Heute dürfen die Kinder die Tomaten für den Salat selbst schneiden.
• Wir machen mit den Kindern ein Feuer, sitzen drumherum, erzählen Geschichten, singen Lieder und beobachten den Tanz der Flammen und warten auf die rote Glut.
• Wir sammeln rote Schätze zum Fühlen, Bestaunen und Spielen.
• Am »roten Tag« tragen wir rote Kleider.
• Wo sind in der Wohnung rote Gegenstände?
• Beim nächsten Spaziergang spüren wir wie Detektive alles »Rote« auf und benennen es!
Feuerdrachen und Zwergenhut: Da Rot die Farbe der Kraft ist, malen wir mit den Kindern kraftvolle, leuchtende Bilder. Wer versucht es mit riesigen Feuerdrachen, einer pustenden, roten Dampflokomotive oder einem roten Auto, das durch die Gegend flitzt? Im Märchenreich zeichnen wir Zwerge mit roten Zipfelmützen und Riesen mit roten Stiefeln. Wenn die Bilder fertig sind, erzählen die Kinder sich gegenseitig ihre Geschichten dazu.
Marienkäfer oder Schweinchen? Die Kinder erinnern sich, wo sie rote Tiere getroffen haben, und erzählen, wo sie leben, wie sie aussehen und was sie fressen. Vielleicht können sie die Tiere pantomimisch darstellen und die anderen müssen die Tiere erraten: ein Marienkäfer, ein Fuchs, ein Schweinchen, eine rothaarige Katze usw.
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Orange ist Freude und Kreativität

Orange ist die kreativste und schöpferischste Farbe. Weil die Sonne das Gleichnis für Gott ist, tragen die östlichen Mönche orangefarbene Gewänder. Eingehüllt in die Symbolfarbe der Sonne, fühlen sie sich rundum geborgen und beschützt. Orange kommt dem natürlichen Licht am nächsten. Es fördert Frohsinn, regt zu Bewegung und Tanz an. Rotorange gilt als die wärmste Farbe. Sie wirkt gesundheitsfördernd und regt den Appetit an.
• Wenn Kinder nicht gerne essen, legen wir ein oranges Set unter den Teller und bieten öfters Orangensaft und Karottensalat an.
• Die Farbe Orange ist besonders geeignet für Ess- und Unterhaltungsräume, für Räume zum Tanzen und Bewegen.
Orangefarbene Spielideen
• Wir tanzen einen Sonnentanz und wirbeln orange Tücher durch die Luft.
• Wir schauen uns einen Sonnenaufgang an und bestaunen die orangefarbene Scheibe!
• Am »orangen Tag« tragen wir orange Kleider, verwenden orange Gegenstände und kochen eine Kürbissuppe.
• Wer entdeckt in einem Bilderbuch Bilder, die viel Rot, Gelb und Orange enthalten?
Wir besuchen den Maharadscha: Wer malt ein Fantasiebild vom Maharadscha? Er lebt in Indien und wohnt in einem orangen Wasserschloss. Das orientalische Gebäude hat viele orange glänzende Kuppeln und Türme. Im Wasser schwimmen Goldfische. Im Innenhof stehen Orangenbäume. Die Orangen leuchten wie rotgoldene Kugeln zwischen den Blättern hervor. Auf diesen Bäumen sitzen Paradiesvögel und zwitschern Lieder. Der Maharadscha trägt orange Kleider und einen rot-gelb-orangen Turban. Die Diener wedeln ihm die Fliegen weg. Der Maharadscha sitzt auf aprikosenfarbigen Kissen. Dunkelorange gekleidete Musikanten spielen ihm das Orangenlied. Jetzt sind wir aber gespannt, wie eure Bilder aussehen!

