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Als Erscheinungsbild eines Denkmals (hier: Stiftskirche St. Gereon in Köln) ist nach § 9 Abs. 1 Buchst. b NW.DSchG der von außen sichtbare Teil geschützt, an dem jedenfalls der sachkundige Betrachter den Denkmalwert, der dem Denkmal innewohnt, abzulesen vermag; das Erscheinungsbild ist von Vorhaben in der engeren Umgebung nur dann betroffen, wenn die Beziehung des Denkmals zu seiner engeren Umgebung für den Denkmalwert von Bedeutung ist. Ein subjektives Recht eines Denkmaleigentümers, die denkmal- bzw. baurechtliche Genehmigung eines benachbarten Vorhabens anzufechten, setzt voraus, dass der im Erscheinungsbild zum Ausdruck kommende Denkmalwert durch das angegriffene Vorhaben erheblich beeinträchtigt wird. Zur Ermittlung des individuellen Denkmalwertes ist in erster Linie auf die Eintragung in der Denkmalliste und die ihr beigefügte Begründung abzustellen. Regelmäßig ist es erforderlich aber auch ausreichend, dass in der Eintragung in der Denkmalliste oder in der beigefügten Begründung in groben Zügen diejenigen tatsächlichen Umstände und Wertungen festgehalten werden, die nach Auffassung der Denkmalbehörde die für die Begründung der Denkmaleigenschaft herangezogenen Bedeutungs- und Erhaltungsmerkmale des § 2 Abs. 1 Satz 2 NW.DSchG konkret ausfüllen.

§§ 2, 9 Abs. 1 u. 3 NW.DSchG
OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 8. März 2012 -10 A 2037/11-25

Die Klägerin wendet sich gegen die der Beigeladenen zu 1) erteilte Baugenehmigung zur Aufstockung des vorhandenen viergeschossigen Wohnhauses um ein Dachgeschoss auf dem Grundstück Gemarkung Köln, Flur 22, Flurstücke 331, 332 und 418 (Gereonshof 4-6, Gereonskloster 22).

Die Klägerin ist Eigentümerin des nordöstlich an das Baugrundstück anschließenden Grundstücks, das mit der Kirche St. Gereon bebaut ist. Die Kirche ist als Einzeldenkmal in die Denkmalliste eingetragen. Die Unterschutzstellung wurde wie folgt begründet:

„Das für die Qualifizierung als Baudenkmal notwendige öffentliche Interesse ist gegeben, da dieses Denkmal sowohl bedeutend für die Geschichte des Menschen, für Städte und Siedlungen [ist], als auch künstlerische, wissenschaftliche und städtebauliche Gründe für seine Erhaltung und Nutzung vorliegen.“

Die Beschreibung der wesentlichen charakteristischen Merkmale des Denkmals lautet u.a. wie folgt:

„Die Kirche St. Gereon, ehem. Kollegiatstiftskirche, seit 1802 kath. Pfarrkirche, erbaut in mehreren Abschnitten: zentraler Bau als Oval mit Nischen im 4. Jh. erbaut und zwischen 1219 und 27 zum Dekagon erweitert; Langchor mit Krypta um 1067/69 angebaut.“

Beide Grundstücke lagen ursprünglich im Geltungsbereich des am 9.4.1973 in Kraft getretenen Bebauungsplans 6644 Na 1/04 (= Nr. 66457/05), der für das Grundstück Gereonshof 4-6, Gereonskloster 22 ein allgemeines Wohngebiet, jeweils eine Baulinie an seiner nördlichen, östlichen und südlichen Grenze, vier Vollgeschosse und als Dachform „Flachdach“ festsetzte.

In den Verwaltungsvorgängen findet sich eine Erläuterung folgenden Inhalts:

„Von Seiten der Stadt Köln wurden an dieses Vorhaben von vornherein bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Diese bestehen 1. in der Forderung, dass die neue Bebauung sich bescheiden dem sakralen Bauwerk der St. Gereon-Krche unterordnen müsse, ... .“

In der Begründung zum Bebauungsplan heißt es:

„Der Bebauungsplan wird aufgestellt mit dem Ziel, in der unmittelbaren Umgebung der St. Gereon-Kirche einen vom fließenden und ruhenden Verkehr entlastenden Bereich zu schaffen und eine dem Bauwerk maßstäblich und in der Nutzung angemessene Bebauung sicherzustellen.“

Am 14.2.2008 beschloss der Stadtentwicklungsausschuss des Rates, einen Bebauungsplan für das Gebiet zwischen Christophstraße, Gereonskloster, Gereonshof, Spiesergasse, Im Klapperhof, Hildeboldplatz und Von-Werth-Straße mit dem Arbeitstitel „Gereonshof in Köln-Altstadt/Nord“ aufzustellen. Das Plangebiet umfasst auch das Grundstück Gereonshof 4-6/Gereonskloster 22, jedoch nicht das Denkmal St. Gereon. Ziel der Planung war es nach dem städtebaulichen Planungskonzept, das Wirkungsfeld der Kirche St. Gereon ebenso zu beachten wie das Höhenkonzept für die linksrheinische Kölner Innenstadt. Insbesondere die Höhenkonzeption des Bebauungsplans basierte auf dem städtebaulichen Entwurf eines durchgeführten Wettbewerbsverfahrens, das in den grundlegenden Zügen bereits vor dem Beschluss des Höhenkonzeptes am 15.5.2007 abgeschlossen worden war. Das Höhenkonzept selbst unterscheidet in der Bestandsbetrachtung zwischen sog. heterogenen und homogenen Baufeldern. Das Bebauungsplangebiet ist weitestgehend als heterogenes Baufeld festgelegt. Lediglich der östliche Bereich, in dem auch das streitbefangene Grundstück der Beigeladenen zu 1) liegt, ist als homogenes Baufeld ausgewiesen. Das Höhenkonzept sieht vor, dass innerhalb der Wirkungsfelder der Romanischen Kirchen die zukünftige Bebauung nicht höher sein soll als die Traufkante der Romanischen Kirchen. Falls die bestehende Bebauung niedriger als diese Traufkante ist, richtet sich die Höhe nach der bestehenden Bebauung. Der Bebauungsplan, der die Nr. 66455/06 erhielt, übernimmt für das Grundstück Gereonshof 4-6/Gereonskloster 22 die im Vorgängerplan festgesetzten überbaubaren Grundstücksflächen und die Dachform und setzt eine gestufte Höchstgrenze für die Gebäudehöhe fest: An der nördlichen, östlichen und südlichen Baulinie darf eine Gebäudehöhe von 65,4 m über NN nicht überschritten werden. Für Gebäudeteile, die um mindestens einen Meter hinter die Baulinie zurücktreten (Staffelgeschoss), ist eine Höhe von maximal 67,4 m über NN zulässig. In der Satzungsbegründung ist ausgeführt, dass die ergänzende Bestimmung im Höhenkonzept zu den Wirkungsfeldern der Romanischen Kirchen im Bebauungsplangebiet „in differenzierter Betrachtung“ zum Ansatz komme. Der Bebauungsplan Nr. 66455/06 wurde am 23.3.2010 vom Rat als Satzung beschlossen. Zugleich wurde der vorherige Bebauungsplan teilweise aufgehoben. Die Beschlüsse wurden am 28.4.2010 im Amtsblatt öffentlich bekannt gemacht.

Im Rahmen der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung wies die Denkmalbehörde (Beigeladener zu 2) darauf hin, dass mit den vorgesehenen höheren Neubauten die Maßstäbe der Platzanlage und damit das Erscheinungsbild von St. Gereon erheblich beeinträchtigt würden. Die Planung mit dem viel zu geringen Gebäudeabstand und einer neuen Höhenlinie, die direkt in den Walm des historischen Baus hineinlaufe, ergebe eine eindeutige Verschlechterung gegenüber der vorhandenen Situation. Er regte an, sowohl an dieser Stelle als auch im gesamten Umfeld des Archivgebäudes lediglich vier Geschosse zuzulassen.

Während des Verfahrens zur Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 66455/06 – im April 2008 – hatte die Beigeladene zu 1) für das Grundstück Gereonshof 4-6/ Gereonskloster 22 die Erteilung eines Vorbescheids zur Zulässigkeit der Aufstockung des vorhandenen Gebäudes um ein Staffelgeschoss und des Anbaus eines Balkons an das Staffelgeschoss sowie die Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 66457/04 zur vorderen Baulinie beantragt. Mit Bescheid vom 16.9.2008 hatte ihr die Beklagte für das vorgenannte Grundstück eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 66457/04 zur überbaubaren Grundstücksfläche und zur zulässigen Zahl der Vollgeschosse sowie den begehrten Vorbescheid erteilt.

