PORTRÄT NR. 2:

Giovanni Battista Belzoni – im Wettstreit um die Altertümer

Drovettis großer Gegenspieler auf dem Gebiet des Antikenerwerbs war Giovanni Battista Belzoni. Und Belzoni kann mit Fug und Recht zu den schillerndsten Figuren gerechnet werden, die für das Fach eine wichtige Rolle gespielt haben. Sein Leben liest sich, als hätte es für einen Karl-May-Roman als Vorbild gedient.

Belzoni wurde am 15. November 1778 in Padua als Sohn eines dort ansässigen Barbiers geboren. Bereits in früher Jugend, die er in Rom verbrachte, beschäftigte er sich mit den Prinzipien der Hydraulik und interessierte sich für die Ingenieurswissenschaften. Um dem drohenden Armeedienst zu entgehen, flüchtete er 1797 vor den Truppen Napoleons zuerst nach Holland und dann 1803 über den Kanal nach England. Hier heiratete Belzoni Sarah Bane1 und entdeckte seine Liebe zur Schauspielerei und zum Theater. Da er überaus groß (angeblich über 2 Meter) und von äußerst kräftiger Natur war, trat er unter verschiedenen Pseudonymen als Kraftprotz auf: „Samson aus Patagonien“ und „der große Belzoni“ sind nur einige davon. Neben seinen akrobatischen Künsten betätigte er sich auch als Schauspieler, Geisterbeschwörer und Musiker. Seine Darbietungen, die er mit optischen Täuschungen untermalte, waren so erfolgreich, dass er nicht nur im alteingesessenen Londoner Zirkus „Sadler’s Well Theater“ auftrat, sondern auch durch Großbritannien, Spanien und Portugal reiste, um seine Kunststücke aufzuführen.

Angelockt durch die Aussicht auf eine Karriere als Ingenieur in den Diensten des ägyptischen Vizekönigs reiste er im Jahr 1815 zusammen mit seiner Frau nach Kairo. Hier erhielt er den Auftrag, eine hydraulische Pumpe zur Bewässerung zu entwickeln. Doch als seine Erfindung bei der Vorführung versagte – der Grund hierfür lag wohl in der unsachgemäßen Handhabung des Gerätes, denn anstelle der geplanten Kühe wurden Menschen als „Zugtiere“ eingespannt – und noch dazu seinen Diener verletzte, bedeutete dies auch das Ende seiner Karriere als Ingenieur in den Diensten Mehmet Alis.

An diesem Tiefpunkt seiner Karriere traf er schließlich auf zwei Personen, die sein Leben verändern sollten: den Expeditionsreisenden John Lewis Burckhardt und den englischen Konsul Henry Salt. Dieses Treffen sollte Belzonis gesamten weiteren Werdegang bestimmen. Salt erkannte sofort, dass Belzoni mit seinen Ingenieurskenntnissen der ideale Partner für seine Grabungen war. Belzoni wusste wie man große Altertümer transportieren konnte. Und diese wollte Salt unbedingt in seiner Sammlung haben. Salt hatte bei Belzonis Verpflichtung ein bestimmtes Objekt im Sinn, das Burckhardt auf seinen Reisen in Theben-West gesehen hatte: den sogenannten „Kopf des jungen Memnon“2. Bei diesem handelte es sich um Kopf und den Oberkörper einer kolossalen Statue Ramses’ II., die ursprünglich am Eingang zum Ramesseum, dem Totentempel des Königs, aufgestellt war. Dieses Stück war nicht nur wegen seines außergewöhnlich guten Erhaltungszustands interessant, sondern auch, weil die Franzosen bereits versucht hatten, es abzutransportieren, und an der schieren Masse des Objektes gescheitert waren.3 Damit war der „Kopf des jungen Memnon“ nicht nur ein unschätzbares Kunstobjekt, sondern wurde auch zu einem Symbol der politischen Auseinandersetzung zwischen England und Frankreich. Belzoni, der dringend Geld brauchte, erklärte sich zu dem Unterfangen bereit und wurde daraufhin von Salt mit einem Firman ausgestattet. Bestens ausgerüstet startete Belzoni zusammen mit seiner Frau am 30. Juni 1816 zu seiner ersten archäologischen Unternehmung nach Süden. Nach gut drei Wochen erreichten sie Luxor und hatten kein Problem, den Kopf ausfindig zu machen. Das Aufeinandertreffen mit der Statue des berühmten Pharaos beschrieb Belzoni mit folgenden Worten: „[Er lag] nahe bei den Überresten seines Körpers und seines Stuhles, mit dem Gesicht nach oben, und lächelte mir offensichtlich zu bei dem Gedanken nach England gebracht zu werden.“4

