Beim Verlassen von Phelan Investigations hätte Ben Delpha beinahe über den Haufen gerannt. Er entschuldigte sich wortreich, dann war er weg. Sie trat ein, ihre graublauen Augen blitzten.
Sie und Phelan sahen sich an und seltsamerweise verschwamm einen Moment lang die Umgebung vor seinen Augen, so als gäbe es kein Büro und keine Wände, nur einen grenzenlosen Raum, über den hinweg sie sich anblickten. Er schüttelte den Kopf. Fata Morgana? Fernsehwerbung? Was war das für ein bewusstseinsverändernder Scheiß?
Als Delpha an ihm vorbeiging, schloss sich seine Hand um ihren Oberarm. Mist, das hatte er doch nicht mehr tun wollen. »Ich hab Neuigkeiten in Cheryls Fall. Aber Ben hat noch was Besseres. Ich wette zehn zu eins, dass der Junge Rodney gefunden hat.«
Delpha sah auf die Hand auf ihrem Arm. »Genau das wollte ich Ihnen auch sagen. Ich hab Rodney gefunden.«
»Was, echt?«, sagte Phelan und grinste. »Das sollten wir mit einem Ausflug feiern.« Er schlug ihr eine Lagebesprechung irgendwo außerhalb dieses Glutofens von Büro vor.
Sie nahmen den Highway 69 und dann den 96 South Richtung Port Arthur. Er wollte etwas sagen, aber es fiel ihm nichts ein, und sie sagte auch nichts. Das Schweigen war angenehm. Die Reifen sangen auf dem Asphalt. Die Luft rauschte. Die Klimaanlage war voll aufgedreht und die Autoscheiben heruntergekurbelt. Der Wind fuhr durch Delphas Haare. In der Stadt durchquerten sie mehrere Viertel mit kleinen Häusern, die alle die gleiche Höhe hatten, so als hätte eine große Hand sie flachgedrückt. In vielen Gärten standen ramponierte Boote oder angerostete Wohnwagen. Sie kurvten herum, bis sie die Straße fanden, die zur Raffinerie führte, ein breites braunes Band. Phelan hielt am Straßenrand, wo sie einen guten Blick auf das Taj Mahal der Ölindustrie hatten. Hierher kam das Öl, das von den Ölplattformen hochgepumpt wurde, auf denen Phelan früher gearbeitet hatte.
Hinter den weit geöffneten Toren erhob sich die Raffinerie, das Metallskelett einer majestätischen, rauchenden Stadt. Graue Rohre durchzogen sie und verbanden die einzelnen Teile wie ein Adergeflecht. Riesige Quader wie gesichtslose, fensterlose Wohnblocks. Graue Türme, um die alle paar Meter Plattformen liefen, gerade breit genug, damit ein, zwei Männer darauf stehen konnten, Reihen von niedrigen runden Tanks, die sich auf den Boden duckten, hoch aufragende rostbraune Tanks, Bohrtürme, riesige Kräne, Fackelanlagen, die Flammen und schwarzen Rauch ausstießen.
Ohne Raffinerie wäre Port Arthur ein kleines Fischerstädtchen mit ein paar Läden für die Strandbesucher, die ein bisschen im Meer planschen wollten, und die Bankdirektoren, deren Segelboote im Hafen schaukelten. Dank der Raffinerie konnten sich die Leute fünfmal in der Woche statt Nudeln und Kohl mit Maisbrot Hamburger und Hühnchen gönnen, sie konnten sich einen Pick-up und eine Familienkutsche leisten, konnten die Tochter auf die Schwesternschule schicken und den Sohn aufs College, ausgestattet mit Rechenschieber und Zirkel.
Phelan machte eine Kehrtwende und fuhr zurück zu einem würdevollen alten Haus nicht weit vom Uferdamm. Es war weiß wie eine Hochzeitstorte, die fünfzig Jahre im Gefrierschrank gestanden hatte, die Farbe an den Säulen und der umlaufenden Veranda von der salzigen Meeresluft angefressen und abgeblättert, einsam. »Rose Hill Manor«, sagte er, als sie ausstiegen. Er deutete mit dem Kinn zu der Veranda im ersten Stock der alten Villa, wo früher einmal hundert Gäste Bourbon und Limonade getrunken hatten. Das Meer lag hinter dem Hügel versteckt.
