Kapitel Fünf
„Noch ein Kaffee?“ Dave konnte nicht glauben, wie schnell der Nachmittag vergangen war. Bald würde Chris aus der Schule kommen, und Dave versuchte, nicht daran zu denken. Als sie am Sonntag nach Hause gekommen waren, hatte Chris kurz ein wenig Interesse an Jeff gezeigt und gefragt, warum er ihn bisher noch nie gesehen hatte. Dave hatte geantwortet, dass Jeff ein neuer Freund sei, und Chris schien mit dieser Auskunft zufrieden gewesen zu sein und hatte nicht weiter nachgefragt.
Wenn er nach Hause kam und Jeff im Haus vorfand, würde er sicher ein paar mehr Fragen stellen – und eines machte Dave plötzlich Sorgen.
Ich möchte, dass er Jeff mag . Es überraschte ihn selbst, als ihm das klar wurde.
„Sehr gern.“ Jeffs Augen blitzten. „Aber ich habe langsam den Verdacht, dass das mit den Crumpets geschwindelt war.“
Dave lachte. „Das geht natürlich nicht.“ Er stand vom Tisch auf, ging hinüber zum Schrank, öffnete ihn und nahm eine Packung mit neun der kleinen Hefeküchlein heraus. Grinsend hielt er sie in die Höhe. „Siehst du? Crumpets.“ Dann kam er mit der Kaffeekanne an den Tisch, um ihre Becher nachzufüllen.
Jeff verschränkte die Arme. „Du bist noch nicht aus dem Schneider. Du hast gesagt, wir würden sie am Kamin rösten.“
Dave verengte die Augen. „Ein Toaster ist dir nicht gut genug?“
„Hat nichts mit Toastern zu tun. Ich will nur, dass du dein Versprechen einhältst.“ In seinen Augen lag ein schelmisches Glitzern. „Oder muss ich Beschwerde einlegen?“
Dave blinzelte. „Wie bitte?“
„Verordnung über handelsübliche Bezeichnungen, Kollege. Ich könnte dich wegen Irreführung drankriegen.“ Er wackelte mit den Augenbrauen.
Dave rollte mit den Augen. „Schön. Ich mache ein Feuer.“ Nicht, dass es ihm etwas ausgemacht hätte. Die Wahrheit war, dass er zum ersten Mal seit langer Zeit wieder einmal richtig Spaß hatte.
Er griff in einen anderen Schrank und nahm zwei Teller heraus. Dann holte er die Butter aus dem Kühlschrank und ein Messer aus einer Schublade. Er ging ins Wohnzimmer, stellte alles neben sich auf dem Teppich ab, kniete sich vor den Kamin und schob den Schutzschirm zur Seite.
Jeff folgte ihm mit ihren Kaffeebechern. „Hey, mach dir wegen mir bitte keine Umstände.“
Dave lachte. „Entscheide dich.“ Er wandte den Kopf und sah ihn an. „Es ist in Ordnung, ich mache sowieso meistens Feuer im Kamin, bevor Chris nach Hause kommt. Das ist im Winter so Brauch bei uns. Er kommt aus der Schule, ich mache ihm einen heißen Kakao, und er setzt sich auf den Teppich vors Feuer und erzählt mir von seinem Tag.“
„Das klingt nach einem großartigen Brauch.“
Dave steckte zusammengeknülltes Zeitungspapier zwischen zwei Holzblöcke, schichtete das Anmachholz kreuzweise darüber auf und legte ein paar Scheite nach. Er zündete das Papier an, und das Anmachholz fing rasch Feuer. Dann kreuzte er die Beine und wies auf den Teppich. „Komm, setz dich her. Von hier aus kannst du dir ein Crumpet rösten.“
Jeff riss die Augen auf. „Ich muss mir mein Crumpet selbst rösten?“
„Hey, ich habe nie gesagt, dass ich es für dich mache. Das war nicht Teil des Angebots.“ Er nahm den Becher, den Jeff ihm hinhielt, und Jeff hockte sich neben ihn. „Es wird eine Weile dauern, bis das Feuer heiß genug zum Rösten ist.“
„Aber unsere Finger werden wir am Ende mitrösten, oder?“
Dave lachte. Er zeigte auf eine Gabel, die neben dem Kamin lehnte. „Die ist speziell für Crumpets. Du steckst die drei Zinken seitlich hinein und hältst dein Crumpet dann an die Flammen. Nur nicht zu nah, sonst wird es schwarz.“ Er nahm einen Schluck Kaffee. „Du hast gesagt, dass du schon seit einigen Jahren Santa spielst, oder?“
Jeff nickte. „Die kleinen Kinder sind am besten. Du weißt, die Kinder, die noch glauben; die denken, sie treffen den einen, einzig wahren Weihnachtsmann. Ich liebe diesen Weihnachtsblick, dieses großäugige Staunen. Aber wenn sie älter werden, ändern sie sich. Dann kommt nur noch ‚will haben … will haben … will haben …‘“
„Chris war nicht so, oder?“ Daves Magen zog sich zusammen. Chris war dabei, zu einem großzügigen, warmherzigen Menschen heranzuwachsen, und Dave hasste die Vorstellung, dass sich mit dem Älterwerden etwas wie Gier bei ihm einschleichen könnte.
