Wie man mit Vorlagen eine Lage fortschreiben kann

Nachfolgend zeige ich Ihnen beispielhaft, wie sie Projekte, Produkte oder Marktentwicklungen mit Werkzeugen der Gefahrenabwehr auf einfachste Art und Weise darstellen können – inklusive weiterem Verlauf. Wie in einem Lagezentrum werden Situation und Lage fortgeschrieben. Gleichzeitig unterstützt es das Verständnis zwischen Außenstehenden, die neu hinzukommen, Teammitgliedern, Vorgesetzten und Partnern, um Reibungsverluste zu verhindern. Auch Übergaben oder Schichtwechsel werden einfach und in kürzester Zeit möglich.

image Um Situationen und Szenarien nicht nur einmal, sondern fortlaufend beurteilen zu können, und die Entwicklung der Situation uf einfache Weise zu visualisieren, ist ein kleines Lagecockpit empfehlenswert.

Zum Beispiel mit einer Pinnwand, einem Flipchart oder Whiteboard. Auch in digitaler Form bei internationalen Teams.

Bitte denken Sie immer im Uhrzeigersinn, das heißt, von links nach rechts. Starten Sie links mit der allgemeinen Lage und den Zahlen, Daten, Fakten zu ihrem Thema, Szenario, Projekt oder Produkt. Verlieren Sie keine Zeit, die Thematik zu erläutern, egal, wo sie stehen oder wo sie vielleicht noch nicht stehen. Schlagworte, Zahlen, Daten und Fakten reichen völlig. Im Optimalfall werden sie visualisiert mit einfachen Symbolen.

Keine Präsentationen, jeder sieht transparent und selbsterklärend, welche Problemsituation vorliegt, welche Ziele und Nichtziele aktuell gesetzt sind und wie Zeitstrahl und Prognose aussehen. Innerhalb von Sekunden. Ein Bild sagt auch hier mehr als tausend Worte – dank einfacher Visualisierung.

Insbesondere bei einfachen Lagen, die später aufwachsen können oder durch die Kombination von mehreren Situationen plötzlich komplex werden, ist es überragend, von Anfang an in einer Systematik relevante Informationen erfasst zu haben.

image Sie kennen es ja bereits: Nicht hinter die Lage geraten, sondern immer davor bleiben.

Versuchen Sie es in allen Skalierungsgrößen – vom Blatt Papier bis zu einem Raum mit mehreren Flipcharts oder Pinnwänden. Hier kommt die Blaupause, mit der ich in der Gefahrenabwehr sehr gute Erfahrungen gemacht und die ich in echten Einsätzen immer wieder weiterentwickelt und eingesetzt habe.

image

ALLGEMEINE LAGE

image

image

image

PROBLEMANALYSE KNACKPUNKTE

image

image

ZIELE

image

image

NICHTZIELE

image

image

ZEITSTRAHL UND PROGNOSE

image

MASSNAHMEN

Sie können damit beliebig variieren und kombinieren, so wie es Ihre Ausstattung und Ihre Wahrnehmung erfordern.

image Ziel ist es, eine Situation schnell und einfach aufzuarbeiten, mit klarer Methode und Visualisierung so einfach zu gestalten, dass sie jeder verstehen kann.

Für Themenanalysen oder Entscheidungen, die Sie persönlich für sich durchgehen, sind ein Blatt Papier oder eine neue, weiße Notizseite in ihrer digitalen Anwendung ausreichend.

Das Fortschreiben einer Lage ist wiederum sehr wichtig in Situationen, die sich langsam entwickeln. Oder auch in Projekten, die Sie Schritt für Schritt entwickeln.

Ein Klassiker in der Feuerwehrwelt ist die Beurteilung und das Fortschreiben einer Unwettersituation. Diese starten meistens mit einer kritischen Wetterprognose oder einer Unwetterwarnung am Tag davor. Wodurch man noch einige Stunden zur Verfügung hat, mögliche Maßnahmen vorzubereiten. Immer wieder hat man aber nach einer kurzfristigen Unwetterwarnung auch nur 30 bis 90 Minuten Zeit. Dann gilt es, die standardisierten Abläufe mit den aktuell vorliegenden Risiken (Veranstaltungen, Events, Verkehr, parallele Ereignisse, Einsatzlagen etc.) abzugleichen.

image Notwendige Maßnahmen und Entscheidungen sind vorzubereiten, bevor eine mögliche Lage eintritt. Man verliert sonst zu viel Zeit und läuft der Lage hinterher.

Das bedeutet nicht, dass man in Hektik verfällt, sondern sich wiederum volle Pulle, ganz gemütlich einen Zeitvorteil verschafft. Man hat in der Gefahrenabwehr regelmäßig nur wenige Minuten Zeitvorteil. Diese bringen jedoch schon enorme Vorteile.

