Entwicklungen

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Ich habe eine unaussprechliche Wut im Bauch. Antonio meint zu mir: »Carlo, beruhige dich, wir müssen schlau sein, weil Wut sinnlos ist, kapiert?« Aber ich bin es leid, der Spielball von Irren, Trotteln, Narren und Idioten zu sein, die noch immer denken, sie wären im Großen Krieg, als alles in geordneten Schlachtreihen ablief und es selbst unter Feinden ehrenhaft zuging.

Es ist nicht zu glauben. Die Deutschen fliegen immer mehr Verstärkung ein, der Himmel ist voller Junkers, und Oberst Barge ist zu Gandin gegangen und hat gemäß den Befehlen von Supergrecia die Kapitulation verlangt, doch Gandin tut absolut nichts, außer seine Kapläne und hohen Offiziere zu konsultieren. Ist nicht er der General? Muss er nicht entscheiden und rasch handeln? Wie kann er sich anmaßen, über mein Schicksal zu bestimmen? Wo ich doch in Albanien monatelang eisige Qualen ausgestanden habe, wo ich doch den Körper eines Mannes gehalten habe, den ich liebte und der in meinen Armen starb, als wir in einem Graben voller Ratten und gefrierendem Matsch lagen. Hört Gandin nicht Radio? Ist er der Einzige, der nicht weiß, dass die Deutschen in Italien plündern und morden? Weiß er nicht, dass sie erst vor ein oder zwei Tagen einhundert Leute in ein Zimmer gepfercht und mit Landminen in die Luft gejagt und in Aversa für einen toten Deutschen achtzig Polizisten und zwanzig Zivilisten

Ich bin außer mir vor Wut. Die Kommandanten haben bis auf zwei alle der Kapitulation zugestimmt. Wir sind zehntausend, und sie sind nur drei. Was ist das für ein Wahnsinn? Hat uns die Regierung nicht befohlen, die Deutschen zu ergreifen und zu entwaffnen? Warum will er den Faschisten gehorchen, deren Partei abgeschafft worden ist, und den Willen des Ministerpräsidenten und des Königs missachten?