„Mein Gott, nein. Chris war … na ja, er war nett und süß.“ Jeffs Augen funkelten. „Und ich werde dir immer noch nicht sagen, was er sich gewünscht hat.“
„Ich wollte nicht danach fragen, ehrlich.“ Er öffnete die Packung mit den Crumpets, nahm zwei heraus und spießte eines davon auf die Röstgabel. „Soll ich anfangen? Um dir zu zeigen, wie es geht?“ Er unterdrückte ein Lächeln.
Jeff hob die Brauen. „Ich glaube, ich komm klar.“ Er stellte seinen Becher ab, nahm die Gabel und hielt sie an das Feuer.
„Näher. Bei dem Abstand wird es nicht mal braun, geschweige denn geröstet.“
Jeff brachte das Crumpet ein wenig näher an das Feuer und drehte es langsam. Als die Flammen daran hochzüngelten, zog er es hastig zurück. Dave benutzte das Messer, um es von der Gabel zu lösen und reichte es dann Jeff. „Nimm dir Butter dazu.“ Er nahm sein eigenes Crumpet in die Hand.
Die Haustür wurde geöffnet. „Dad?“
„Wir sind hier“, rief Dave, und sein Puls beschleunigte sich. Er hörte den Rums , als Chris seine Schuhe abstreifte und die Schultasche fallen ließ, dann kam Chris auch schon ins Wohnzimmer gesaust. Beim Anblick von Jeff, der mit dem Mund voller Crumpet dasaß, blieb er wie angewurzelt stehen.
„Oh. Hi. Du bist der Mann vom Winterwunderland.“
Jeff schluckte. „Genau. Du kommst gerade rechtzeitig für Crumpets.“
Chris strahlte. „Super.” Er kam zu ihnen herüber, bückte sich und gab Dave einen Kuss auf die Wange. „Hi.“
„Oh, dein Gesicht ist ganz kalt.“ Dave schlang einen Arm um ihn. „Zieh deine Uniform aus und zieh dir was anderes an, wasch dir die Hände, und wenn du so weit bist, werde ich deinen heißen Kakao für dich fertig haben.“
Chris war wie der Blitz verschwunden.
Dave gab Jeff die Gabel. „Pass darauf auf, während ich ihm den Kakao mache. Er kann dieses Crumpet haben. Ihm knurrt immer der Magen, wenn er nach Hause kommt.“ Er sah Jeff in die Augen. „Mach dich bereit.“
„Wofür?“, fragte Jeff stirnrunzelnd.
„Na ja, zum Beispiel bist du der erste Besucher in diesem Haus, der nicht seine Tante Janine ist. Er wird Fragen stellen.“ Er ging in die Küche.
So, wie er Chris kannte, würden es eine Menge Fragen sein.
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„Woher kennst du meinen Dad?“, fragte Chris, als Jeff ihm ein zweites gebuttertes Crumpet reichte.
„Wir sind bei einer Tasse Kaffee ins Gespräch gekommen.“ Jeff warf Dave einen Blick zu. „Und es war ein langes Gespräch. Als er herausfand, dass ich Bauarbeiter bin, hat er mir von eurem Haus erzählt und mich dann eingeladen, es zu besichtigen.“
„Was für Sachen baust du?“
„Häuser, Büroblocks, alle möglichen Gebäude.“
Chris trank einen Schluck. „Bist du gut darin?“
Dave hustete. „Chris. So etwas solltest du nicht fragen.“
Jeff lachte. „Das ist in Ordnung.“ Er lächelte Chris zu. „Ich glaube schon, dass ich gut bin. Ich mache das, seit ich sechzehn bin, also sollte ich es inzwischen können, meinst du nicht?“
Chris nickte und wandte sich wieder an seinen Vater. „Kann Jeff zum Abendessen bleiben?“
Was?
