Leseprobe:

TODFREUNDE
Der erste Gregory A. Duncan Fall

 

1.


Eine Leiche vor der Haustür kann einem den ganzen Tag verderben. Hätte ich gewusst, dass sie mir nicht nur diesen Tag, sondern die kompletten nächsten Wochen vermiesen würde, hätte ich mich umgedreht, von meinem Holofon umgehend die Bullen gerufen und mich weiter um die Kleine in meinem Schlafzimmer gekümmert. Dass die Leiche jedoch die eines Aoree war und der 'Blaue ' zu dem Zeitpunkt, als ich mich über ihn beugte, noch nicht vollständig den Löffel abgegeben hatte, erweckte erstens mein Interesse und brachte zweitens das entgegen anderslautender Gerüchte doch in mir steckende Gute zum Vorschein.

Mein Name ist Gregory A. Duncan, meine Freunde nennen mich Greg. Wofür das 'A.' in meinem Namen steht, wissen nur meine Ma und ich - und das soll auch so bleiben. Manche meiner Bekannten behaupten, es stünde für 'Arschloch' , was entweder etwas über meinen Umgang oder über mich selbst aussagt. Ich bin Mitte dreißig und verdiene meinen Lebensunterhalt damit, anderen Leuten nachzuschnüffeln. Was in der heutigen Zeit einerseits recht einfach, andererseits sehr kompliziert sein kann. Die moderne Technologie macht es zwar möglich, nahezu alles über seine Mitmenschen in Erfahrung zu bringen, aber wer wirklich etwas zu verheimlichen hat, kann mit genau dieser Technologie seine kleinen schmutzigen Geheimnisse um so besser verbergen.

Jedenfalls lag mitten in der Nacht ein sterbender Aoree vor der Tür zu meinem Apartment im 167. Stockwerk des Inverson-Towers, der sich in einem der billigeren Stadtviertel von Groß-Detroit befindet. Irgendwie musste es ihm noch gelungen sein, die Klingel zu betätigen, bevor er zusammenbrach. Was für sich genommen ein Wunder darstellte, da man mit einem großen Loch in der Brust normalerweise weder einen Antigravlift benutzen, noch eine Klingel drücken kann. Er war entweder ein besonders zähes Exemplar seiner Spezies oder ausreichend motiviert, seinen Abgang so lange hinauszuzögern, bis er sicher sein konnte, dass ich von ihm Kenntnis genommen. Seine reptilienartigen Lider flackerten noch und ein leises Röcheln drang aus dem verzerrten Mund. Das Loch in der Brust rührte mit Sicherheit von einer Hochenergie-Laserwaffe. Der Wundrand und das Gewebe waren kauterisiert worden, sodass sich die Blutung in Grenzen hielt. Die Wunde war trotzdem absolut tödlich. Ich beugte mich zu ihm herab.

»Linke Tasche«, stöhnte er kaum vernehmbar.

Er trug einen grauen, irdischen Anzug. Terranische Mode war bei den Aoree der letzte Schrei. Vorsichtig griff ich in die Außentasche der Jacke. Unter meinen Fingern spürte ich die typische Form eines Datenkristalls. Ich zog ihn heraus und steckte ihn in die Seitentasche meines Bademantels, den ich in aller Eile übergeworfen hatte. Seine vierfingrige Hand tastete nach meiner, und er zog mich näher zu sich heran.

»Trevor Constantin ...«

Den Namen hauchte er mit seinem letzten Atemzug in mein Ohr. Ich konnte spüren, wie ein leichtes Zittern seinen Körper durchlief, bevor er vollkommen still dalag.

Ich hatte schon viele Aoree sterben sehen. Manche davon durch meine Hand. Während des Krieges, als Colonel des terranischen Flottengeheimdienstes, hatte es Missionen gegeben, an die ich heute ungern zurückdachte. Alle waren gefährlich gewesen und viele am Rand der Legalität. Oder am Rand dessen, was in Kriegszeiten gerade noch als legal angesehen wird. Als jüngster Colonel der Flottengeschichte hatte ich mir einen besonderen Ruf erworben. Teilweise beruhte er auf meiner Bereitschaft, Dinge zu tun, auf die ich im Nachhinein nicht sonderlich stolz war. Viele Aoree sterben zu sehen, hatte mit diesen Dingen zu tun.

