Es war ein unmenschlich heißer Sommertag in St Ives, und Touristenmassen hatten die Straßen in Beschlag genommen, um überteuertes Eis zu schlecken und ihre Haut in der Hitze brutzeln zu lassen. Es war schon in der Nebensaison schwer genug, sich etwas auszudenken, was man hier anstellen konnte, aber sobald die Sommerferien heranrollten, wurde Ollie Moreno praktisch zu einem Gefangenen in seinem eigenen Zuhause.

Seine Freunde hatten alle das Glück, vernunftbegabte Eltern zu besitzen, die den Ort schnellstmöglich verließen und ihr Heim als Ferienwohnung vermieteten, um der alljährlich wiederkehrenden Heimsuchung durch die Touristen wenigstens einen finanziellen Nutzen abzugewinnen. Aber nicht Ollies Mutter. O nein. Manuela Moreno musste auf die Galerie aufpassen und diesen Touristen meine Arbeiten schmackhaft machen. Künstler und ihr Ego.

Ihm war schon klar, dass es nicht besonders klug war, auf seinem weißbezogenen Bett herumzuliegen, wo ihn durch die Vorhänge kaum Tageslicht erreichte, aber ihm fehlte jeglicher Antrieb, irgendetwas anderes zu tun. Er war niedergeschlagen. Er wusste, dass es idiotisch war, aber er konnte nichts dagegen machen.

Er wünschte, es wäre nur Traurigkeit, die ihn so runterzog, aber da war noch mehr, ein stechendes Gefühl in seiner Magengegend, das ihm keine Ruhe ließ: Eifersucht.

Es war einer ihrer Kindheitsträume gewesen, irgendwann einmal zusammen nach Japan zu reisen und das Land zu erkunden. Eine Woche lang wollten sie all die nerdigen Cafés und Themenrestaurants auskundschaften und dann eine weitere Woche damit verbringen, all die atemberaubenden Sehenswürdigkeiten aufzusuchen, und jetzt war Lottie ohne ihn dort, mit ihrer neuen besten Prinzessinnenfreundin und diesem mürrischen Bodyguard, und er war nur ein lahmer Langweiler, der ihr auf die Nerven ging.

Ollie rollte sich auf den Bauch und nahm die Zeitung vom Boden, die er zuvor dort hingeworfen hatte. Da war noch etwas, das ihm Sorgen bereitete: Lottie war in allen Nachrichten aufgetaucht. Es gab zwar nicht viele Fotos, nur ein paar körnige, heimlich aufgenommene Schnappschüsse, aber so langsam ergaben selbst die eine ansehnliche Sammlung. Die Aufnahmen von ihr beim Sommerball im letzten Jahr, die Bilder nach dem Fechtturnier, und nun das. Es war unausweichlich gewesen, dass ihre ehemaligen Schulfreunde sie irgendwann sahen, aber als es tatsächlich dazu kam, war etwas

Der Ausruf, der der Wahrheit am nächsten kam, war Charlies Kommentar gewesen, die Prinzessin erinnere ihn an Lottie, was Schluckauf und Lachanfälle bei den Mädchen hervorgerufen hatte, vor allem bei Kate.

»Stell dir mal das pinkgesichtige Dummchen als Prinzessin vor!«

»Da kommt es mir doch wahrscheinlicher vor, dass sie sich in einen Kürbis verwandeln würde!«

Sie waren gemein und dumm. Die hässlichen Stiefschwestern nannte Ollie sie insgeheim, aber er sagte nichts. Lottie ging ihrer Wege, lebte ein Leben, das er sich nicht einmal vorstellen konnte, sie blühte auf und wuchs zu einem ganz neuen Menschen heran, während er sich wie ein junger Setzling vorkam, der sich überhaupt nicht weiterentwickelte.

Er nahm sein Telefon und tippte das Dümmste, Dramatischste, das ihm einfiel, um Lottie zum Lachen zu bringen.

RUHE IN FRIEDEN, Ollie Moreno. Er starb an einem Hitzschlag, nachdem seine ehemals beste Freundin ihn in der schlimmsten Touri-Hölle der Welt versauern ließ.

Bevor er auf Senden drückte, machte er noch schnell ein Foto von sich, wie er reglos auf dem Bett lag und die Zunge aus dem Mund hängen ließ, als wäre er tot.

Wie erwartet bekam er keine Antwort, und er konnte Lottie beinahe stöhnen hören, weil sie ihn so erbärmlich fand. Er bereute bereits, die Nachricht abgeschickt zu haben.

Als er sie runterschluckte, vibrierte sein Telefon. Es war eine unbekannte Nummer, dafür schien die Person aber zu wissen, wer er war.

Hallo, Ollie.

Obwohl es keine Frage war, schwang eine Portion Neugier darin mit, als wollte die Person, die das geschickt hatte, erst mal vorfühlen.

Äh … hallo?

Kleine, graue Pünktchen verrieten ihm, dass am anderen Ende weiter getippt wurde, und er fand, dass sie ihn auf nervenaufreibende Weise anstarrten.

Ollie, hier ist Binah :D

All seine Sorgen verpufften in einer Wolke aus braunen Locken und Jahrmarktsduft, Zuckerwatte und salzigem Karamell, wie ein Tag am Strand. Sein Verstand wurde überschwemmt von ihrer warmen, mattbraunen Haut, die zu leuchten schien, wenn sie lächelte, ein Lächeln, das die ganze Welt zum Schmelzen bringen konnte, wissbegierig, warm

Alles in Ordnung?

Erneutes Tippen am anderen Ende.

Wir brauchen deine Hilfe bei etwas, aber bevor ich dich in unser Team aufnehme, muss ich wissen … Bist du bereit, alles Erforderliche und Erdenkliche zu tun, um ein echtes Abenteuer zu erleben?

Er blickte ein Weilchen blinzelnd auf die Nachricht und fragte sich, ob ihn da etwa jemand auf den Arm nehmen wollte. Andererseits … wenn ich Lottie wäre, würde ich das dann als ein Zeichen interpretieren?

Ja, tippte er.

Binahs Antwort ließ nicht lange auf sich warten.

Das sind wunderbare Neuigkeiten. Dann füge ich dich jetzt der Gruppe hinzu, aber die anderen Mitglieder wissen nichts von Lotties Geheimnis, also bitte verplappere dich nicht.

Ollie kicherte. Als er allerdings den Namen des Gruppenchats las, zu dem er soeben hinzugefügt worden war, blieb ihm das Lachen im Halse stecken.

Die Farben des Chats waren rot, und abgesehen von Binah

OPERATION: EINBRUCH IN ROSEWOOD HALL