Jeff fuhr herum, um Dave anzusehen, der Chris blinzelnd anstarrte. „Das ist eine nette Idee, aber ich bin sicher, dass Jeff heute Abend andere Pläne hat.“
Nein, habe ich nicht. Habe ich absolut nicht.
Chris runzelte die Stirn. „Das weißt du doch gar nicht.“ Er drehte sich zu Jeff um. „Musst du weg?“
Okay, was sage ich jetzt? „Na ja, also …“
„Es gibt heute Abend Lasagne. Dad macht immer viel zu viel. Bitte bleib.“ Chris zog die Stirn kraus und heftete seine blauen Augen auf Jeff.
„Chris.“ Daves Stimme war ruhig. Chris schwieg, und Dave warf Jeff einen entschuldigenden Blick zu. „Er hat aber recht, es ist reichlich da. Und wenn du bleiben möchtest, bist du mehr als willkommen. Aber bitte, du sollst nicht das Gefühl haben, du müsstest Ja sagen, auch wenn Chris dich praktisch mit Gewalt zwingen will.“
„Gewalt ist nichts verglichen mit diesem Welpenblick“, sagte Jeff.
Dave lachte. „Oh, glaub mir, den Blick beherrscht er perfekt.“
„Dann bleibst du also?“, fragte Chris. Als Jeff nickte, hellte sich sein Gesicht auf. „Willst du mein Zimmer sehen?“
Jeff brach in Gelächter aus. „Das geht ja Schlag auf Schlag.“ Er grinste. „Ich würde sehr gern dein Zimmer sehen.“
„Super.“ Chris war schon auf den Beinen und lief aus dem Zimmer.
Dave schüttelte lachend den Kopf. „Ich habe keine Ahnung, woher er diese Energie nimmt. So ist er vom Aufstehen bis zum Schlafengehen. Kann manchmal ganz schön anstrengend sein.“
Jeff stand auf. „Weiter geht’s mit der Besichtigung.“ Er ging aus dem Wohnzimmer in den kleinen Flur. Chris‘ Tür stand halb offen, aber er klopfte trotzdem. „Darf ich reinkommen?“
„Klar.“
Das Zimmer war kleiner als die beiden im Obergeschoss, und es hatte seinen ganz eigenen Charme. An einer Wand standen Regale, auf denen Modell-Dinosaurier standen, und der Bettbezug hatte ein Dinosauriermuster. An einer anderen Wand hingen Filmplakate: Jeff erkannte Cars , Coco , und Lego Batman . Neben dem Bett stand ein Bücherschrank voller Bücher.
„Bist Dinosaurierfan, was?“
Chris lächelte. „Den ersten hat mir Papa gekauft, einen Stegosaurus.“ Er ließ sich auf das Bett plumpsen. „Hast du Papa auch gekannt?“
Jeff setzte sich neben ihn auf die Bettkante. „Nein. Aber ich habe heute Fotos von ihm gesehen.“ Er legte den Kopf schief. „Du musst ihn sehr vermissen.“
„Ja, das tu ich, aber nicht so sehr wie Dad, glaube ich.“ Er begegnete Jeffs Blick. „Bist du auch schwul?“
„Ja.“ Er war auf Fragen gefasst gewesen, aber Chris‘ direkte Art war trotz allem verblüffend.
„Bist du verheiratet? Du trägst keinen Ring.“
„Nein, ich bin nicht verheiratet.“
„Hast du einen Freund?“
„Nein. Ich bin allein.“
Chris nahm den T-Rex vom Bücherschrank und drehte ihn in den Händen. „Magst du meinen Dad?“
Lieber Gott im Himmel.
„Er ist ein netter Mann“, sagte Jeff diplomatisch.
„Er ist toll. Er kann auch kochen.“
Jeff konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Chris versuchte, ihm seinen Dad als zukünftigen Freund schmackhaft zu machen. Wenn man bedachte, was er sich von Santa gewünscht hatte, war das keine Überraschung. „Ist er ein guter Koch?“
Chris nickte mit Nachdruck. „Ich liebe es, wenn er Spagetti Bolgnese macht, aber er sagt immer, ich würde zu viel Sauerei machen.“
„Hat jemand Lust, mir zu helfen, Knoblauchbrot zu machen?“, rief Dave aus der Küche.
