PELAGIA (nach dem Frühstück im Klohäuschen sitzend): Es ist so nett, dass der Erbauer dieses Örtchens oben in der Tür einen Schlitz frei gelassen hat. Ich könnte stundenlang hier sitzen und die Wolken über die Bergspitze ziehen sehen. Woher die wohl kommen? Ich meine, ich weiß ja, dass es Wasserdampf ist, aber sie scheinen sich urplötzlich aus dem Nichts zu bilden. Es ist so, als hätte jedes Tröpfchen ein Geheimnis mit seinem Bruder zu teilen, und so steigen sie vom Meer hoch, drängen sich zusammen und treiben in der Brise. Die Wolken ändern die Form, wenn die Tröpfchen von einem Vertrauten zum anderen eilen und miteinander flüstern. Sie sagen: »Ich kann Pelagia dort unten sehen, wie sie auf dem Klo sitzt, und sie weiß nicht mal, dass wir über sie reden.« Sie sagen: »Ich habe Pelagia und Mandras einander küssen sehen. Was wird bloß aus denen? Sie würde rot werden, wenn sie’s wüsste.« Oh, ich werde rot. Ich bin dumm. Aber warum ziehen die Wolken langsamer als der Wind, der sie antreibt? Und warum bläst manchmal der Wind in die eine Richtung, und die Wolken ziehen in eine andere? Hat Papakis recht, wenn er sagt, dass es verschiedene Windschichten gibt, oder können die Wolken irgendwie in die Gegenrichtung ziehen? Ich muss noch mehr Lappen zuschneiden, ich hab diese Schmerzen im Bauch und im Rücken, und es ist wieder fällig. Gestern Nacht hab ich den Neumond gesehen, und das heißt, bei mir ist es wieder so weit. Tantchen sagt, das einzig Gute an einer Schwangerschaft ist, dass einen das Bluten nicht mehr stört. Arme kleine Chrysoula, armes kleines Mädchen. Dass sie sich so was Schreckliches angetan hat. Papas kommt spät in der Nacht zitternd vor Wut und Kummer heim, und alles bloß, weil Chrysoula vierzehn Jahre alt geworden ist und niemand ihr je gesagt hat, dass sie eines Tages bluten wird, und dann ist sie so entsetzt, dass sie meint, sie hat eine ekelhafte geheime Krankheit, von der sie niemand was sagen kann, und nimmt Rattengift. Und Papas ist so erbost, dass er Chrysoulas Mutter am Genick packt und sie so schüttelt wie ein Hund ein Kaninchen, und Chrysoulas Vater geht einfach mit den Jungs weg wie üblich und kommt besoffen heim, als wäre nichts passiert, und unter Chrysoulas Bett ist ein Bündel Seiten so dick wie eine Bibel, alle voll mit Gebeten an St. Gerasimos, der sie heilen soll, und die Gebete sind so traurig und verzweifelt, dass sie einen zum Weinen bringen. Also, ich kann nicht den ganzen Tag hier sitzen und an Wolken und Monatsblutungen denken, es wird sowieso allmählich zu heiß, und bald wird es zu stinken anfangen. Ich werde bloß noch ein bisschen dableiben, weil Papas die nächsten zehn Minuten noch nicht vom Frühstück zurückkommen wird und es drauf ankommt, beschäftigt zu tun, wenn er aufkreuzt. Wahrscheinlich haben sie den Schlitz oben in der Tür lassen müssen, weil es hier drinnen sonst völlig finster wäre.
MANDRAS (seine Netze ins Boot ladend): St. Peter und St. Andreas, gewährt mir einen guten Fang. Das wird wieder ein glühend heißer Tag, das weiß ich einfach, und ich weiß auch, dass alle Fische sich wieder zwischen den Felsen verstecken und auf den Grund gehen werden. Gott hätte ihnen uns armen Fischern zuliebe Sonnenbrillen verpassen sollen.