In der Innentasche seiner Jacke fand ich einen Ausweis der Aoreeianischen Vertretung in New York. Seit dem Friedensabkommen vor vier Jahren gab es sowohl auf der Erde als auch auf Aora eine Vertretung der ehemaligen Kriegsgegner. Yakathan Rasgolar Mallnichon Bregareth, 2. Untersekretär für kulturellen Austausch. Der vor meiner Tür verstorbene Yakathan, Sohn des Rasgolar aus dem Clan der Mallnichon des Planeten Bregara war ein Spion. Zweite Untersekretäre für kulturellen Austausch waren immer Spione. Das hatte man schon in den Spionagethrillern vor zweitausend Jahren gewusst. Die Frage war, was er von mir wollte. Ich glaube nicht an Zufälle, und dass ein Mitglied des aoreeianischen Geheimdienstes zufällig vor meiner Tür seinen letzten Seufzer tat, war so wahrscheinlich wie das Entkommen aus einem Black Hole. Ich war bei den Aoree nicht gerade beliebt - um es vorsichtig zu formulieren. Wer hatte auf ihn geschossen und warum? Hatte man ihn aus irgendeinem mir unbekannten Grund töten wollen oder ging es lediglich darum zu verhindern, dass er mit mir Kontakt aufnahm? Wer immer das getan hatte, würde sich davon überzeugen wollen, dass er sein Ziel erreicht hatte. Zu viele offene Fragen und zu wenig Zeit. Die Verfolger des Toten konnten jeden Moment hier auftauchen.

Seit ich die Tür geöffnet hatte, um nachzusehen, wer mitten in der Nacht wie ein Irrsinniger den Türmelder betätigte, waren allerhöchstens dreißig Sekunden verstrichen. Ich stand im Bademantel auf dem Flur, unbewaffnet, und auf einen neugierigen Nachbarn, der mir zu Hilfe eilen würde, konnte ich nicht rechnen. Das gesamte Stockwerk gehörte mir. Auf der einen Seite lagen meine Büroräume, auf der anderen meine Wohnung. Ich hatte es praktisch gefunden, keinen weiten Weg von meinem Zuhause zur Arbeit zu haben, besonders, wenn es nachts mal wieder etwas später wurde. Den Ausweis hatte ich zurück in die Jackentasche des Toten gesteckt, dessen feinschuppige, blaue Haut sich allmählich ins Gräuliche verfärbte.

Der Antigravlift spuckte drei Gestalten aus, denen ich nachts in einer schwach beleuchteten Straße nicht begegnen mochte. In einem hellen Flur war es nicht besser. Sie schwangen sich an den Haltestangen aus dem Null-G Feld. Ihre geschmeidigen Bewegungen zeugten von Körperbeherrschung und Selbstvertrauen. Nebeneinander kamen sie auf mich zu. Der Anblick der Leiche schien sie nicht zu überraschen. Der Mittlere, ein Typ in meinem Alter, breitschultrig, durchtrainiert, glatzköpfig und mit einer psychedelischen Tätowierung unter dem rechten Auge, schien der Wortführer zu sein. Er baute sich vor mir auf.

»Gregory Duncan?«

»Wart ihr das?« Ich zeigte mit vorwurfsvollem Blick auf den leblosen Körper, ohne seine Frage zu beantworten.

»Sie sollten uns dankbar sein. Der Aoree war auf dem Weg zu Ihnen. Wie Sie wissen, stehen Sie bei den Blauen nicht gerade auf der Liste der beliebtesten Personen.«

»Sie denken, er wollte mich umbringen?«

»Was glauben Sie, was er mitten in der Nacht hier wollte?«

»Und wer sind Sie?«

»Sicherheitsdienst von ConCorp «, antwortete er.

