Wooverlough Court, heute
Seit ihrem Besuch auf Wooverlough Court war über ein Monat vergangen. Zoe hatte nach ihrer Rückkehr nach Oxford noch einmal die Aufzeichnungen des Inspectors und die von Madeline Brown gelesen und war immer ratloser geworden. Wenn Madeline recht hatte, und Zoe sah keinen Grund, an ihrer Aussage zu zweifeln, dann war die Verehrung Geralds nach seinem Tod mehr als mysteriös. Warum war aus dem Mörder im Laufe der Zeit ein Held geworden?
Am Ende war Zoe mit ihren Nachforschungen nicht mehr weitergekommen, und es war ihr klar geworden, dass sie noch einmal nach Wooverlough Court zurückkehren musste, um nach anderen Quellen zu suchen.
Zoe umarmte ihre Mutter zur Begrüßung.
»Dein Vater ist für ein paar Tage verreist, er kommt erst am Freitag wieder«, sagte die Comtess und lächelte entschuldigend.
»Danke, dass ich noch einmal herkommen durfte.« Zoe griff nach ihrer Reisetasche und sah sich in der Eingangshalle um.
»Ich habe über deine Worte nachgedacht«, erwiderte die Comtess. »Und ich sollte mich für meine Schwäche schämen. Das hier ist dein Elternhaus und es soll immer für dich offen stehen.«
Gemeinsam stiegen sie die Treppe hinauf. Zoe beschloss, das Thema lieber ruhen zu lassen. Sie war gespannt darauf, wie ihr Vater reagieren würde, wenn er erfuhr, dass Gerald alles andere als ein Held gewesen war. Bislang hatten Zoe und Charlotte mit niemandem darüber gesprochen. Sie waren noch nicht weit genug mit ihrer Recherche, als dass sie Einzelheiten hätten verraten wollen. Während Zoe neben ihrer Mutter durch das alte Anwesen ging, erinnerte sie sich daran, wie entsetzt sie und Charlotte gewesen waren, als sie die Aufzeichnungen gelesen und erfahren hatten, dass Gerald für all die Morde verantwortlich gewesen war. Nun galt es herauszufinden, warum er dennoch zum Helden erhoben worden und die Wahrheit nie ans Licht gekommen war. Zoe dachte wehmütig an die Tage, die sie im Dezember hier mit Charlotte verbracht hatte. Seit sie nach Oxford zurückgekehrt waren, hatte sie von ihrer Professorin nicht mehr viel gehört. Der Dezember war vergangen und mit ihm ein ruhiges und einsames Weihnachtsfest. Jeden Tag hatte Zoe mehrmals darüber nachgedacht, Charlotte anzurufen oder ihr wenigstens eine kurze Nachricht zu schicken, aber sie hatte sich gezwungen, es nicht zu tun. Schließlich hatte sie Charlotte versprochen, ihr Zeit zu geben und sie nicht zu bedrängen, damit sie sich über ihre Gefühle klar werden konnte.
»Ich habe wieder dasselbe Zimmer für dich herrichten lassen, ich hoffe, das ist in Ordnung«, sagte ihre Mutter und öffnete die Tür. »Ich bin so froh, dass du hier bist. Wir sehen uns zum Dinner um acht, in Ordnung?«
Nachdem ihre Mutter sie allein gelassen hatte, sank Zoe auf ihr Bett und atmete tief durch. Der Geruch dieses Zimmers nach altem Holz und Blumen, ein wenig Moder und Rauch ließ die Bilder von der leidenschaftlichen Nacht wieder in ihr aufsteigen, die sie hier mit Charlotte verbracht hatte. Mit einem Mal stiegen ihr Tränen in die Augen. Sie ließ sich auf die weiche Matratze zurückfallen und starrte an die Zimmerdecke. Charlotte hatte sich nicht mehr bei ihr gemeldet und Zoe musste der Wahrheit langsam ins Auge sehen. Ihre Professorin würde sich niemals gegen ihren Mann und für Zoe entscheiden. Das Ganze war tatsächlich nur ein Abenteuer gewesen.