Doch hier begannen für Belzoni die ersten Schwierigkeiten. Als er in Armant im Büro des ortsansässigen Verwalters für das Gebiet von Theben-West vorstellig wurde, empfing man ihn zwar freundlich, musste ihm aber mitteilen, dass man leider keine Arbeiter für ihn habe. Die Leute aus dem Dorf hätten erst nach der Nilflut wieder Zeit, sich um solche Angelegenheit zu kümmern. Belzoni war erbost. Dieser Zustand war für ihn nicht tragbar. Die Nilflut, die zur damaligen Zeit bis ans Ramesseum heranreichte, würde den Abtransport des Kopfes unmöglich machen, und seine ganze Unternehmung würde sich so um ein Jahr verzögern. Nach längeren Verhandlungen wurde ihm zugesichert, dass sich der Bruder des Verwalters am folgenden Tag um die Bereitstellung von Arbeitern kümmern würde. Doch als Belzoni sich am nächsten Morgen zur Arbeit begab, war kein einziger Einheimischer erschienen. Er begab sich erneut nach Armant, um dem Verwalter einen zweiten Besuch abzustatten. Diesmal überreichte er Geschenke und erhielt im Gegenzug eine Anweisung an den Kaimakam5 von Gurna, der Belzoni Arbeiter zur Verfügung stellen sollte. Damit hatten die Schwierigkeiten aber noch lange kein Ende, denn der Kaimakam stand in den Diensten von niemand anderem als Bernadino Drovetti. Bereits hier zeichnete sich ein Konflikt ab, der in seinem vollen Ausmaß erst in den kommenden Jahren zu Tage treten sollte. Auch am folgenden Tag erschienen keine Arbeiter. Belzoni musste wieder verhandeln und konnte schließlich das Dilemma lösen.

Nun standen Belzoni Arbeitskräfte aus Armant und Gurna zur Verfügung, und es gelang ihm mit Hilfe der Männer, den Kopf auf ein auf Rollen laufendes Gerüst zu hieven. Erste Meter in Richtung Nilufer konnten bewältigt werden. Doch kamen neue und unerwartete Hindernisse auf Belzoni zu: ein Hitzschlag und ein erneuter Disput mit dem Kaimakam. Wieder versuchte jener die Arbeiten zu unterbinden und untersagte den Helfern von Belzoni, zur Arbeit zu erscheinen. Er wollte schlichtweg mehr Geld aus Belzoni herauspressen, und die schnell verrinnende Zeit bis zur anstehenden Nilflut setzte Belzoni zusätzlich unter Druck. Doch er ließ sich nicht erpressen. Bei einem Gespräch der beiden entbrannte ein hitziger Streit, und als der Kaimakam Belzoni mit seinem Säbel bedrohte, kam es zum Kampf. Was folgte, könnte eine Szene aus einem Abenteuerfilm sein: Belzoni rang mit seinem Gegner, nahm ihm Säbel und Pistolen ab und verprügelte ihn. Aber das löste Belzonis Probleme nicht. Er war für den Abtransport des Kopfes ja weiterhin auf die einheimischen Arbeiter angewiesen. Belzoni, den Zeitdruck im Rücken, begab sich also schnellstens nach Armant, um dem dortigen Verwalter einen erneuten Besuch abzustatten. Und diesmal gewann er dessen Freundschaft auf eine schnelle und sichere Art und Weise: Bestechung – er machte dem Verwalter ein Paar Pistolen zum Geschenk. Der weitere Verlauf der Geschichte ist schnell erzählt: Die Arbeiter erschienen, um beim Transport zu helfen, und es gelang Belzoni tatsächlich den Kopf noch rechtzeitig vor Eintreffen der Flut an das Nilufer zu bringen.

Nachdem der Kopf nun am Nilufer auf seinen Abtransport nach Alexandria wartete, machte sich Belzoni an den zweiten Teil des Auftrags, den er von Salt erhalten hatte: die Suche nach weiteren „lohnenswerten“ Antiquitäten. Belzoni besuchte das Tal der Könige. Drovetti, der zu diesem Zeitpunkt wohl noch nichts von Belzonis Beziehungen zu Salt wusste, hatte seinem Landsmann einen guten Tipp gegeben: In besagtem Tal wartete der Granitsarkophag Ramses’ III. Belzoni brach also mit seinem Übersetzer und zwei Führern von Gurna auf, um in das Grab Ramses’ III.6 zu klettern. Dabei waren sie nur mit ein paar Kerzen ausgerüstet und der Weg ins Grab gestaltete sich äußerst schwierig. Belzoni musste seine Kleider ablegen und auf dem Bauch durch die Gänge robben, um bis ans Ziel zu gelangen.7 Wie kritisch die Situation wirklich war, zeigte sich, als der erste der ortsansässigen Führer in eine Grube stürzte. Der zweite Führer musste zugeben, dass auch er das erste Mal in dem Labyrinth von Kammern und Gängen unterwegs war und den Weg zurück nicht kannte. Mit der Zeit brannten die Kerzen immer weiter ab. Aber schließlich gelang es Belzoni, einen Weg aus dem Grab zu finden. Dabei entdeckte er eher zufällig, dass die Einwohner von Gurna den eigentlichen Grabeingang blockiert und versteckt hatten, um als Führer von Besuchern aufgrund des schwierigeren und längeren Wegs mehr Geld verlangen zu können. Dies war Belzonis erster Besuch im Tal der Könige, in dem er später mit dem Grab Sethos’ I. eine seiner größten Entdeckungen machen sollte.