„Wir kommen!“ Chris sprang vom Bett, und Jeff folgte ihm, wenn auch etwas weniger flott.
Dave stand am Küchentisch, auf den er zwei Baguettes, die Butterdose und ein kleines Häuflein feingehackten Knoblauch gelegt hatte. Er lächelte, als er Chris sah. „Du weißt, was zu tun ist. Ich habe das Brot schon aufgeschnitten.“
Jeff sah zu, wie Chris eine Schüssel aus dem Schrank nahm, mit einem Löffel Butter hineingab, dann den Knoblauch dazu kippte und beides zusammenrührte. „Du machst das nicht zum ersten Mal.“
Chris grinste. „Dad lässt mich immer das Knoblauchbrot machen.“
„Solange er sich die Regel merkt.“ Dave sah seinen Sohn an und zwinkerte ihm zu. „Und was ist die Regel?“
Chris biss sich auf die Lippen. „Mir die Hände waschen, bevor ich meine Augen anfasse“, sagte er seufzend.
Jeff verzog das Gesicht. „Autsch.“
„Deine Tante Janine hat heute angerufen. Sie singt nächste Woche in einem Pub.“
Chris sah betrübt aus. „Das heißt, ich kann nicht hingehen, oder?“
„Nicht so schnell. Sie hat auch gesagt, dass es draußen Plätze gibt, wo du sitzen kannst.“
Chris riss die Augen auf. „Also können wir hingehen?”
Dave wies auf die Schüssel. „Weniger reden, mehr rühren. Ich möchte es in zehn Minuten in den Ofen schieben.“ Chris machte einen Schmollmund, und Jeff tat sein Bestes, nicht zu lachen. Dave seufzte schwer. „Schön. Wir gehen hin.“ Er fing Jeffs Blick auf, und das Funkeln in seinen Augen sagte Jeff, dass er das sowieso vorgehabt hatte.
„Kann Jeff mitkommen?“, platzte Chris heraus.
Jeff und Dave zuckten beide zusammen und sahen ihn an.
„Jeff muss wahrscheinlich arbeiten“, fing Dave an.
Aber Chris war noch nicht fertig. „Kannst du dir freinehmen?“, fragte er. „Du wirst Tante Janine lieben. Sie kann wirklich singen.“
Jeff warf einen Blick auf Chris‘ gerötete Wangen und leuchtende Augen und sah dann hinüber zu Dave. „Ich liebe Livemusik. Ich weiß gar nicht mehr, wann ich zuletzt eine Liveband gesehen habe.“
„Wir würden uns freuen, wenn du mitkommst“, sagte Dave.
Das gab den Ausschlag. Er würde kommen, auf jeden Fall. Er sah Dave an. „Wo spielen sie, und wann?“
„Am nächsten Samstag in einem Pub in der Nähe von Regent’s Park. Sie spielen um zwei.“ Er hielt inne. „Warum? Kannst du es einrichten?“
Jeff zog sein Handy aus seiner Hosentasche. „Am siebten Dezember also?“ Er strich sich über den Bart. „Da hätte ich noch genug Zeit, meine Schicht zu tauschen. Also, ja, ich könnte es einrichten.“
„Regent’s Park?“ Chris hopste auf seinem Stuhl auf und ab. „Madame Tussaud’s ist ganz in der Nähe. Ethan war dort letztes Jahr an seinem Geburtstag. Er hat gesagt, es war genial.“ Er sah seinen Vater flehend an. „Können wir hingehen, Dad? Bitte? Wir könnten morgens gehen und dann am Nachmittag Tante Janine zuhören.“
Dave hatte recht – Chris beherrschte den Welpenblick wirklich perfekt.
Dave lächelte. „Warum nicht? Ich war auch noch nie dort.“
„Und Jeff kann mit uns mitkommen“, erklärte Chris. Er richtete seinen Blick auf Jeff. „Du nimmst dir den Tag frei, oder? Warst du schon mal bei Madame Tussaud’s?“
„Nein, noch nicht, aber –“
„Dann musst du mitkommen. Nicht wahr, Dad?“
Dave lachte. „Gib nach, Jeff. Mach ich immer.“
„Bist du sicher?“ Er wollte sich nicht aufdrängen, aber er musste zugeben, dass ihm die Idee gefiel.
„Bin ich. Solange es dir nichts ausmacht, deinen freien Tag für uns herzugeben.“
Oh, ja. Das wird richtig hart . Ein Tag mit Dave, das klang perfekt.
„Ich werde es überleben“, sagte er lächelnd.