Gelb strahlt wie die Sonne

Gelb ist schwerelos, heiter und aufmunternd. Es dehnt sich uneingeschränkt aus, unterstützt eigene Gedanken und bringt spontane Freude am Handeln. Gelb ist Licht und Glücksgefühl. Gelb hellt das Gemüt auf und stärkt die Nerven, fördert aber auch Konzentration und Denken.
• Gelb hellt im Winter das Gemüt auf, darum verwenden wir im Winter ein gelbes Tischtuch und stellen gelbe Blumen und Kerzen auf.
• Gelb im Raum wirkt sich günstig auf geistige Arbeit aus wie Lernen, Rechnen, Lesen, Schreiben. Deshalb sollte reines Gelb nicht in Schlafräumen benutzt werden.
Gelbe Spielideen
• Wer kann Sprichwörter zum Thema Gelb pantomimisch darstellen? Ich denke etwa an: »Morgenstunde hat Gold im Munde« oder »Das ist nicht das Gelbe vom Ei!«
• Wir backen einen saftigen Zitronenkuchen, mixen uns eine herrliche Bananenmilch und wer kocht Safranreis?
• Gibt es gelbe Tiere und wo leben sie?
Farben »essen«: Wir stellen uns ruhig in den Raum und schließen die Augen. Wir atmen ein paar Mal tief durch. Nun erzählen wir eine kurze Geschichte: Wir stellen uns vor, wir stehen unter einem Zitronenbaum. Er ist voller gelber Zitronen. Wir suchen uns die schönste Zitrone aus und pflücken sie. Nun halten wir sie in den Händen und riechen daran. Dann schneiden wir sie in der Mitte durch und beißen mit unseren Zähnen in die saftige Zitrone hinein. Der Saft rinnt uns in den Mund und über die Lippen. Anschließend erzählen die Kinder, was sie erlebt haben: Wer hat das »Saure« der Zitrone auf den Lippen oder der Zunge gespürt? Hat sich Speichel im Mund gebildet? Wem sind die Haare auf den Armen zu Berg gestanden?

Grün bringt Entspannung

Grün beruhigt, beeinflusst positiv, wirkt ausgleichend und vermittelnd. Es bringt Ruhe ins tägliche Leben. Wenn wir Grün einatmen, fühlen wir eine innere Weite.
• Wir entspannen uns in einem grünen Fichtennadelbad und benützen blaugrüne Badetücher. Wenn wir mehr inneren Platz brauchen, hängen wir ein Wald-, Baum- oder Pflanzenbild in Blickrichtung auf oder stellen dort eine Grünpflanze hin.
• Spazieren im Grünen entspannt angenehm.
• Starkes Grün lässt Räume leer und tot wirken. Türkis hingegen eignet sich für Küche, Bad und Schlafzimmer. Es wirkt beruhigend und erfrischend.
Grüne Spielideen
• Gibt es heute Erbsen, Bohnen, Spinat, Kresse oder Kopfsalat zum Essen?
• Wir malen gemeinsam einen Märchenwald.
• Wir legen uns im Sommer unter einen Baum und betrachten seine Blätter.
• Was lässt sich in der Wiese entdecken?
• Wir sammeln Blätter und Pflanzen und pressen sie für unser Herbarium.
• Welche grünen Tiere gibt es? Wo leben sie?
Wir pflücken einen grünen Kräuterstrauß: Beim nächsten Rundgang im Garten oder auf dem Markt suchen wir Küchenkräuter. Sie duften so herrlich. Wer entdeckt Petersilie, Schnittlauch, Bohnenkraut, Rosmarin, Basilikum? Zu Hause würzen wir mit unserem Kräuterstrauß den Salat, die Suppe und das Gemüse. Wer riecht und schmeckt den Unterschied der verschiedenen Kräuter? Wer pflanzt eigene Küchenkräuter?
 
Frosch oder Krokodil? Heute zeichnen wir grüne Tiere. Was schwimmt da grün im Nil? Was quakt auf dem Seerosenblatt und hüpft ins Wasser? Was schlängelt grün durch den Regenwald? Vielleicht zeichnen wir ein Bild von einer grünen Schmetterlingsraupe, einem Leuchtkäfer, einer Heuschrecke oder einer Eidechse. Wir befestigen unser grünes Tierbild mit Magnetknöpfen am Kühlschrank.

