Kapitel 5

This Show Sucks war eine Comedy-Show in Silver Lake, die Nathan, mein Ex-Freund aus dem College, ins Leben gerufen hatte. In Madison nahm mich Nathan immer in seinem Auto zu einem Open-Mic-Abend in einer Bar namens Blind Willie’s Hideaway mit. Dass ich anfing, ihn zu daten, ergab sich einfach, als er mir eines Nachts in seinem Auto die Hand auf den Oberschenkel legte und ich zu hungrig und müde war, um etwas dagegen zu tun. Ein paar Monate später, als ich die Energie hatte, etwas dagegen zu tun, beendete ich es.

Nathan hatte in L. A. schnell Erfolg gehabt und war jetzt auf Comedy Central der Host der ersten Staffel einer Sendung namens Assplainin’, einem Meme-basierten Scharade-Spiel im Internet. Er kam nie mehr zu This Show Sucks, aber er sorgte dafür, dass sie mich jede Woche buchten – auch wenn es offensichtlich war, dass ich nicht zu den üblichen Comedians auf der Liste passte.

Die anderen Comedians verströmten Moon Juice, Bio-Lippenstift und Kokain, während ich krebserregende Kosmetik verwendete und Coke Zero ausschwitzte. Sie trugen absichtlich hässliche Kleidung: Mom Jeans, Dad Sneakers, Serienkillerbrillen, neonfarbene Caps. Ich blieb bei meiner Uniform aus komplettem Schwarz, der Großteil von Saks Off 5th. Ich war eine alternative Jewish American Princess, sie waren einfach alternativ.

Das Publikum bestand hauptsächlich aus Touristen. Sie liebten es, wenn ich Scheiß erzählte wie: »Ich denke darüber nach, meine Eizellen in einer Kinderwunschklinik in Beverly Hills einfrieren zu lassen, damit wenigstens sie in 90210 wohnen.«

Aber wenn dreißig Leute lachten und drei nicht, waren diese drei ganz klar die wichtigeren. Ich wollte die Art von allgemeingültigen Pointen schreiben, die die Auswärtigen amüsierten und gleichzeitig den anderen Comedians einen bissigen Kern extravaganter Credibility signalisierten. Meine neueste Nummer handelte von Naturkatastrophen.

»Ist hier jemand von der Ostküste?«, fragte ich.

Ich erntete Jubel von der Menge und einen finsteren Blick vom Beleuchter.

»Warum wisst ihr mehr über unser Wetter als wir? Meine Mutter schickt mir aus New Jersey täglich SMS über meinen bevorstehenden Tod. ›Bei euch hat jetzt die Trockenzeit angefangen! Auf dem Weather Channel hieß es, jemand in Pasadena hat gerade eine Kerze angezündet! Pass auf dich auf!‹«

Der Teil mit der Mutter stimmte sogar irgendwie. Es war erst einen Tag her, seit ich mein mütterliches Detox angefangen hatte, ich erhielt nun in rascher Folge warnende Wettermeldungen:

Hab gerade auf Yahoo von den Santa-Anas gelesen! Bleib wachsam!!

Erdbeben in der Mojave-Wüste!!! 1,6 Hast du es gespürt??

Tsunamiwarnung in Kraft!! Schlaf NICHT am Strand!!!

Ich versuchte, dem Publikum eine Kurzfassung meines Lebens zu geben, gewürzt mit genug tapferem »Aber eigentlich ist es in Ordnung«, dass aus der zugrunde liegenden Verzweiflung, die mich zwang, mich überhaupt dort hinzustellen und Bestätigung von Fremden zu suchen, eine angenehme Erfahrung wurde – sogar eine richtig erfreuliche! Wenn sie über meine Beinahe-Wahrheiten lachten, spürte ich den Kitzel, irgendwie gesehen zu werden.

Meinen College-Abschluss habe ich in Schauspiel gemacht. Ich war im ersten Jahr an der University of Wisconsin, hielt feurige Reden über die darstellende Kunst als Mittel zu gesellschaftlicher Veränderung, inspiriert von einer Glückssträhne an der Highschool mit Rollen als Abigail Williams in Hexenjagd, Nora Helmer in Nora oder Ein Puppenheim und Sheila in Hair. Es war der Anbruch des Wassermann-Zeitalters, und ich würde die neue Ära einläuten.

Doch als mein erstes Jahr um war, hatte ich zwei Dinge gelernt: zum einen, dass ich nicht ganz so talentiert war, wie meine Schauspiellehrerin an der Highschool, Ms Dannenfelser, zu glauben schien. Und zum anderen, dass ich Theatermenschen hasste. Ich hasste es, wie sie jeden Konsonanten artikulierten, auch abseits der Bühne. Ich hasste ihre einstudierten, wohlüberlegten Bewegungen, die Vorstellung vom Ich als Handwerk, dem Körper als Werkzeug. In meinem dritten Studienjahr hing ich nur noch mit den Leuten von der Requisite herum. Mit Stand-up-Comedy bei Open-Mics in Blind Willie’s Hideaway begann ich, um mich von meinen toten Träumen abzulenken. Ich war gut in Comedy, zumindest fanden das die Stammkunden im Blind Willie’s. Nach der Kunstwelt des Theaters wollte ich etwas Echtes. Betrunkenes Gelächter fühlte sich echt an. Ich beschloss, dass ich nach der Uni nach Los Angeles ziehen und es weiterverfolgen würde.

Mein Leben in L. A. begann mit einem Job als Kellnerin in einem veganen Diner auf der La Brea Avenue, gefolgt von der Erkenntnis, dass ich eine fürchterliche Kellnerin war. Ich ließ mich zu leicht ablenken, dachte die ganze Zeit nur darüber nach, was die Gäste aßen: Seitan-Chorizo-Nachos, Avocado-Tostadas, Spinat-Artischocken-Dip. Ich hatte nicht die Energie, den ganzen Tag auf den Beinen zu sein. Manchmal, wenn keiner hinsah, stand ich da und fasste alles Essen an: streichelte ein Brötchen, liebkoste eine gefüllte Tomate, massierte eine warme Weizentortilla. Als jemandes übrig gelassenes Vürstchen den Weg in meinen Mund geschafft hatte, ging ich nach Hause und bewarb mich auf alle Schreibtischjobs, die ich online finden konnte.

Ich hatte ein Bewerbungsgespräch bei Ofer und heuchelte Begeisterung dafür, andere Künstler zu »unterstützen« – dieselben Schauspielertypen, vor denen ich im College geflohen war. Eigentlich wollte ich nur einen Stuhl für meinen Hintern, einen Zufluchtsort vor der Lawine veganer Donuts, die mich zu ersticken drohte.