Zoe stöhnte und richtete sich wieder auf. Jetzt war es also passiert. Sie hatte sich verliebt und saß mit einer ordentlichen Portion Liebeskummer hier auf Wooverlough Court, das sie einst verlassen musste, weil sie genau das getan hatte, was Charlotte momentan nicht gelang: zu sich selbst zu stehen. Was für eine Ironie des Schicksals! Sie schüttelte den Kopf. Aber wer war Zoe, darüber zu urteilen? Die Entscheidung, die Charlotte treffen musste, war schwer. Und eine richtige Wahl gab es in dieser Situation sicher nicht. Auf der einen Seite stand Charlottes Familie, die sie liebte und von der sie geliebt wurde. Auf der anderen war ihre sexuelle Identität. Es würde sehr schwer werden, beidem gerecht zu werden, vielleicht sogar unmöglich.
Zoe seufzte. Sie überlegte, wie sie mit ihrem Kummer und ihrem verletzten Stolz umgehen sollte. Natürlich konnte sie sich nach einem anderen Professor umsehen, der ihre Promotion betreute, aber sie war zu Charlotte gegangen, weil sie fachlich viel von ihr hielt und weil sie genau in dem Bereich forschte, der Zoe interessierte. Nein, sie würde nicht weglaufen! Zoe würde ihre Arbeit mit Anstand und Würde beenden und sich bemühen, eine großartige Doktorarbeit zu schreiben. Auch wenn es ihr jedes Mal das Herz zerreißen würde, wenn sie Charlotte sah, so nah und doch unerreichbar, und wenn ihre Wunde durch diesen regelmäßigen Kontakt nur schwer heilen konnte.
Sie musste jetzt also dringend anfangen, nach weiteren Informationen zu suchen. Sie musste herausfinden, wie es mit Gerald weitergegangen und wie es zu seinem Tod gekommen war. War er am Ende doch gehängt worden? Das würde erklären, warum so wenig über seinen Tod bekannt war. Vermutlich hätte der damalige Earl alles dafür getan, um zu verheimlichen, dass ein Mitglied der Familie wegen mehrfachen Mordes gehängt worden war. Und die zweite Sache, der Zoe nachgehen musste, war, warum er zum Helden gemacht wurde.
Zoe rappelte sich auf und griff nach ihrem Handy. Wieder keine Nachrichten, keine Anrufe, keine neuen Mails. Einen Augenblick lang überlegte sie, Charlotte zu schreiben, dass sie wieder in Wooverlough Court sei, aber sie widerstand der Versuchung. Sie verließ den Gästeflügel, in dem ihre Mutter sie untergebracht hatte, ging durch dunkle Flure und stieg verschiedene Treppen hinauf, bis sie sich im Ostflügel wiederfand. Als sie die alte Halle betrat, fröstelte sie. Der Raum wurde nicht geheizt und durch die Januarkälte war es ungemütlich hier. Sie zog ihre Strickjacke enger um die Schultern. Dann tastete sie die Holztäfelung ab, bis sie die Stelle fand, mit der sie die Tür zu dem Geheimgang öffnen konnte. Unter leisem Knarren schwang sie auf und Zoe betrat den schmalen Gang, der zu der geheimen Bibliothek führte.
Auch an diesem Ort waren ihre Erinnerungen so lebendig, als sei Zoe erst gestern mit Charlotte hier gewesen. Sie ließ ihren Blick über die vielen Bücher schweifen. Inzwischen hatte sie die Tagebücher von Madeline und dem Inspector mehrmals gelesen und oft in den Händen gehalten. Sie erkannte sofort, dass hier keine weiteren Bücher der beiden aufbewahrt waren. Zoe setzte sich auf einen der Bibliotheksstühle und dachte nach. Sie war sicher, dass auch das Ende der Geschichte hier irgendwo zu finden sein musste. Oder war Geralds Tod tatsächlich nur ein Zufall gewesen? Aber die Liverpooler Zeitung hatte doch eindeutig über seine Ermordung berichtet. Und Zoe wollte nicht glauben, dass Gerald niemals für seine Taten zur Rechenschaft gezogen worden war, weil ihr Herz nach Gerechtigkeit verlangte. Sie wünschte sich, dass man ihren Vorfahren der Morde überführt und gehängt hatte, um die Frauen, die unschuldig gestorben waren, zu rächen. Trotzdem war es nicht auszuschließen, dass Madelines Tagebuch wirklich das letzte gewesen war. Es war sicher sinnvoller, wenn Zoe sich ab sofort auf die Zeit nach Geralds Tod konzentrierte.
