Super Mario Kart ist ein Rennspiel, das 1992 für die Konsole Super Nintendo veröffentlicht wurde. In diesem Spiel quetschen sich Figuren aus dem Mario-Universum auf Gokarts, ungefähr so wie ich, wenn ich versuche, auf dem Dreirad meiner Tochter zu fahren. Ursprünglich war es als Spiel mit Formel-eins-Rennwagen geplant, aber technische Beschränkungen zwangen die Designer dazu, enge, verschachtelte Rennstrecken mit Haarnadelkurven zu bauen, die sich nur mit Gokarts navigieren lassen. Das Spiel wurde vom Hauptdesigner von Super Mario Brothers, der Videospiellegende Shigeru Miyamoto, mitentwickelt, der später sagen sollte: »Wir wollten ein Spiel herausbringen, in dem wir den Bildschirm aufteilen und so zwei Spieler gleichzeitig spielen lassen konnten.« Der Split-Screen-Modus ist mit ein Grund dafür, dass die erste Version von Super Mario Kart so großartig war.
Im Super-Nintendo-Spiel können die Spieler zwischen acht Figuren aus dem Mario-Universum wählen — unter anderem Prinzessin Peach, Mario, Luigi und Donkey Kong Jr. Jede Figur hat ihre eigenen Stärken und Schwächen. Bowser zum Beispiel ist stark und kann eine hohe Geschwindigkeit erreichen, beschleunigt aber nur sehr schwerfällig. Im Gegensatz dazu ist Toad schnell und lässt sich gut steuern, fährt aber generell langsamer. Hat man sich eine Spielfigur ausgesucht (ich empfehle Luigi), tritt man auf einer Reihe immer surrealer wirkender Rennstrecken gegen die sieben anderen Figuren an. Dazu gehören normale, asphaltierte Gokart-Strecken, aber auch ein Geisterschiff oder ein Schloss, und natürlich der berühmte Regenbogen-Boulevard mit seiner prächtig schillernden Fahroberfläche, auf der man ohne Leitplanken versuchen muss, nicht in den Abgrund zu stürzen.
Ich war in der zehnten Klasse, als Super Mario Kart herauskam, und für meine Freunde und mich war es das beste Videospiel aller Zeiten. Wir spielten es unzählige Stunden lang; es war so eng mit unserer Highschool-Erfahrung verknüpft, dass mich der Soundtrack auch jetzt noch in einen mit Linoleum ausgelegten Schlafsaal zurückversetzt, in dem es nach einer Mischung aus Schweiß und Gatorade riecht. Ich sitze wieder auf einer goldenen Mikrofaser-Couch, die schon durch Generationen von Schülerhintern besetzt worden ist, und versuche, meine Freunde Chip und Sean im letzten Rennen des Pilz-Cup auszustechen.
Wir sprachen so gut wie nie über das Spiel, während wir es spielten — wir redeten alle gleichzeitig und durcheinander darüber, wie es um unsere kläglichen Versuche bestellt war, eine Freundin zu finden und welcher Lehrer uns mal wieder auf dem Kieker hatte. Oder wir wirbelten durch die endlose Tratschspirale, in der sich isolierte Gemeinschaften wie unser Internat drehen. Wir mussten nicht über Mario Kart reden, aber wir brauchten Mario Kart als Grund dafür, zusammen zu sein — zu dritt oder zu viert, eng aneinandergequetscht auf dieser Couch. Hauptsächlich erinnere ich mich deshalb an das unglaubliche — und für mich neue — Glück, einfach dazuzugehören.
Wie wir alle hat sich auch Mario Kart seit meiner Highschool-Zeit sehr verändert. In Mario Kart 8, das vor Kurzem erschienen ist, kann man fliegen, unter Wasser oder kopfüber fahren; und inzwischen kann man zwischen mehr als einem Dutzend Figuren oder Vehikel wählen. Aber der Kern des Spiels ist weitgehend unverändert geblieben. Größtenteils gewinnt man bei Mario Kart heute genauso wie 1992: wenn man möglichst gerade fährt und die Kurven gut nimmt. Das erfordert durchaus einiges Können — in den Kurven lässt sich die Geschwindigkeit zum Beispiel besser halten, wenn man driftet, und ein bisschen Strategie schadet auch nichts. Aber Mario Kart ist immer noch geradezu lächerlich unkompliziert.