Lass mich eine Brasse für meine Mutter fangen und einen Zackenbarsch und einen schönen großen Tintenfisch, den meine Mutter in Ringe schneiden und kochen kann, sodass ich sie morgen kalt mit Thymian und Öl auf einer dicken Scheibe Weißbrot essen kann. Ich sollte dienstags nicht ausfahren, dienstags hab ich nie Glück, aber der Mensch muss leben, und vielleicht ist unter den unzähligen Lächeln der Wellen eins für mich. Das hab ich vom Doktor gelernt: »Die unzähligen Lächeln der Wellen«, eine Zeile von Aischylos, der offenbar nie im Winter am Meer gewesen ist. Unzählige ins Boot schlagende Wellen und endlose Kälte, das passt eher. Aber heute ist ein schöner Tag, so schön wie Pelagia, und wenn ich eine Leine auf den Grund hinunterlasse, erwische ich wahrscheinlich einen Plattfisch, und wenn Salzwasser an meine Schnitte im Hintern kommt, wird es höllisch brennen.
PELAGIA (beim Wasserholen am Brunnen): Papakis sagt, dass Mandras für den Rest seines Lebens Terrakottaflecken im Hinterteil haben wird, die aussehen, als hätte ihn jemand mit rotem Pfeffer bestreut. Ich mag seinen Po, Gott vergib mir, obwohl ich ihn nie gesehen habe. Ich weiß einfach, dass ich ihn mag. Dass ich ihn mögen würde. Er ist sehr klein. Wenn Mandras sich bückt, kann ich sehen, dass sein Allerwertester den beiden Hälften einer Melone gleicht. Ich meine, die Wölbung entspricht genau Gottes ursprünglichem Entwurf für die Frucht. Wenn er mich küsst, möchte ich hinlangen und eine Gesäßbacke in jede Hand nehmen. Ich hab das nie gemacht. Würde ich auch nicht. Was würde er sagen, wenn ich’s doch täte? Ich hab so liederliche Gedanken. Gott sei Dank kann niemand in meinen Gedanken lesen; sie würden mich einsperren, und die alten Weiber würden mich mit Steinen bewerfen und mich eine Hure nennen. Wenn ich an Mandras denke, sehe ich sein grinsendes Gesicht vor mir, und dann sehe ich ihn, wie er sich bückt. Manchmal frage ich mich, ob ich noch normal bin, aber andererseits, was die Frauen unter sich alles sagen, wenn die Männer in der Kapheneia sind. Wenn die Männer bloß wüssten, die wären schockiert! Jede Frau im Dorf weiß, dass Kokolios’ Penis krumm wie eine Banane ist und dass der Priester Ausschlag am Skrotum hat, und das wissen die Männer alle nicht. Sie haben keinen blassen Schimmer, worüber wir reden, sie denken, wir reden über Kochen und Babys und Flicken. Und wenn wir eine Kartoffel finden, die wie das Gemächt eines Mannes aussieht, lassen wir sie herumgehen und lachen darüber. Ich wünschte mir, es gäbe eine Vorrichtung, Wasser ins Haus zu schaffen, ohne es tragen zu müssen. Jeder neue Krug ist schwerer als der letzte, und ich werd immer nass. Es heißt, die Normannen hätten die Brunnen vergiftet, indem sie Leichen hineinwarfen, und die Leute hatten keine andere Wahl, als am Durst oder am verdorbenen Wasser zu sterben. Es ist ein Wunder, eine Insel ohne Bäche oder Flüsse, aber noch im August mit sauberem Grundwasser gesegnet. Wenn ich im Haus bin, werde ich mich erst mal ausruhen; ich hasse das pappige, prickelnde Gefühl im Nacken, wenn ich zu schwitzen anfange. Ich möchte bloß einmal wissen, warum Gott es im Sommer zu heiß und im Winter zu kalt gemacht hat. Und wo steht geschrieben, dass Frauen das Wasser tragen müssen, wenn die Männer viel stärker sind? Wenn Mandras mich bittet, ihn zu heiraten, werd ich sagen: »Nur wenn du das Wasserholen übernimmst.