»Ich bin stolz auf Phelan Investigations«, sagte er unvermittelt. »Mein eigenes Büro.« Der Wind blies ihm die dunklen, in der Sonne glänzenden Haare ins Gesicht. »Aber hier draußen … da bin ich ein anderer.« In seinem Gesicht arbeitete es und er drehte sich um und ging in Richtung Wasser. »Vielleicht können Sie sich vorstellen, was ich meine.«
Er sah sie nicht an, was Delpha ganz recht war. Sie verstand, was er meinte. Vierzehn Jahre eingesperrt hinter Beton und Stahl – wie gut sie es verstand. Hier draußen blies ein Wind, der nach Salz schmeckte. Die Sonne strahlte vom Himmel, nicht mehr so glühend heiß wie im Hochsommer, aber doch genug für einen Sonnenbrand auf der Nase. Direkt hinter dem Hügel wartete das Wasser, gleich würde sie es sehen und spüren. Sie ging hinter Phelan her, die Arme leicht angehoben. Am liebsten hätte sie sie ausgebreitet. Der Wind wehte von der alten Weiß-in-Weiß-Villa den Geruch von Rosen zu ihr. Ihr Blick suchte nach dem Rosenbusch, der so spät noch blühte, aber sie entdeckte keinen. Nur ein Geißblatt, das am Haus wucherte.
Sie liefen zum Ufer, Granitbrocken, die sich bis zum Horizont erstreckten.
Als Delpha Wade das erste Mal in der Wir-Form von Phelan Investigations gesprochen hatte, hatte Phelan sich gefreut. Er hatte sich nicht mehr so allein gefühlt, jemand stand ihm bei diesem Wagnis zur Seite. Jemand, der gut zu seiner Herangehensweise passte. Als sie dann so schwer verletzt worden war, hatte das ihr Verhältnis auf eine neue Stufe gehoben. Er sah über den in der Sonne glitzernden Sabine Lake zu dem mit Bäumen und grünen Büschen bewachsenen gegenüberliegenden Ufer hinüber, das schon in Louisiana lag. Sonne, Luft, Wasser, ein freier, weiter Blick. Er holte tief Luft und dachte über Phelan Investigations nach, sein Baby. Er war stolz auf das, was er erreicht hatte, reklamierte die Meriten aber nicht nur für sich. Vielleicht weil sie eine Frau war, empfand er ihre Tätigkeit für ihn als Unterstützung und nicht als Einmischung. Stimmte das? Oder nicht?
»Diese Besprechung ist eine hervorragende Idee«, sagte Delpha. Der Wind brachte ihre Ärmel zum Flattern.
»Dann fangen wir mal an«, sagte Phelan. »Bei unseren ersten Fällen war es so, dass ich die eigentlichen Ermittlungen übernommen habe, während Sie die Büroarbeit erledigt haben. Davon kann nicht mehr die Rede sein.«
»Hab ich auch schon bemerkt.« Sie drehte sich zu ihm und der Wind wehte ihr die Haare aus dem Gesicht.
»Ich finde, dass ich Ihnen jetzt, wo Sie an den Ermittlungen beteiligt sind, auch mehr zahlen sollte, aber vorher wollte ich Sie fragen, ob Sie diese Arbeit überhaupt machen wollen. Ich hab den Eindruck, dass Sie Spaß an dem Bürokram haben. Sie wissen, wie man Rechnungen stellt, und können verdammt gut mit den Mandanten umgehen –«
»Es gefällt mir aber.«
»Was?«
»Die Ermittlungsarbeit.« Sie sah nach wie vor auf die Flecken, mit denen das Wasser gesprenkelt war, und nicht zu ihm.
»Es macht Ihnen nichts aus, zu den Maklern zu fahren oder die Hauskäufer rauszuklingeln?«
»Fragen Sie mich, ob ich Sehnsucht danach hab, den ganzen Tag hinterm Schreibtisch zu sitzen? Es gefällt mir, Sachen rauszufinden, Tom. Ich hab Spaß dran, Namenslisten durchzusehen und mich zu fragen, was für ein seltsames Versteckspiel diese beiden alten Männer treiben.«
Phelan nickte. »Ja, so geht’s mir auch. Okay, nachdem das geklärt ist, können Sie mir die große Neuigkeit verraten. Wie haben Sie Rodney gefunden?«
»Zuerst möchte ich das mit Frank wissen.«
Phelan warf ihr einen Blick zu. »Sie wollen mich wohl auf die Folter spannen, aber okay.« Er berichtete ihr von seiner Küstenerkundungs- und Shrimpseinkaufstour, den Kommentaren über die Reichtümer anderer und den süffisanten Blicken – und von seinem Gespräch mit Ticker, der ziemlich seeerprobt auf ihn wirkte. Der eine Smith & Wesson mit sich herumtrug und ein Gewehr griffbereit hatte, während er an einem Stand am Straßenrand Shrimps verkaufte.
