Es war fast Mitternacht, zwei unförmige Gestalten bewegten sich schwerfällig durch den Ostpark. „Thorsten, mach langsam! Ich kann nicht so schnell“, flüsterte eine weibliche Stimme.
„Tut mir leid. Ich will nicht, dass die Bullen uns erwischen.“
„Wir können doch untertauchen!“, war die Antwort, gefolgt von einem hysterischen Kichern.
„Rita, pass auf! Die Böschung ist glatt.“
Ein Schrei ertönte, gefolgt von mehr Gelächter.
„Du siehst aus wie ein Maikäfer, der auf den Rücken gefallen ist!“, japste Thorsten.
„Idiot!“ Rita ließ sich langsam in den See gleiten, wobei die Tauchflasche auf ihrem Rücken an Wurzeln und Steinen entlang schabte. „So eine Schnapsidee!“, schimpfte sie vor sich hin, musste jedoch immer wieder lachen. „Der Teich ist bestimmt nicht tiefer als einen halben Meter! Und total schlammig.“
Thorsten hielt sich am Ast einer über den See hängenden Weide fest und ließ sich vorsichtig ins Wasser, das kaum knietief war. Er knipste eine starke Unterwasserlampe an und leuchtete vor sich auf die Oberfläche. „Vielleicht wird es zur Mitte hin tiefer“, sagte er zweifelnd. „Immerhin sind wir bestimmt die ersten, die hier tauchen.“ Er stieß heftig auf, und Biergeruch umwaberte ihn für einen Moment.
Beide robbten auf den Knien in den See hinein und wühlten so noch mehr Schlamm auf. „Ich werde jetzt tauchen“, erklärte Thorsten mit der Ernsthaftigkeit eines stark Angetrunkenen, und versuchte erfolglos, seinen Schluckauf zu unterdrücken. Er legte sich flach ins Wasser, nahm den Lungenautomaten in den Mund und steckte den Kopf unter die Oberfläche. Mühsam schob er sich mit Hilfe einiger Flossenschläge ein paar Meter nach vorne. Als er auftauchte, drapierte sich eine lange Alge malerisch über seine Tauchmaske. Rita paddelte mit den Armen und kroch weiter, bis sie bei ihm war. Sie kicherte und zog die Alge weg, rieb sich jedoch dann die Arme. „Lass uns abhauen. Es ist kalt, ich bin voller Schlamm, und man sieht eh nichts. Und wenn sie uns erwischen, wird es teuer. Außerdem müssen wir noch die ganze Ausrüstung zurück ans Auto schleppen!“
„Na gut“, gab Thorsten nach und wollte sich umdrehen, hielt dann jedoch inne. „Was schwimmt denn da?“
„Wo?“, fragte Rita und sah sich um. „Eine schlafwandelnde Ente?“
Thorsten reagierte nicht auf den lahmen Witz. „Da in der Mitte. Was ist das? Ich schau mir das mal an.“
„Warte!“, sagte Rita, aber ihr Freund hörte nicht auf sie. Halb paddelte er, halb lief er auf den Knien durch das flache Wasser. „Sieht aus wie ein Schwimmreif“, hörte sie ihn noch sagen, dann ertönte ein Schrei, der sie schlagartig nüchtern werden ließ.