»Was hat die Constantin-Corporation mit einem toten Aoree zu tun, der es angeblich auf mich abgesehen hatte?«

»Wir beobachten die Blauen schon eine ganze Weile. Industriespionage. Sie wollten unsere neuesten Waffendesigns stehlen. Bei einer Abhöraktion konnten wir in Erfahrung bringen, dass Sie auf deren Abschussliste stehen.«

Die Geschichte hatte Löcher, so groß wie das Wurmloch beim Sirius. Warum sollte ein Mitarbeiter der Aoree-Vertretung, der gleichzeitig Geheimdienstler war, in zwei Missionen gleichzeitig verwickelt sein. So arbeiten Geheimdienste nicht. Ich bezweifelte nicht, dass die Aoree nur zu gerne einen Blick in die Quantenpositroniken von ConCorp geworfen hätten. Ich war auch sicher, dass es mehr als einen Aoree gab, der mich lieber tot als lebendig gesehen hätte - aber das gleiche Team auf zwei Ziele anzusetzen, gefährdete beide Aufträge. So etwas tat man einfach nicht! Hier ging etwas anderes vor. Die Geschichte klang, als ob Lockenköpfchen sie sich auf die Schnelle aus den Fingern gesaugt hätte.

»Hat er noch etwas gesagt?«, wollte mein Gegenüber wissen.

»Sieht er aus, als hätte er noch reden können? Es ist ein Wunder, dass er es mit dem Loch in der Brust überhaupt bis zu mir geschafft hat. Wer war der Typ eigentlich?«

»Irgendein kleiner Mitarbeiter der Vertretung in New York.«

Er gab einem seiner schweigsamen Begleiter einen Wink, woraufhin dieser sich neben die Leiche kniete und deren Taschen durchwühlte. Er fand den Ausweis des Toten, steckte ihn ein, sah zu seinem Boss hoch und schüttelte den Kopf.

»Haben Sie etwas von dem Aoree an sich genommen?«

Ich zuckte mit den Achseln. »Als ihr Jungs hier aufgekreuzt seid, hatte ich gerade die Tür aufgemacht.«

Er blickte mich misstrauisch an. »Was dagegen, wenn ich nachsehe?«

»Hör zu, mein Bester! Ich habe eine wunderschöne, und wie ich bemerken möchte, nicht ganz unbekannte Schauspielerin in meinem Schlafzimmer liegen. Von der lasse ich mich gerne anfassen, aber ihr werdet mich ganz sicher nicht begrapschen. Also, vielen Dank und so weiter, dass ihr mir den Attentäter vom Leib gehalten habt, aber ich würde es begrüßen, wenn ihr die Schweinerei hier verschwinden, und mich endlich zu meinem Mädchen zurückgehen lassen würdet.«

»Haltet ihn fest«, sagte er zu seinen schweigsamen Begleitern.

Drei Kerle gegen mich sind normalerweise so etwas wie ein fairer Kampf. Aber ich war unbewaffnet, müde, und in dem engen Flur fehlte es mir an Bewegungsfreiheit. Erschwerend kam hinzu, dass er im gleichen Moment eine bösartig aussehende Laserpistole zog und auf mich richtete. Ein bodenlanger, flauschiger Bademantel mit bunten, aufgestickten Blumen war zudem nicht die vorteilhafteste Kampfmontur. Ein Geschenk meiner Ma - und wer sie kennt, weiß, dass man ihre Geschenke besser nicht ablehnt. Also griff ich in die Tasche und zog den Datenkristall hervor. Ich bin zwar sturköpfig, hart im Nehmen und gehe einem Kampf nicht zwangsläufig aus dem Weg, aber ich bin kein Idiot.

»Das lag neben der Leiche«, sagte ich lächelnd.

»Du bist schlauer, als ich dachte.« Locke bleckte die Zähne, was wohl den Versuch eines Lächelns darstellen sollte. Daran musste er noch arbeiten. Anscheinend waren wir jetzt beim Du angekommen. Ich musste seinen Respekt verloren haben.

Er nahm den Datenspeicher aus meinen Fingern und ließ ihn in der Hosentasche verschwinden. Ich hätte zu gerne gewusst, welche Geheimnisse sich darauf verbargen. Industriegeheimnisse sicher nicht. Der Aoree war gewiss nicht hergekommen, um mir die neuesten Entwicklungen von ConCorp vorzustellen. Ich glaubte auch keine Sekunde daran, dass er vorgehabt hatte, mich umzubringen. Nein, der arme Teufel war in etwas verwickelt gewesen, bei dem er meine Hilfe benötigte. Warum er gerade mich aufgesucht hatte, war angesichts meiner Vergangenheit zwar rätselhaft, aber ich schwor mir, es herauszufinden.