Aber die Arbeit in Theben-West wurde für Belzoni bald schon wieder schwieriger. Die Agenten Drovettis hatten ihrerseits dem Verwalter Armants einen Besuch abgestattet – ebenfalls mit Geschenken bewaffnet. Und genauso schnell wie Belzoni die „Freundschaft“ des Verwalters gewonnen hatte, genauso schnell verlor er sie nun wieder. Belzoni setzte seine Reise nach Süden fort und besuchte mit seiner Frau die Altertümer von Esna, Edfu und Kom Ombo. Die Reise führte sie bis Assuan, wo sie den örtlichen Agha8 trafen. Auch der Agha von Assuan erklärte sich bereit, nachdem Belzoni Geschenke überreicht hatte, ihm sein eigenes Boot mit Mannschaft zur Verfügung zu stellen, damit er bis zum zweiten Nilkatarakt vordringen konnte. Dass eine solche Reise gewisse Gefahren barg, wird durch die Tatsache deutlich, dass das Schiff gleich südlich von Philae von einer Bande nubischer Krieger überfallen wurde. Belzoni und seine Frau konnten sie aber mit Waffengewalt vertreiben. Auch wenn dieser Vorfall noch glimpflich ausging, zeigt er doch, wie gering die militärische Kontrolle des Vizekönigs in den Gebieten südlich von Assuan ausgeprägt war. Belzoni sicherte sich deshalb das Wohlwollen der lokalen Potentaten, und so gelang es ihm schließlich, für den Preis einiger Glasperlen und eines Handspiegels,9 bis nach Abu Simbel zu reisen. Man darf annehmen, dass vor allem die Erzählungen seines Bekannten Burckhardt Belzonis Interesse an diesem Ort geweckt hatten. Belzoni war auch nicht der erste Europäer, den es auf der Jagd nach antiken Schätzen an diesen Ort verschlagen hatte. In Abu Simbel erfuhr er, dass vor nicht allzu langer Zeit ein anderer Ausländer vergeblich versucht hatte, die gigantischen Statuen Ramses’ II. am Eingang des großen Tempels freizulegen. Dieser Ausländer war niemand anderes als Belzonis Konkurrent Drovetti. Als Belzoni dies hörte, entschloss er sich, sofort mit den Grabungsarbeiten zu beginnen, auch wenn sich bereits abzeichnete, dass er diese Arbeiten nicht mehr auf dieser Kampagne, sondern erst später würde vollenden können. Legendär ist die Absprache, die er mit dem Vertreter der Staatsmacht vor Ort traf: Befindet sich Gold in der Anlage, die von den gigantischen Figuren bewacht wird, so wird es halbiert, befinden sich dagegen nur Steine darin, so gehören diese allein Belzoni.10

Einige Zeit später begab sich Belzoni zurück nach Luxor, um den Abtransport des Kopfes Ramses’ II. zu überwachen. Er stellte fest, dass sich inzwischen herumgesprochen hatte, dass er für die „Engländer“ Antiken sammelte. Jetzt begann ein Konkurrenzkampf, in dem mit harten Bandagen gekämpft wurde. Den Einheimischen wurde angedroht, dass sie die Bastonade erhalten würden, wenn sie Antiquitäten an Belzoni verkauften. Guiseppe Rosignano, einer von Drovettis Agenten, drohte Belzoni und prophezeite, man werde ihm die Kehle durchschneiden, falls er sich nicht aus dem Geschäft mit den Antiquitäten zurückziehe.11 Doch Belzoni ließ sich nicht einschüchtern. Er kaufte weiter Antiquitäten, und mehr noch: Er begann im Umfeld des großen Tempels von Karnak zu graben und wurde auch noch mit dem Fund mehrerer löwenköpfiger Statuen der Göttin Sachmet belohnt. Im November des Jahres 1816 gelangte Belzoni schließlich mit seiner wertvollen Fracht zurück nach Alexandria, wo er von Burckhardt begeistert empfangen wurde. Sein Auftraggeber Henry Salt war mit den Ergebnissen der Reise Belzonis ebenfalls sehr zufrieden. Schwierig gestaltete sich nur die Regelung der finanziellen Seite der Unternehmung. Salt hatte zwar 200 Pfund für die Reise und die Arbeit vorgestreckt, jedoch erkannte Belzoni langsam den Wert der beschafften Objekte und forderte mehr. Salt überließ ihm zusätzlich zwei der gefundenen Sachmetstatuen.

Nachdem die Zusammenarbeit zwischen Salt und Belzoni so fruchtbar war, sollte sie fortgesetzt werden. Also brach Belzoni bereits kurz nach seiner Rückkehr nach Kairo erneut in Richtung Süden auf. Ihn trieb vor allem der Gedanke an sein begonnenes Werk in Abu Simbel, das er natürlich vollenden wollte. Auf dieser zweiten Reise wurde er von Henry William Beechey12, Salts Sekretär, und dem Griechen Yanni begleitet, der am Konsulat in Salts Diensten stand. Bevor aber die Gruppe weiter nach Abu Simbel reisen konnte, hielt sie sich zunächst in der Gegend von Luxor auf dem östlichen Nilufer auf, wo große Tempelanlagen zu Ausgrabungen lockten. Hier musste Belzoni allerdings feststellen, dass Drovettis Männer bereits in der Gegend arbeiteten und es für ihn nahezu unmöglich war, einheimische Hilfskräfte zu rekrutieren. Er konzentrierte sich deshalb zunehmend auf die westliche Uferseite des Nils und grub vor allem in der Nekropole von Gurna. Seine Eindrücke in den Grabanlagen beschreibt Belzoni sehr malerisch:

