II

Bis zu diesem Tag hatte es, abgesehen von der extremen Trockenheit, keine Anzeichen gegeben. Wir hatten Ende Juli; sie hielt schon drei Monate an. Vereinzelte Gewitterregen im Juni, einige fünffrankengroße Tropfen, die in diesem Monat an gewissen Abenden noch ohne Vorwarnung auf die Pflastersteine vor meinem Haus fielen: Das war’s. Das Heu war schön ausgefallen, die Getreideernte gut und üppig. Erst danach wurde die Erde rissig, das Gras vergilbte und wurde knapp.

Man nimmt diese Anfänge zur Kenntnis und dass es, alles in allem, bis Ende Juli keine außergewöhnlichen Anzeichen gegeben hatte. Draußen noch nichts als Trockenheit und große Hitze, das Thermometer stieg zur Mittagsstunde auf 30 Grad, dann auf 32, 34 Grad. Ein wenig litt man schon, aber es war auszuhalten, denn da war diese Schönheit des Himmels, und schließlich sind wir hier an einem See. Und von hier aus sieht man es kommen, das heißt, man sieht nichts, außer dass man dieses Himmelsgewölbe vor sich hat, das noch nie so satt gestrichen war, wie wenn die Maler dagewesen sind und zwei, drei Schichten aufgetragen haben; aber ein guter Arbeiter, der ist nie zufrieden, der sagt: «Das reicht noch nicht.»

Man lebte unter der Schönheit dieses Himmels. Die hohen Stockrosen waren vertrocknet über der gelb gewordenen Petersilie und den chinesischen Nelken, die sich gar nicht erst geöffnet hatten: Dieser Himmel verdrängte alles. Man sagte: «Ja, es ist wahr, es ist heiß, aber es ist schön!» Man sagte weiter: «Heu hat es ja gegeben, Weizen hat es ja gegeben!» Man sagte: «Es wird doch nur das Gemüse fehlen, man wird halt versuchen, ohne auszukommen … Und dafür wird der Wein gut sein.» Unsere Winzer im Lavaux sollten zufrieden gewesen sein mit ihrem letzten Jahr, angesichts der Versprechen, die man ihnen machte, obwohl es in der Höhe Frost gegeben hatte, wie sie sagen; dafür wird das, was übrig bleibt, gut werden, erstklassig, wie sie noch sagen, wenn es so weitergeht, nur ein paar hübsche warme Niederschläge gegen Ende August hätte man gerne, damit die Trauben richtig fett werden. Und mit schnalzender Zunge: «Wenig, aber erstklassig … Und wenn sich die Preise halten …» Dann sah man wieder zum Himmel auf.

Denn, sehen Sie, ist es sauber genug, lackiert genug, poliert genug, glatt genug? Ist die Farbe satt genug? Über dem kleinen roten Schuppendach und dem runden Holunder, um die spitze Stechpalme, über dem Hang zum See hinunter und über dem See, über dem Wasser und über den Bergen. Über mir und über uns. Über uns allen. Und er wirkt so dauerhaft, dieser Himmel. Oh, so dauerhaft! Man sagte sich: «Es ist für immer …» Man muss sich freuen und geduldig sein, die Erschöpfung, die man spürt, wird vergehen, und man ist nicht sehr hungrig, stimmt schon, und man magert etwas ab, aber man kann ja im Herbst wieder zulegen.

Es geht gut! Der Gärtner selber sagt: «Es geht gut.» Guignet, der Gärtner, ist in diesem Punkt mit den Leuten einig, auch wenn es lästig ist, weil sich für ihn die Frage des Gießens stellt, heute Morgen hat er seinen Wasserschirm wieder mitten in einem Salatbeet aufgestellt, aber der Boden ist bis in die Tiefe von sechzig Zentimetern trocken, und die Erde so heiß, dass das Wasser gleich wieder verdampft. Sagt er, während er seinen Strohhut nach hinten schiebt, spuckt, seine Tonpfeife aus der Tasche zieht, seine Tonpfeife stopft und den Gemüsegarten um sich herum betrachtet.

Da sind Blumentöpfe, wegen der Maulwurfsgrillen bis zum Rand in die Erde eingelassen.