»Geh‘ zu deiner Maus, Duncan. Wenn du in ein paar Stunden die Tür wieder aufmachst, wird alles so sein, als sei hier nie etwas geschehen.«

Er stupste mit seinem Zeigefinger gegen meine Brust und wedelte mit der Hand Richtung Tür. Ich hatte wohl tatsächlich seinen Respekt verloren. Ich folgte seiner Aufforderung, ging in mein Apartment und zog die Tür hinter mir zu. Sollten sie doch die Schweinerei, die sie angerichtet hatten, auch selbst wegräumen. Nach etwas körperlichem Frühsport mit meinem Besuch, einem ausgiebigen Frühstück und einer langen Dusche würde ich mich darum kümmern, was wirklich hinter meinen nächtlichen Besuchern steckte. Locke hatte zwar von mir gehört, so viel war sicher, aber er kannte mich nicht wirklich. Hätte er mich gekannt, hätte ihm klar sein müssen, dass es klüger gewesen wäre, mich umzulegen als mich sauer auf ihn zu machen.

2.


Der Krieg mit den Aoree hatte über siebzig Jahre gedauert. Als sich die Menschheit in einer immer größer werdenden Blase in der Milchstraße ausbreitete, stießen wir zwangsläufig auf außerirdisches Leben. Es gab genügend Planeten innerhalb der Lebenszone einer Sonne. Leben war die Regel - nicht die Ausnahme. Mit intelligentem Leben sah es schon anders aus. Nur selten fanden sich Spuren vernunftbegabter Wesen.

Die wenigsten Spezies überleben die ersten paar hunderttausend Jahre ihrer Entwicklung. Meist plündern und zerstören sie ihren Planeten vollständig, bevor sie den Sprung ins All schaffen, sterben an natürlichen Ursachen wie den Einschlägen gewaltiger Asteroiden oder Pandemien, oder sie vernichten sich gegenseitig in unerbittlichen Kriegen. Und selbst diejenigen, denen es gelingt, ihre Heimatwelt zu verlassen, überleben nicht ewig. Das Universum ist fast 14 Milliarden Jahre alt, und keine Spezies ist in der Lage, einen solch langen Zeitraum zu überstehen. Wer Glück hat, schafft ein paar Millionen Jahre. Dann ist aus welchen Gründen auch immer irgendwann Schluss. Langeweile, Überdruss oder fehlender Lebenswille. Irgendwann stirbt jede Rasse aus. Einige sind vielleicht in eine höhere Existenzebene aufgestiegen, wie manche Wissenschaftler vermuten. Jedenfalls wäre es ein großer Zufall, wenn ausgerechnet in der kleinen Zeitspanne unserer bisherigen Existenz in unserer Nachbarschaft noch andere raumfahrende Lebewesen existierten.

Man fand Hinterlassenschaften von vier anderen technologisch hoch entwickelten Spezies in verschiedenen Systemen; alle mehrere hundert Millionen bis Milliarden Jahre alt. Es war nicht einmal möglich, festzustellen, wie sie aussahen und woher sie ursprünglich kamen. In einem System entdeckte man vor etwa dreihundert Jahren eine Rasse intelligenter Vogelwesen, die an der Schwelle zum Industriezeitalter standen. Sie hatten gerade den Buchdruck erfunden und bekämpften einander noch mit Schwertern. Allerdings war zu befürchten, dass sie es nicht wesentlich weiter schaffen würden. Die massenhafte Verbrennung fossiler Energieträger und eine ungezügelte Vermehrung, gepaart mit einem hohen Aggressionspotenzial gegenüber den Artgenossen, ließen befürchten, dass auch sie sich in den nächsten Jahrhunderten selbst ausrotten werden. Wir haben auf einen Kontakt verzichtet und schauen alle paar Jahrzehnte mal nach, was sie so treiben. Inzwischen besitzen sie Computer und eine hoch entwickelte Industrie und überlegen, wie man den nächstgelegenen der beiden Monde erreichen könnte. Allerdings haben sie schon den ersten Atomkrieg hinter sich. Ein Zweiter würde ihr Ende bedeuten. Dann traf man auf die Aoree. Das Problem bestand nicht darin, dass sie uns zu fremd waren - sie waren uns zu ähnlich!

