Kapitel 18

Jenny setzte sich schwer auf ihren Bürostuhl. „Noch ein Kopf?“, sagte sie schwach. „Ist das eine neue Mode, den Ermordeten die Köpfe abzutrennen?“

„Das weiß ich doch nicht“, antwortete Logo kurz angebunden. „Sascha meint auf jeden Fall, dass es dein Professor ist. Das Foto des Kopfes hab ich per Mail geschickt.“

„Ich ruf dich gleich zurück!“, erklärte Jenny und startete ihren PC. Kurz darauf starrte sie auf das Bild, das eindeutig den Vermissten Dr. Hirschhausen zeigte. „Kommt ihr mal eben rüber?“, rief sie ins Nachbarzimmer. Einen Moment später beugten sich Frank und Britta über den Bildschirm.

„In Frankfurt?“, fragte ihre Kollegin ungläubig. „Ist das Zufall? Und ausgerechnet deine Kollegen ermitteln?“

„Es kann nur Zufall sein“, erklärte Jenny. „Sie sind zum Fundort gerufen worden, weil das eigentlich diensthabende Team schon woanders im Einsatz war. Gibt es irgendwelche Verbindungen Hirschhausens nach Frankfurt? Ich meine, außer, dass diese Stalkerin in einem Nachbarort wohnt?“

Britta nickte. „Hirschhausen hätte dort am kommenden Wochenende einen großen Ärztekongress besuchen sollen. Warte kurz.“ Sie ging in ihr Büro und kam einen Moment später mit einem Ordner zurück. „In einem Hotel in der Nähe der Frankfurter Messe. Er sollte dort gleich zwei Vorträge halten. Über …“ Sie kniff die Augen zusammen. „Zyto … sta … ti … ka und … Fatigü? Weiß jemand, was das ist?“

Jenny googelte den Begriff und sah hoch. „Fatigue: Chronische Müdigkeit besonders nach Chemotherapien.“

„Die hab ich auch so“, witzelte Frank, verstummte aber auf ihren missbilligenden Blick hin. „Zytostatika sind Substanzen, die das Wachstum von Tumorzellen verhindern sollen“, führte Jenny aus. Dann sah sie hoch. „Klärt ab, ob er vielleicht dort einen Termin zur Vorbereitung hatte.“

„Wir sollen nach Frankfurt fahren?“, fragte Frank erstaunt.

Jenny zögerte. „Du hast recht. Ich mache das. Macht ihr Dampf in der Rechtsmedizin. Ich will endlich diese DNA-Untersuchungen haben!“

Sie rief Logo an und bestätigte ihm die Identifizierung Hirschhausens. Er reagierte scheinbar gleichgültig. „Nimm Sascha mit, damit es keine Probleme gibt, wenn du hier ermittelst.“

„Ich dachte, du …“

„Nein!“, sagte Logo schnell. „Ich habe keine Zeit! Übrigens“, setze er hinzu, bevor sie etwas sagen konnte. „Wir haben eine Leiche ohne Kopf. Die Meldung kam gerade rein. Sie liegt in der Nähe des Ostparks auf den Gleisen des Güterbahnhofs. Leider sind mindestens fünf Waggons drüber gefahren.“

„Dann wäre Hirschhausen wohl komplett. Ich informiere seine Frau. Und setze mich mit Sascha in Verbindung. Tschau.“

Als sie aufgelegt hatte, meldete Britta. „Die DNA-Untersuchung ist noch nicht fertig, aber die toxikologische Untersuchung hat etwas ergeben: Die Leiche enthielt Ester γ-Butyrolacton.“

„K.O.-Tropfen“, sagte Jenny nachdenklich. „Das habe ich mir gedacht. So überwältigt er sie. Ich frage mich aber, wo und wie er sie dem Professor hat verabreichen können.“