Kapitel 7

»Ist es zu fassen, wie gut es mir geht?«, fragte ich Dr. Mahjoub.

Es war Tag drei des Detox, und ich hielt mich immer noch gut, aber ich war zu einer zusätzlichen Bestärkungssitzung in ihre Praxis gekommen, als die Wettermeldungen meiner Mutter plötzlich eine düsterere Wendung nahmen. Jetzt erhielt ich Vorwürfe, ich sei eine undankbare Tochter in Form rhetorischer Fragen:

Wer hat dich zu den Baby-Schauspielkursen im Paper Mill Playhouse gebracht?

Wer war für dich da, als du die Éponine nicht bekommen hast??!

Wer hat gejubelt, als du an der Wisconsin angenommen wurdest??

Bin ich so ein schrecklicher Mensch!?!!

Sie schrieb mehrmals, dann hörte sie auf und wartete ein paar Stunden, dann schrieb sie wieder. Die stillen Zeiten waren die schwersten. Dann musste ich trauern. Ich schloss ein Auge und sah mein Handy an, stellte mir vor, wie es in der Mitte auseinanderbrach, so wie Leute, wenn sie Schiwe sitzen, ein Kleidungsstück zerreißen. Ich wollte nicht trauern. Ich wollte meinen Verlust nicht akzeptieren – nicht nur diesen Kommunikationsverlust, sondern den Verlust der Vorstellung, meine Mutter würde diejenige sein, die sich änderte. Ich fühlte mich dann wie eine Verliererin. Es bedeutete, ich hatte etwas gewollt und nicht bekommen, dass ich auf gewisse Art zurückgewiesen worden war. Es hieß, meine Bedürfnisse waren zu groß für diese Welt.

»Das ist ein guter erster Schritt«, sagte Dr. Mahjoub. »Aber wenn Sie es wirklich ernst damit meinen, sich von der Stimme Ihrer Mutter befreien zu wollen, müssen wir an Ihrem Essverhalten arbeiten.«

An den atmungsaktiven Baumwolltuniken, die sie trug, an den tief sitzenden, weit geschnittenen Öko-Leinenhosen konnte ich ablesen, dass Dr. Mahjoub eine Frau war, die aß, wenn sie hungrig war, und aufhörte, wenn sie satt war. Ab und zu entdeckte ich eine Packung Feigenkekse auf ihrem Schreibtisch. Sie war vermutlich eine, die gelegentlich eine schöne Birne ehrlich genoss.

»Warum kann ich nicht alles lassen, wie es ist?«, fragte ich.

»Sind Sie zufrieden damit, einfach nur zu überleben?«, fragte Dr. Mahjoub. »Oder wollen Sie gesund werden?«

Ich sah einen Pappmaché-Elefanten an, der mit erhobenem Rüssel auf ihrem Beistelltisch kniete, dann ein buntes Elefanten-Triptychon an der Wand. Sie hatte die Elefanten definitiv alle auf einmal gekauft.

»Mir geht es gut genug«, sagte ich.

Auf dem Weg aus der Praxis checkte ich wieder mein Handy. Keine neuen Nachrichten. Was würde passieren, wenn meine Mutter einfach in meiner Wohnung auftauchte? Rational betrachtet wusste ich, dass das unwahrscheinlich war. Sie hatte Todesangst vorm Fliegen und über zehn Jahre kein Flugzeug mehr betreten. Aber ich erwartete die ganze Nacht, dass sie sich materialisierte. In gewisser Weise wünschte ich mir sogar, sie würde einfach erscheinen.

Mir war klar, dass die Mutter, die ich mir wirklich wünschte, keine wäre, die einfach auftauchte. Das hatte ich von Dr. Mahjoub gelernt, die ich nie wiedersehen wollte. Ich fühlte mich gekränkt von Dr. Mahjoub, erschöpft von meiner Mutter. Ich wünschte mir, ich könnte aus dem Nichts eine Inkarnation einer Mutter heraufbeschwören, wie ich sie gern gehabt hätte. Dieses Wechselspiel von Hoffnung und Wirklichkeit gehörte auch zur Trauerarbeit.