Sie streckte sich und ihr Blick wanderte nach oben, als sie plötzlich stutzte. Ganz oben an der Wand befand sich eine Tür. Sie war so unauffällig, dass sie ihnen bei ihrem letzten Besuch in der Bibliothek gar nicht aufgefallen war. Zoe sah sich nach einer Leiter um, konnte aber keine entdecken.
Also ging sie zurück in ihr Zimmer und läutete nach einem Hausmädchen, das sie zwar skeptisch ansah, ihr aber zehn Minuten später eine leichte Aluminiumleiter brachte. Mit viel Geduld und Geschick schaffte es Zoe, die lange Leiter durch den engen Gang in die Bibliothek zu bringen. Dann lehnte sie sie an die Wand und kletterte vorsichtig hinauf. Zoe fragte sich, warum diese seltsame Tür einst wohl eingebaut worden war. Doch als sie vom oberen Ende der Leiter noch einmal in die Bibliothek hinuntersah, verstand sie es plötzlich. Diese verborgene Bibliothek musste früher einmal ein Treppenhaus gewesen sein, das im Zuge einer der Erweiterungen des Gebäudes irgendwann zugemauert und vergessen worden war. Diese merkwürdige Tür war wohl der Zugang zu einem der Zimmer im oberen Stockwerk gewesen.
Zoe drehte den weißen Knauf und stellte erleichtert fest, dass die Tür nicht verschlossen war. Sie ließ sich problemlos nach hinten aufdrücken. Vorsichtig zog Zoe sich am Türrahmen hoch und hievte sich von der Leiter in den dunklen Raum dahinter. Sie zog ihr Handy aus der Tasche und stellte die Taschenlampe an. Zuerst leuchtete sie die Wände ab, in der vagen Hoffnung auf einen Lichtschalter. Aber natürlich gab es keinen. Dieser Raum war vor Jahrhunderten gebaut worden, lange bevor elektrische Leitungen im Haus verlegt worden waren. Das Zweite, was Zoe feststellte, war, dass es sich offenbar nicht um einen Raum, sondern um einen Flur handelte, was ihre Vermutung bestätigte, dass die Bibliothek einst Teil eines Treppenhauses gewesen war. Langsam tastete Zoe sich vorwärts. Die alten Dielenbretter knarrten unter ihren Schritten. Das Licht ihres Smartphones beleuchtete riesige Spinnweben. Staub hatte sich zentimeterdick auf dem Boden gesammelt.
Nach wenigen Metern stand Zoe vor einer weiteren Tür. Vorsichtig drückte sie die Klinke hinunter und stieß einen überraschten Schrei aus. Sie hatte mit weiteren Bücherregalen gerechnet, vielleicht mit einem kleinen Lesezimmer, aber stattdessen stand sie in einem Schlafzimmer. Der Raum war achteckig, und Zoe wusste sofort, in welchem der vielen Türmchen von Wooverlough Court sie sich hier befand. Sie hatte oft darüber nachgedacht, wie man wohl in diesen Turm gelangte, war dann aber überzeugt gewesen, dass es sich um ein reines Ziertürmchen handeln musste, das gar nicht ausgebaut worden war. Auf der einen Seite des Zimmers befanden sich vier nebeneinanderliegende Fenster, von denen man über das Dach und die Wiesen des Anwesens blicken konnte, auf der anderen waren die Wände mit einer weißen Tapete versehen, auf die grüne Ranken gemalt waren. Die oberen Ecken hatten sich gelöst und hingen schlaff herunter, dunkle Flecken hatten sich gebildet. Der Raum roch nach Schimmel, Moder und Feuchtigkeit. Der Turm befand sich genau am Übergang vom Ostflügel zum Mitteltrakt des Gebäudes. Zoe trat an eines der Fenster, die nach Osten zeigten, und stellte fest, dass dieser Turm von keiner Seite aus gut einzusehen war. Es gab kein Fenster im Gebäude, das in seine Richtung ging, und auch von den Gärten oder vom Park aus konnte man nur sein spitzes Dach in den Himmel ragen sehen. Zoe drehte sich wieder zum Zimmer um und betrachtete das staubige Bett neben der Tür.