Zeitgleich mit der öffentlichen Bekanntmachung des Bebauungsplans Nr. 66455/06 am 28.4.2010 erteilte die Beklagte der Beigeladenen zu 1) auf ihren Antrag vom 27.3.2009 für das besagte Grundstück eine Baugenehmigung zur Änderung eines Wohngebäudes mittlerer Höhe (Aufstockung um ein Dachgeschoss und Anbau von Balkonen im 1. bis 3. Obergeschoss). Die Baugenehmigung enthält folgende Auflage:

„Denkmalschutz
Gemäß dem Abstimmungsergebnis mit dem Stadtkonservator vom 28.4.2010 ist die Höhe des Staffelgeschosses auf der Seite...zu reduzieren. Danach wird die Oberkante Decke der Räume Essen und Kochen im neuen Staffelgeschoss mit 66,90 m statt bisher 67,40 m und 66,75 m festgelegt.“

Mit Schreiben vom 3.9.2010 verzichtete die Beigeladene zu 1) gegenüber der Beklagten auf die ursprünglich an der östlichen Gebäudewand genehmigten Balkone und auf die Genehmigung einer von einem Fassadenputz in Naturbeziehungsweise Sandsteinfarbe abweichende Fassadengestaltung.

Die Klägerin hat gegen die der Beigeladenen zu 1) erteilte Baugenehmigung Klage erhoben und am 28.5.2010 die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beantragt. Mit Beschluss vom 13.8.2010 hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die angefochtene Baugenehmigung angeordnet (-4 L 735/10-) und in diesem Zusammenhang unter anderem ausgeführt, die Baugenehmigung sei offensichtlich rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten, weil das Höhenkonzept der Beklagten entgegen der Begründung zum Bebauungsplans Nr. 66455/06 jedenfalls hinsichtlich des streitbefangenen Grundstücks Gereonshof 4-6/Gereonskloster 22 nicht berücksichtigt worden sei. Mit Beschluss vom 30.12.2010 (-10 B 1118/10-) hat das OVG Nordrhein-Westfalen den Beschluss geändert und den Antrag der Klägerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt.

Mit Blick auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts in seinem Beschluss vom 13.8.2010 beschloss der Stadtentwicklungsausschuss am 30.9.2010 die Durchführung eines ergänzenden Verfahrens nach § 214 Abs. 4 BauGB, um unter anderem die Begründung des Bebauungsplans Nr. 66455/06 zur Umsetzung des Höhenkonzepts vom 15.5.2007 klarzustellen. Der Beschluss wurde am 27.10.2010 im Amtsblatt öffentlich bekannt gemacht. Die textlichen Festsetzungen in Nr. 3,1,b) wurden dahingehend geändert, dass Balkone an den Gebäuden Gereonshof 4-6/Gereonskloster 22 nur noch an den Gebäudeseiten im Innenbereich zulässig sind. Am 26.5.2011 beschloss der Rat mit Rückwirkung zum 284.2010 den geänderten Bebauungsplan Nr. 66455/06 als Satzung und hob den vorherigen Bebauungsplan Nr. 6644 Na 1/04 (= Nr. 66457/04) teilweise auf.

Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin unter Vorlage einer gutachterlichen Stellungnahme des Univ.-Prof. Dr.-Ing. N. vom 30.6.2011 vorgetragen, das Vorhaben verstoße gegen den der denkmalgeschützten Basilika St. Gereon zustehenden Umgebungsschutz. Der Bebauungsplan Nr. 66455/06 sei abwägungsfehlerhaft, da er das mit Vorbescheid für zulässig erklärte Vorhaben der Beigeladenen zu 1) als Bestand berücksichtigt und das Höhenkonzept der Beklagten außer Acht gelassen habe.

Die Beklagte hat geltend gemacht, die Klägerin sei bereits nicht klagebefugt. Die sich aus § 9 Abs. 1 Buchst. b DSchG NRW ergebende Erlaubnispflicht diene allein dem Schutz des öffentlichen Interesses. Der Eigentümer eines Denkmals habe keinen Anspruch darauf, dass benachbarte Vorhaben den Denkmalwert seines Gebäudes nicht schmälerten. Eine solche Beeinträchtigung des Denkmals St. Gereon durch das umstrittene Bauvorhaben sei im Übrigen nicht zu verzeichnen. Der Bebauungsplan Nr. 6644 Na 1/04 (= Nr. 66457/05) aus 1973 habe die gründerzeitliche Bauflucht mit vier Vollgeschossen an der südlichen Seite des Platzes Gereonskloster übernommen. Eine genaue Begrenzung der Gebäudehöhe im Verhältnis zu St. Gereon habe diese Festsetzung jedoch nicht bewirken können, da ein Vollgeschoss unterschiedlich hoch sein könne und auch die Sockelhöhe oder die Errichtung eines Geschosses, das kein Vollgeschoss sei, die Gebäudehöhe beeinflusse. Erst durch die Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 66455/06 sei die Höhenentwicklung der Bebauung westlich der Straße Gereonskloster klar begrenzt worden.

Die Beigeladene zu 1) meint, das Vorhaben beeinträchtige nicht das Erscheinungsbild von St. Gereon. Da es hinter die St. Gereon zugewandte Außenwand des vorhandenen Wohngebäudes zurücktrete, könne von einer Verletzung des „Respektabstands“ nicht die Rede sein. Die von der Aufstockung ausgehenden optischen Auswirkungen seien marginal und auf die „Dominanz“ von St. Gereon ohne Einfluss. Das Vorhaben überschreite die Firsthöhe der Vorhalle von St. Gereon lediglich um 20 cm. Da die Gebäude einen Abstand von circa 17 m zueinander aufwiesen, sei diese Überschreitung selbst für den sachverständigen Betrachter nicht wahrnehmbar. Die Gebäude Gereonskloster 4, 6, 12 und 20 wiesen darüber hinaus teilweise deutlich höhere Firsthöhen als die Vorhalle auf. Zu berücksichtigen sei des Weiteren, dass die frühere Bebauung auf dem Grundstück Gereonshof 4-6/Gereonskloster 22 ein Spitzdach mit einer Traufhöhe von circa 16 m aufgewiesen habe.

Der Beigeladene zu 2) erklärt, bei der Kirche St. Gereon handele es sich um eine Stiftskirche, die nicht inmitten eines dicht bebauten städtischen Areals, sondern innerhalb einer sich durch teilweise beachtliche Freiflächen auszeichnenden Immunität errichtet worden sei. Die bauliche Situation des Areals vor der Säkularisation sei durch eine gestaffelte Anordnung der Baukörper vom Kreuzgang über die Vorhalle hin zum aufragenden Dekagon gekennzeichnet gewesen. Diese Situation sei im 19. Jahrhundert zwischenzeitlich verunklärt worden. Mit dem Wiederaufbau nach dem Krieg sei die von Freiflächen und Begrünung geprägte Umgebung von St. Gereon als Erinnerung an die frühere Immunität wiederhergestellt worden. Die Festsetzungen im Bebauungsplan von 1973 (Höhenbegrenzung auf vier Geschosse, Festsetzung von Flachdächern und Baufenstern) hätten zwar keine Rekonstruktion der Situation vor der Säkularisation bewirken, die städtebauliche Situation aber im Sinne eines Anklangs an die historischen Gegebenheiten zurückführen können. Vor dem Hintergrund des so geschaffenen städtebaulichen Zusammenhangs sei die Eintragung von St. Gereon in die Denkmalliste erfolgt.

