Kapitel 43

S ophia kam gerade vom Training mit Wilder zurück, als sie Quiet entdeckte, der wieder einmal misstrauisch über das Hochland huschte und über seine Schulter schaute, als hätte er Angst, verfolgt zu werden. Wieder ging er auf eine große Felsengruppe am Loch Gullington zu.

Nachdem sie Wilder zurückgelassen hatte, um etwas Mysteriöses zu tun, das er nicht näher erläutern wollte, war Sophia allein und in einer perfekten Position, um dem Gnom zu folgen und ein für alle Mal herauszufinden, was er verbarg. Es war offensichtlich, dass jeder in Gullington seine Geheimnisse hatte und Sophias Aufgabe war es anscheinend, als Detektivin alle aufzudecken.

Sie ging in die Hocke und aktivierte ihren Tarnmodus, damit sie dem Hauswart folgen konnte. Sie bewegte sich geräuschlos über das Hochland und schaffte es problemlos, von Quiet nicht entdeckt zu werden.

Er warf einen Blick über die Schulter in die entgegengesetzte Richtung, in der sie sich befand, bevor er zu den Felsen eilte. Sie war so nah dran. Endlich würde sie sehen, was er vorhatte.

»RRRINGGGG!«

Das Klingeln von Sophias Handy schallte über das Gelände und ließ die Vögel vom Boden auffliegen. Natürlich drehte sich der Gnom mit einem finsteren Gesichtsausdruck um, alarmiert durch ihre Anwesenheit.

Sophia errötete, als sie das Telefon aus ihrer Umhangtasche zog. Es klingelte weiter, ein aufdringlicher Ton, der sie nicht nur verraten hatte, sondern unaufhörlich und nervig war.

»Hallo?« Sie hielt das Gerät an ihr Ohr, ohne die Nummer zu erkennen. Das war typisch für Magitech-Telefone. Es konnten diejenigen, die ihre Nummer nicht hatten, sie bekommen, indem sie eines benutzten.

»Hallo, Cousine«, grüßte eine Stimme am anderen Ende der Leitung.

Da Sophia keine Cousins und Cousinen auf der Welt kannte, runzelte sie die Stirn. »Cousine? Wer ist da?«

»Erkennst du meine Stimme nicht?«, fragte die Person und in diesem Moment wusste Sophia es. Sie wusste auch, dass diese Person nicht mit ihr verwandt war. Sie gehörten nicht einmal der gleichen Spezies an – oder schwammen auf der gleichen Wellenlänge.

»Hey, König Rudolf«, meinte sie spöttisch-heiter. »Wie geht’s denn so? Hast du dich wieder in einer Toilettenkabine eingeschlossen? Vielleicht rufst du Liv an, damit sie dich dieses Mal rausholt.«

»Ich bin in einer Toilettenkabine, aber ich kann raus, wenn ich will, … denke ich«, antwortete er. »Wie auch immer, ich rufe nur an, um dir zu sagen, dass die Drillinge auf dem Weg sind und ich dich hier brauche und zwar pronto.«

»Oh«, erwiderte sie und Aufregung machte sich in ihr breit. »Ich bin begeistert, dass du an mich gedacht hast. Ich kann es kaum erwarten, deine Babys kennenzulernen, aber eigentlich bin ich gerade dabei, einen Weltkrieg zu verhindern.«

»Das klingt, als könne es warten«, entgegnete Rudolf.

»Du weißt doch, was ein Weltkrieg ist, oder?«, fragte sie.

»Du sagtest ›eigentlich dabei‹«, überlegte Rudolf. »Das klingt, als hättest du noch etwas Zeit. Warte bis das ganze Chaos hereinbricht und dann stürzt du dich rein. Weißt du denn gar nicht, wie man ein Held ist?«

Sophia schüttelte den Kopf. »Offenbar nicht.«

»Nun, ich mache das schon seit vielen, vielen Jahrhunderten, also vertraue meinem Rat«, rief Rudolf. »Wie auch immer, komm her. Ich möchte, dass du meine vier Kinder kennenlernst.«

»Drillinge«, korrigierte Sophia. »Du bekommst Drillinge.«

»Genau«, stimmte er zu. »Weshalb ich dich hier brauche. Es wird für jeden von uns ein Baby geben, das wir in den Armen halten können, während Serena sich nach der Geburt ausruht, die laut Bermuda Laurens kein Kinderspiel wird. Ich schätze, das wird eher ein Spaziergang im Park. Wie auch immer, ich habe Liv und Rory angerufen und jetzt dich. Das bedeutet, dass es für jeden von uns ein Baby geben wird, um das wir uns kümmern müssen, also komm jetzt hierher.«

»Okay.« Sophia brachte es nicht übers Herz, Rudolf zu erklären, dass er nur drei Kinder bekam und sie nicht wirklich brauchte, wobei es sich gut anfühlte, von jemandem gebraucht zu werden. Für ein Mädchen, das nur zwei Blutsverwandte auf der Welt hatte, war es schön, so viele Menschen um sich zu haben, die sich wie eine Familie anfühlten. Es bewies Sophia, dass man manchmal die Familie hatte, in die man hineingeboren wurde und manchmal die Familie, die man sich aussuchte.