Kapitel 28

D ie Kälte im Hochland war ein solcher Kontrast zum australischen Outback, dass Sophia als Erstes ihren Umhang anzog, nachdem sie durch das Portal getreten war.

Sie sog die frische, saubere Luft ein und genoss es, wie diese sie sofort zu erfrischen schien. Das Grün der Hügel war ein intensiver Kontrast zu der roten Erde und den gedämpften Farben des Outbacks, dass Sophia fast die Augen weh taten.

Der Anblick der drei Drachenreiter, die direkt vor der Barriere auf sie warteten, war definitiv willkommen. Sophia ertappte sich dabei, wie sie in ihre Richtung eilte und merkte, wie sehr sie sie vermisst hatte – sogar Evan.

Evan warf ihr einen abweisenden Blick zu, als sie sich näherte und taumelte rückwärts. Mahkah stand stoisch da, die Hände auf dem Rücken verschränkt. Wilder hatte seine Arme ausgebreitet und wollte Sophia mit einer Umarmung begrüßen, Erleichterung lag in seinen blauen Augen.

Als sie nah genug war, ließ er seine Arme sinken, lehnte sich nach hinten und schielte sie ungläubig an. »Wow, das ist ein neuer Look an dir.«

Sophia blickte auf ihre zerrissene Kleidung hinunter, die mit Schmutz und Dreck bedeckt war. Das gepanzerte Oberteil, einst hell, war fast schwarz. Sophias Nägel waren mit Schlamm verklebt. Mae Ling würde … nun ja, überhaupt keine Zeit brauchen, um sie zu säubern, aber Sophia dürfte bald bei ihrer guten Fee vorbeischauen müssen. Sie wusste, dass ihr Haar wie das eines Hippies aussah, das in dicken Strähnen den Rücken hinunterhing.

Evan hielt sich die Nase zu. »Leute, wer von euch stinkt hier so?«, fragte er Sophia und Lunis.

»Ich habe heute Morgen ein Bad genommen«, antwortete Sophia. »Lun hatte die ganze Woche noch keins.«

»Das hat sie«, bestätigte Lunis. »Sie hat im Sumpfwasser gebadet.« Er warf einen liebevollen Blick auf Sophia. »Es gab einen Grund, warum ich nicht gebadet habe.«

»Ich dachte, es liegt daran, dass du so getan hast, als wärst du einer von diesen Typen«, scherzte sie.

»Willkommen zurück«, unterbrach Mahkah und verbeugte sich respektvoll.

Wilder streckte eine Hand aus und wollte Sophia auf die Schulter klopfen, zog sie aber zurück, kurz bevor er sie berührte. »Ja, willkommen zurück.«

»Du bist also nicht gestorben?« Evan hielt sich immer noch die Nase zu.

»Du bist immer noch hier, also wurden meine Wünsche an die Outback-Sternschnuppen nicht erhört«, neckte sie und zwinkerte ihm zu.

»Du wirst uns alles darüber erzählen müssen«, meinte Wilder und sah Lunis an.

»Ja, fangen wir damit an, was du mit deinem Drachen gemacht hast?« Evan inspizierte ihn ebenfalls.

»Ich habe ihn mit Schmuckstücken ausgestattet«, sagte Sophia stolz. Ihr Drache hatte die handgefertigten Halsketten wie eine Krone auf seinem Kopf angeordnet. Ein paar waren um seinen Hals und seine Beine gewickelt, die glänzenden Edelsteine funkelten im Licht.

Sie zog ein paar Armbänder aus der Tasche ihres Umhangs und verteilte sie. »Ich habe auch für jeden von euch eins gemacht.«

Evan gab sein Armband zurück und schüttelte den Kopf. »Nicht nötig. Ich trage nichts, was mich an das Outback erinnert.«

Wilder jedoch zog seines an und band es an seinem Handgelenk fest. »Aber nur, weil du fast von einem sprechenden Krokodil gefressen wurdest.«

Sophia warf Evan einen überraschten Blick zu. »Smeg hat versucht, dich zu fressen? Oh, mir hat er super geholfen.«

Evan seufzte. »Natürlich hat er das. Bitte sag mir, dass die Zombie-Dingos tatsächlich versucht haben, dich zu verspeisen.«

Sophia lachte. »Du bist so rücksichtsvoll. Wer braucht schon Feinde, wenn er dich hat? Und ja, die Dingos haben versucht, uns zu fressen.«

Evan hob die Arme ruckartig. »Ja!«

Lunis senkte den Kopf und sah den Reiter an. »Nun, bis Sophia erkannt hat, dass wir nicht gegen sie kämpfen dürfen, dann ließen sie uns in Ruhe.«

Sophia streckte sich. »Dann haben wir uns so richtig ausgeruht.«

Das breite Lächeln auf Evans Gesicht verschwand. »Du hast was?«

»Du hast nicht gegen die Dingos gekämpft?«, erkundigte sich Mahkah fasziniert.

»Wäre es denn Betrug gewesen, uns zu sagen, dass wir auf angriffslustige Zombie-Dingos treffen würden?«, fragte Sophia, die Hände in die Hüften gestemmt.

»Ich fürchte, das wäre es gewesen«, antwortete Mahkah. »Aber noch einmal, du hast nicht gegen sie gekämpft?«

»Nein, wir haben sie sozusagen in unser Haus eingeladen«, erläuterte Lunis und wirkte viel leichter, während sein Kopf herumschwenkte, die Halsketten ließen auch ihn wie einen Hippie aussehen.

