GEORGE
Ich schickte Rick und Jimmy gegen fünf nach Hause. Den Rest schaffte ich allein, es war nur noch ein Drittel, und ich konnte sie nicht für Arbeitsstunden bezahlen, die streng genommen überflüssig waren.
Als die Sonne unterging, war ich fertig. Ungefähr zur selben Zeit wurde die Ebene von schrecklich klebrigen Fliegen heimgesucht. Ich hatte keine Ahnung, wo sie sich tagsüber versteckten. Doch in der Dämmerung tauchten sie auf, in gewaltigen Wolken, und man wurde sie unmöglich los. Anscheinend mochten sie Menschen, denn sie hatten sich auf mich eingeschossen und folgten mir auf Schritt und Tritt.
Jetzt galt es, möglichst schnell nach Hause zu kommen. Ich war auf dem Weg zum Auto, als Tom anrief. Ich hatte die Nummer nicht gespeichert, weil ich, um ehrlich zu sein, nicht wusste, wie das ging, aber ich erkannte sie wieder.
»Hallo, Papa.«
»Hallo.«
»Wo bist du gerade?«
»Warum fragst du das?«, sagte ich grinsend.
»Tja, ich weiß auch nicht …«
»Früher haben die Leute am Anfang eines Telefonats gefragt, wie es einem geht, jetzt fragen sie, wo man ist«, fügte ich hinzu, um meine Gegenfrage zu erklären.
»Ja …«
»Ich bin auf den Feldern. Bei der Kontrolle.«
»Oh. Und wie sieht es aus?«
»Hervorragend.«
»Gut. Schön zu hören. Das freut mich wirklich sehr.«
Das freut mich wirklich sehr? Die Wörter klangen falsch aus seinem Mund. Sprach er neuerdings etwa so?
»Was sagt das deiner Meinung nach aus?«, fragte ich.
»Wie aussagen?«
»Über unsere Gesellschaft? Dass wir uns fragen, wo wir sind, anstatt zu fragen, wie es uns geht?«
»Papa …«
»War doch nur ein Scherz, Tom.«
Ich versuchte zu lachen. Wie gewohnt lachte er nicht. Wir schwiegen ein paar Sekunden lang. Dann lachte ich noch einmal lauter, weil ich hoffte, es würde helfen, doch als ich dort stand und meinen Mund aufsperrte wie ein Scheunentor, flog mir eine Fliege direkt in den Schlund, ganz tief hinein, ich könnte schwören, dass sie mein Zäpfchen traf. Es kitzelte fürchterlich, und ich wusste nicht, ob ich sie aushusten oder verschlucken sollte, also versuchte ich beides auf einmal. Es funktionierte nicht.
»Papa«, sagte Tom unvermittelt. »Weißt du noch, worüber wir geredet haben, als ich das letzte Mal zu Hause war?«
Die Fliege zappelte und kitzelte tief in meinem Hals.
»Bist du noch da?«
Ich hustete abermals. »Ja, als ich zuletzt nachgesehen habe, schon.«
Er war für einen Moment still.
»Jetzt habe ich ein Stipendium bekommen.«
Ich hörte, wie er die Luft anhielt. Es knisterte in der Leitung, als wollten die Telefonsignale gegen unser Gespräch protestieren.
»Es wird dich nicht einen Cent kosten, Papa. John hat sich um alles gekümmert.«
»John?« Meine Stimme war belegt, die Fliege steckte in meinem Hals fest.
»Ja. Professor Smith.«
Ich räusperte mich und hustete kräftig, doch weder die Fliege noch irgendein Satz kamen heraus.
»Weinst du, Papa?«
»Ich heule doch verdammt noch mal nicht!«
Ich hustete erneut. Endlich löste sich die Fliege, glitt den Rachen hinauf und blieb auf meiner Zunge liegen.
»Nein«, sagte er.
Eine neue Pause.
»Ich wollte es dir nur sagen.«
»Jetzt hast du es gesagt.«
Ich konnte sie nicht ausspucken, das würde er hören.
»Ja.«
»Ja.«
»Na dann, tschüss.«
»Tschüss.«
Ich warf einen ordentlichen Speichelklumpen aus, und die Fliege verschwand, ich sah nicht, wohin, wollte ihren Weg aber auch nicht weiter verfolgen.
Mit dem Telefon in der Hand blieb ich stehen. Ich hätte nicht übel Lust gehabt, es direkt auf den Boden zu schmettern und zu sehen, wie die dämliche Billigelektronik, die dafür sorgte, dass man selbst hier draußen auf der Wiese schlechte Nachrichten empfing, in tausend Stücke zersprang. Aber ich wusste, dass es furchtbar anstrengend wäre, ein neues zu beschaffen. Und dass es Geld kostete. Außerdem konnte ich nicht einmal sicher sein, dass das Handy kaputtgehen würde, denn das Gras war bereits lang und weich wie ein Daunenkissen. Also blieb ich einfach nur stehen, mit dem Telefon in den Händen und einer Heugabel im Herzen.