« Er wird mir sagen: »In Ordnung, wenn du für mich fischst«, dann werd ich nicht mehr weiterwissen. Wir brauchen einen Erfinder, der uns eine Pumpe installiert, die das Wasser ins Haus schafft. Ich könnte Papas erwürgen. Was hat er sich bloß dabei gedacht, als er Mandras gesagt hat, ich würde keine Mitgift bekommen? Wer heiratet schon ohne? Papas sagt, es sei barbarisch, und in den zivilisierten Ländern, die er kennt, mache das kein Mensch, und die Leute sollten aus Liebe heiraten wie er, und es sei unanständig, dies zu einem Handel zu machen, und es bedeutet, eine Frau tauge erst zum Heiraten, wenn sie Besitztümer auf dem Rücken trägt. Dann werde ich also eines Tages einen Ausländer heiraten müssen, wenn er bei seiner Meinung bleibt. Ich hab ihm gesagt: »Papakis, wenn du es recht bedenkst, ist es doch blöd, bei heißem Wetter Kleider zu tragen. Willst du, dass ich die einzige Frau in Griechenland bin, die im Sommer ohne Kleider rumläuft?« Er hat mich auf die Stirn geküsst und gesagt: »Für meine Tochter bist du fast schon zu schlau«, und weg war er. Ich hab gute Lust, nackt zu sein, wenn er heimkommt, aber ehrlich. Es geht doch nicht, sich gegen die Bräuche zu stellen, das geht einfach nicht, selbst wenn der Brauch dumm ist, und was wird die Familie von Mandras sagen? Wie soll ich die Schande ertragen? Ich hab bloß eine Ziege. Soll ich denn mit nichts als einer Ziege und einem Sack Kleider ins Haus seines Vaters gehen? Und wer sagt, dass sie meine Ziege überhaupt nehmen? Also, ich gehe auf keinen Fall, wenn ich die Ziege nicht mitnehmen kann, Punktum. Wer pustet ihr sonst in die Nase und streichelt sie hinter den Ohren? Papakis jedenfalls nicht. Und ich wünschte, Papas würde aufhören, auf die Kräuter zu pinkeln. Es schaudert mich jedes Mal, wenn ich welche abschneiden muss. Vielleicht sollte ich woanders welche hinpflanzen, heimlich, und nur die verwenden. Ich kann doch nicht dauernd zu den Nachbarn betteln gehen, wenn sie ganz genau sehen, dass wir genug davon im Garten haben, und ich kann ihnen doch nicht sagen, dass ich unsre nicht verwenden kann, weil da Urin drauf ist. O Gott, o Gott. Ich hätt’s wissen müssen. Warum hab ich mir keinen Lappen eingelegt, bevor ich den Krug in die Hand genommen hab? Ich bin doch dumm, und jetzt kommt das Blut. Igitt, es ist alles heiß und klebrig. Ich denke, ich werde den Krug erst später holen. Da haben wir’s, wieder fünf Tage watscheln wie eine Ente.
MANDRAS (singt beim Verlassen des Hafens):
Kommt ihr Delphine, kommt mit dem Wind
und zeigt mir jetzt, wo die Fische sind,
und sind dann große Fische dabei,
dann gebe ich euch einen frei.
Und fang ich lauter Tanggewedel,
gibt’s einen Schmuckreif für mein Mädel,
und fang ich eine nasse Maus,
dann fresst ihr meiner Oma Haus,
doch fang ich einen Korb voll Schollen,
dürft ihr in Perlenkleidern tollen.