Die Terranische Föderation umfasst eine Raumblase von annähernd dreitausend Lichtjahren Durchmesser mit der Erde im ungefähren Mittelpunkt. Mehr als eintausend besiedelte Planeten und Monde in über achthundert Systemen sowie unzählige Habitate im Orbit verschiedener Himmelskörper gehören der Föderation an. Fast eine Billion Bürger besitzen einen nie enden wollenden Hunger nach Nahrung, Energie und Gütern aller Art. Auch in einem solch gewaltigen Raumsektor sind die Ressourcen langfristig begrenzt, sodass die Expansion ungebremst weitergehen muss. Dass dabei ständig neue Welten erschlossen werden und hinzukommen, verstärkt den Hunger nur noch mehr. Die Erschließung neuer Welten ist alternativlos.

Leider sahen das die Aoree genauso. Da sie wie wir Sauerstoffatmer mit einem auf Kohlenstoff beruhenden Metabolismus sind, war der Konflikt unausweichlich, als unsere Einfluss-Sphären aneinanderstießen. Beide suchten nach demselben Planetentypus. Wären sie ein Volk von Wasserstoffatmern auf Silikonbasis, hätte man sich problemlos ein System teilen können. Wir waren fast wie Brüder - allerdings eher wie Kain und Abel. Einer wollte den anderen erschlagen und jeder wollte lieber Kain anstatt Abel sein. Es dauerte 73 Jahre, bis beide Seiten endlich begriffen, dass es noch fünf andere Vektoren gab, entlang derer man sich ausbreiten konnte, und es nicht unbedingt der Vektor sein musste, welcher in Richtung des anderen zielte.

Mit achtzehn trat ich in die terranische Flotte ein. Jung, enthusiastisch und voller Tatendrang, meinem Volk beizustehen. Und ziemlich dumm. Nach der Grundausbildung und dem Besuch der Militärakademie kam ich zum Nachrichtenkorps, danach zum Flottengeheimdienst. Im Krieg konnte man schnell Karriere machen. Zumindest diejenigen, die einen Einsatz an oder gar hinter der Front überlebten. Ich gehörte mehrfach zu den Glücklichen und wurde bereits nach fünfzehn Jahren zum Colonel befördert. Dann war der Krieg plötzlich zu Ende und Typen wie ich wurden nicht mehr gebraucht. Oder sie waren peinlich geworden. Ich erhielt einen Klaps auf die Schulter, einen Orden und eine anständige Abfindung. Damit war ich draußen und musste sehen, wie ich im zivilen Leben zurechtkam. Außer anderen Leuten hinterherzuschnüffeln, hatte ich nichts gelernt, also tat ich genau das. Scheidungen, Abwehr von Industriespionage, Sicherheitsberatungen, Versicherungsüberprüfungen - der tägliche Kleinkram. Ich weigere mich, vermisste Haustiere zu suchen. Ansonsten mache ich alles. Nicht, dass ich es nötig gehabt hätte - die Abfindung war wirklich recht ordentlich - aber beschäftigungslos herumzusitzen behagte mir nicht, und außerdem hätte meine Ma mir in den Allerwertesten getreten, wenn ich Frührentner geworden wäre. Wobei sie das ohnehin regelmäßig und gerne tat.

Und jetzt lag ein toter Aoree vor meiner Tür, während drei Armleuchter versuchten, mich zu verarschen. Ich betrachtete dies als willkommene Herausforderung. Untreue Ehemänner zu beschatten oder einen durchgebrannten Schuldner zu finden, wurde auf die Dauer langweilig.

Ich hatte nicht viel, womit ich beginnen konnte. Nur zwei Namen und eine Vermutung. Wenn der Aoree tatsächlich für den Geheimdienst seines Volkes gearbeitet hatte, konnte ich dort ein wenig im Nest herumstochern und sehen, was herauskroch. Zumindest würde man ihn in New York vermissen. Trevor Constantin direkt anzugehen, war mir im Moment noch eine Nummer zu groß. Beim Chef des größten Waffenherstellers der Föderation taucht man nicht einfach auf, um sich zu erkundigen, warum seine Schläger einen Aoree umgebracht haben. Dann lieber zunächst New York. Mir war klar, dass ich auch dort eine gehörige Portion Glück brauchen würde, um das Gebäude wieder unbeschadet zu verlassen. Aufgrund meiner Aktivitäten während des Krieges galt ich bei den Blauen als jemand, den man gerne erledigen würde. Aus Versehen, versteht sich. Schließlich waren wir jetzt Freunde.