Da ist auch eine Spatzenfalle. Guignet steckt die Spatzen in die Tasche für seine Katze.

Wir haben an diesem Morgen noch eine Weile geplaudert, keinerlei Anzeichen, alles ist so schön!

Und nichts als diese Trockenheit, die immer mehr wird. Guignet hatte den Hahn mit dem Wasser vom Lac de Bret aufgedreht; tatsächlich, der Druck in den Leitungen fällt ab: Anstatt des großen Schirms, der sich vor einem öffnete, gab es rund um den Schaft nur noch einen kleinen Kreis aus feinem weißem Staub.

Es wird jeden Tag ein bisschen weniger; bald nichts mehr! Immer weniger; «also», hat Guignet gesagt (der seine Pfeife endlich angezündet hat, in deren Holm er bläst, weil sie nicht gut zieht), «also, wenn man nicht mehr gießen kann!»

Ich schaue mir indessen wieder diesen schönen Himmel an, in dem die eingerollten Blätter eines Flieders hängen.

Unser Savoyen, so sanft und schön, schiebt sich scharf nach vorne; seit mehreren Wochen sieht man es ganz nah, wie wenn das Wetter schlecht wird; aber das Wetter wird nie wieder schlecht.

Neulich in der Nacht fingen gegen zwei Uhr morgens die Läden zu schlagen an, die Fenster klapperten, die Türen rüttelten, die Ziegel flogen von den Dächern.

Ein starker, heißer Wind stieß durch die Fenster, die man Tag und Nacht offenstehen ließ. Ein starker, heißer Wind stürzte, von Süden kommend, mit seinem ganzen Gewicht von den Höhen der gegenüberliegenden Berge auf uns herab. Ich bin nachsehen gegangen. Von Wolken keine Spur. Nur diese derart großen Sterne, derart weiß, dass sie den Himmel ganz schwarz machten. Sterne wie Papierlaternen. Bei diesem Wind wurde einem noch heißer, obwohl er so heftig war, dass man rückwärts geschoben wurde. Und man bekam Angst, aber man konnte dieser Angst nicht wirklich nachgehen, weil da war es auch schon vorbei. Schlagartig, aber so ganz und gar vorbei, dass man sofort wieder das Ticktack der Uhr auf dem Nachttisch hören konnte.

Man geht im See baden. Der große Strand ist, wohin man blickt, braun vor nackten Leuten.

In einer kleinen Bude verkauft eine Frau Gebäck. Aus einem Holzkübel voller Eis ragen Bierflaschenhälse. Leute, die ihr Lebtag nie gebadet haben, sind gekommen. Auf dem Kiel eines alten Bootes saß ein kleiner Alter mit seiner Pelerine auf dem Schoß und las ein Buch. Seine Haut war so weiß, als wäre sie mit Mehl eingerieben. Der Körper des riesigen Fährmannes gleich neben ihm hatte die Farbe eines zu stark gebrannten Ziegelsteins, das heißt, etwas zwischen Braun, Rot und Schwarz. Kleine Mädchen spielen rondin picotin; Frauen tragen Badeanzüge. Der Sand rinnt einem wie Wasser durch die Zehen; da sind bunte Scherben, schöne Kieselsteine, rund, flach oder eiförmig. Die Stadt leert sich jeden Nachmittag, und man sieht sie auf alle möglichen Arten hinuntersteigen, zu Fuß, mit der Straßenbahn, mit der Standseilbahn, mit dem Fahrrad, hin zur Frische, hin zum Wohlgefühl – wie auch heute wieder zwei dicke Prostituierte, die sittsam mit ihren Blumenhüten auf dem Kopf bis zum Hals im Wasser sitzen.

Kinder sind herbeigeschwommen und auf die Ruder der vorbeifahrenden Dampfschiffe geklettert.

Man sieht, dass diese Dampfschiffe voll von Leuten sind, die es mögen, im Schatten des Drillichverdecks gegen den Wind zu fahren.

Diese großen weißen Maschinen mit ihren drehenden Schaufelrädern und einem Kamin, der raucht, wie wenn man beim Matratzenmacher die Rosshaare verzupft.