Was für ein Rastplatz! Umgeben von Körpern und haufenweise Mumien in allen Richtungen, ein Anblick, der mich, bevor ich mich daran gewöhnte, mit Furcht erfüllte. Die geschwärzten Wände, das dimme Licht der Kerzen und Fackeln, die verschiedenen Objekte, die mich umgeben und miteinander zu reden scheinen und schließlich die nackten, mit Staub bedeckten Araber, die selbst wie lebende Mumien erscheinen, ergeben eine Szenerie, die sich nicht beschreiben lässt.13

Einmal unterschätzte Belzoni die Belastbarkeit einer Sitzgelegenheit. Er brach in ein Grab ein und wurde von Mumien und ihren Überresten überschüttet – eine Szene wie aus einem Horrorfilm, vor allem da er keinen Schritt machen konnte, ohne eine Mumie zu zertreten.14

Belzonis Unternehmungen fielen äußerst positiv aus, sehr zum Verdruss seiner in französischen Diensten stehenden Widersacher. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass es schließlich zu körperlichen Auseinandersetzungen kam. Leidtragender war der nun schon mehrfach erwähnte Grieche Yanni. Er wurde von einer Gruppe Araber in Luxor gestellt und verprügelt. Belzoni beschloss schließlich, die Arbeiten in Theben und Luxor abzubrechen und seine Reise nach Süden fortzusetzen. Doch auch weiter südlich zeigte sich der Einfluss von Drovettis Agenten. Die Stücke, die Belzoni bereits auf seinem ersten Besuch zum Abtransport nach Kairo am Nil bereitgelegt hatte, weisen deutliche Beschädigungen auf – angeblich ein Werk der Gruppe um Cailliaud. Umso dringender verspürte Belzoni den Wunsch, zurück nach Abu Simbel zu gelangen. Er fürchtete, dass seine Arbeit und damit die Lorbeeren an Drovetti verlorengehen könnten.

Belzonis Tatendrang muss ansteckend gewesen sein. Auf dem Weg nach Süden schlossen sich seiner Gruppe zwei ehemalige Marineoffiziere namens James Mangles15 und Charles Irby16, der Reisende Giovanni Finati17 und schließlich seine Frau Sarah an, die ihm aus Kairo nachgereist war. Als die Gruppe schließlich in Abu Simbel angekommen war, stellte Belzoni erleichtert fest, dass sich niemand an seinem Grabungsplatz zu schaffen gemacht hatte. Er konnte also ohne größere Verzögerungen weiter an der Freilegung des Tempels arbeiten. Die einzigen Schwierigkeiten bereitete die ortsansässige Bevölkerung, die mehr Lohn forderte und die Abrechnung fälschte, indem man nicht existente Personen als Mitarbeiter angab. Es kam auch zunehmend zu gewalttätigen Übergriffen, sodass Belzoni letztendlich beschloss, ohne Hilfe der Einheimischen weiterzuarbeiten. Ihm blieb nur, auf die mitgereiste Bootsmannschaft aus Assuan zurückzugreifen, die ihm nach wie vor vom Agha von Assuan zur Verfügung gestellt wurde. Begonnen wurde vor Sonnenaufgang und so lange gearbeitet, bis die Hitze weitere körperliche Anstrengungen unmöglich machte. Dann ging es erst am späten Nachmittag weiter, wenn die untergehende Sonne nicht mehr genügend Kraft hatte, das Gestein und den Sand aufzuheizen und das Land in einen Backofen zu verwandeln. Nach mehreren Tagen Arbeit wurde Belzonis Ausdauer schließlich belohnt. Der obere Bereich des Tempeleingangs zeichnete sich ab, und kurz darauf gelang es Finati und dann auch den anderen von Belzonis Mannschaft, in das Innere des Tempels zu kriechen. Sie waren die ersten Besucher seit einer halben Ewigkeit und wurden von den Statuen der alten Götter und des Königs begrüßt, die sich ebenso wie die an den Wänden befindlichen Reliefs und Malereien noch nahezu perfekt erhalten hatten. Einziger Leidtragender der ganzen Geschichte war der regionale Verwalter. Denn da sich kein Gold im Tempel befand, ging er gemäß der Abmachung leer aus. Belzoni verließ am 4. August 1817 mit einer Bootsladung Statuen, einem Plan und mehreren Zeichnungen der Tempelanlage und seiner Dekoration Abu Simbel. Mit dieser Entdeckung hatte er sich fest in die Annalen der Ägyptologie eingeschrieben.