Keine Mitgift. Gott weiß, dass ich sie liebe, aber was werden die andern sagen? Sie werden sagen, dass Doktor Iannis mich nicht für gut genug hält, das ist es. Dauernd nennt er mich einen Narren und Idioten und meint, ich hätte zu viel Kefi, um ein guter Ehemann zu sein. Na ja, ich bin schon ein Narr. Ein Mann wird immer närrisch, wenn’s um Frauen geht, das weiß jeder. Und ich weiß, dass der Doktor mich mag, denn er fragt mich ständig, wann ich ihn um die Erlaubnis bitten werde, Pelagia zu heiraten, und drückt beide Augen zu, wenn ich mich mit ihr unterhalte. Das Schlimme ist, dass ich nicht ich selbst bin, wenn ich bei ihr bin. Ich meine, ich bin ja ein ernsthafter Mensch. Ich denke nach. Ich beschäftige mich mit Politik, und ich weiß einen Royalisten von einem Venizelisten zu unterscheiden. Ich bin ernsthaft, weil ich nicht nur an mich selbst denke; ich will die Welt verbessern, ich will mitmischen. Aber wenn ich bei Pelagia bin, ist es so, als wär ich wieder zwölf; das eine Mal bin ich Tarzan im Olivenbaum, und das nächste Mal tu ich so, als würd ich mit der Ziege ringen. Ich produziere mich, das ist es doch, aber was soll ich denn machen? Ich kann mir nicht vorstellen, wie ich zu Pelagia sage: »Komm, Pelagia, wir reden mal über Politik.« Frauen interessiert so was nicht, die wollen unterhalten werden. Ich hab mit ihr nie darüber gesprochen, wie ich die Welt sehe. Vielleicht hält sie mich auch für einen Narren. Ich hab nicht ihr Niveau, das weiß ich. Der Doktor hat ihr Italienisch und ein bisschen Englisch beigebracht, und ihr Haus ist größer als unseres, aber ich bin nicht minderwertig. Zumindest meine ich nicht, dass ich minderwertig bin. Sie sind keine typische Familie, das ist alles. Unkonventionell. Der Doktor redet immer frisch von der Leber weg. Oft weiß ich nicht, wie ich bei ihm dran bin. Es wäre einfacher gewesen, mich in Despina oder Polyxeni zu verlieben. Vielleicht wär ich weltläufiger, wenn ich auch mehr rumgekommen wäre. Ich meine, der Doktor ist um die ganze Welt gesegelt, er ist sogar in Amerika gewesen. Und wo bin ich gewesen? Was kenne ich? Ich bin auf Ithaka, Zakinthos und Leukas gewesen. Tolle Sache. Ich hab keine Geschichten und Andenken. Ich hab noch nie französischen Wein probiert. Er sagt, dass es in Irland jeden Tag regnet und dass es in Chile eine Wüste gibt, wo es überhaupt noch nie geregnet hat. Ich liebe Pelagia, aber ich weiß, dass ich erst ein Mann sein werde, wenn ich etwas Wichtiges getan habe, etwas Großes, etwas, womit ich leben kann, etwas, wofür ich geachtet werde. Deshalb hoffe ich, dass es Krieg gibt. Ich will kein Blutvergießen und keinen Ruhm, ich möchte etwas gut beherrschen. Ein Mann ist erst ein Mann, wenn er Soldat gewesen ist. Ich kann in meiner Uniform zurückkommen, und dann wird keiner mehr sagen: »Mandras ist ganz nett, aber an ihm ist nicht viel dran.« Dann werd ich einer Mitgift wert sein. Ah, Delphine. Etwas Ruder geben, den Klüver umlegen. Nein, nein, kommt nicht her, ich komm zu euch. Hoffentlich habt ihr nicht bloß gespielt. Ah, ich glaube, es sind der Delphin Kosmas, der Delphin Nionios und das Delfinweib Krystal. Kalimera, meine lächelnden Freunde. Aus dem Weg, ich spul das Netz ab, und holt euch diesmal nicht zu viele Fische aus den Maschen. Ach, was soll’s, mir ist zu heiß, ich komm ins Wasser. Ausziehen, Anker werfen. Achtung, Delphine, ich komme. Mein Gott, ist das herrlich. Gibt es etwas Schöneres als Meerwasser am erhitzten Unterleib? Etwas Tolleres, als mit der einen Hand an der Flosse eines Delphins dahinzujagen? Schwimm, Krystal, schwimm. Scheiße, das sticht.