Das Verwaltungsgericht Köln (Urteil vom 22.8.2011 -4 K 3146/10- n.v.) hat die der Beigeladenen zu 1) erteilte Baugenehmigung aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Vorhaben verstoße gegen die dem Schutz der Klägerin als Eigentümerin der denkmalgeschützten Kirche St. Gereon zu dienen bestimmte Vorschrift des § 9 Abs. 1 Buchst. b iVm Abs. 2 DSchG. Die genehmigte Aufstockung des vorhandenen Wohngebäudes um bis zu 3,50 m beeinträchtige nach den sachverständigen Ausführungen des Beigeladenen zu 2) das Erscheinungsbild des in der engeren Umgebung gelegenen Denkmals St. Gereon. Dieses Kirchengebäude sei ursprünglich nicht inmitten eines dicht bebauten städtischen Areals errichtet worden, sondern als Stiftskirche innerhalb einer sich durch teilweise beachtliche Freiflächen auszeichnenden Immunität. Das Wohnhaus Gereonshof 4-6 befinde sich innerhalb der früheren Immunität des ehemaligen Hochadeligen Stifts und rage in den Bereich des damaligen Kreuzgangs hinein. Die nordöstliche Gebäudeecke sei von der staufischen, Anfang des 15. Jahrhunderts umgebauten Vorhalle nur 15 m entfernt. Der Komplex sei ursprünglich durch gestufte Bauhöhen gekennzeichnet gewesen. Das Dekagon habe die Vorhalle und den vorgelagerten Kreuzgang überragt. Dieses Verhältnis werde durch die – für sich betrachtet – moderate Aufstockung verändert. Das Erscheinungsbild des Denkmals werde hierdurch beeinträchtigt, auch wenn das Vorhaben nicht an das Kirchengebäude heranrücke oder den Blick hierauf verstelle. Ob an dieser Stelle zu irgendeinem früheren Zeitpunkt eine höhere Bebauung existiert habe, die die über lange Jahrhunderte historisch vorgegebene Bauhöhenabstufung nicht respektiert habe, sei unerheblich, da es darauf ankomme, inwiefern das heutige Vorhaben das Erscheinungsbild des 1981 unter Denkmalschutz gestellten Kirchengebäudes beeinträchtige. Dieses Erscheinungsbild sei auch nicht durch die teilweise deutlich höheren Firsthöhen der Gereonskloster 4, 6, 12 und 20 vorbelastet. Das Gebäude Gereonskloster 20 rage – anders als das streitbefangene Gebäude – nur geringfügig in die Fläche der untergegangenen Stiftsgebäude hinein. Die Gebäude Gereonskloster 4, 6 und 12 befänden sich deutlich außerhalb des Areals der ehemaligen Stiftsgebäude und des Kreuzgangs. Die vorgenannten Gebäude seien außerdem deutlich weiter von der Vorhalle entfernt als das streitbefangene Gebäude, dessen Erhöhung aus diesem Grunde umso schwerer wiege. Die von der Klägerin an der Südseite von St. Gereon vorgenommenen Anbauten seien deutlich niedriger und für die denkmalrechtliche Beurteilung der hier betroffenen Seite nicht von Belang. Der mit dem Vorhaben verbundenen Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes von St. Gereon stünden Gründe des Denkmalschutzes iSv § 9 Abs. 2 Buchst. a DSchG entgegen. Das Interesse der Beigeladenen zu 1) an der Aufstockung habe gegenüber den gewichtigen Belangen des Denkmalschutzes zurückzutreten, da keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass die Rentabilität des Objekts oder seine Vermietbarkeit ohne die Aufstockung gefährdet wären. Es bestehe auch kein überwiegendes öffentliches Interesse iSv § 9 Abs. 2 Buchst. b DSchG an der Aufstockung. Soweit der Bebauungsplan Nr. 66455/06 das Ziel verfolge, eine zeitgemäße Nutzung der vorhandenen Gebäude zu ermöglichen, sei das streitbefangene Gebäude ersichtlich nicht betroffen.

Die Beigeladene zu 1) und die Beklagte haben gegen dieses Urteil Berufung eingelegt und beantragen Klageabweisung.

Die Beklagte ist der Auffassung, die Klägerin sei bereits nicht klagebefugt, da das Vorhaben das Erscheinungsbild von St. Gereon nicht beeinträchtige. Durch die Aufstockung des im Bestand bereits viergeschossigen Wohngebäudes um ein zurückgestaffeltes Geschoss rücke das Gebäude weder näher an die Kirche heran, noch verstelle es den Blick auf das Denkmal oder wirke gar erdrückend, verdrängend oder übertönend. Es komme nicht darauf an, dass die Aufstockung die Vorhalle von St. Gereon geringfügig überrage. Vielmehr sei das gesamte Bauwerk in den Blick zu nehmen. Der Abstand zwischen St. Gereon und der Aufstockung betrage im Übrigen nicht – wie von dem Verwaltungsgericht angenommen – nur 15 m, sondern 17 m. Gegenüber der vor- und zurückspringenden Fassade trete das Staffelgeschoss nicht nur 1,0 m, sondern zwischen 1,0 m und 2,20 m zurück. Da die im Zusammenhang mit St. Gereon stehenden denkmalrechtlichen Belange darüber hinaus bei der Abwägung im Aufstellungsverfahren des Bebauungsplans Nr. 66455/06 berücksichtigt worden seien, sei das Bedürfnis für einen aus Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG abzuleitenden Umgebungsschutz zudem aufgezehrt.

Die Klägerin macht geltend, der Umgebungsschutz für die Kirche St. Gereon sei durch die Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 66455/06 nicht aufgezehrt, da die Ausführungen des Beigeladenen zu 2) in seiner Stellungnahme vom 28.3.2011 bei der Abwägung völlig ignoriert worden seien. Die Annahme eines subjektiven Rechts des Denkmaleigentümers, Beeinträchtigungen des Erscheinungsbildes des Denkmals abzuwehren, sei nicht etwa deswegen ausgeschlossen, weil der Denkmalschutz zur Gefahrenabwehr zähle. Auch die Einhaltung des Bauordnungsrechts sei eine ordnungsbehördliche Aufgabe, ohne dass der drittschützende Charakter einzelner Vorschriften des Bauordnungsrechts in Frage stünde. Dem Denkmaleigentümer sei ein solches Abwehrrecht zuzuerkennen, weil er eine gegenüber dem Eigentümer eines sonstigen Bauwerks erweiterte Pflichtenstellung habe. Die Aufstockung möge bei isolierter Betrachtung als moderat bezeichnet werden können, in ihren konkreten Auswirkungen sei sie es jedoch nicht mehr. Zwar werde durch das Vorhaben der Abstand zwischen dem vorhandenen Wohngebäude und St. Gereon nicht verringert. Die Aufstockung verschlimmere jedoch die Auswirkungen des ohnehin geringen Respektabstandes. Unter Berücksichtigung seiner Baugeschichte sei St. Gereon hierbei nicht in seiner Gesamtheit, sondern hinsichtlich des Höhenunterschieds zu seiner Vorhalle zu betrachten. Denn die Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes eines Denkmals könne nicht beurteilt werden, ohne seine (stadt-)geschichtliche Bedeutung zu kennen.

Nach Durchführung einer Ortsbesichtigung durch die Berichterstatterin erkennt der Senat unter Abänderung des angefochtenen Urteils auf Klageabweisung.

Aus den Gründen:

[37] Die Klägerin ist als Eigentümerin des in unmittelbarer Nähe des Vorhabens nordöstlich gelegenen Grundstücks und der hierauf errichteten, als Denkmal in die Denkmalliste eingetragenen Kirche St. Gereon gem. § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Die Klagebefugnis setzt voraus, dass der Kläger geltend macht, durch einen Verwaltungsakt oder die Ablehnung eines solchen in eigenen Rechten verletzt zu sein, und dass nach seinem Vorbringen die Verletzung dieser Rechte möglich ist. Die Möglichkeit einer Verletzung subjektiver Rechte ist nur dann auszuschließen, wenn eine derartige Rechtsverletzung offensichtlich und nach jeder Betrachtungsweise ausscheidet. Da die Klägerin nicht selbst Adressatin der von ihr angefochtenen Baugenehmigung ist, kommt es für die Klagebefugnis darauf an, ob ihr Anfechtungsbegehren auf eine öffentlich-rechtliche Norm gestützt werden kann, die nach dem in ihr enthaltenen Entscheidungsprogramm auch sie als Dritte zu schützen bestimmt ist.

[38] Danach ist die Klagebefugnis der Klägerin zu bejahen. Es ist nicht von vornherein mit der für die Verneinung der Klagebefugnis erforderlichen Gewissheit auszuschließen, dass sich die Klägerin als Eigentümerin des Denkmals St. Gereon mit Erfolg darauf berufen kann, die Baugenehmigung sei der Beigeladenen zu 1) entgegen § 9 Abs. 3 Satz 1 DSchG unter Missachtung der Belange des Denkmalschutzes erteilt worden, da das Vorhaben – ohne dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis nach § 9 Abs. 2 DSchG vorlägen – das Erscheinungsbild des Denkmals iSv § 9 Abs. 1 Buchst. b DSchG beeinträchtige. Die von den Beteiligten im gerichtlichen Verfahren aufgeworfene und auch von dem Verwaltungsgericht behandelte Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen § 9 DSchG einem Denkmaleigentümer subjektive Abwehrrechte gegenüber einem in der engeren Umgebung des Denkmals beabsichtigten Bauvorhaben vermitteln kann, ist in der Rechtsprechung und Literatur bisher kontrovers beantwortet worden. Ihre Klärung erfordert die Beschäftigung mit komplexen Rechtsfragen, sodass eine Verletzung der Rechte der Klägerin durch die der Beigeladenen zu 1) erteilte Baugenehmigung nicht offensichtlich und nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen werden kann.

[41] Die der Beigeladenen zu 1) erteilte Baugenehmigung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

[42] I. Die Klägerin kann nicht mit Erfolg geltend machen, das Vorhaben beeinträchtige das Erscheinungsbild von St. Gereon iSv § 9 Abs. 1 Buchst. b DSchG. Die Vorschrift vermittelt der Klägerin als Eigentümerin des Denkmals St. Gereon kein subjektives Recht (dazu unter 1.). Abgesehen davon verstößt die angefochtene Baugenehmigung auch nicht gegen das in § 9 Abs. 3 Satz 1 DSchG verankerte Gebot, die Belange des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege entsprechend dem Denkmalschutzgesetz in angemessener Weise zu berücksichtigen (dazu unter 2.).

