Als Erstes tritt immer eine einzelne Dienstfertige durch die Pforte. Sie trägt ein schwarzes Dienstfertigengewand, eine weiße Dienstfertigenkappe und weiße Seidenhandschuhe, den Blick hält sie gesenkt, in den Händen trägt sie ein silbernes Tablett, vollkommen waagerecht, auch als sie vor uns niederkniet und es uns entgegenstreckt. Sie spricht nicht. Wir sprechen nicht. Wir nehmen die Ohrstücke vom Tablett und setzen sie ein. Die Dienstfertige tritt zur Seite und macht Platz für die Übersetzer.

Es ist nicht so, dass die Übersetzer vollkommen unsichtbar sind. Sie sind verschwommene Stellen. Ein Flirren wie von warmer Luft, eine Bewegung außerhalb des eigenen Fokus, sobald ich hinsehe, ist es schon wieder vorbei, und ich kann nicht sicher sein, dass da wirklich etwas war. Was bleibt, ist ein rieselndes Gefühl innen an der Schädeldecke. Dazu kommen die Geräusche. Es sind menschliche Geräusche, die Übersetzer müssen also Menschen

Wir können erkennen, wo die Übersetzer stehen, weil dort eine Lücke bleibt. Um sie herum gruppieren sich die Dienstfertigen, sie bewegen sich schnell und beinah lautlos, mit gebeugten Rücken, mit gesenkten Köpfen unter ihren weißen Kappen, nie sprechen sie, mit uns nicht und auch nicht miteinander. Vielleicht haben sie keine Sprache. Von den Fremden unterscheiden sie sich nur in Kleidung und Frisur. Es handelt sich um Menschen. Männer und Frauen.

Wir fassen uns an den Händen, ich in der Mitte, meine linke fasst Else, meine rechte Friedrich, Else fasst Alexander, Friedrich fasst Wilhelm, so treten wir vor die Lücke.

Es ist keine Lücke. Friedrich hat mir die Technik erklärt. Er hat mir erklärt, dass die Unsichtbarkeit von den Metaanzügen kommt. Die Oberflächenstruktur leitet das Licht um. Nur das Visier ist

Sie sind mir trotzdem unheimlich.

Friedrich weiß auch nur, was ihm erzählt wird und was er sich denkt. Auch er hat nie hinter ein Visier gesehen. Vielleicht haben die Übersetzer gar keine Gesichter. Vielleicht sind es Maschinen. Ich kann mir das nicht vorstellen. Ich kann mir alles vorstellen.

Wir lassen einander los, Alexander sieht Alexander, Else sieht Else, ich sehe Lola, Friedrich sieht Friedrich, Wilhelm sieht Wilhelm, die Choreografie ist so alt wie die Mauern, und die Übersetzer beginnen ihren Dienst.

Zuerst vibriert mein Ohrstück, ganz sanft, ein Kitzeln, dann höre ich die Stimme, leise, ein Flüstern: Sei gegrüßt, heilige Lola.

Mein Übersetzer heißt Martin. Mein Übersetzer nennt sich Martin. Ich nenne meinen Übersetzer Martin.

Ich müsste Martin berühren, um zu fühlen, was er ist. Mir wäre das nicht verboten. Das nützt aber nichts, denn andersherum ist es verboten, andersherum ist fast alles verboten, niemand darf uns zu nahe kommen, und sie weichen aus. Ich strecke

Sei gegrüßt, heilige Lola. Ich sehe dich.

Ich sehe mich in dir.

Ich höre dich.

Ich höre mich in dir.

Gesegnet bist du und voller Gnade.

Gesegnet seist auch du.

Lass mich aufgehen in deinem Herzen.

Willkommen.

Lass mich dein Gedanke sein.

Du bist mein Gedanke.

Lass mich dein Schatten sein.

Du bist mein Schatten.

Lass mich dein Spiegel sein.

Du bist mein Spiegel.

Dann verstummen wir, drehen uns um und führen die Vorhut in die Stadt, hinter uns die Übersetzer, hinter den Übersetzern die Dienstfertigen und danach, so wissen wir, folgen die Bautrupps.