»W-w-was?«, meinte Wilder verblüfft. »Du hattest ein Haus?«

Sophia zuckte mit den Schultern. »Nein, nicht wirklich. Nur ein Dach, aber metaphorisch gesprochen haben wir unsere Gäste hereingebeten und sie willkommen geheißen.«

»Sie haben euch nicht das Gesicht abgekaut?« Evan hatte den Mund weit aufgerissen und seine Augenbrauen wölbten sich.

»Das haben sie auf jeden Fall. Das ist mein neues Gesicht.« Sophia schüttelte den Kopf.

»Nun, es ist schmutzig«, antwortete Evan. »Hast du in einen Spiegel geschaut? Und ich glaube, du hast einen Busch in deinem Haar. Oh und habe ich schon erwähnt, dass du übel riechst?«

»Sie riecht nach Wildnis«, korrigierte Wilder. »Wie ein Cowboy oder ein Mädchen, das eine Woche im australischen Outback verbracht hat.«

»Die Zombie-Dingos«, begann Mahkah und brachte das Gespräch wieder auf das Thema zurück. »Du hast wirklich nicht gegen sie gekämpft?«

»Nun, das haben wir ein paar Nächte lang gemacht«, erklärte Sophia. »Aber es wurde anstrengend, wenn wir so weitermachten. Es war ein aussichtsloser Kampf …«

»Das ist der Charme dieser Reise«, stellte Evan fest, verschränkte die Arme und sah verbittert über die ganze Sache aus.

Sophia schüttelte den Kopf. »Dann hatte ich die Idee, dass wir uns nicht wehren dürften. Es schien, je mehr wir kämpften, desto wilder wurden sie. Als wir anfingen, sie zu ignorieren, verloren sie das Interesse an uns und ließen uns schließlich in Ruhe.«

Mahkah fuhr mit den Fingern über sein Kinn. »Interessant. Ein Risiko, aber ein strategischer Plan.«

Wilder schüttelte erstaunt den Kopf. »Simi und ich haben sieben Tage lang gegen diese Dingos gekämpft und tagsüber geschlafen und du hast einfach die Augen geschlossen und sie ignoriert?«

Sie nickte stolz.

»Ich habe in einem Baum gelebt«, meinte Evan angewidert.

»Ich habe alle Spinnen unter diesem Baum getötet«, erzählte Sophia.

»Nun, ihr zwei habt euch offensichtlich verbunden«, bemerkte Mahkah, während er Sophia und Lunis ansah. »Ihr habt alle Ziele der Trainingsübung gemeistert.«

Die Gruppe wandte sich der Burg zu, überquerte die Barriere von Gullington und marschierte im Gleichschritt miteinander. Lunis machte sich auf den Weg zur Höhle, nachdem sie die Barriere überquert hatten. Die Burg war ein willkommener Anblick in der Ferne. Sophia konnte bereits die Scones riechen und es kaum erwarten, nach einer langen, heißen Dusche in saubere Kleidung zu schlüpfen.

»Aber die Frage ist: Hattest du Spaß?« Wilder hatte ein schiefes Lächeln im Gesicht.

Vor einer Woche hätte Sophia bei dieser Frage noch den Kopf geschüttelt. Jetzt nickte sie. »Ich würde nichts davon als Spaß bezeichnen, aber als lohnend, absolut.«

Evans Augen waren auf das Gras unter ihren Füßen gerichtet, während er den Kopf schüttelte. »Sie hat nicht gegen die Dingos gekämpft. Kumpel, das ist nicht fair.«

Wilder klopfte ihm lachend auf den Rücken. »Das ist eine gute Lektion für uns.«

»Ja«, bestätigte Mahkah und dachte über eine Idee nach. »Manchmal kämpfen wir. Manchmal ignorieren wir das Böse. Es geht darum, zu wissen, wann man handeln muss und wann nicht.«

Die Jungs blieben vor der Burg stehen, ihr cooles Auftreten verschwand plötzlich und ernste Mienen überzogen ihre Gesichter. Sophia spürte eine neue Anspannung und sah sie an.

»Was ist?«, fragte sie.

»Jemand Böses ist aufgetaucht, seit ihr beide gegangen seid«, erklärte Wilder. »Thad Reinhart.«

»Oh«, meinte Sophia erleichtert. »Wir wissen über ihn Bescheid.«

»Ja, aber er hat seinen Plan vorangetrieben«, erklärte Mahkah. »Hiker wird dich sehen wollen.«

»Sobald du die Wuschelhaare gewaschen hast«, fügte Evan hinzu.

Sophia nickte. »Okay. Ich werde direkt in sein Büro gehen, sobald ich sauber bin.«

Die ganze Euphorie wegen ihrer Rückkehr verblasste, weil die Sorge die Oberhand gewann. Die Gesichtsausdrücke der Jungs verrieten ihr, dass das, was auch immer passiert war, während sie weg waren, nicht nur leicht schlimm war. Sie hatte den Eindruck, dass es katastrophal sein musste.

»Und denk daran, dich zu waschen hinter … na ja, einfach überall«, rief Evan, als sie die Treppe hinauf in die Burg eilte. »Wasch dich lieber zweimal.«