Kapitel 74

Am Samstagabend ging ich zu Doughy’s und kaufte ein unglaubliches Festmahl: Bagels, Frischkäse, Fischsalat, geschnittene Tomaten, Mandeldragees, Minzschokolade. Es war ein milchiges Festmahl, wie es meine Großeltern früher nach Jom Kippur gemacht hatten, um das Fasten zu brechen, und ich wusste, Miriam würde es lieben. Ich mochte diese Echos der Vergangenheit, wie ein Essen eine Erinnerung von den Toten erwecken konnte. Als ich zu Fuß nach Hause ging, war es draußen noch hell. Dann wartete ich in meiner Wohnung, dass die Sonne unterging.

Um halb acht war der Himmel völlig dunkel, und Miriam war nicht da. Ich machte mir langsam Sorgen. Hatte sie es sich anders überlegt und wollte doch nicht kommen? Hatten ihre Eltern sie aufgehalten? In ihrer vorübergehenden Abwesenheit begann ich, eine dauerhaftere Abwesenheit zu fürchten. Ich konnte nichts tun, außer auf meinem Bett zu liegen und an die Decke zu starren. Es war seltsam, wie wir in meinen Gedanken so mühelos durch Raum und Zeit reisten, aber hier nicht einfach zusammen sein konnten. Meine Vision unserer Zukunft, die Diashow, die ich mir erlaubt hatte, verblasste langsam. Bald würde das einzige Licht in der Dunkelheit mein tickender Wecker sein.

Ich legte mein Kissen auf mich, um zu versuchen, sie heraufzubeschwören. Sie war Atem und Stöhnen und Hüften. Bis zu einem gewissen Punkt konnte ich das Gefühl ihres Atems nachstellen, indem ich auf meine eigene Hand atmete, ihr Stöhnen, indem ich in mein Kissen stöhnte, aber ihre Hüften konnte ich nicht imitieren: nicht mit meinem Kissen, nicht, indem ich meine eigenen Hüften berührte, von denen ich so sehr gefürchtet hatte, sie würden breiter werden, aber jetzt wurde mir klar, sie waren lange nicht breit genug.

Ich dachte an die Geschichte über die Bäume, über die Frau, die ihre Familie den Nadelbäumen vorzog. Aber ich hatte Miriams gesegnete Lust auf mich so deutlich gespürt. Ich schaute aus dem Fenster und sah eine Bewegung auf dem Grasstreifen in der Dunkelheit. Es war nur eine Frau mit ihrem Hund. Miriam würde jede Minute hier sein.

Um Viertel nach neun stand ich auf und machte mir selbst einen Bagel mit Frischkäse. Um zweiundzwanzig Uhr acht aß ich noch einen. Um elf deckte ich den riesigen Block Frischkäse mit einem Stück Frischhaltefolie ab und legte ihn in den Kühlschrank. Ich schloss die Kühlschranktür und erinnerte mich, wie ich als kleines Mädchen meine Mutter fragte, ob ich Zucker und Frischkäse zusammen auf einem Löffel probieren dürfe.

Sie sagte, ich könne es in ein paar Wochen probieren, falls das Wiegen beim jährlichen Kinderarzttermin gut verlaufe. Aber ich wollte es unbedingt sofort probieren, also schlich ich mich in die Speisekammer und zum Kühlschrank, während sie in der Dusche war, und machte mir selbst einen Löffel. Es war wie ein kleiner, wunderschöner, körniger Käsekuchen. Ich konnte es kaum erwarten, bis ich groß war und eine eigene Wohnung hatte, ganz für mich allein, damit ich Frischkäse mit Zucker essen konnte, wann immer ich wollte.

Ein paar Tage später bemerkte meine Mutter Zuckerkrümel in der Frischkäsepackung. Ihr entging nichts.

»Muss ich ein Schloss an den Vorratsschrank und an den Kühlschrank machen?«, fragte sie.

Aber jetzt hatte ich eine eigene Wohnung und konnte tun, was ich wollte. Ich holte den Frischkäse wieder aus dem Kühlschrank und riss die Folie ab. Dann durchsuchte ich die Küchenschränke nach Zucker. Ich hatte keinen, aber ich hatte Süßstoffpäckchen.

Ich kniete mich mit dem Frischkäse auf den Küchenboden und leerte ein paar Päckchen Süßstoff auf den großen Brocken. Mit den Fingern grub ich Batzen davon ab. Ich dachte kurz daran, die Batzen in Form zu kneten, wie die Knetmasse in Dr. Mahjoubs Praxis. Konnte ich eine Frau aus Frischkäse formen, ein Gebet sprechen, und sie würde vor mir erscheinen? Konnte ich Miriam aus Milchprodukten heraufbeschwören? Ich dachte daran, »Etz Chayim« zu singen. Stattdessen sagte ich laut »Amen« und steckte die Brocken in den Mund, einen nach dem anderen, als nähme ich die Oblate an – nur jüdisch. Miriam kam nicht. Es war vorbei zwischen uns. Ich blieb auf den Knien. Ich war allein, fühlte mich aber trotzdem beobachtet.