[43] 1. Eine Vorschrift hat drittschützenden Charakter, wenn sie nicht nur öffentlichen Interessen, sondern auch Individualinteressen Dritter oder deren Ausgleich zu dienen bestimmt ist und sich aus den Tatbestandsmerkmalen der anzuwendenden Norm ein zu schützender Personenkreis bestimmen lässt, der sich von der Allgemeinheit unterscheidet (vgl. BVerwG, Urteil vom 7.5.1996 -1 C 10/95- BVerwGE 101, 157, und Urteil vom 19.9.1986 -4 C 8/84- BRS 46 Nr. 173).

[45] Ob eine Norm in diesem Sinne Drittschutz vermittelt, kann sich unmittelbar aus ihrem Wortlaut ergeben, etwa dann, wenn sie Abwehrrechte Betroffener ausdrücklich begründet. In der Regel bedarf es zur Ermittlung des drittschützenden Inhalts einer Norm allerdings – da der Normgeber nur in Ausnahmefällen derartige Abwehrrechte ausdrücklich statuiert hat – einer Auslegung der Norm nach Sinn und Zweck.

[46] In Anwendung dieser Grundsätze ist eine den Eigentümer des Denkmals generell schützende Wirkung des § 9 Abs. 1 Buchst. b DSchG nicht festzustellen. Bedarf das Vorhaben in der engeren Umgebung eines Baudenkmals oder ortsfesten Bodendenkmals der denkmalrechtlichen Erlaubnis, weil es das Erscheinungsbild des Denkmals beeinträchtigt (§ 9 Abs. 1 Buchst. b DSchG), ist die Erlaubnis nur zu erteilen, wenn Gründe des Denkmalschutzes nicht entgegenstehen (§ 9 Abs. 2 Buchst. a DSchG) oder wenn ein überwiegendes öffentliches Interesse die Maßnahme verlangt (§ 9 Abs. 2 Buchst. b DSchG). Die Interessen des Denkmaleigentümers sind im Gesetzestext nicht erwähnt, sodass sich Anhaltspunkte für ein vom Landesgesetzgeber gewolltes Anfechtungsrecht des Denkmaleigentümers zur Wahrung des Umgebungsschutzes dem Wortlaut der vorgenannten Vorschriften nicht entnehmen lassen.

[47] Auch aus dem Sinn und Zweck des § 9 Abs. 1 Buchst. b iVm Abs. 2 DSchG folgt kein solches Anfechtungsrecht des Denkmaleigentümers. Sinn der Regelung ist der Schutz des Erscheinungsbildes des Baudenkmals oder des ortsfesten Bodendenkmals. Für den Schutz eines Kulturdenkmals genügt es nicht immer, dessen Eigentümer für die Erhaltung und Pflege des Denkmals selbst in die Pflicht zu nehmen. Die den Denkmalbehörden zugewiesene umfassende Schutzpflicht erfordert es gegebenenfalls, das einzelne Denkmal auch vor Beeinträchtigungen durch Vorhaben in seiner engeren Umgebung zu schützen. Dafür bietet § 9 Abs. 1 Buchst. b iVm Abs. 2 DSchG die rechtliche Grundlage. Ein Denkmal und seine engere Umgebung können aus Gründen des Denkmalschutzes einheitlich zu betrachten sein, wenn beispielsweise die seiner Unterschutzstellung zu Grunde liegende denkmalrechtliche Aussage wesentlich auch von der Gestalt seiner Umgebung abhängt. Die Ziele des Denkmalschutzes lassen sich in einem solchen Fall unter Umständen nur dann erreichen, wenn auch das Grundeigentum in der engeren Umgebung des Denkmals beschränkt wird. Denkmalschutz bedeutet deshalb im Einzelfall sowohl Substanz- als auch Umgebungsschutz. Den im Einzelfall erforderlichen Umgebungsschutz hat der Landesgesetzgeber dahingehend geregelt, dass das Erscheinungsbild des betroffenen Denkmals grundsätzlich nicht derart beeinträchtigt werden darf, dass dem Vorhaben Gründe des Denkmalschutzes entgegenstehen. Jenseits der Festlegung eines Denkmalbereichs gehört allerdings die positive Gestaltung der Umgebung eines Denkmals nicht zu den Aufgaben der Denkmalbehörden. Inwieweit eine angemessene Gestaltung der Umgebung eines Denkmals ermöglicht werden kann und soll, obliegt vielmehr der abwägenden Entscheidung der öffentlichen Planungs- und Maßnahmenträger (§ 1 Abs. 3 Satz 2 DSchG).

[48] Der vorstehend beschriebene Schutzzweck des § 9 Abs. 1 Buchst. b DSchG erfordert es nicht, dass auch der Denkmaleigentümer aus eigenem Recht der Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes des Denkmals durch ein Vorhaben in seiner engeren Umgebung im Wege der Anfechtung einer Erlaubnis nach § 9 Abs. 2 DSchG oder der Anfechtung einer sonstigen Gestattung iSd § 9 Abs. 3 Satz 1 DSchG entgegentreten kann.

[49] Der Schutz des Erscheinungsbildes eines Denkmals liegt bei denkmalrechtlicher Betrachtungsweise – ebenso wie die Unterschutzstellung des Denkmals selbst und seine Pflege und Erhaltung – allein im öffentlichen Interesse. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Denkmaleigenschaft einer Sache nach dem Gesetz allein an das Bestehen eines öffentlichen Interesses an der Erhaltung und Nutzung dieser Sache gebunden ist. Private Interessen des Sacheigentümers, seien sie ideeller oder wirtschaftlicher Art, können eine Unterschutzstellung nach dem Denkmalschutzgesetz nicht rechtfertigen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.12.1987 -11 A 2015/84- BRS 48 Nr. 119; bestätigt durch BVerwG, Urteil vom 18.12.1991 -4 C 23.88- BRS 52 Nr. 124).

[51] Zur Wahrung des öffentlichen Interesses, unzulässige Beeinträchtigungen des Erscheinungsbildes eines Denkmals im Einzelfall zu verhindern, sind sowohl die Denkmalbehörden als auch diejenigen Behörden verpflichtet, denen die Gestattung eines potenziell beeinträchtigenden Vorhabens in der engeren Umgebung des Denkmals obliegt. Letztere haben bei der Gestattung die Belange des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege entsprechend dem Denkmalschutzgesetz in angemessener Weise zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 3 Satz 1 DSchG). Für die Denkmalbehörden folgt die Verpflichtung zur Wahrung des mit § 9 Abs. 1 Buchst. b DSchG verbundenen öffentlichen Interesses aus § 1 Abs. 1 und 2 DSchG. Vor diesem Hintergrund und insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Denkmaleigenschaft eines Objektes durch Löschung der Eintragung in die Denkmalliste von Amts wegen zu entziehen ist, wenn ein öffentliches Interesse an der Erhaltung und Nutzung dieses Objektes nicht mehr vorliegt (§ 3 Abs. 4 DSchG), ist kein im Schutzzweck der Norm zu verortender Gesichtspunkt ersichtlich, der es rechtfertigen würde, nach der Unterschutzstellung ein privates Interesse des Denkmaleigentümers an der Erhaltung des unter Denkmalschutz gestellten Objektes als Denkmal anzuerkennen. Umso weniger ist ein solches Interesse anerkennenswert, wenn es nicht um den Schutz der Substanz, sondern nur um das Erscheinungsbild des Denkmals geht.

[52] Die drittschützende Wirkung des § 9 Abs. 1 Buchst. b DSchG und eine daraus abzuleitende Zuerkennung eines Anfechtungsrechts für den Denkmaleigentümer sind auch nicht aus systematischen Erwägungen zu bejahen. Mit der Eintragung einer Sache in die Denkmalliste wandelt sich die Rechtsstellung ihres Eigentümers nicht dergestalt, dass denkmalrechtliche Individualinteressen begründet würden, deren Schutz er beanspruchen könnte. Sein durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistetes Eigentum an der unter Schutz gestellten Sache erfährt mit ihrer Eintragung in die Denkmalliste keinen Zuwachs. Die Denkmaleigenschaft ist weder Eigentumsbestandteil noch eine vermögenswerte Rechtsposition. Dem Denkmaleigentümer erwachsen infolge der Begründung der Denkmaleigenschaft vor allem belastende Handlungs-, Duldungs- und Unterlassungspflichten: die Erhaltungspflicht (§ 7 DSchG), die Pflicht, das Denkmal zur Erhaltung in zumutbarer Weise zu nutzen (§ 8 DSchG), die Erlaubnispflicht nach § 9 DSchG, die Anzeigepflicht nach § 10 DSchG und die Pflicht, den Behörden und Landschaftsverbänden Auskünfte zu erteilen und ihnen das Betreten von Grundstücken und Wohnungen zu gestatten (§ 28 DSchG); zudem besteht die Möglichkeit zur Enteignung des Denkmals (§ 30 DSchG). Dass dem Denkmaleigentümer infolge der Unterschutzstellung unter Umständen auch gewisse Rechte eingeräumt werden (etwa der Übernahmeanspruch nach § 31 DSchG und Entschädigungsansprüche nach § 33 DSchG), hebt den belastenden Charakter der Unterschutzstellung nicht auf, sondern setzt ihn geradezu voraus (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.12.1987 -11 A 2015/84- aaO).