Dahinter steht nicht immer eine komplexe Problemanalyse. Manchmal sind es banale Dinge, die kritische Situationen einfacher gestalten lassen, indem man die Zeit nutzt, die einem zur Verfügung steht.

Dieses Beispiel soll zeigen, dass es nicht immer das große Krisenmanagement- oder Projektteam oder eine Geschäftsleitung braucht, nein, manchmal hilft eine einzelne Person, die sich Gedanken macht oder wichtige Anrufe bei Ansprechpartnern zu laufenden Parallelereignissen macht. Dann weiß man schneller und besser, ob alles funktioniert, wenn Fall X eintritt oder man mit weiteren Auswirkungen rechnen muss.

Läuft die Lage an, können Sie auf dem Zeitstrahl die Prognose immer weiterführen. Jede halbe Stunde, jede Stunde, jede Woche jeden Monat. Je nach Dynamik, die ihre betreffende Situation erfordert. Man ist auch auf alle Entwicklungen, Richtungsänderungen und Einflüsse vorbereitet und kann bestens agieren.

image Ich spreche bewusst von Agieren, aktiv Einfluss nehmen und Wirkung erzielen. Um die Situation möglichst zügig wieder in den Regelbetrieb zu bringen.

Je länger im Ausnahmezustand gearbeitet wird, desto mehr Probleme können sich anhäufen. Deswegen ist es immer das Ziel in der Gefahrenabwehr, das System einer Gemeinde, Stadt oder Großstadt gezielt, messbar und zügig wieder in den Regelbetrieb zu bringen.

FESTLEGEN VON ESKALATIONSSTUFEN FÜR EINE EINHEITLICHE DARSTELLUNG UND BEURTEILUNG

Damit Sie eine Situation einheitlich beurteilen und wissen, unter welcher Belastung oder Herausforderung alle Beteiligten am Werk sind. Wir unterscheiden die Eskalationsstufen:

Regelbetrieb (grün)

Hier laufen die Alltagsprozesse wie geplant. Im Unternehmen sind das zum Beispiel Produktionsprozesse, personelle und finanzielle Abläufe, Lieferungen von Material sowie der Versand von Produkten.

In einer Leitstelle von Feuerwehr und Rettungsdienst bedeutet Regelbetrieb, dass Notrufe zeitgemäß abgenommen, Einsatzmittel disponiert werden und zur Verfügung stehen. Dies gilt für Rettungsdienst- und Feuerwehreinsätze, die keine besonderen Auswirkungen auf das Gesamtsystem haben.

image Keine besonderen Auswirkungen bedeutet: Einsatz wie geplant und danach wieder einsatzbereit.

Störung (gelb)

Eine Störung bezieht sich auf Ereignisse, die eine Organisation, Abteilung oder ein Team selbstständig lösen kann und die in seiner Zuständigkeit liegen. Das Problem wird selbstständig gelöst.

Gleiches gilt in der Gefahrenabwehr. Für einen Feuerwehreinsatz, der keine anderen Partner benötigt wie Polizei, Rettungsdienst, Energieversorger oder ÖPNV. Der Lagedienst in der Leitstelle muss nicht tätig werden. Er bekommt die Meldung zur Information, um aktiv monitoren und bei Bedarf unterstützen zu können.

Ein Tätigwerden von Geschäftsführung oder Lagedienst ist nur notwendig, wenn mehrere Störungen in mehreren Bereichen auftreten. Diese müssen nicht direkt miteinander zu tun haben. Zu viele Störungen innerhalb einer Organisation können zu erheblichen Auswirkungen bis hin zu einer Notfallsituation führen.

Deshalb ist es so wichtig, sich Störungen anzeigen zu lassen, davon Kenntnis zu haben und vor der Lage zu bleiben. Es passiert eben nicht schlagartig. Es mündet schrittweise in eine Situation, die nicht mehr bewerkstelligt werden kann.

Zeitlich ist der Aufwand übersichtlich und mit »einer bis wenige Stunde(n)« sehr übersichtlich.

image In den meisten Fällen kommt es zu einer speziellen Kombination von Ereignissen, die sich gegenseitig beeinflussen.

Notfall (rot)

Notfälle sind kritische Situationen, in denen mehrere Partner zusammenarbeiten müssen, um die Problematik zu lösen.

In der Gefahrenabwehr liegt dann ein Notfall vor, wenn Menschen in Gefahr sind. Oder wenn mehrere Partner notwendig sind. Die Feuerwehr muss retten und befreien. Der Rettungsdienst muss medizinisch versorgen und Betroffene transportieren. Die Polizei muss Spuren sichern und Ermittlungen durchführen.