Als Belzoni wieder nach Theben kam, stand er kurz vor einem weiterem „Highlight“ seiner Karriere, auch wenn es zunächst nicht danach aussah. Belzoni musste bei seiner Rückkehr feststellen, dass sich Drovettis Agenten mit ihren Grabungen in das Gebiet von Gurna ausgedehnt hatten. Daher beschloss er in einem weiter entfernten Tal zu arbeiten, in dem er bereits zuvor gute Ergebnisse erzielt hatte: dem Tal der Könige. Belzoni hatte mit der Wahl seines neuen Grabungsplatzes Glück. Bereits bei seinem ersten Besuch im sogenannten West-Tal fand er in der Nähe des Grabes des Eje ein weiteres Grab (WV 25), dessen Inhaber bis heute nicht näher identifiziert sind. Belzoni konnte aus diesem Grab einige Mumien und Reste der Grabausstattung bergen. Da aber weitere Funde ausblieben, wandte er sich dem eigentlichen Tal der Könige zu. Diese Entscheidung erwies sich als richtig. In relativ kurzer Zeit entdeckte Belzoni zwei Gräber, darunter das des Prinzen Mentuherchepeshef. Angezogen durch diese Funde kamen Besucher ins Tal. Sie wurden von Beechey geführt. Manche von ihnen hatten das Glück, der Entdeckung von fünf weiteren Gräbern beiwohnen zu dürfen: den Gräbern der Pharaonen Merenptah, Amenmesse, Ramses III., Ramses VI. und Ramses IX. In dem Areal, in dem Belzoni diese Gräber fand, lag auch das Grab des Tutanchamun, zu dieser Zeit begraben unter Schuttmassen und Arbeiterhütten. Belzoni stand also kurz davor, das Grab zu entdecken, beschloss jedoch wegen des hohen Arbeitsaufwandes die Arbeiten an diesem Punkt einzustellen. Tutanchamun musste weitere 105 Jahre auf seine Entdeckung warten.

Das Glück war Belzoni weiter hold. Es folgte die Entdeckung des Grabes Ramses’ I. und eines Grabes, das auch heute noch zu den schönsten Gräbern des Tals der Könige gehört und unter dem Namen „Belzoni’s tomb“ Eingang in die wissenschaftliche Literatur gefunden hat: das Grab Sethos’ I. Allein die Größe der Anlage, die fein gemeißelten Reliefs, die perfekt erhaltenen Farben und ein Sarkophag aus Chalzitalabaster machen das Grab, auch im Vergleich mit den anderen prächtig ausgestatten Pharaonengräbern, zur bemerkenswertesten Anlage im ganzen Tal der Könige. Belzonis Entdeckung rief internationales Interesse hervor, und selbst sein alter Konkurrent Drovetti kam ins Tal, um Belzonis Fund zu bestaunen. Das Grab Sethos’ I. stellte auch in der Beziehung Belzonis zu Henry Salt einen Wendepunkt dar. Bisher war Belzoni mit seiner Rolle als Salts Agent zufrieden, aber mit der Zeit suchte er immer mehr die Anerkennung und Bestätigung als eigenständiger Forscher. Ein weiteres Mal brachte Belzoni die Frage der finanziellen Unterstützung gegenüber Salt zur Sprache, ein Thema, das bei beiden ein Gefühl der Unzufriedenheit und des Unverständnisses hinterließ. Die Kluft zwischen ihnen wurde zusehends tiefer.

Bevor er seine nächste große Unternehmung in Angriff nahm, diesmal auf dem Pyramidenplateau von Giza, wartete Belzoni, bis Salt nicht mehr in Kairo weilte und sich auf den Weg nach Theben gemacht hatte. Er plante die Pyramide des Chephren zu untersuchen. Diese zählt, zusammen mit den Pyramiden des Cheops und des Mykerinos, nicht nur zu den größten Pyramiden Ägyptens, sie ist darüber hinaus mit den anderen Sehenswürdigkeiten auf dem Giza-Plateau – den Totentempeln, der Sphinx und dem die Pyramiden umgebenden Friedhof – fester Bestandteil jeder Ägyptenreise. Zu Belzonis Zeiten war allerdings nur der Eingang in die große Cheopspyramide bekannt. Die Chephren-Pyramide stellte also für seine archäologischen Fähigkeiten und seine Ingenieurskenntnisse eine Herausforderung dar. Es galt, den Eingang zu finden, um das Innere der Pyramide erforschen zu können. Ein erster Versuch, einen Tunnel in einer der Seitenwände zu öffnen, scheiterte, und nur durch Glück wurden keine Personen durch die nachrutschenden Steine verletzt. Belzoni musste diesen Plan aufgeben. Die Gefahr eines weiteren Unglücks war zu groß. Also versuchte Belzoni in einem zweiten Anlauf, die Konstruktion der Pyramide des Chephren über einen Vergleich mit dem Kammersystem der Cheopspyramide zu verstehen. Er hatte Erfolg: Nach kurzer Zeit fand Belzoni den oberen Abschluss des Pyramideneingangs und legte ihn frei. Es gelang ihm auch tatsächlich, den tonnenschweren Verschlussstein, der den Zugang versperrte, nach oben wuchten zu lassen. Leider musste Belzoni erkennen, dass er nicht der Erste war, der die Pyramide öffnen ließ. Laut einer Inschrift, die Belzoni im Eingangsbereich entdeckte, war dies bereits unter den abbasidischen Herrschern Ägyptens geschehen, also wohl um die Mitte des 9. Jahrhunderts n. Chr.18 Trotz alledem war das Echo auf Belzonis Entdeckung enorm und erreichte schließlich auch den in Theben beschäftigten Salt. Dieser reiste umgehend zurück nach Kairo. Erst dort wurde ihm wirklich bewusst, was Belzoni, ohne Rücksprache mit ihm zu halten, in seinem Namen erreicht hatte. Salt zeigte sich verstimmt, war jedoch bereit aufgrund des großen Erfolges von Belzoni die Kosten der Unternehmung zu tragen. Doch Belzoni lehnte ab. Für ihn zählte nur, allein den Ruhm der Entdeckung zu ernten und seinen Namen unsterblich zu machen. Da Salt an einer gütlichen Einigung interessiert war, erklärte er sich bereit, seinen Vertrag mit Belzoni neu aufzusetzen. Endlich bekam Belzoni die Wertschätzung, die er brauchte. Salt erklärte sich bereit, für Belzonis außergewöhnliche Leistungen Extrazahlungen zu veranlassen, gerade was den Sarkophag Sethos’ I. anging. Zusätzlich verpflichtete er sich, Belzoni beim Aufbau einer eigenen Sammlung behilflich zu sein. Belzoni wurde auch nicht mehr als Salts direkter Angestellter bezeichnet, sondern arbeitete für sich, nur noch unter Salts Aufsicht. Das wirkte sich entscheidend auf die Rechte an den jeweiligen Entdeckungen aus und es ermöglichte Belzoni, Ausgrabungen in seinem eigenen Namen durchzuführen. Damit konnte ein direkter Bruch in der Beziehung zwischen den beiden unterschiedlichen Charakteren erst einmal abgewendet werden. Aber ihr Verhältnis wurde immer schwieriger, und das ganz besonders nach dem unerwartet frühen Tod Burckhardts, der mit seiner ausgleichenden Art oft zwischen Salt und Belzoni vermittelt hatte.