[54] Den kulturellen Wert, der einem Denkmal innewohnt, erhält dieses nicht erst durch die Eintragung in die Denkmalliste. Mit der Eintragung der Sache in die Denkmalliste wird lediglich das Bestehen eines öffentlichen Interesses an der Erhaltung und Nutzung der unter Schutz gestellten Sache eben wegen des ihr innewohnenden kulturellen Wertes festgestellt. Dieser Wert haftet – unabhängig von der Eintragung in die Denkmalliste – der Sache selbst an. Es ist ein ideeller Wert, der nicht getrennt von der Sache veräußert werden und deshalb auch nicht als Vermögensrecht iSd Art. 14 Abs. 1 GG betrachtet werden kann.

[55] Schließlich steht dem Denkmaleigentümer auch im Lichte des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG kein generelles Abwehrrecht gegenüber Vorhaben iSd § 9 Abs. 1 Buchst. b DSchG zu.

[56] Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts müssen die landesrechtlichen Denkmalschutzgesetze, um den Anforderungen an inhaltsund schrankenbestimmende Gesetze zu genügen, den Eigentümer eines geschützten Kulturdenkmals jedenfalls dann berechtigen, die denkmalrechtliche Genehmigung eines benachbarten Vorhabens anzufechten, wenn der Umgebungsschutz objektiv geboten ist und das Vorhaben die Denkmalwürdigkeit seines Anwesens möglicherweise erheblich beeinträchtigt (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.4.2009 -4 C 3/08- BRS 74 Nr. 220).

[58] Der Senat legt zur Wahrung der Rechtseinheitlichkeit diese Grundsätze zur Gewährung eines grundrechtlich gebotenen Mindestmaßes denkmalrechtlichen Drittschutzes seiner Rechtsprechung zugrunde. Das Anfechtungsrecht des Denkmaleigentümers gegen ein Vorhaben in der engeren Umgebung des Denkmals hängt danach von der Erheblichkeit der zu erwartenden Beeinträchtigung der Denkmalwürdigkeit des geschützten Denkmals ab.

[59] Zu der Frage, wann die Schwelle der Erheblichkeit überschritten ist, hat sich das Bundesverwaltungsgericht nicht geäußert. Dies ist eine Frage des Einzelfalls.

[60] Eine erhebliche Beeinträchtigung der Denkmalwürdigkeit von St. Gereon durch das Vorhaben ist nicht festzustellen.

[61] Bei der Bestimmung der Schwelle, jenseits derer die Erheblichkeit einer zu erwartenden Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes eines Denkmals anzunehmen ist, ist vornehmlich auf die Erwägungen zurückzugreifen, die das Bundesverwaltungsgericht letztlich zu der oben dargestellten Annahme eines grundrechtlich gebotenen Mindestmaßes denkmalrechtlichen Drittschutzes geführt haben. Bei diesen Erwägungen steht die Verhältnismäßigkeit der dem Denkmaleigentümer auferlegten Pflicht, das Denkmal zu erhalten und zu pflegen, im Vordergrund. Gerechtfertigt sei die Inpflichtnahme des Denkmaleigentümers allein durch das im öffentlichen Interesse liegende Ziel, das Denkmal mit seinen Beziehungen zur Umgebung, soweit diese denkmalrechtlich schutzwürdig seien, zu erhalten. Soweit die Erreichung dieses Ziels von dritter Seite vereitelt werde, könne es auch die Inpflichtnahme des Denkmaleigentümers nicht mehr rechtfertigen. Dieser habe ein schutzwürdiges Interesse daran, dass die Belastungen, die ihm infolge der Erhaltungspflicht zum Schutz des Denkmals auferlegt würden, den mit der Unterschutzstellung angestrebten Zweck auch tatsächlich und auf Dauer erreichen könnten.

[62] Mit dieser Begründung lässt sich allerdings ein Anfechtungsrecht des Denkmaleigentümers gegen die einem Dritten erteilte denkmalrechtliche Erlaubnis oder sonstige Gestattung nur stützen, wenn die zu schützende Beziehung zwischen dem Denkmal und seiner engeren Umgebung von einigem Gewicht für den dem Denkmal innewohnenden Denkmalwert ist und überdies das umstrittene Vorhaben nach seiner Art und Ausführung zumindest objektiv geeignet ist, den Denkmalwert wesentlich herabzusetzen. Dies folgt nicht zuletzt auch daraus, dass die von dem Bundesverwaltungsgericht in den Blick genommenen möglichen Erhaltungsaufwendungen des Denkmaleigentümers regelmäßig eben nicht auf die Erhaltung der Objekt-Raum-Beziehung zwischen dem Denkmal und seiner Umgebung, sondern vor allem auf die Erhaltung der Denkmalsubstanz gerichtet sind. Insoweit gehen sie grundsätzlich auch bei einer (nachfolgenden) Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes des Denkmals weder für das Anliegen des Denkmalschutzes noch für den Denkmaleigentümer verloren, sondern erfüllen jedenfalls zum Teil die mit ihnen verbundenen denkmalrechtlichen Vorgaben. Auch wenn man das Ziel der Erhaltungsaufwendungen, das Denkmal mit seinen Beziehungen zur Umgebung zu erhalten, ganzheitlich betrachtet, wird man die Belastung des Denkmaleigentümers durch denkmalrechtliche Vorgaben bei einer nur marginalen Zielverfehlung im Einzelfall und der daraus möglicherweise abzuleitenden geringfügigen Entwertung der getätigten Erhaltungsaufwendungen mit Blick auf das hohe Gut des Denkmalschutzes kaum als unverhältnismäßig ansehen können.

[63] Ein Anfechtungsrecht eines Denkmaleigentümers aus § 9 Abs. 1 Buchst. b DSchG setzt danach voraus, dass die Beziehung zwischen dem Denkmal und seiner engeren Umgebung von Gewicht für den Denkmalwert ist und dieser Denkmalwert durch das angegriffene Vorhaben erheblich beeinträchtigt wird.

[64] Daran fehlt es hier. Die Klägerin kann nicht geltend machen, dass die angegriffene Aufstockung der Gebäude Gereonshof 4-6/Gereonskloster 22 nach Art und Ausführung den Denkmalwert des Denkmals St. Gereon, soweit er in der Beziehung zwischen dem Denkmal und seiner Umgebung liegt, wesentlich herabsetzt. Dies ergibt sich aus den nachfolgenden Ausführungen zur objektiven Rechtmäßigkeit der angefochtenen Baugenehmigung.

[65] 2. Nach Auswertung der Akten, insbes. der vorliegenden Lichtbilder, und nach den von der Berichterstatterin bei der Ortsbesichtigung gewonnenen Eindrücken, die sie dem Senat vermittelt hat, verstößt die angefochtene Baugenehmigung nicht gegen das in § 9 Abs. 3 Satz 1 DSchG verankerte Gebot, die Belange des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege entsprechend dem Denkmalschutzgesetz in angemessener Weise zu berücksichtigen. Daher hätte die Klage auch dann keinen Erfolg, wenn man ein Anfechtungsrecht aus § 9 Abs. 1 Buchst. b DSchG zu Gunsten der Klägerin unterstellt.

[66] Die Belange des Denkmalschutzes, die von der Bauaufsichtsbehörde in angemessener Weise zu berücksichtigen sind, entsprechen den Belangen, die von der Unteren Denkmalschutzbehörde zu prüfen wären, wenn sie gesondert über die Erlaubnisbedürftigkeit bzw. -fähigkeit der Maßnahme nach § 9 Abs. 1 DSchG zu befinden hätte.

[67] Als zu berücksichtigender denkmalrechtlicher Belang kommt nach den Umständen des Falles vor allem der Schutz des Erscheinungsbildes des Denkmals St. Gereon vor einer unzulässigen Beeinträchtigung in Betracht. Eine Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes des Denkmals St. Gereon iSv § 9 Abs. 1 Buchst. b DSchG ist jedoch zu verneinen, sodass die Beklagte die angefochtene Baugenehmigung insoweit zu Recht erteilt hat.