PELAGIA (bei der Siesta): Es ist viel zu heiß. Da ist jemand an der Tür. Wer ist das? Mandras? Nein, sei nicht blöd, du kannst niemand herbeizaubern, bloß indem du an ihn denkst. Es heißt aber, auch Lebende haben einen Geist. Ach, du bist’s, Psipsina. Ach nein, ach nein! Warum können wir nicht einen Hund haben wie alle anderen? Oder wenigstens eine Katze? Nein, wir müssen einen verrückten Marder haben, der keine Mittagsruhe hält. Geh weg. Wie groß willst du denn noch werden? Mit einer halben Tonne auf der Brust kann ich nicht schlafen. Bleib ruhig. Mmh, warum riechst du immer so süß, Psipsina? Hast du wieder Eier und Beeren gestohlen? Warum kannst du nicht selber Mäuse fangen? Ich bin es leid, Mäusehackfleisch zu machen. Warum kannst du nicht den Boden benutzen wie alle? Was ist denn so schön daran, im Zimmer herumzufliegen, ohne den Boden zu berühren? Mmh, wie süß du bist; ich bin froh, dass Lemoni dich gefunden hat, wirklich. Ich wünschte, du wärst Mandras. Ich möchte Mandras auf mir liegen haben. Herrgott, ist das heiß. Wie kannst du es in deinem Pelzmantel aushalten, Psipsina? Ich wünschte, du wärst Mandras. Was er wohl jetzt macht? Lässt sich wahrscheinlich den Seewind um die Nase wehen. Ich wüsste gern, wie es seinem Hinterteil geht. Papakis hat gesagt, es sei ein ganz herrlicher Po. Voller Terrakotta. »Der Arsch einer klassischen Statue, ein sehr schöner Arsch«, hat er gesagt. Wenn ich die Augen zumache, die Arme aufhalte und zu St. Gerasimos bete, dann habe ich vielleicht, wenn ich sie wieder aufschlage, Mandras statt Psipsina auf der Brust. Kein Glück, Psipsina. Er ist so schön. Und er ist so witzig. Ich hab mir den Bauch halten müssen vor Lachen, bevor er vom Baum gefallen ist. Da hab ich gewusst, dass ich ihn liebe; es war die Angst, die ich ausgestanden hab, als er auf den Topf gefallen ist. Ich werde Psipsina so in den Arm nehmen, als wäre sie er; vielleicht spürt er es. Hoffentlich hast du keine Flöhe. Ich möchte keine roten Punkte am Arm haben. Gestern hat es mich an der Ferse gejuckt, und ich hab schon gedacht, du bist schuld daran, Psipsina, aber ich glaub, ich hab mich an einem Dorn geritzt. Wann wird er fragen, ob ich ihn heirate? Er sagt, seine Mutter ist nicht besonders schön. Wie kann er das nur von seiner Mutter sagen? Ich wünschte, ich könnte mich an Mitera erinnern. Arme Mitera. Ist als Blut hustendes Skelett gestorben. Auf dem Foto sieht sie hübsch aus, so jung und zufrieden, und an der Art, wie sie ihm die Hand auf die Schulter legt, kann ich sehen, dass sie ihn geliebt hat. Wenn sie noch lebte, würde ich wissen, wie ich es mit Mandras anstellen soll, sie würde Papakis die Flausen wegen der Mitgift schon austreiben. Mandras scheint es nichts auszumachen. Er ist kein ernsthafter Kerl, das lässt mich zweifeln. Er ist so witzig, aber ich kann mit ihm über nichts reden. Es muss doch möglich sein, mit dem eigenen Mann Sachen zu besprechen, oder? Bei ihm ist alles ein Witz. Er ist geistreich, und das ist hoffentlich ein Zeichen, dass er nicht dumm ist. Doch wenn ich sage: »Wird es Krieg geben?«, grinst er bloß und meint: »Wen kümmert’s? Krieg ich einen Kuss?« Ich möchte nicht, dass Krieg ist. Lass keinen Krieg ausbrechen. Mandras soll mit einem Fisch in der Hand im Hofeingang stehen. Mandras soll jeden Tag mit einem Fisch da sein. Ehrlich gesagt, mir hängt der Fisch schon etwas zum Hals raus. Hast du’s schon gemerkt, Psipsina? Jedes Mal, wenn er Fisch bringt, landet ein bisschen mehr in deiner Schüssel.