Nach seinem Erfolg gegenüber Salt begab sich Belzoni wieder nach Theben und arbeitete im Areal des sogenannten Kom el-Hettan, des Totentempels Amenophis’ III. Von diesem Tempel ist trotz seiner enormen Größe heute nur noch wenig erhalten. König Merenptah, der gut 160 Jahre nach Amenophis III. regierte, benutzte den Tempel als Steinbruch, um seinen eigenen Totentempel errichten zu lassen. Die einzigen Relikte des Tempels, die heute noch sichtbar sind, sind zwei gigantische Sitzfiguren Amenophis’ III., die unter der Bezeichnung „Memnonskolosse“ in die Geschichte eingegangen sind. Namenspatron war die Figur des Memnon, Neffe des Priamos, König von Äthiopien und Sohn der Göttin der Morgenröte, der im Trojanischen Krieg ums Leben kam. Auslöser für diese Geschichte war ein Riss im Gestein einer der Statuen. Bei günstigem Wind blies die Brise durch den Riss und ließ die Statue „singen“. Dieses Phänomen wurde als das Klagen der Mutter gedeutet, die um ihren gefallenen Sohn weinte. Bereits unter den römischen Kaisern kam es zu Restaurierungsmaßnahmen an den Statuen, wodurch besagtem Klagen ein Ende gesetzt wurde. Bis heute wird im Areal des Totentempels gearbeitet.

Auch Belzoni fand im Kom el-Hettan eine übergroße Sitzfigur des Königs. Dieser Fund konnte aber nicht zur Entspannung der Situation mit Salt beitragen, denn Belzoni hatte einfach dessen Grabung übernommen. Kurz darauf kehrte Belzoni in das Tal der Könige zurück, um die Dokumentation des Grabes Sethos’ I. weiter voranzutreiben. Unterstützt wurde er dabei von Alessandro Ricci19, der für die zeichnerische Aufnahme zuständig war. Zusammen mit Ricci und seinen alten Weggefährten Yanni und Beechey begab sich Belzoni einige Zeit später auf ein neues Abenteuer, das ausgerechnet durch eine Entdeckung von Cailliaud angeregt wurde. Cailliaud stand inzwischen als Geologe in den Diensten des Vizekönigs und entdeckte bei einer Expedition in die Ostwüste neben einem Smaragdvorkommen auch die Überreste einer antiken Stadt. Cailliaud hielt die Ruinen für den aus griechischen Texten bekannten Ort „Berenike“. Belzoni erfuhr von dieser Entdeckung, als ein Mitarbeiter der Mannschaft, die in der Smaragdmine schürfte, erkrankte und ausgerechnet von Ricci medizinisch behandelt wurde. Kurzentschlossen rüstete Belzoni eine eigene Expedition mit einem ortskundigen Führer aus, um Cailliauds angeblicher Entdeckung auf den Grund zu gehen. Er benutzte eine alte Karawanenstraße, die auch schon den Griechen und Römern gedient hatte, um an die Küste des Roten Meeres zu gelangen. Als die Gruppe ihren Bestimmungsort erreichte – nun ohne Ricci, der aufgrund einer schweren Erkrankung nach Theben zurückkehren musste –, war das Bild, das sich ihr bot, enttäuschend. Das von Cailliaud entdeckte Berenike war nicht mehr als eine kleine antike Bergbausiedlung. Doch Belzoni gab nicht auf. Trotz knapper Wasservorräte und schlechter Verpflegung drang er mit seinen Gefährten bis an die Küste des Roten Meeres vor und entdeckte mit Hilfe einer Karte und anhand der Beschreibungen von Plinius tatsächlich die von Ptolemäus’ II. gegründete Hafenstadt Berenike. Das gab Belzoni enormen Auftrieb. Diese Entdeckung war ein wichtiger Erfolg für seine Arbeit, und darüber hinaus konnte er seinen alten Konkurrenten, Drovettis Männern, einen Fehler nachweisen.