[68] Dabei ist zu berücksichtigen, dass das hier in Rede stehende denkmalrechtliche Erscheinungsbild iSd § 9 DSchG nicht zu verwechseln ist mit dem bloßen – ungestörten – Anblick des Denkmals als Objekt. Dieser Anblick allein wäre nach den Zielsetzungen des Denkmalschutzgesetzes kaum schutzwürdig. Seine Beeinträchtigung könnte Eingriffe in die Eigentumsrechte Dritter nicht rechtfertigen. Das denkmalrechtliche Erscheinungsbild ist vielmehr als der von außen sichtbare Teil eines Denkmals zu verstehen, an dem jedenfalls der sachkundige Betrachter den Denkmalwert, der dem Denkmal innewohnt, abzulesen vermag. Da das Erscheinungsbild des Denkmals mit Blick auf Maßnahmen in seiner Umgebung geschützt wird, muss die Beziehung des Denkmals zu seiner Umgebung außerdem für den Denkmalwert von Bedeutung sein. Für die Bestimmung des Erscheinungsbildes eines Denkmals kommt es folglich zunächst darauf an, welche Teile der denkmalgeschützten Sache und/oder welche Landschaftsteile dem Denkmalschutz unterliegen und welches die Gründe für die Unterschutzstellung sind. Zudem ist zu untersuchen, ob die Beziehung des Denkmals zu seiner Umgebung für den Denkmalwert relevant ist.

[69] Nach nordrhein-westfälischem Recht hängt die Denkmaleigenschaft einer Sache davon ab, ob ein öffentliches Interesse an deren Erhaltung und Nutzung besteht. Ein solches Interesse ist zu bejahen, wenn die Sache bedeutend für die Geschichte des Menschen, für Städte und Siedlungen oder für die Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse ist und zugleich für die Erhaltung und Nutzung künstlerische, wissenschaftliche, volkskundliche oder städtebauliche Gründe vorliegen. Je nachdem, welche dieser Bedeutungs- und Erhaltungskategorien für die Unterschutzstellung ausschlaggebend waren und für welche Teile der Sache sie bejaht worden sind, kommt dem Denkmal ein individueller Aussagewert zu, der mit dem ihm innewohnenden Denkmalwert identisch ist und auch sein denkmalrechtliches Erscheinungsbild – wie es in § 9 DSchG geschützt ist – maßgeblich prägt. Dass es einen wesentlichen Unterschied für das zu schützende Erscheinungsbild eines Denkmals bedeutet, ob etwa ein Gebäude mit all seinen Außenbauteilen und den das Gebäude umgebenden Freiflächen Denkmalschutz genießt, oder ob ausschließlich seine seitliche Fassade, sein Kellergewölbe oder gar nur die baufesten Einrichtungen in seinem Inneren unter Schutz stehen, unterliegt keinem Zweifel. Zur Ermittlung des individuellen Aussagewertes eines Denkmals ist in erster Linie auf die Eintragung in der Denkmalliste und die ihr beigefügte Begründung abzustellen, denn nach nordrhein-westfälischem Recht ist die Eintragung für die Denkmaleigenschaft konstitutiv (§ 3 Abs. 1 Satz 2 DSchG).

[70] Eine Beeinträchtigung des denkmalrechtlich geschützten Erscheinungsbildes eines Baudenkmals iSd § 9 Abs. 1 Buchst. b DSchG liegt vor, wenn der mit dem Erscheinungsbild angesprochene Denkmalwert durch das Vorhaben herabgesetzt wird.

[71] Aus den Gründen der Unterschutzstellung lässt sich für die Bestimmung des Erscheinungsbildes unmittelbar nichts herleiten. Wie sich aus der Denkmalliste der Beklagten ergibt, ist der gesamte Baukörper der Kirche mit der Einfassungsmauer an der Christophstraße, dem Friedhof und der historischen Ausstattung im Jahr 1981 unter Schutz gestellt worden. St. Gereon als ehemalige Kollegiatstiftskirche und seit 1802 katholische Pfarrkirche sei bedeutend für die Geschichte des Menschen und für Städte und Siedlungen. Es lägen künstlerische, wissenschaftliche und städtebauliche Gründe für seine Erhaltung und Nutzung vor. Im Übrigen enthält die Eintragung lediglich die Aufzählung der von der Unterschutzstellung erfassten Ausstattungsgegenstände.

[72] Diese Ausführungen erschöpfen sich – was den Denkmalwert angeht – in der teilweisen Wiedergabe des Gesetzeswortlauts. Sie sind mit Blick auf den individuellen Aussagewert des Denkmals, der zugleich das öffentliche Interesse an seiner Erhaltung festlegt, nichtssagend und unzureichend.

[73] Der Denkmalschutz ist ein rechtliches Konstrukt, das in erheblicher Weise auch in private Rechte eingreift. Um diese Eingriffe im Einzelfall zu ermöglichen, bedarf es eines Rechtsaktes – der Unterschutzstellung -, der wegen seiner Eingriffsintensität aus rechtsstaatlichen Gründen hohen rechtlichen Standards genügen muss. Dies gilt auch im Hinblick auf die Bestimmtheit und die Transparenz der Unterschutzstellung. Der betroffene Rechtsträger, sei es der Eigentümer des (künftigen) Denkmals oder sei es der Eigentümer eines in dessen engerer Umgebung gelegenen Grundstücks, muss zumindest auf Laienebene nachvollziehen können, weshalb und inwieweit die jeweilige Sache dem Denkmalschutz unterworfen werden soll beziehungsweise unterworfen ist, um die sich daraus ergebenden Beschränkungen und Verpflichtungen im Einzelnen erkennen und sich darauf sowohl in seiner Handlungsweise als auch wirtschaftlich einrichten zu können. Ob diesen Anforderungen genügt ist, ist eine Frage des Einzelfalls. Regelmäßig ist es erforderlich aber auch ausreichend, dass in der Eintragung oder in der beigefügten Begründung jedenfalls in groben Zügen diejenigen tatsächlichen Umstände und Wertungen festgehalten werden, die nach Auffassung der Denkmalbehörde die für die Begründung der Denkmaleigenschaft herangezogenen Bedeutungs- und Erhaltungsmerkmale konkret ausfüllen.

[74] Dem aufgezeigten Begründungserfordernis kommt zudem die Funktion einer Willkürkontrolle zu. Eine Beschränkung der Begründung auf die wörtliche Wiedergabe der gesetzlichen Regelungen des § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 DSchG wäre formelhaft und ließe im Streitfall eine nahezu beliebige Konkretisierung durch die Denkmalbehörden zu, was einer unzulässigen Auswechselung der Unterschutzstellungsgründe gleichkäme.

[75] Dass eine Sache landläufig als Denkmal angesehen wird, bereits nach früheren Rechtsordnungen einen denkmalähnlichen Status hatte, Gegenstand kunsthistorischer oder sonstiger wissenschaftlicher Untersuchungen war oder nach dem übereinstimmenden Urteil der Fachleute denkmalwürdig ist, lässt das Erfordernis einer nachvollziehbaren Unterschutzstellung ebenso wenig entfallen wie die vermeintliche oder offensichtliche hohe Wertigkeit des Denkmals. Der Landesgesetzgeber hat aus guten Gründen darauf verzichtet, im Denkmalschutzgesetz eine Kategorisierung der Denkmäler nach ihrer Wertigkeit vorzugeben. Eine solche Kategorisierung würde umfangreiche vergleichende Bewertungen voraussetzen und wäre deshalb nicht nur unpraktikabel, sondern wegen der Vielfältigkeit wissenschaftlicher und künstlerischer Betrachtungsweisen und Einschätzungen auch wenig aussagekräftig. Im Übrigen würde auch ein besonders wertvolles Denkmal es nicht rechtfertigen, rechtsstaatliche Anforderungen außer Acht zu lassen.

[76] Anders als es der Prozessbevollmächtigter der Klägerin in der mündlichen Verhandlung angedeutet hat, spricht auch ein Sakralbau wie St. Gereon – was seinen Denkmalwert angeht – nicht etwa für sich. Seine Denkmalwürdigkeit insgesamt mag zwar unzweifelhaft sein, doch gilt dies nicht für den mit ihm verbundenen konkreten denkmalrechtlichen Aussagewert, der im Hinblick auf die mit der Unterschutzstellung verbundenen Eingriffe in private Rechte von wesentlicher Bedeutung sein kann.