Delpha hob die Augenbrauen. »Das ist ja ein Ding. Dann müssen Sie also nur noch darauf warten, dass Cheryl anruft und Ihnen verrät, wohin Frank aufbricht. Glauben Sie, dass Frank ihr die Wahrheit sagt?«
»Nein. Vielleicht lässt sie sich was einfallen, um es aus ihm rauszukitzeln, keine Ahnung. Ich weiß nur, dass ich mich ihm an die Fersen heften werde.« Ein erfahrener Privatdetektiv, der schon Jahre dabei war und nicht erst seit ein paar Monaten wie er, hatte wahrscheinlich alle möglichen Tricks auf Lager, aber bis es so weit war, beruhte die Vorgehensweise von Phelan Investigations auf gesundem Menschenverstand und Durchmogeln.
Eine Weile ließen sich die beiden noch auf dem betonierten Weg vom Wind durchpusten und betrachteten das Glitzern und Kräuseln der Wasseroberfläche. Dann fuhren sie zurück in Richtung Pleasure Island. »Auf der Insel war einmal ein Vergnügungspark«, sagte Phelan, »inklusive Golfplatz und der größten Achterbahn in ganz Texas. Es gab auch einen Tanzpalast für dreitausend Leute.«
»Wirklich? Haben Sie auch mal dort getanzt?«
»Nein. Das war vor meiner Zeit, während des Kriegs war der Vergnügungspark offenbar schwer in Mode.«
»Kann ich mir vorstellen. All die jungen Frauen in ihren selbstgenähten Sommerkleidern.«
»All die Matrosen, auf die die Schlacht um Guadalcanal wartete.«
Delpha streckte den Finger aus. Im Hafen lagen ein paar unbemannte Fischkutter und dümpelten vor sich hin. Ganz unschuldig. Sie fuhren den Kanal rauf und runter und suchten nach Stellen, wo ein Kutter vor Anker gehen konnte. Hier nicht, nicht vor aller Augen. Phelan überlegte, dass er sich im Sumpfland verstecken würde, wo eine kleine Schotterstraße neben einem Kanal entlangführte, wie die, die er tags zuvor gefahren war. Irgendwo in der Gegend musste es jedenfalls passieren, vielleicht an einer selbstgebauten Anlegestelle, die an einem ausgebaggerten Flussarm lag, so dass ein Boot reinfahren konnte. Nachts. Nicht weit von einem Highway. Dann brauchte man nur noch jemanden, der Schmiere stand, und ein paar Männer, die schnell arbeiteten, zum Entladen.
Etwas weiter entfernt war ein Wald von Masten zu sehen, die zu Segelbooten mit schlanken bonbonfarben gestrichenen Rümpfen gehörten. »Hübsch«, sagte Delpha. »Und jetzt erzähle ich, was ich gestern herausgefunden habe.«
»Wollen wir damit nicht warten, bis wir vor Ort sind?«, Phelan grinste. »Diese Lagebesprechung ist gleichzeitig eine Exkursion. Erst Schmuggler, jetzt Vogelgebiete.«
»Welches?«
»Davon gibt es ein paar. Auf geht’s.«
Sie kurvten durch ein Wäldchen mit Elliott-Kiefern, das aussah wie eine Bleistift-Plantage, und weiter durch dicht bewachsenes Waldland. Hier und dort waren Häuser zu sehen, auf den Veranden Autorückbänke und Blumentöpfe, in einem der Gärten ein Mädchen auf einer Schaukel aus einem alten Autoreifen. Die Straße schlängelte sich dahin, schließlich bogen sie scharf rechts ab. Nach einer Weile erhob sich zu beiden Seiten des Muschelkieswegs eine grüne Wand: mehr als mannshohes Schilf, gekrönt von weißen Blüten. Phelan kurbelte seine Scheibe runter. Das hohe Schilf wurde von dem Wind, der feuchte Luft mit sich brachte, durchgeschüttelt und machte dabei ein Geräusch, als würde Stoff reißen. Sie verließen den grünen, wogenden Tunnel und fuhren auf eine Wildhüterhütte zu. Kein Wildhüter. Die Holzhütte war leer, aber auf einem Gestell lagen durchweichte Broschüren, die man mitnehmen konnte.
