Ich höre sie, bevor ich sie sehe. Gelächter im Gang, Andries, der sie begrüßt.
Die letzte halbe Stunde habe ich vor meiner Staffelei gestanden und versucht, herauszufinden, was mit meinem Bild nicht stimmt. Heute sollte der Fokus auf einer neuen Technik liegen, die Cloisonismus genannt wird, aber inzwischen bin ich überzeugt, dass ich den falschen Gegenstand als Motiv gewählt habe. Ich trete einen Schritt zurück und betrachte die Leinwand aus zusammengekniffenen Augen, um in der kühnen Form mit den dicken schwarzen Konturen Andries’ Bücherregal zu erkennen. Es ist wirklich nicht sonderlich gut gelungen. Ich wähle einen Pinsel mit runder Spitze, tauche die Borsten in die schwarze Ölfarbe und versuche, die Unterhaltung zwischen Andries und seinen Gästen draußen im Flur auszublenden.
Neun Besucher in vier Tagen – alles junge Männer und nicht ein einziger Künstler darunter. Ich habe wirklich keine Kraft mehr für einen weiteren unbehaglichen Nachmittag mit Gästen.
Nach dem vierten Besucher – Andries’ Anwalt, Guy Loti – und einer unendlich öden Stunde, in der er mit seinem Einkommen prahlte und verkündete, dass seine Zukünftige ihm mindestens zehn Kinder schenken solle, erklärte ich meinem Bruder, ich hätte genug. Dass ich kein Interesse daran hätte, einen Mann zu heiraten, der in mir den Wunsch weckt, mir meine Pinsel in die Ohren zu stecken. Außerdem weigerte ich mich – was Andries besonders frustrierte –, an diesem Tag noch irgendjemanden zu treffen. Mein Herz sei wund, teilte ich ihm mit, und vielleicht heile es niemals. Darüber lachte er laut und herzlich.
Das war vor drei Tagen, und obwohl ich fünf weitere Treffen mit langweiligen Männern ertragen habe, bei denen ich ab und zu etwas gesagt oder auch mal Blickkontakt aufgenommen habe, weckte keiner von ihnen mein Interesse.
Einige Minuten später taucht mein Bruder in der Tür auf.
»Wir haben Gesellschaft«, sagt er.
Ich deute auf meine Leinwand und erkläre Andries, dass ich den Nachmittag gerne allein verbringen möchte, in der Hoffnung, dass er sich um den Besuch kümmern möge, egal um wen es sich handelt. Andries betrachtet mein Werk. An seiner Miene kann ich ablesen, dass er versucht, herauszufinden, was genau es darstellen soll. Es wird ihm aber nicht gelingen, so erschreckend schlecht ist das Bild. Rasch beschließe ich, allem zuzustimmen, was er darin sehen mag.
»Du bist zu gut, um dich zu verstecken«, sagt er.
»Das hier …« – ich zeige auf das Bild – »sagt nichts über heute aus. Es ist bestenfalls scheußlich.«
Er zögert kurz. »Mir gefällt es«, verkündet er dann und schiebt die Hände in die Hosentaschen. Andries ist ein ganz schlechter Lügner. Er hat keine Ahnung, was ich gemalt habe, und er findet es furchtbar.
»Nur du glaubst an mich«, sage ich.
»Ist das nicht alles, was du im Moment brauchst?« Er lächelt, und ich nicke. Das ist es in der Tat. »Und dieser Besuch ist anders.«
Mit fragendem Blick bedeute ich ihm fortzufahren.
»Zwei Männer, wovon einer um eine Audienz bei dir gebeten hat. Er hat sogar seinen Bruder, der Künstler ist, dafür bezahlt mitzukommen und dir Ratschläge zur Maltechnik zu geben. Das wird unterhaltsam, ich verspreche es.«