[77] Die Rechtsprechung hat die Bedeutungs- und Erhaltungskategorien, die St. Gereon mit der Eintragung in die Denkmalliste zugeordnet worden sind, präzisiert. Danach ist eine Sache bedeutend für die Geschichte des Menschen, wenn sie einen Aussagewert für das Leben der Menschen in bestimmten Epochen sowie für die damaligen politischen, kulturellen und sozialen Verhältnisse und Geschehensabläufe hat. Bedeutend für Städte und Siedlungen ist sie dann, wenn sie durch ihre Anordnung oder Lage in der Örtlichkeit, durch ihre Gestaltung für sich allein oder in Verbindung mit anderen Anlagen den historischen Entwicklungsprozess einer Stadt oder Ortslage in nicht unerheblicher Weise dokumentiert. Die Eintragung in die Denkmalliste lässt nicht ansatzweise erkennen, worin die individuelle Bedeutung gemessen an diesen Kriterien liegen soll. Schon gar nichts ergibt sich daraus für die Beziehung des Denkmals zu seiner Umgebung.

[78] Nichts anderes gilt für die in der Eintragung in die Denkmalliste pauschal angeführten Erhaltungskriterien. So sind künstlerische Gründe für die Erhaltung und Nutzung eines Denkmals etwa gegeben, wenn mit dem Objekt gestalterische Lösungen neu geschaffen wurden, es für eine bestimmte Künstlerpersönlichkeit charakteristisch oder für einen Bau- oder Dekorationsstil bezeichnend ist oder es innerhalb einer Stilrichtung für Erfindungsreichtum spricht. Wissenschaftliche Gründe sprechen für seine Erhaltung und Nutzung, wenn es beispielsweise zur Erforschung und Dokumentation der Bau-, Architektur- oder Kunstgeschichte geeignet ist. Erhaltungs- und Nutzungsgründe städtebaulicher Natur liegen vor, wenn das Denkmal in seinem konkreten Bestand aus der ihm innewohnenden funktionalen Einbindung in die gegebene städtebauliche bzw. siedlungsbezogene Situation nicht herausgelöst werden kann, ohne zugleich die erhaltenswerte Situation in ihrer denkmalrechtlich relevanten Aussagekraft wesentlich zu beeinträchtigen oder sogar zu zerstören. Auch insoweit enthält die Eintragung in die Denkmalliste keine individualisierenden Ausführungen.

[79] Ob bei einer solchen Sachlage die formelhaften Gründe für die Unterschutzstellung eines Denkmals im nachfolgenden Erlaubnisverfahren zu Lasten des Erlaubnisnehmers dahingehend konkretisiert werden dürfen, dass quasi erstmals der individuelle Aussagewert des Denkmals herausgestellt wird, bedarf hier keiner Entscheidung, da sich auch auf der Grundlage der die Unterschutzstellungsgründe konkretisierenden Äußerungen des Beigeladenen zu 2) keine Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes durch das Vorhaben der Beigeladenen zu 1) ergibt.

[80] Grundsätzlich dienen die Stellungnahmen der in besonderem Maße fachkundigen Denkmalpflegeämter der Beratung und Unterstützung der Denkmalbehörden (§ 22 Abs. 2 DSchG) und der Gerichte. Ihnen kommt allerdings in Ermangelung einer entsprechenden gesetzlichen Regelung weder im behördlichen noch im gerichtlichen Verfahren Bindungswirkung zu (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.9.2000 -8 A 4858/97-).

[82] Die Gerichte haben insbes. die Aufgabe, diese Stellungnahmen auf die ihnen in tatsächlicher Hinsicht zukommende Aussagekraft zu untersuchen und zu entscheiden, inwieweit sie für die allein den Gerichten obliegende fallbezogene rechtliche Subsumtion und die gegebenenfalls erforderlichen rechtlichen Wertungen fruchtbar gemacht werden können.

[83] Danach ist der von dem Beigeladenen zu 2) in seinen Stellungnahmen hervorgehobene Umstand, dass St. Gereon ehemals innerhalb einer Immunität lag, für das denkmalrechtliche Erscheinungsbild der Kirche ohne erkennbaren Belang. Ein Denkmal geht nicht nur hinsichtlich seiner Substanz „durch die Zeit“, indem es immer wieder bauliche Veränderungen erfährt, die auch seine historische Bausubstanz nicht unberührt lassen. Auch die Umgebung eines Denkmals verändert sich und kann im Laufe der Zeit ihre Bedeutung für den Denkmalwert dieses Denkmals verlieren. So ist es im Hinblick auf die angesprochene Immunität, die vor langer Zeit zu Gunsten des Raumbedarfs einer fortschreitenden Stadtentwicklung aufgegeben worden ist, und danach weder für das Stadtbild noch für das denkmalrechtliche Erscheinungsbild eine nachvollziehbare Rolle gespielt hat. Soweit der Beigeladene zu 2) meint, die Stadtplaner hätten mit ihren Planungen der Umgebung beim Wiederaufbau nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges eine „Erinnerung“ an die frühere Immunität schaffen wollen, wäre – eine solche Zielsetzung unterstellt – diese „Erinnerung“ wohl städtebaulich und nicht denkmalrechtlich motiviert. Ein Bezug zum Denkmalwert ist jedenfalls nicht feststellbar. Davon unabhängig ist auch nicht ersichtlich, weshalb die moderate Aufstockung eines nach den damaligen Planungen zulässigen Gebäudes die gewollte „Erinnerung“ an die frühere Immunität relevant stören könnte.

[84] Dass der Denkmalwert und damit auch das denkmalrechtliche Erscheinungsbild der Kirche mit den früheren Gebäuden des zugehörigen Stiftes, insbesondere mit dem Kreuzgang in Zusammenhang gebracht werden kann, der westlich an die Kirche angebaut war, lässt sich nicht feststellen. Die Gebäude sind im Zuge der Säkularisation abgetragen worden und am Baukörper St. Gereon nicht mehr ablesbar. Wollte man allein aus der Bezeichnung als „ehemalige Kollegiatstiftskirche“ und den westlich davon sichtbar gemachten Fundamenten der früheren Kreuzganggebäude ableiten, dass der Denkmalwert im Zusammenhang mit den Flächen gesehen werden müsse, auf denen sich in historischer Zeit zugehörige Gebäude des Stiftes befunden haben, würde dies – was das Erscheinungsbild des Denkmals angeht – allenfalls für die Flächen gelten, die bislang unbebaut sind und deshalb in der Örtlichkeit einen optischen Eindruck von der früheren Ausdehnung der an die Kirche angebauten baulichen Anlagen vermitteln könnten. Das Vorhaben der Beigeladenen zu 1) soll nicht innerhalb dieses Freibereichs verwirklicht werden.

[85] Das denkmalrechtlich geschützte Erscheinungsbild wird auch nicht durch die Höhenausdehnung der früheren Kreuzganggebäude maßgeblich mitbestimmt. Soweit der Beigeladene zu 2) in diesem Zusammenhang ausführt, die Baugeschichte habe ihren Abschluss mit einem gestaffelten Verhältnis der Bauhöhen von Kreuzgang, Vorhalle und Dekagon gefunden, ergibt sich hieraus nichts für das mit der Eintragung in die Denkmalliste geschützte Erscheinungsbild. Denn im Zeitpunkt der Eintragung bestand nur noch das Stufenverhältnis zwischen der Vorhalle und dem Dekagon. Die früheren Kreuzganggebäude, selbst wenn sie im Verhältnis zur Vorhalle mehr oder weniger deutlich niedriger gewesen sein sollten, waren längst untergegangen und an dem unter Schutz gestellten Baukörper nicht mehr ablesbar. Weshalb sie gleichwohl unter dem Gesichtspunkt „Stufenverhältnis“ für den Denkmalwert von Bedeutung und Teil seines denkmalrechtlich geschützten Erscheinungsbildes sein sollen, ergibt sich weder aus den fachlichen Stellungnahmen des Beigeladenen zu 2), noch ist dies sonst erkennbar. Davon abgesehen ist das Stufenverhältnis zwischen dem untergegangenen Kreuzganggebäude und der Vorhalle St. Gereon auch nicht belegt. Die Abbildung auf der Lithographie von 1814, auf die sich der Beigeladene zu 2) insoweit beruft, ist bezogen auf ihre Realitätsnähe nicht derart belastbar, dass sich darauf rechtliche Folgerungen oder gar ein Eingriff in Eigentumsrechte stützen ließen. Bei der Lithographie handelt es sich um ein Kunstwerk, anhand dessen sich trotz der von dem Beigeladenen zu 2) hervorgehobenen genauen Darstellungen im Einzelnen nicht feststellen lässt, ob der Künstler diese Präzision auch hinsichtlich der Proportionen ... gewahrt hat oder ob er im Rahmen künstlerischer Freiheit die Korrektheit der Höhendarstellungen dem Bildaufbau beziehungsweise der Herausstellung des eigentlichen Bildgegenstandes . untergeordnet hat.

