In dem schwarzen Blazer, den Miriam mir geschenkt hatte, fühlte ich mich lässig-elegant. Ich ging zu Nordstrom und kaufte einen zweiten, auch schwarz, aber mit Nadelstreifen, und dazu passende Hosen für beide. Ich trug sie zur Arbeit mit einem tiefsitzenden Dutt, wie es vielleicht eine Minimalistin aus der Modebranche oder ein namedroppender Ästhet tun würde. Ich fand, die Anzüge verbargen auch, dass ich zugenommen hatte. Ich fühlte mich sexy und geschützt, als hätte ich mich zu einer mondäneren Form der Schönheit weiterentwickelt.
»Du bist anders angezogen«, sagte Ana.
Es war nicht die Teepause, aber wir waren uns in der Küche über den Weg gelaufen. Sie gab grünes Kräuterdressing über einen Salat, um ihn dann an ihren Schreibtisch mitzunehmen, und ich holte zwei übrig gebliebene Stücke Pizza aus dem Kühlschrank, um sie in der Mikrowelle aufzuwärmen.
»Ja«, sagte ich. »Ich experimentiere mit Powerklamotten.«
»Powerklamotten.« Sie lachte. »Was für eine Art von Power möchtest du denn haben? Willst du eine Hollywood-Playerin werden?«
Sie machte sich über mich lustig. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich nahm die Pizzastücke aus der Folie und steckte sie in die Mikrowelle, stellte sie auf fünfundsiebzig Sekunden ein.
»Oh, Pizza-Power«, sagte sie. »Pizza-Power-Klamotten.«
»Yep, Pizzapowerklamotten«, sagte ich, auch wenn ich keine Ahnung hatte, wovon zum Teufel sie sprach. Ich war mir nicht einmal sicher, ob sie es selbst wusste.
Ich beobachtete den Timer der Mikrowelle, wie er von siebenundsechzig auf dreiundsechzig Sekunden kroch. Am liebsten wollte ich ihn antreiben.
»Weißt du, Rachel«, sagte sie, während sie ihr Dressing in den Kühlschrank zurückstellte, »ich möchte nicht, dass das falsch bei dir ankommt. Aber ich habe bemerkt – na ja, ist alles in Ordnung?«
»Was hast du bemerkt?«, fragte ich.
»Ist nicht so wichtig.«
»Nein, sag es mir.«
»Ich habe bemerkt, dass du … ein bisschen zugenommen hast.«
Ich fühlte sofort, dass ihre Worte mich umbringen würden. So endete es also. Ich würde in der Teeküche eines Talentmanagementbüros sterben. Der Mikrowellen-Timer war bei vierundfünfzig Sekunden. Meine Pizza fing an, Blasen zu werfen.
»Alles gut«, sagte ich und starrte einen Pilz auf der blubbernden Pizza an.
Ich wollte unter dem Pilz verschwinden, mich einfach in den warmen Pizzakäse legen und den Pilz wie eine Decke über mich breiten.
»Isst du anders?«, fragte sie. »Es kommt mir so vor. Du gönnst dir mehr Snacks hier im Büro.«
Ich spürte, wie mir Tränen in die Augen stiegen. Der Timer war bei einundvierzig Sekunden.
»Findest du, dass ich schlecht aussehe?«, fragte ich.
»Nein, nicht schlecht«, sagte sie. »Aber ich habe es bemerkt.«
Ich konnte nicht fassen, dass es so weit mit mir gekommen war. Ich war wütend auf mich selbst. Ich war auch wütend auf Ana, weil sie sagte, was sie sagte. Aber am wütendsten war ich auf Miriam. Vom allerersten Bissen Frozen Yogurt mit den Streuseln an hatte sie mich auf dieses Terrain geleitet. Manchmal hatte ich mich auf dieser Reise mutig gefühlt, aber es war geliehener Mut. Jetzt waren wir hier, und keine von uns hatte einen Plan. Würde sie mich verlassen, mich in meinem Körper gestrandet zurücklassen? Ich wäre im Exil mit einem Magen, der mehr von allem verlangte.
Niemand verlässt hier niemanden, sagte ich zu mir.
Woher weißt du das?, antwortete ich.
»Danke, dass du es mir gesagt hast«, sagte ich zu Ana. »Ich weiß das zu schätzen.«
»Ich mache mir nur Sorgen um dich«, sagte sie.
Der Timer der Mikrowelle zählte zwei, dann eins, dann null. Sie piepste dreimal. Das Licht ging aus. Meine Pizza war fertig.