Ein Blitz. Es fühlte sich an wie ein Blitz, der direkt vor ihr einschlug und ihr den Boden unter den Füßen wegriss. Ellie hatte nie etwas Vergleichbares erlebt, und sie schüttelte sich in ekstatischem Lachen. Gerade noch hatte sie sich schreckliche Sorgen gemacht – um Lottie, weil sie sie in dieses Chaos hineingezogen hatte, um Jamie, der ganz auf sich allein gestellt war –, doch jetzt bebte sie vor freudiger Erregung, während sie durch die Nacht flog und die Neonlichter um sie herum Kometenschweife bekamen.

»Ich bin frei!«, brüllte sie, aber das Dröhnen des Motors unter ihr verschluckte ihre Worte.

Und es stimmte auch nicht ganz. Dicht hinter ihnen waren zwei schmale, tiefergelegte Autos, glänzendschwarz wie Tinte, die immer näher kroch. Sie glitten um jede Ecke, zischten jede Straße entlang, blieben ihnen dicht auf den Fersen und kamen doch nie nah genug.

Die Pinke Dämonin fuhr mit quietschenden Reifen eine ratternde, brutale Kurve in eine schmale Gasse. Mit ihrer lederbehandschuhten Hand gab sie ein Signal, und die Gruppe teilte sich, die lila Fahrerin folgte ihr, der Rest donnerte weiter die Hauptstraße entlang.

Wer waren sie? Warum halfen sie ihnen? Ellie konnte es

»Wer bist du?«, rief sie, doch die mysteriöse Fahrerin hob nur die Hand.

Leuchtende Schilder wirbelten in kaleidoskopartigen Mustern über ihre Köpfe, kaugummibunte Schriftzeichen, die aufleuchteten und wieder verloschen. Es sah aus wie ein Garten voller Lichtpflanzen, die aus den Gebäuden herauswuchsen und ihre neongrellen Ranken um die Stadt schlangen. Menschen schrien auf, wenn sie an ihnen vorbeijagten, und Kameras blitzten. Ellie lockerte ihr Gewand und zog es bis an die Nasenspitze, um ihr Gesicht zu verbergen.

Sie waren kaum um die nächste Ecke gebogen, als ihr dunkler Schatten auch schon hinterherkam, doch es war nur noch einer. Die beiden Wagen hatten sich ebenfalls getrennt. Auf ein weiteres Zeichen der Dämonin trennten sich die Motorräder wieder und machten eine abrupte Kehrtwende. Ellie merkte erst, dass sie schrie, als das Geräusch sich in manisches Lachen wandelte. Die Fahrzeuge kamen nun geradewegs auf sie zu und rasten die Straße entlang, um ihnen auszuweichen. Gerade als Ellie dachte, dass sie das schwarze Auto hinter sich lassen und zurück zu den anderen Motorrädern fahren würden, wendeten sie erneut und fingen ihren Verfolger ab. Das schwarze Auto steckte zwischen ihnen, ein Motorrad auf jeder Seite, und Ellie konnte Julius durchs Fenster sehen, sein einzelnes wütendes Auge brannte vor Zorn. Er war so nah, dass sie ihn mit ausgestrecktem Arm hätte berühren können, wenn das Fenster offen gewesen wäre. Er grinste siegesgewiss und riss das Lenkrad herum,

Noch hatten sie nicht gewonnen. Julius fing sich bereits wieder. Aber es war zu spät – die Motorräder bogen in eine enge Gasse, die eindeutig zu schmal für seinen Wagen war. Mehrere Fußgänger sprangen aus dem Weg und pressten sich an die Hauswände. Doch sie hatten nichts zu befürchten, die Pinke Dämonin und ihre lila Mitstreiterin hinterließen nicht den kleinsten Kratzer, weder an den Menschen noch an den Gebäuden.

»Anastasia!«, schrie Ellie, als die Motorräder sich wieder zusammenschlossen. »Alles klar bei dir?«

Anastasia drehte sich mit kreidebleichem Gesicht und panischem Blick zu ihr um.

»Au secours! HOL MICH HIER RUNTER!«, kreischte sie, die Arme fest um die Fahrerin geschlungen. Ellie war sicher, die Fahrerin lachen zu hören, bevor sie mit heulendem Motor zurück auf die Hauptstraße düsten und Anastasia wegen der plötzlichen Beschleunigung erneut loskreischte.

Gerade als aus der Ferne Sirenen durch die Nacht heulten, stießen sie zu den anderen. Sie bogen in eine ruhige, dunkle

Sie fuhren hinein, und die Motorräder hielten an. Die summenden Maschinen ließen den Boden unter ihnen vibrieren.

»Dieu merci!«, jaulte Anastasia und stieg wacklig ab. »Ich steige nie, nie wieder auf ein Motorrad!«

»Wo sind wir?«, fragte Saskia und lief zu Anastasia, während das Tor wieder an seinen Platz glitt.

Die Letzte, die abstieg, war Lottie. Ihr Gesicht war feucht und zerknautscht, und sie hatte rote Wangen und Augen.

»Wir müssen zu Jamie«, rief sie. »Wir müssen ihn finden!« Sie klammerte sich an Ellie, die sie in den Arm nahm.

Aus der Nähe war die Vier in dem Kreis an der Seite jedes Motorrads gut zu erkennen. Ellies Herz hämmerte. Ein erwartungsvolles Feuer brannte in ihrer Brust.

Sie richtete den Blick auf die Pinke Dämonin, deren behandschuhte Hände nach oben griffen.

Der schimmernde pinkfarbene Helm hob sich, und seidige schwarze Haare ergossen sich über den Motorradanzug. Weiße Haut und weiche rosa Lippen, fein wie ein Schmetterling und scharf wie ein Schwert.

Es dauerte einen Moment, bis Ellies Gehirn begriffen

Sayuri Chiba klemmte ihren Helm zwischen Arm und Torso, ein Bein gegen den leuchtend pinken Stahl ihrer Maschine gestützt, und es war offensichtlich, dass sie schon hunderte Male so dagestanden hatte. Der Motor schnurrte, als wartete er nur darauf, dass Sayuri wieder aufstieg und durch die funkelnde nächtliche Stadt fuhr.

»Ich dachte«, sagte sie mit einem lässigen Grinsen, »ihr könntet eine Mitfahrgelegenheit brauchen.«