19
Jeremiah
Als Belly aufstand, um ins Bett zu gehen, war klar, dass sie uns allein lassen wollte, damit ich mit Conrad übers College reden konnte. Ganz sicher wusste ich das. Als wir klein waren, hatten wir immer Gedankenübertragung trainiert. Belly war überzeugt, dass ich ihre lesen konnte und sie meine. In Wirklichkeit aber funktionierte es nur in einer Richtung – ich konnte ihre lesen. Wenn Belly log, kniff sie das linke Auge ein bisschen zu, und wenn sie nervös war, sog sie erst die Wangen nach innen, bevor sie etwas sagte. Belly war leicht zu durchschauen, das war immer schon so gewesen.
Ich sah zu Conrad hinüber. »Was meinst du – sollen wir morgen ganz früh aufstehen und surfen gehen?«, fragte ich ihn.
»Gut«, sagte er.
Morgen würde ich mit ihm übers College reden, darüber, wie wichtig es war, dass er zurückging. Alles würde sich wieder einrenken.
Wir sahen noch eine Weile fern, und als Conrad auf dem Sofa einschlief, ging ich nach oben. Am Ende des Gangs fiel ein Streifen Licht unter Bellys Tür hindurch. Ich ging hin und klopfte leise. Es kam mir so bescheuert vor, bei ihr anzuklopfen. Früher waren wir immer in die anderen Kinderzimmer reingerannt, ohne uns was dabei zu denken. Ich wünschte, die Dinge wären noch immer so einfach.
»Komm rein«, hörte ich.
Ich ging hinein und setzte mich auf ihr Bett. Als mir klar wurde, dass sie schon im Pyjama war, hätte ich beinahe auf der Stelle kehrtgemacht. Ich musste mich selbst daran erinnern, dass ich sie Tausende von Malen im Schlafanzug gesehen hatte, was war also groß dabei? Aber sonst hatte sie immer irgendwelche Maxi-T-Shirts angehabt, so wie wir anderen auch. Jetzt trug sie ein winziges rosa Oberteil mit dünnen Trägern. Ich fragte mich, ob so was bequem war.