MANDRAS (Netze flickend im Hafen): Gestern ist Britisch-Somaliland an die Italiener gefallen. Wie lang wird es dauern, bis sie uns von Albanien aus angreifen? Da standen, scheint’s, Panzer gegen Kamele. Ich fühle mich so nutzlos und unbedeutend hier auf der Insel. Jetzt sind Männer gefragt. Arsenios hat für mich einen Brief an den König geschrieben, dass ich mich freiwillig melden will, und ich hab einen Brief aus dem Büro von Metaxas erhalten, dass ich einberufen werde, wenn sie mich brauchen. Heute Abend werde ich ihn noch einen Brief schreiben lassen, dass ich sofort einberufen werden will. Wie werd ich es Pelagia beibringen? Eines weiß ich, ich werd sie vor meinem Abschied fragen, ob sie mich heiraten will, Mitgift hin oder her. Ich werd ihren Vater um seine Einwilligung bitten, und dann werd ich vor ihr auf die Knie fallen und sie fragen. Ohne Witz. Ich werd ihr klarmachen, dass ich, wenn ich Griechenland verteidige, sie und alle Frauen wie sie verteidige. Es geht um die Rettung der Nation. Jeder hat die Pflicht, sein Äußerstes zu tun. Und wenn ich sterbe, was sehr schade wär, werd ich nicht umsonst gestorben sein. Ich werd mit dem Namen Pelagias und dem Namen Griechenlands zugleich auf den Lippen sterben, denn es handelt sich ums Gleiche, um dieselbe heilige Sache. Und wenn ich’s überlebe, werde ich den Rest meines Lebens mit stolz erhobenem Haupt herumstolzieren, und ich werd zu meinen Delphinen und meinen Netzen zurückkehren, und alle werden sagen: »Das ist Mandras, der im Krieg gekämpft hat. Leuten wie ihm haben wir alles zu verdanken.« Und weder Pelagia noch ihr Vater werden mich anschauen und mich einen Narren und Idioten nennen können, und ich werd mehr als bloß ein Fische fangender Niemand mit Terrakottasplittern im Arsch sein.
PELAGIA (Kleftiko vom Gemeindeofen holend): Wo ist Mandras? Normalerweise ist er um diese Zeit schon hier. Ich will, dass er kommt. Ich kann kaum atmen, so sehr will ich, dass er kommt. Meine Hände zittern schon wieder. Ich sollte mir lieber dieses dumme Lächeln aus dem Gesicht wischen, sonst hält mich jeder für übergeschnappt. Komm, Mandras, bitte komm, ich werde meinen Fisch auch nicht wieder Psipsina geben. Bloß die Innereien, den Schwanz und den Kopf. Bleib zum Abendessen und streichle mir mit dem Fuß übers Schienbein, Mandras. Ist Psipsina nicht groß genug, um ihre Mäuse selber zu Hackfleisch zu verarbeiten? Ich bin so blöd, mach Dinge nur aus Gewohnheit, ohne dass sie notwendig sind. Bleib zum Abendessen.