Kapitel 49

S ophia saß auf Lunis, ihre Finger an den Zügeln und ihre Aufmerksamkeit bei Hiker Wallace, der das tat, was er am besten konnte – Tempo machen. Er marschierte vor der Reihe der Drachen auf dem Hochland auf und ab und dachte nach. Sie hatte sich daran gewöhnt, ihn marschieren und dabei grübeln zu sehen. Wie er seine Gedanken ordnete.

Sie sah sich um, nahm die grünen Hügel in sich auf und erfasste das Bild um sie herum. Es war anders als alles, was sie je gesehen hatte, aber sie hoffte, dass sie es in Zukunft noch öfter sehen durfte. Vier Drachen mit ihren Reitern in den Sätteln standen bereit. Vor ihnen stapfte Hiker, der Anführer der Drachenelite, das Gelände entlang, sein roter Drache stand edel hinter ihm.

Auf der anderen Seite neben Evan standen Ainsley und Quiet, ernste Mienen auf ihren Gesichtern.

Diese fünf Reiter waren alles, was von der Drachenelite übrig war. Nach über tausend Jahren gab es nur noch fünf mit Drachen. Dann war da noch Thad Reinhart, der Schlimmste der Schlimmen und derjenige, den sie zur Strecke bringen mussten.

Er hatte keinen Drachen. Thad hatte Schlimmeres. Er hatte Magitech perfektioniert und sie zu seinem Drachen gemacht. Sophia wusste, dass an diesem Tag Flugzeuge und Jets, die mit Magitech aufgerüstet waren und alle anderen Dinge, die mit der modernen Welt zu tun hatten, auf sie zukommen würden. Es würde der schlimmste Kampf werden, den sie je durchgemacht hatte.

Als sie Wilder auf Simi zu ihrer Rechten ansah, nickte sie. Mahkah saß auf Tala zu ihrer Linken und er strahlte Zuversicht aus. Sie waren alles, was die Erde hatte und das musste genügen.

Hiker lief noch etwas weiter, bevor er stehen blieb. Er räusperte sich und sah seine Mitstreiter an.

»Ich bin nicht immer der Anführer gewesen, den ihr wolltet«, begann er. »Aber ich habe immer versucht, der zu sein, den ihr braucht. Ich habe nach den Gefahren Ausschau gehalten, aber ich habe sie übersehen, weil ich nicht wusste, dass sie in mir waren. Thad ist mein Problem. Er ist das Ergebnis dessen, was ich nicht zu Ende bringen konnte.«

Hiker schien es eilig zu haben, denn er redete schnell, fast so, als liefe er in Gedanken noch immer auf und ab.

»Ich war schon Drachenreiter, bevor einer von euch geboren wurde, aber ich habe erfahren, dass unser Alter nichts bedeutet.« Sein Blick wanderte zu Sophia. »Ich habe gelernt, dass Weisheit vom Zuhören kommt.« Sein Blick wanderte zu Mahkah. »Ich habe gelernt, dass Erfahrung durch Aufopferung kommt.« Sein Blick wanderte zu Wilder. »Ich habe gelernt, dass Positionen zu denen kommen, die durch die Hölle und zurück gehen.« Und schließlich glitt sein Blick zu Evan. »Und ich habe gelernt, dass Genialität zu denen kommt, die die Welt um sich herum herausfordern.«

Als er sich direkt vor Bell stellte, fuhr er fort: »Ihr seid bei mir geblieben, einige von euch länger als andere und habt eure Loyalität bewiesen. Das habe ich immer zu schätzen gewusst. Ich weiß, dass ihr auf den Kampf wartet. Es ist soweit und er wird nicht beendet sein, bevor wir erledigt sind. Männer … Reiter«, korrigierte er. »Wir haben lange darauf gewartet, gebraucht zu werden und unsere Zeit ist gekommen.«

Hiker bestieg seinen Drachen mit einer einfachen Reihe von Bewegungen, die ihn auf die große, rote, magische Kreatur brachten.

»Ich kann euch nicht genug danken, dass ihr mir treu geblieben seid«, meinte er und hielt Bells Zügel fest. »Allerdings habe ich noch eine Bitte an euch und sie ist die wahrscheinlich schwerste bisher.«

Hiker sah jedem von ihnen in die Augen, bevor er zu Bell blickte. »Wenn alles scheitert, wählt einen Anführer der Drachenelite, der bis zum Ende bei euch bleiben wird.«

»Das ist dein Wunsch?« Ainsley hob einen Korb hoch. »Ich habe Muffins gebacken. Möchte jemand Muffins für die Reise?«

Hiker schüttelte den Kopf. »Würdest du bitte verschwinden, Frau? Wir brauchen einen Moment Zeit.«

Ainsley zeigte auf Quiet, der in der Nähe stand. »Er sagte, es sei in Ordnung, wenn ich dich unterbreche, denn deine Ansprache wäre nur Gefasel und ich solle Muffins anbieten, um den langweiligen Teil aufzulockern.«

Hiker schüttelte den Kopf. »Ich versuche, meine Männer zu versammeln. Leute. Reiter.«

Sie schüttelte den Kopf. »Nein, du langweilst sie. Wenn ich eine Rede halten würde, würde sie in etwa so ablaufen …«

»Du bist gefeuert, Ainsley«, knurrte Hiker barsch.

Sie verbeugte sich. »Es ist an der Zeit, Sir. Ich habe auf diesen Moment gewartet. Ich sehe dich, wenn du zurückkommst.«

Er nickte. »Wir sehen uns später.«

Sie drehte sich um und ging auf die Burg in der Ferne zu.

Quiet murmelte ebenfalls etwas, bevor er davonschlenderte und die Reiter und ihren Anführer mit leerem Blick zurückließ.

Sophia spürte, dass sie alle auf diesen ›Braveheart‹-Moment warteten und dass sie ihn vielleicht nie bekommen würden. Sie lächelte Hiker an und murmelte die Worte: »Du schaffst das.«

Er lächelte. Die Hände an den Zügeln führte er seinen Drachen vor ihnen her. Bell bewegte sich mit einzigartiger Anmut, stapfte hin und her, als würde sie wie ihr Reiter schreiten.

»Es tut mir leid, wenn ich gewankt habe«, begann Hiker, seine Stimme war stärker als zuvor. »Aber folgt mir in die Schlacht und wir werden nicht versagen. Ich werde Thad bekämpfen. Ihr werdet sein Arsenal zerstören. Wir werden einmal mehr unsere Herrschaft über diese Erde zeigen. Selbst wenn wir die letzten Drachenreiter sind, werden wir die besten sein, die dieser Planet je gesehen hat.«