Mit einer Ausnahme: die Fragezeichenboxen, die Mario Kart entweder zu einem brillanten oder zu einem problematischen Spiel machen, je nachdem, was man von Videospielen erwartet. Wenn man eine Strecke in Mario Kart abfährt, fährt man immer wieder durch oder über Fragezeichenboxen und bekommt dadurch bestimmte Hilfsmittel. Zum Beispiel einen Fliegenpilz, mit dem man einmal seine Geschwindigkeit steigern kann. Oder einen roten Schildkrötenpanzer, eine Art Wärmeleitrakete, welche das eine Position vor einem liegende Fahrzeug von hinten trifft und kurz ins Schleudern bringt. Oder man bekommt den begehrten Blitz, der alle Gegner eine Zeit lang schrumpfen und langsamer werden lässt, während man selbst so groß und schnell bleibt wie bisher. In den neueren Versionen von Mario Kart kann die Fragezeichenbox dich sogar ein paar Sekunden lang in Kugelwilli verwandeln, ein lebendes Geschoss, das meisterhaft Kurven nimmt und alle Karts vor ihm aus dem Weg rammt.
Einmal spielte ich mit meinem Sohn Mario Kart 8, und weil ich seit mehr als fünfundzwanzig Jahren regelmäßig Mario Kart spiele, lag ich souverän in Führung. Aber in der letzten Runde bekam er den Kugelwilli aus einer Fragezeichenbox, schoss unaufhaltsam an mir vorbei, gewann das Rennen und zerstörte dabei auch noch mein Kart. Am Schluss war ich Vierter.
So etwas passiert in Mario Kart häufiger, weil die Fragezeichenboxen wissen, ob man an erster Stelle liegt. Ist das der Fall, bekommt man in der Regel eine Bananenschale oder eine Münze, die nicht besonders nützlich sind. Einen Kugelwilli kannst du vergessen. Aber wenn man an letzter Stelle liegt — sagen wir, weil man als Achtjähriger gegen einen erfahrenen Mario Kart-Veteranen spielt —, ist die Wahrscheinlichkeit, einen Blitz, einen Kugelwilli oder einen unendlichen Vorrat an Turbo-Pilzen zu bekommen, viel größer.
In einem neuen Mario Kart gewinnt immer noch meistens der beste Spieler, aber inzwischen spielt auch Glück eine beträchtliche Rolle. Mario Kart 8 ist eher Poker als Schach.
Je nach Weltanschauung machen die Fragezeichenboxen das Spiel entweder fair, weil jeder gewinnen kann, oder unfair, weil nicht immer die Person mit den besten Fähigkeiten gewinnt.
In dieser Hinsicht ist — zumindest meiner Erfahrung nach — das echte Leben das genaue Gegenteil von Mario Kart. Wenn man im echten Leben Erfolg hat, kriegt man eine Menge Power-ups, um noch weiter zu kommen. Nachdem eins meiner Bücher ein kommerzieller Erfolg geworden war, rief mich zum Beispiel meine Bank an, um mich darüber zu informieren, dass mir am Geldautomaten keine Transaktionsgebühren mehr berechnet werden würden, selbst wenn ich am Automaten einer anderen Bank Geld abhob. Warum? Weil Leute mit viel Geld auf dem Konto eine Menge Vorteile genießen, einfach nur weil sie Geld auf dem Konto haben. Und dann gibt es da noch die viel größeren Power-ups, wie den »Collegeabschluss ohne Schulden«-Power-up oder den »Weiß und westlich«-Power-up oder den »Männlichkeits«-Power-up. Das bedeutet natürlich nicht, dass alle Menschen mit eingebauten Power-ups Erfolg haben und alle ohne scheitern werden. Aber die Behauptung, solche strukturell eingebauten Vorteile seien irrelevant, kann ich nicht unterschreiben. Die Tatsache, dass unsere politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Systeme den bereits Reichen und Mächtigen die größten Vorteile verschaffen, ist der Punkt, in dem das amerikanische Demokratie-Ideal am eindeutigsten gescheitert ist. Ich profitiere indirekt oder direkt schon mein ganzes Leben lang davon. Beinahe jedes Mal, wenn ich auf meinem Lebensweg durch eine Fragezeichenbox gefahren bin, habe ich mindestens einen roten Panzer bekommen. Und das passiert so regelmäßig, dass es denjenigen von uns, die von diesen Power-ups profitieren, sehr leicht fällt, sie für fair zu halten. Aber wenn ich mich nicht damit auseinandersetze, dass ich einen großen Teil meines Erfolges Ungerechtigkeiten zu verdanken habe, dann trage ich ebenfalls dazu bei, dass Reichtum und Chancen auch weiterhin nur wenigen vorbehalten bleiben.
Manche mögen argumentieren, dass Spiele genau deshalb Talent, Können und Fleiß belohnen sollten, weil das im realen Leben eben nicht so ist. Aber für mich liegt wahre Fairness darin, dass alle die Chance haben, zu gewinnen, selbst, wenn sie kleine Hände haben und das Spiel nicht seit 1992 spielen.
In unserem Zeitalter der Extreme — sei es nun in Videospielen oder anderswo — ist Mario Kart erfrischend nuanciert geblieben. Ich vergebe vier Sterne.