Überrascht ging sie zur anderen Seite des Bettgestells, wo eine Wiege stand. Hatte vielleicht eine Kinderfrau hier gewohnt, die auf das Kind der Herrschaft aufpassen sollte? Oder die damalige Comtess selbst? Nein, die Einrichtung war nicht die einer Lady. Die Kommode war eher klein, und einen Kleiderschrank gab es nicht. Unter einem der vier Fenster stand ein Tisch mit ein paar alten Cremetiegeln, aber auch einem Federhalter mit zwei Gänsekielen, einem Tintenfässchen und Löschpapier. Auf einem kleinen Tisch daneben lagen einige Bücher, aber Zoe stellte sofort fest, dass es sich nicht um Tagebücher, sondern um eine Ausgabe von Shakespeares Werken und um ein Erbauungsbuch handelte. In der Ecke stand ein Metallgestell, in dem eine Waschschüssel steckte. Von den erhofften Tagebüchern keine Spur!
Zoe bückte sich, um unter dem Bett zu suchen, aber dort war nur ein verstaubter Nachttopf. An der rechten Wand gab es eine weitere Tür. Zoe versuchte sie zu öffnen, musste aber feststellen, dass sie sich keinen Zentimeter bewegen ließ. Also trat sie an eines der Fenster und versuchte herauszufinden, welches Zimmer sich hinter dieser Tür befand. Schräg gegenüber konnte sie das Fenster ihres ehemaligen Jugendzimmers entdecken, in dem sie zwei Jahre lang gewohnt hatte. Sie schloss die Augen, um sich auf die Anordnung der Räume in dieser Etage zu konzentrieren. Ja, sie war sich absolut sicher, dass das Schlafzimmer ihres Vaters an diese verschlossene Tür grenzen musste. Soweit sie wusste, hatte der Raum immer schon als Schlafzimmer des amtierenden Earls gedient. Ob das auch zu Madelines Zeiten schon so gewesen war? Dann hätte dieses Zimmer John gehört, Madelines Liebhaber.
Nachdem sie sich mit einem prüfenden Blick davon überzeugt hatte, dass es von hier aus keinen anderen Zugang zu dem Zimmer ihres Vaters gab, verließ sie den Raum und kehrte in den dunklen Flur zurück. Mit etwas Mühe schaffte sie es, wieder auf die Leiter zu klettern, und wenig später ließ sie die verborgene Bibliothek hinter sich und ging in den Mitteltrakt des Anwesens, um auf diesem Weg zum Schlafzimmer ihres Vaters zu gelangen. Sie klopfte an die Tür und erhielt natürlich keine Antwort, denn er war ja verreist. Als sie sein Zimmer betrat, kam sie sich wie ein Eindringling vor. Aber sie musste jetzt einfach mehr erfahren, musste herausfinden, warum offenbar niemand von hier aus in das verstaubte Turmzimmer gegangen war. Kurz darauf hatte sie die Antwort auf ihre Frage gefunden. Die Tür zu dem benachbarten Zimmer in dem Türmchen war von dieser Seite her nämlich zugemauert worden.
Zoe starrte nachdenklich auf die Backsteine. Warum hatte man den Zugang zu dem Türmchen blockiert, wo sich hinter der Tür doch ein so hübsches Zimmer befand? Und auch von der versteckten Bibliothek her war der Turm nur äußerst schwer zugänglich. Wieso hatte man ihn versperrt?
In Gedanken versunken verließ sie das Schlafzimmer ihres Vaters und wollte gerade in die verborgene Bibliothek zurückkehren, als sie ihrer Mutter begegnete. Sie kam anscheinend von einem Spaziergang zurück. Als sie ihre Tochter sah, lächelte sie.
»Zoe, willst du mir nicht Gesellschaft leisten bei einer Tasse Tee?« Ihre Mutter zog die Handschuhe aus und legte sie auf einen Tisch in der Eingangshalle.
Zoe zögerte. Sie hatte eine Menge entdeckt, aber nicht die Aufzeichnungen gefunden, deretwegen sie eigentlich gekommen war. Eine kurze Pause würde ihr nicht schaden.