Gerade mit den Agenten Drovettis spitzte sich die Situation im Kampf um die bedeutendsten Antiquitäten immer weiter zu. Neues Streitobjekt war ein Obelisk, der sich auf der bei Assuan gelegenen Nilinsel Philae befand. Bereits bei seiner ersten Reise nach Abu Simbel fand Belzoni Gefallen an dem Obelisken und er hinterlegte beim Agha von Assuan einen Geldbetrag, um sich die Rechte an dem Objekt zu sichern. Salt und Bankes hatten sich mittlerweile dazu entschlossen, Belzoni mit dem Abtransport des Obelisken zu beauftragen. Doch Drovetti zeigte ebenfalls ein verstärktes Interesse an dem Objekt. Es begann ein erbittertes Wettrennen zwischen Belzoni und Drovettis Agent Lebolo um die Rechte an dem Obelisken. Lebolo erreichte zuerst Assuan. Als er dort erfuhr, dass Belzoni bereits Anspruch auf den Obelisken beim Agha von Assuan angemeldet hatte, war er sich nicht zu schade, den Agha und weitere Männer zu bestechen. Allerdings scheiterten seine Versuche, den Obelisken zu bewegen. Die Nilflut ging bereits zurück, und bald führte der Fluss im Bereich des ersten Kataraktes zu wenig Wasser, um einen solchen Schwertransport noch möglich zu machen. Lebolo reiste daraufhin ab und wiegte sich in Sicherheit, dass ein Abtransport bis zum nächsten Jahr unmöglich wäre. Das war ein Fehler. Lebolo hatte Belzonis Verhandlungsgeschick und seine Erfahrung im Heben schwerer Lasten unterschätzt. Belzoni gelang es nicht nur, die „bürokratischen“ Hindernisse aus dem Weg zu räumen, er organisierte auch noch ein Boot und konnte mit der Arbeit beginnen. Aber auch sein erster Versuch schlug fehl und endete damit, dass der Obelisk in den Fluss rutschte. Doch der zweite Versuch, den Obelisken anzuheben und auf das Boot zu verladen, hatte Erfolg. Als das Boot dann auch noch sicher den ersten Katarakt durchquert hatte, fiel Belzoni im wahrsten Sinne des Wortes ein Stein vom Herzen. Ein weiteres Mal kehrte er erfolgreich und als Sieger im Streit mit Drovettis Agenten nach Theben zurück.

Die Stimmung unter den Agenten Drovettis, allen voran Lebolo, war gedrückt. Ihnen war ein äußerst lukratives Geschäft entgangen. Drovetti hatte ihnen eine finanzielle Beteiligung aus dem Erlös des Obelisken versprochen. Es ist deshalb nicht weiter verwunderlich, dass die Situation schließlich eskalierte. Als Belzoni das Tempelgelände von Karnak besuchte und feststellte, dass fast alle ergiebigen Grabungsplätze von Drovettis Leuten besetzt waren, umringte ihn eine Gruppe aufgebrachter Araber unter der Führung von Lebolo und Rosignano. Sie waren bereit, den Konkurrenten mit Gewalt auszuschalten. Während Lebolo versuchte, Belzoni von seinem Reittier zu ziehen, zückte Rosignano eine Pistole und gab einen Schuss ab. Ausgerechnet sein Erzfeind Drovetti, der in Begleitung eines Besuchers in Karnak aufgetaucht war, rettete ihm das Leben. Drovetti rief seine Arbeiter zurück. Ihm war bewusst, dass sie über das Ziel hinausgeschossen waren. Unversehrt, zumindest körperlich, kehrte Belzoni auf die Westseite des Nils zurück. Aber dieses Erlebnis führte ihm die beängstigende Tatsache vor Augen, dass seine Person in Luxor nicht mehr sicher war und es nur eine Frage der Zeit war, bis man ihm erneut auflauern und nach dem Leben trachten würde. Belzoni entschloss sich, im Frühjahr 1819 Luxor endgültig zu verlassen und nach Kairo zurückzukehren. Sowohl Belzoni als auch Salt versuchten einen Prozess gegen Rosignano und Lebolo anzustrengen. Aber die ägyptische Gerichtsbarkeit hielt sich aus den Streitigkeiten der Europäer heraus. Der für diese Angelegenheit zuständige französische Konsul verkündete, dass der Fall in Turin verhandelt werden müsste, da die Angeklagten aus dieser Region stammten. Mit diesem Urteil verlief der Prozess endgültig im Sande, was keine Überraschung ist, wenn man sich Drovettis Einfluss am französischen Konsulat in Erinnerung ruft.