[86] Es ist nichts dafür ersichtlich, weshalb der Umstand, dass sich in unmittelbarem Anschluss an die Vorhalle Gebäude befanden, die in ihrer Höhenausdehnung vielleicht nicht an die Firsthöhe der Vorhalle heranreichten, für eine das denkmalrechtliche Erscheinungsbild möglicherweise prägende „Dominanz“ der „ehemaligen Kollegiatstiftskirche“ noch heute von Bedeutung sein könnte.

[87] Dass mittelalterliche Kirchenbauten, insbesondere ihre Türme, die Gebäude in ihrer Umgebung im Zeitpunkt ihrer Errichtung und auch noch einen längeren Zeitraum danach regelmäßig überragten und die Silhouette der Städte wesentlich prägten, ist eine Tatsache. Ob allerdings diese früher gegebene Dominanz eines Sakralbaus, der in moderner Zeit unter Denkmalschutz gestellt worden ist, in der sich die Höhenverhältnisse zwischen Sakral- und Profanbauten nicht selten umgekehrt darstellen, den Denkmalwert des Sakralbaus mitbestimmt und so auch für dessen denkmalrechtliches Erscheinungsbild wesentlich ist, hängt vom Einzelfall ab und ist keinesfalls selbstverständlich. Dominanz im Sinne einer beherrschenden Stellung gegenüber der umliegenden Bebauung kann ein Sakralbau der angesprochenen Art vor allem aufgrund seiner Baumasse, seiner Bauhöhe, bestimmter architektonischer Elemente oder der Massivität der verwendeten Baumaterialien entfalten. Eine tatsächlich feststellbare Dominanz ist für sich genommen kein Wert, der unter denkmalrechtlichen Zielsetzungen per se schützenswert wäre. Erst die Verbindung mit einer der Bedeutungs- oder Erhaltungskategorien, die den individuellen Denkmalwert eines Denkmals belegen, vermag eine solche Dominanz in den Schutzbereich des § 9 Abs. 1 Buchst. b DSchG zu rücken. Ob die Dominanz nach diesen Grundsätzen Teil des dem Kirchenbau innewohnenden Denkmalwertes ist, kann letztlich offenbleiben, da das umstrittene Vorhaben, das das bereits bestehende Gebäude im Hinblick auf dessen Gesamthöhe nur moderat erhöht und zudem gegenüber der vorhandenen Fassade zurücktritt, hinsichtlich keines der genannten Aspekte, die die Dominanz eines Sakralbaus regelmäßig ausmachen, in der Lage ist, die Dominanz zu brechen oder auch nur wahrnehmbar abzuschwächen. Dass die Dominanz des Gesamtbauwerks St. Gereon gerade an der Höhe seiner Vorhalle festzumachen sein soll, die gegenüber der Massivität des sie weit überragenden Dekagons deutlich in den Hintergrund tritt, ist nicht nachvollziehbar.

[88] Inwieweit der von dem Beigeladenen zu 2) bemühte „Respektabstand“ als „der aus Respekt vor der sakralen und geschichtlichen Bedeutung dieses Ortes und seiner Bauten erforderliche Abstand“ eine denkmalrechtliche Kategorie darstellt, erfordert hier keine weitergehende Untersuchung. Ein Denkmal kann nicht von vornherein – quasi aus der Denkmaleigenschaft als solcher abgeleitet – einen bestimmten Abstand zu der umliegenden Bebauung einfordern. Es bedarf vielmehr – wie auch bei der Frage der Dominanz – einer Verbindung zu einer der für das jeweilige Denkmal zutreffenden Bedeutungs- oder Erhaltungskategorien, um im Rahmen des Denkmalwertes und damit im Rahmen des denkmalrechtlichen Erscheinungsbildes ein Abstandserfordernis zu begründen. Der Eintragung in die Denkmalliste ist im Falle dafür nicht das Geringste zu entnehmen. Die Einschätzung des Beigeladenen zu 2), der „Respektabstand“ zwischen St. Gereon und dem Gebäude Gereonskloster 22 sei ohnehin so gering, dass jegliche Erhöhung dieses Gebäudes unter Abstandsgesichtspunkten unvertretbar sei, ist vor diesem Hintergrund auch unter Berücksichtigung der von ihm in Bezug genommenen früheren stadtplanerischen Überlegungen, die das Gebäude Gereonskloster letztlich zugelassen haben, nicht zu bestätigen. Soweit der bisher gegebene Gebäudeabstand das denkmalrechtliche Erscheinungsbild mitbestimmen sollte, fehlt es jedenfalls an einer Verkürzung dieses Abstandes durch das Vorhaben, da es sich innerhalb der bereits bebauten Fläche hält. Zwar trifft es zu, dass die optischen Wirkungen eines Gebäudeabstandes durch die Höhe der einander gegenüberstehenden Gebäude beeinflusst werden können, doch kommt diesem Phänomen nach den vorstehenden Ausführungen hier keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Die umstrittene Erhöhung ist, wie bereits mehrfach erwähnt, moderat und hält sich – was die absolute Höhenentwicklung angeht – noch im Rahmen dessen, was der ursprüngliche Bebauungsplan, auf den der Beigeladene zu 2) in seinen Stellungnahmen als Hintergrund für die Unterschutzstellung abgestellt hat, mit der zwingenden Festsetzung von vier Vollgeschossen ermöglicht hatte.

[90] Am Rande sei erwähnt, dass die Klägerin den Abstand, dessen unveränderte Beibehaltung sie von der Nachbarbebauung einfordert, hinsichtlich eigener Bauvorhaben selbst nicht eingehalten hat.

[91] II. Die Klägerin kann sich dem Vorhaben der Beigeladenen zu 1) gegenüber auch nicht mit Erfolg auf eine zu ihren Lasten gehende Verletzung nachbarschützender Vorschriften des Bauplanungs- oder Bauordnungsrechts berufen.

[92] Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens richtet sich nach § 30 Abs. 1 BauGB, denn es soll im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans Nr. 66455/06 verwirklicht werden. Das genehmigte Vorhaben entspricht den Festsetzungen dieses Bebauungsplans.

[93] Falls der Bebauungsplan Nr. 66455/06 unwirksam sein sollte und die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Baugenehmigung an den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 6644 Na 1/04 (664577/04) gemessen werden müsste, wären subjektive Rechte der Klägerin ebenfalls nicht verletzt. Dies gilt auch im Hinblick auf die der Beigeladenen zu 1) für ihr Vorhaben am 16.9.2008 erteilte Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans zur zulässigen Zahl der Vollgeschosse. Die Erteilung einer Baugenehmigung unter Befreiung von den Festsetzungen eines Bebauungsplans nach § 31 Abs. 2 BauGB verletzt nur dann die Rechte des Nachbarn, wenn unzulässigerweise von Festsetzungen befreit wurde, die auch seinem Schutz zu dienen bestimmt sind, oder wenn die Befreiung von nicht nachbarschützenden Vorschriften gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstößt (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.9.1986 -4 C 8/84- BRS 46 Nr. 173).

[95] Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Festsetzung des Bebauungsplans Nr. 6644 Na 1/04 (664577/04) zur zulässigen Zahl der Vollgeschosse im Bereich des Grundstücks Gereonskloster 22 dient nicht dem Schutz der Klägerin. Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung haben nicht schon kraft Bundesrechts nachbarschützende Wirkung. Ob sie darauf gerichtet sind, auch dem Schutz des Nachbarn zu dienen, hängt vielmehr vom Willen der planenden ... Gemeinde ab (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.10.1995 -4 B 215/95- BRS 57 Nr. 219).

[97] Den Aufstellungsvorgängen des Bebauungsplans Nr. 6644 Na 1/04 (664577/04) lässt sich nicht entnehmen, dass der Rat bei der Festsetzung der zulässigen Zahl der Vollgeschosse für den Bereich des Grundstücks Gereonskloster 22 neben städtebaulichen Erwägungen auch den Schutz der Nachbargrundstücke im Auge hatte und ihr nachbarschützende Wirkung beimessen wollte. Der Bebauungsplan wurde laut seiner Begründung mit dem Ziel aufgestellt, in der unmittelbaren Umgebung von St. Gereon einen vom fließenden und ruhenden Verkehr entlasteten Bereich zu schaffen und eine dem Bauwerk maßstäblich und in der Nutzung angemessene Bebauung sicherzustellen. Diese allgemein verlautbarte städtebauliche Zielsetzung, die erkennbar der Begründung der Planrechtfertigung iSd § 1 Abs. 3 BauGB dienen sollte, lässt für sich genommen nicht den Schluss auf eine weitergehende Bedeutung für den nachbarschützenden Charakter einzelner Festsetzungen zu.

[98] Dass die erteilte Befreiung etwa zu Lasten der Klägerin gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstößt, lässt sich nicht feststellen.

[99] Nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts, die zu ihren Lasten verletzt sein könnten, sind ebenfalls nicht ersichtlich.