Blau hilft beim Träumen

Blau wirkt kühlend, bringt Erholung, Entspannung, Friede, Stille, Ruhe und fördert den Schlaf. Es hilft bei Schlaflosigkeit und Nervosität.
• Wir hängen blaue Vorhänge ins Kinderzimmer und beziehen das Bettchen mit blauer Bettwäsche. Zum Geschichtenerzählen und Bilderbücheranschauen legen wir ein blaues Tuch in die Kuschelecke oder auf den Lesetisch.
• Blau eignet sich gut für Schlafzimmer oder Büros. Für Ess- und Wohnzimmer ist es dagegen ungeeignet.
Blaue Spielideen
• Wir besprechen mit den Kindern Redewendungen zum Thema Blau wie: Eine Fahrt ins Blaue. - Das blaue Wunder erleben. - Ist er blaublütig? - »Blauäugig«, was ist das?
• Wir betrachten den Tag- und den Nachthimmel. Was lässt sich da nicht alles entdecken? Vögel, Flugzeuge, Sterne...
• Heute essen wir mal Heidelbeeren.
• Wer kennt den himmelblauen »Bläuling«?
• Wie viele blaue Blumen fallen dir ein?
Fluss, See oder Meer? Heute zeichnen wir eine Wasserlandschaft. Was schwimmt auf dem silbrigblauen Fluss, dem türkisblauen See und dem tintenschwarzen Meer? Was ist auf, im und unter dem Wasser zu sehen? Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Vielleicht tauchen schwimmende Kinder auf, grünblaue Nixen, blaue Leuchtfische, perlmuttblau schimmernde Muscheln, Delfine, Segelboote, Unterseeboote und bläulich rauchende Dampfschiffe.
 
Bewegte und stille Wasser: Die Kinder sitzen im Kreis. Jedes erzählt, wie sein Wasser aussieht und macht die passenden Bewegungen dazu:
• Mein Wasser ist ein blauer, tiefer See.
• Mein Wasser plätschert über die Steine.
• Mein Wasser liegt als Pfütze auf der Straße.
• Die Regentropfen fallen vom Himmel auf die Erde und klopfen ans Fenster.
• Mein Wasser fließt aus dem Wasserhahn.

Violett ist Würde

Violett verstärkt Hingabe bei Gebet und Meditation und fördert intuitives Verständnis. Diese Farbe verstärkt Selbstachtung und Würde. Violett ist Kraft spendend, wirkt reinigend und heilend.
• Wir entspannen uns im Lavendelbad. In unsere Gebets-oder Meditationsecke stellen wir einen Amethyst und legen die von uns gesammelten Engelkarten auf ein lilafarbenes Tuch.
• Violett fördert Verehrung und Hingabe.
Violette Spielideen
• Wer spielt die violette Zauberfee?
• Wir füllen mit getrocknetem Lavendel Duftsäckchen ab.
• Wer hilft einen Zwetschgenkuchen backen?
• Wir trinken zusammen Holundersaft und kochen Brombeermarmelade.
• Wir sammeln lila und violette Blumen.
Wer malt ein Bild von Tante Lila? Tante Lila wohnt in einem lila Haus. Sie fährt ein lila Fahrrad und hat einen lila Kater. Sie trinkt violetten Tee und badet in Lavendelwasser. Sie liest in lila Büchern und kocht dunkelvioletten Holundersirup ein. Sie hat einen lila Rasen. In ihrem Garten wachsen violette Blumen. Sie strickt die längsten Schals mit lila Wolle. Sie bäckt die besten Fliederplätzchen und dreht die süßesten Veilchenbonbons. Wer möchte Tante Lila besuchen und von ihr ein Bild malen?
 
Ich sehe was, was du nicht siehst: Der Spielleiter sucht sich mit den Augen einen violetten Gegenstand aus. Das kann ein Kleidungsstück sein, ein Gegenstand im Zimmer, ein Spielzeug. Dann sagt er: »Ich sehe was, was du nicht siehst, und das ist violett!« Wer den violetten Gegenstand als Erster errät, ist in der nächsten Runde Spielleiter. Das Ratespiel lässt sich natürlich mit jeder Farbe spielen.