Belzonis letzte Unternehmung in Ägypten führte ihn ins Fayum, wo er hoffte, das berühmte Labyrinth zu entdecken. Dieses Bauwerk wurde bereits durch den antiken Historiker Strabo als gigantische Anlage mit über 1500 Kammern beschrieben. Doch Belzoni konnte nicht mehr an seine großen Erfolge anknüpfen. Er besuchte die Lehmziegelpyramiden der Herrscher des Mittleren Reichs und beschloss, vom Fayum weiter in die Oasen vorzudringen. Auf seiner Reise besuchte er Bahariyya und unternahm von dort einen Ausflug nach Farafra. Damit war er der erste Europäer, der diese beiden Oasen besuchte. In Bahariyya besichtigte er unter den Augen der misstrauischen Bevölkerung römische Siedlungsreste. Belzoni war allerdings fest davon überzeugt, die bereits bekannte Oase des Jupiter Amon zu besichtigen,20 bei der es sich eigentlich um die Oase Siwa handelte. So blieb ihm seine letzte Entdeckung, die römischen Ruinen von Bahariyya, aufgrund einer Verwechslung verwehrt. Siwa bekam Belzoni nie mehr zu Gesicht.

Nach seiner Rückkehr regelte Belzoni seine ausstehenden finanziellen Angelegenheiten mit Salt und verließ schließlich im September des Jahres 1819 Ägypten. Auf der Rückreise besuchte Belzoni mit seiner Frau seine Familie in Padua und wurde von der dortigen Gemeinde mit großen Ehren empfangen. Doch bereits im Frühjahr des Jahres 1820 reiste er weiter nach London. Hier gelang es ihm, in kurzer Zeit seine Reiseerzählungen und Memoiren zu veröffentlichen und für die breite Öffentlichkeit eine große Ausstellung zu organisieren. Bei der Ausstellung kam Belzoni seine frühere Erfahrung als „Showman“ zugute. Er traf mit den Originalstücken seiner Sammlung, den Modellen der von ihm geöffneten Pyramide des Chephren und der begehbaren Nachbildung des Grabes Sethos’ I. den Nerv der Zeit. Seine Ausstellung wurde für Belzoni zum großen Erfolg. Doch hatte er auf noch ein weiteres Highlight für seine Ausstellung gehofft: den Sarkophag Sethos’ I., an dem er gemäß der Absprache mit Salt immer noch finanzielle Ansprüche hatte. Als die Sammlung Salts zusammen mit dem Sarkophag schließlich per Schiff in London angekommen war, wurde sie an das British Museum geliefert. Belzoni wurde bei der Museumsverwaltung vorstellig, um seinen Anspruch am Erlös des Sarges anzumelden. Was folgte, wirft kein schönes Licht auf die damaligen Kuratoren des Museums. Sie waren zwar sehr an Salts Stücken interessiert, waren aber nicht bereit, den von ihm geforderten Preis zu bezahlen. Belzonis Anspruch gab ihnen nun die Möglichkeit, auf Zeit zu spielen und einen teuren Ankauf zu verzögern, ohne den Sarkophag herausgeben zu müssen. Es verging Monat um Monat, ohne dass eine Entscheidung bezüglich der Sammlung Salts gefällt wurde. Interessanterweise konzentrierte sich Salts Ärger über die Verzögerung nicht so sehr auf die Verantwortlichen des British Museum, sondern auf Belzoni. Diese Affäre führte endgültig zum Bruch zwischen den beiden Männern.

Belzoni verkaufte in der Zwischenzeit einen Teil seiner Sammlung in einer Auktion und arbeitete an einer Ausstellung in Paris. Allerdings zeigte er sich zunehmend frustriert von den andauernden Verhandlungen mit dem British Museum und wohl auch von den Zwängen der „zivilisierten“ viktorianischen Gesellschaft. Deshalb war es kaum verwunderlich, dass er sich einem neuen Projekt zuwandte: einer Expedition zur legendären Handelsstadt Timbuktu. 1822 begab sich Belzoni erneut auf eine Reise nach Afrika. Seine Expedition startete an der Mündung des Benin-Flusses, an der westafrikanischen Küste. Auf seiner Reise ins Landesinnere hatte Belzoni gerade Gwato erreicht, als er an der Ruhr erkrankte und am 3. Dezember 1822 starb.

Nach Belzonis Tod verkaufte Salt den Sarkophag Sethos’ I. an den Architekten John Soane. Und auch das British Museum erklärte sich endlich bereit, Salts Sammlung aufzukaufen.21 Auf diesem Weg fanden die von Belzoni entdeckten Stücke doch noch den Weg in ein Museum und formen heute den Kern der ägyptischen Abteilung des British Museum in London. Weder Belzoni noch seine Frau Sarah wurden am Gewinn aus diesen Verkäufen beteiligt. Was ihnen bis heute bleibt, ist der Ruhm, den Belzoni diesen Objekten und vor allem seinen Entdeckungen auf dem Gebiet der Ägyptologie verdankt, auch wenn er selbst einmal gesagt hat, dass ihm das alles „viel Ungemach bereitete“.22