Während sie im Salon auf den Tee warteten, berichtete Zoe ihrer Mutter von ihren Erkundungen.
»Und wonach genau suchst du?«, fragte die Comtess, als Zoe geendet hatte.
»Nach dem letzten Tagebuch«, erwiderte Zoe. Sie wollte ihren Eltern noch nicht verraten, was sie über Gerald Farwell herausgefunden hatte, denn sie bezweifelte, dass sie in Wooverlough Court nach weiteren Aufzeichnungen suchen durfte, wenn der Earl einen Skandal um seinen Vorfahren befürchten musste. »Die Tagebücher, die wir im Dezember mit nach Oxford genommen haben, scheinen nicht vollständig zu sein.«
Ihre Mutter schlug die Beine übereinander. »Vielleicht solltest du in dem alten Tresor im Arbeitszimmer deines Vaters nachsehen. Ich weiß, dass einige Dokumente darin aufbewahrt sind, die von früheren Generationen als heikel angesehen wurden. Für wichtige Dinge wie Wertpapiere und Schmuck verwendet dein Vater einen anderen, modernen Tresor.«
Zoes Herz schlug schneller. »Ja, wenn etwas heikel ist, dann mit Sicherheit das Ende von Geralds Geschichte.«
Ihre Mutter stutzte und schien auf weitere Ausführungen von Zoe zu warten, fragte aber nicht nach, wofür Zoe ihr sehr dankbar war. Die Comtess sagte: »Dein Vater wäre bestimmt nicht einverstanden, wenn ich dir Zugang zu dem alten Tresor gewähren würde.« Sie schien zu überlegen. »Andererseits bezweifle ich, dass er überhaupt weiß, was alles darin gelagert ist. Er hat sich nie gründlich mit diesen Unterlagen beschäftigt, so viel ich weiß.«
»Und er ist verreist«, sagte Zoe leise. »Er muss es ja nicht erfahren. Vermutlich wird ihm gar nicht auffallen, wenn wir diese Bücher aus seinem Tresor nehmen.«
Ihre Mutter lächelte. »Stimmt. Geschieht ihm ganz recht.« Und als Zoe sie fragend ansah, fügte sie als Erklärung hinzu: »Er ist mit seiner Geliebten verreist.«
Zoe schnaubte wütend. »Und er hat dir davon erzählt?«
»Na ja, er hat gesagt, dass er mit einem Freund verreisen werde, aber ich habe zufällig die Buchung gesehen. Er hat ein Zimmer in einem Luxusresort reserviert, mit Candle-Light-Dinner und Champagner-Bad. Dieser Freund scheint eher eine Dame für gewisse Dienste zu sein.«
Zoe nickte grimmig. »Wo ist der Schlüssel für den alten Tresor?«
»Komm mit«, sagte die Comtess und führte Zoe in das Arbeitszimmer des Earls. Dort öffnete sie seine Schreibtischschublade und nahm einen dicken, alten Schlüssel heraus, wie sie schon lange nicht mehr hergestellt wurden. Während Zoe ihrer Mutter zu dem Tresor folgte, der hinter einem großen Gemälde verborgen war, dachte sie darüber nach, wie gut die Comtess sich im Arbeitszimmer ihres Mannes auskannte. Jetzt war ihr auch klar, wie sie die Buchungsbestätigung des Hotels gefunden hatte. Auch wenn sie so tat, als störten sie die Eskapaden ihres Mannes nicht besonders, schien sie ihn doch genau zu überwachen.
Zoes Mutter klappte das Gemälde zur Seite und schob den dicken Schlüssel ins Schloss des Tresors. Als die Stahltür aufschwang, trat die Comtess einen Schritt zurück.
»Bitte sehr, am besten, du schaust selbst nach.«
Zoe betrachtete das Durcheinander aus Briefen, Dokumenten und Büchern. Und tatsächlich fielen ihr sofort die Notizbücher von Thomas Young auf und Madelines Tagebücher. Es waren zwei schwarze und drei rote Bände. Sie zog sie heraus und schlug sie auf.
»Das sind sie!«, rief sie erleichtert und drückte die Bücher an sich. »Ich danke dir so sehr, dass du mich auf diese Idee gebracht hast.«