»Hier sieht man, wie die Straße verläuft«, sagte Delpha und fuhr mit dem Finger über die in einer der Broschüren abgedruckte Karte, »diese Linie da. Und sehen Sie sich nur mal die Liste mit den Vögeln an. Die legen hier alle Rast ein.« Ihr Finger wanderte über das Papier. »So viele Reiher. Silberreiher, Seidenreiher, Schmuckreiher. Nicht zu vergessen Rötelreiher. Ach, und einen Schneereiher gibt’s auch.«
Dann fuhren sie auf der schmalen Muschelkiesstraße weiter und ließen nach einer Weile die Schilfwände hinter sich. An den wasserreichen Gräben zu beiden Seiten der Straße stand grünes und braun verwelktes Gras und welches mit bajonettartigen Blättern. Als es ein Stück bergauf ging, konnten sie auf die Sumpfinseln hinter diesem dichten grünen Wall sehen: buschige grüne Flecken, die sich aus dem bräunlichen Wasser erhoben. Dann führte die Straße wieder hinunter, auf eine Höhe mit den Gräben. Vögel zwitscherten. Phelan drosselte das Tempo noch mehr.
»Eine Schildkröte«, rief Delpha und drehte den Kopf zum Seitenfenster, »da drüben schwimmt sie. Und Libellen! Sehen Sie sie? Große, wie aus Messing.« Sie drehte sich wieder zu ihm, die Haare wehten ihr in das strahlende Ge-sicht.
Einen Augenblick setzte sein Atem aus. Diesen Ausdruck hatte er lange nicht mehr an ihr gesehen, seit … ja, wann? Seit dem Abend im Mai, als er ihr den Zweitschlüssel zum Büro von Phelan Investigations gegeben hatte. Oder war es im August gewesen, als sie auf der Trauerfeier für eine alte Frau, die sie gepflegt hatte, half, den Tisch im Rosemont mit Kuchen, Pralinen, Schinken und Grillfleisch und Lilien zu decken?
In einiger Entfernung machte sich ein Silberreiher zur Landung bereit, die Flügel weit ausgebreitet. »Eine Spannweite wie eine B-52«, sagte Phelan.
»Sehen Sie dort.«
Er wandte den Blick von dem riesigen weißen Vogel ab, der gerade seine dürren Beine ausstreckte, um auf dem Wasser aufzusetzen, und sah ein Stück die Straße runter eine Formation aus sieben oder acht kleineren Reihern stehen. Alle starrten mit ernstem Ausdruck in den Wind, so konzentriert wie die Überlebenden einer Truppe, die nach geschlagener Schlacht über das Schlachtfeld blickten. Erst als sich ihnen das Auto bis auf ein paar Meter genähert hatte, bewegten sich die Reiher zögernd, ein kleiner hüpfte weg, die anderen schwangen sich in die Luft, flogen das kurze Stück zum Graben und kehrten zurück, nachdem das Auto vorbeigefahren war.
»Da«, flüsterte Delpha. Durch eine Lücke in dem wuchernden Grün waren auf einer Schlammbank ein langer flacher Kopf mit riesigen Kiefern und ein Teil des torpedoförmigen Körpers zu sehen. Der gezackte Schwanz und die kurzen kräftigen Beine mit den Krallen waren in dem Farn und Schilf kaum zu erkennen. Vielleicht war der Alligator auf der Jagd, vielleicht lag er auch nur dort und schlief in seiner Schlammwasserwelt, während die armen schwachen Luftgeschöpfe über ihm ihre Rufe ausstießen.
»Okay«, sagte Phelan leise, beeindruckt von dem, was sie umgab, »fangen wir an.«
Sie drehte sich von dem Alligator weg und sah ihn an.