Fragen Sie sich deshalb immer, wer notwendig ist, um einen Notfall zu lösen. Die Regel lautet: Lieber eine Stunde im Notfallbetrieb statt Tage und Wochen einen Notfall mit sich schleifen und verwalten. Das gilt genauso für Firmen, Teams und Organisationen.

Ein Notfall ist zeitlich immer abschätzbar, kann aber mehrere Stunden oder Tage in Anspruch nehmen.

image Hinzu kommt: Immer informiert sein und jede Eskalation bewusst einbeziehen.

Krise (violett)

Krisensituationen sind unklare Situationen, die plötzlich oder schleichend eintreten. Weder Aufwand noch Zeitbedarf sind wirklich abschätzbar. Zuerst muss erfasst werden, um was es eigentlich geht. Eine große Herausforderung aufgrund der Unklarheit in allen Belangen.

Beispiele sind ein Flugzeugabsturz in einem Wohngebiet oder ein Amoklauf. Dies sind völlig unklare Situationen, die man nicht sofort erfassen kann. Es ist selbstverständlich, dass man viele Partner benötigt, um allein das Ausmaß der Krise erfassen zu können.

Stellen Sie die Informationswege sicher, damit alle Störungen und Notfälle zuverlässig gemeldet werden. Daraus ergibt sich eine einfache Kurve, in welchem Zustand sich ihr System aktuell befindet. Durch die Prognosen wird klar, in welche Richtung es weitergehen wird oder könnte.

image Ziel ist es, alle Einflussfaktoren und kritischen Punkte auf einem Chart abgebildet zu haben.

Hauptziel ist immer, den Regelbetrieb sicherzustellen. Bei Störungen führen Sie Ihr Team, System oder Organisation möglichst umgehend zurück in den Regelbetrieb. Fördern Sie aktiv selbstständiges Arbeiten und lösen Sie Probleme dort, wo sie entstehen. Lassen Sie Entscheidungen nur treffen, wo sie notwendig sind und Kompetenz verlangt wird. Optimieren Sie ihr Team von innen heraus.

So entsteht ein resilientes und widerstandsfähiges Team, das sich so schnell nicht unterkriegen lässt. Menschlich und sozial, fachlich und organisatorisch zusammengeschweißt. Auch das verlangt Mut zur Umsetzung. Trauen Sie sich und machen Sie den ersten Schritt. Probieren Sie es aus und passen Sie es an.

Fördern Sie die Kommunikation und vor allem das über den Tellerrand schauen, um gemeinsam zu lernen und voneinander zu profitieren. Vielleicht hat ein benachbartes Team einen Tipp, wie zukünftige Stör- oder Notfälle verhindert werden können. Und ganz wichtig: Jeder kritische Einsatz wird nachbesprochen. Es ergeben sich immer neue Lernpunkte, selbst, wenn es für manches Teammitglied die zehnte Situation mit ähnlich gelagerter Problemstellung war. Sie schaffen einen aktiven Austausch zwischen Theorie und Praxis. Personen mit weniger Erfahrung setzen im Normalfall auf mehr Theorie (Methodik). Personen mit mehr Erfahrung hören mehr auf die Praxis (Bauchgefühl).

Das Alter der Personen ist davon völlig unabhängig. Eine 60-jährige Person, die erstmalig in einer Situation ist, hat weniger Erfahrung als eine 25-jährige Person, die schon das dritte Mal in dieser Situation ist.

image Es gibt nicht die eine Situation oder die eine Lösung.

Es gibt nur die Lösung im Team. Wenn die Richtigen integriert sind. Sie müssen unterschiedliche Konstellationen zulassen. Denn nicht jede Entscheidung kann durch dieselben Personen auf gleichem Niveau erledigt werden.

image

Entscheiden Sie die Situation immer zum Zeitpunkt der Entscheidung. Berücksichtigen Sie die verfügbare Performance und Erfahrung des Personals sowie dessen Ausstattung. Die Komplexität der Situation ist abhängig von menschlichen Faktoren. Derjenige, der entscheidet, hat womöglich wenig Erfahrung, hat nachts um 2:00 Uhr andere Anforderungen an die Situation wie morgens um 10:00 Uhr.

Deshalb ist es so wichtig, die Situation ganzheitlich zu betrachten und die dazugehörigen Faktoren zu berücksichtigen.

image Wir müssen aufhören, in Null und Eins zu denken.

Wir agieren in der realen Welt. In einer analogen Welt, in der es um Menschen geht, muss man mit menschlichen Faktoren arbeiten und vor allem das Potenzial nutzen, das nur der Mensch besitzt!