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Dave kam ins Wohnzimmer. „Ich habe so eine Ahnung, dass es eine Weile dauern wird, bis er einschläft. Er war heute Abend so aufgekratzt.“
Jeff biss sich auf die Lippen. „Das ist meine Schuld, oder?“
Dave setzte sich neben ihn auf das Sofa. „Du musst nicht mit uns zu Janines Gig kommen. Oder zu Madame Tussaud’s. Nicht, wenn du nicht möchtest.“
Jeff war klar, dass ihm ein Ausweg angeboten wurde. Er wollte keinen Ausweg.
„Wenn es dir wirklich nichts ausmacht, wenn ich mitkomme, würde ich das sehr gern tun. Außerdem, wenn ich jetzt einen Rückzieher mache, würde ich ihn kränken.“ Chris war ein wunderbarer Junge.
Dave räusperte sich. „Ich denke, das ist die Stelle, an der ich mich entschuldigen muss.“
„Wofür?“ Jeff runzelte die Stirn.
„Für Chris‘ nicht sehr dezente Manöver.“
Jeff verbiss sich ein Lächeln. „Okay, welche Manöver meinst du? Das, wo er mich gefragt hat, ob ich schwul bin, verheiratet, oder einen Freund habe, und dann im nächsten Atemzug, ob ich dich mag? Oder das, wo er mir dich in den höchsten Tönen angepriesen hat?“
Dave klappte die Kinnlade herunter. „O mein Gott. Das hat er doch nicht getan.“
„Also hat er noch nie versucht, dich zu verkuppeln?“
„Nein, das hat er nicht“, sagte Dave heftig. „Es tut mir so leid.“
Jeff hob die Hände. „Hey, du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Ich fand es ehrlich gesagt irgendwie süß.“ Er warf einen Blick auf die Uhr über dem Kamin. „Aber jetzt muss ich wirklich los.“ Es war erst acht Uhr, aber er wollte Daves Gastfreundschaft nicht überstrapazieren.
Dave stand auf. „Ich hole deine Jacke und deinen Schal.“ Kurz darauf war er wieder da und half Jeff in die Jacke. „Danke für deinen Besuch. Ich hatte keine Ahnung, dass eine einfache Einladung zur Hausbesichtigung sich so … kompliziert entwickeln würde.“
„Ich habe viel Spaß gehabt. Und dein Sohn ist wunderbar.“
„Und mit allen Wassern gewaschen”, ergänzte Dave augenzwinkernd. Er begleitete Jeff in den Flur und wartete, während Jeff sich die Stiefel anzog. „Ich schicke dir nächste Woche eine SMS und sage dir, wo und wann wir uns treffen.“ Er öffnete die Haustür, und Jeff trat hinaus in die kalte Nachtluft. Dichter Nebel war aufgekommen. Im Schein des Lampenlichts wirkte es ein wenig unheimlich. Dave schauerte zusammen. „Man merkt, dass es Winter wird.“
„Noch nicht kalt genug für Schnee.“
Dave lachte. „Ah, du hast den Wetterbericht gesehen. Schnee? Daran glaube ich erst, wenn ich es sehe.“
Jeff zog seine Jacke fester um sich. „Noch mal vielen Dank. Chris hatte übrigens recht.“
„Womit?“
Jeff grinste. „Du bist ein guter Koch.“ Und damit ging er zügig davon. Der Kies knirschte unter seinen Sohlen. Während er auf den Ausgang des Parks zuging, verspürte er leise Gewissensbisse.
Chris hat mich gebeten, für seinen Dad einen Freund zu finden, und ich glaube, ich habe den idealen Mann gefunden . Er fühlte sich schlecht, weil er sich wünschte, den Part selbst zu übernehmen. Doch er hatte Dave ja nicht gestalkt, oder? Er war ihm vom Santa-Land nicht nachgelaufen. Alles, was er getan hatte, war, sich etwas zu essen zu holen, und Dave hatte einfach dort gesessen.
Wenn wir uns nichts zu sagen gehabt hätten, als wir uns kennengelernt haben, wäre ich weggegangen, und das wär’s gewesen . Aber sie hatten geredet. Und geredet. Und je mehr Dave von sich preisgegeben hatte, umso mehr hatte Jeff sich gewünscht, in seiner Nähe zu sein.
Vielleicht war es Schicksal, vielleicht hat es gar nichts mit Chris‘ Weihnachtswunsch zu tun.
Das war Jeffs Theorie, und daran hielt er sich.