»Ich glaube, Rodney nennt sich Jim Anderson. Er gehört zu den Hauskäufern. Als Sie bei dem Haus gewesen sind, war niemand da.«
»Anderson. Stimmt, das Haus mit der Weihnachtsbaumschule. Wie kommen Sie auf ihn?«
»Aus einer Reihe von Gründen. Er hat das richtige Alter, einen großen Käfig mit Sittichen, ein jüngerer Mann ist bei ihm … nicht ganz richtig im Kopf, aber freundlich. Ich hab mit zwei Ladenbesitzern in Beaumont geredet, die einmal ein Geschäft in New Orleans hatten, und die haben mir gesagt, dass dort zur Jahrhundertwende Anderson ein renommierter Name war. Wenn man sich einen falschen Namen ausdenkt, fällt einem wahrscheinlich am ehesten ein bekannter Name ein. Er hält sich viel an der frischen Luft auf, so dass sein Gesicht braungebrannt ist, bis auf einen Streifen oben an der Stirn. Auf dem Frühstückstisch in seinem Haus lag so ein schwarzes Ding mit einem Riemen für ein Fernglas. Wie Vogelbeobachter sie haben.«
»Hervorragende Arbeit, Delpha.«
Sie sahen sich an, der warme Wind wehte durch die Autofenster, fuhr in das Schilf und brachte es zum Rascheln.
Delpha deutete vor sich in die Luft. Ein großer Vogel, der sich schräg in den Wind drehte. Phelan beugte sich vor. »Ein Bussard. Ob ein Rotschwanz- oder ein Weißschwanzbussard, ist von hier aus nicht zu erkennen.«
»Für uns ist das doch egal, das ist nur für die wichtig, die hierhergehören. Dieser Ort gehört ihnen.«
»Wem?«
Als Delpha die Arme ausbreitete, streifte ihre linke Hand Phelans Schulter. Der rechte Arm ragte aus dem Fenster, umfasste den in der Luft stehenden Bussard, die schiefe Reihe von Reihern, die den Kopf in den Wind hielten, den im Schilf liegenden Alligator.
»Sie. Sie würden uns töten, wenn’s drauf ankäme. Aber sicher nicht aus Spaß.«
Phelan lächelte sie an, und statt ihr durch die Haare zu streichen, schlug er ihr vor, in Winnie oder in einem Diner am Highway Hamburger zu essen.
Auf dem Rückweg kamen sie an einem wettergegerbten Paar mittleren Alters vorbei, das neben dem Graben hockte, wo die Straße sich gabelte, neben sich eine Kühltasche und einen Eimer. Schnell ließ die Frau ein Drahtgeflecht zurück ins Wasser gleiten, und als sie an ihnen vorbeifuhren, drehten sich die beiden um und sahen ihnen nach.
Sie fingen Köder. Kleine lebende Fische.
Phelan winkte ihnen zu, dann stieg er auf die Bremse und legte den Rückwärtsgang ein. Als er die Stelle erreichte, an der sie hockten, war der Eimer verschwunden.
»Tag.«
»Tag«, sagte der Mann und stand auf.
»Die Frage hört sich vielleicht etwas seltsam an, aber haben Sie zufällig einen Mann gesehen, der hier mit einem Bajonett herumstrolcht?«
Sie starrten ihn an.
»Das ist ein Scherz, oder, Mister?«, sagte der Mann.
Phelan Investigations roch nach Rasierwasser und Zigaretten und fühlte sich wie Herbst in Alaska an.
Calvin erhob sich von Phelans Schreibtisch und schlenderte auf ihn zu, reckte den Hals, um an Phelan vorbeizusehen. »Ich hab’s repariert«, sagte er. Der Hausmeister hatte sich rasiert und parfümiert und eine saubere Baumwollhose und T-Shirt mit einem nicht ganz jugendfreien Harley-Aufdruck angezogen: Gönn dir was Aufregendes zwischen den Schenkeln.
Delpha trat ein, sah den Spruch, durchbohrte den Hausmeister mit einem Blick, ging an ihm vorbei und warf ihre Handtasche in die unterste Schublade. Geschlagen trottete Calvin davon.
Phelan drehte die Klimaanlage herunter. Heute Abend, spätestens morgen würde er Jim Anderson besuchen. Es war gut, dass sie sich die Gegend angesehen hatten, aber er wollte sich auf der Karte von der Küstenwache noch ein paar infrage kommende Stellen einprägen. Nur weil man bei den Pfadfindern ausgestiegen war, hieß das nicht, dass man nicht allzeit bereit sein konnte.
Denn: Was, wenn er Frank verlor? Schon bei dem Gedanken wand sich sein Ego, was er aber lieber für sich behielt. Stattdessen fragte er: »Wie fährt sich der Dodge?«
»Laut. Ist es okay, wenn ich morgen früh was erledige, bevor ich ins Büro komme? Wird nicht allzu lange dauern.«
»Da müssen Sie nicht erst fragen«, sagte er.