D ie Träume, die Sophia in dieser Nacht hatte, waren eigenartig, dennoch fühlte sie sich gestärkt, als sie aufwachte. Vielleicht lag es einfach an der Tatsache, dass sie überhaupt aufwachte.
Lunis schlug zur gleichen Zeit wie sie die Augen auf, kurz vor Sonnenaufgang. Ihr Lager war leer. Sie waren noch in einem Stück, kein einziger Kratzer von den Zombie-Dingos an ihnen.
Sophia stand auf, als ihr die Realität zu dämmern begann. Es war schwer zu fassen, dass es funktioniert hatte.
»Wir haben nicht gekämpft und trotzdem überlebt«, erklärte Lunis ungläubig.
»Ich denke, das war eine schöne Lektion«, stellte sie fest und begutachtete ihr Lager, das viel Aufmerksamkeit brauchte.
»Das ist ein schöner Sophismus«, sagte Lunis liebevoll.
»Sophismus?«, fragte sie.
»Ja, Dinge, die Sophia sagt und tut, die in einem Buch stehen sollten.«
»Oder auf einem T-Shirt?«, neckte sie.
Er funkelte sie an und sah viel energiegeladener aus als die Tage zuvor. »Meine Drachensprüche kommen auf T-Shirts. Dein Zeug gehört in Bibliotheken. Vielleicht sogar in GIFs.«
Sophia lachte. »Oh, wow, ich bin groß genug für GIFs. Was kommt als Nächstes? Memes?«
»Mach dich noch nicht verrückt«, scherzte er. »Aber im Ernst, du bist die Königin darin, zu wissen, wann man kämpfen und wann man es lassen muss. Die Dingos, wir hätten bis zum Tod kämpfen können. Wir hätten uns jede einzelne Nacht um die Ohren schlagen können. Aber du hast dir alles zusammengereimt und erkannt, dass wir nicht zu kämpfen brauchen, dass Kämpfen sie nur anstachelt. Weil wir stillhielten und ihnen keine Reaktion zeigten, zogen sie gelangweilt weiter, ohne uns zu beachten. Ich habe das Gefühl, dass das Gleiche im Leben immer wieder passiert. Man reagiert auf jemanden und das stachelt ihn an. Man ignoriert ihn und er verschwindet.«
Sophia lächelte und erkannte, wie treffend seine Worte waren. »Ja, die meisten Menschen sind Zombie-Dingos, oder?«
»Ja«, bestätigte er. »Die meisten versuchen, sie zu bekämpfen. Nur wenige haben den gesunden Menschenverstand, ihre Augen zu schließen, wenn ein sabberndes Monster sie bedroht. Du wusstest, dass du deine Dämonen einladen musst und das hat uns gerettet.«
Sophia atmete aus und fragte sich, ob sie den Kreis schon geschlossen hatten. Sie war sich nicht sicher. Sie hatten noch ein paar Tage im australischen Outback vor sich, was nicht zu unterschätzen war. »Nun, du hast unser Abendessen für die letzten paar Tage gefangen, was uns, glaube ich, ebenso gerettet hat.«
Lunis warf ihr einen bedeutungsvollen Blick zu. »Sophia, wir haben uns gegenseitig gerettet. Das ist der Weg. So ist es jetzt und für alle Zeit. Du und ich sind nichts ohne einander.«
Sophia war schlanker, als sie sich je erinnern konnte. Sie war an allen möglichen Stellen schmutzig. Es gab Gerüche an ihr, von denen sie nicht sicher war, ob sie jemals verschwinden würden und doch fühlte sie sich stärker und besser als je zuvor.
Irgendwie hatte sie nach ihrem Zusammenbruch am ersten Tag einen Teil von sich entdeckt, den sie absolut liebte. Einen Wesenszug, der ihren Drachen auf eine Weise ergänzte, die keiner von beiden realisiert hatte.
Sophia und Lunis hatten noch viel über die Welt und sich zu lernen. Es gab so viel zu entdecken. So viele Dinge zu tun. Aber in diesem Moment fühlten sich die beiden vollkommen miteinander verbunden und mit der Welt, die sie zu verstehen versuchten. Eines Tages müssten sie sie retten, obwohl keiner von beiden ahnte, dass das ihr Schicksal werden sollte.