37
Jeremiah
An dem Tag, als Laurel kam, sah es in unserem Haus absolut chaotisch aus, und ich stand gerade in Boxershorts da und bügelte mein weißes Oberhemd. Ich war spät dran für das Abschlussfest an der Highschool, und überhaupt war ich schlecht drauf – meine Mom hatte den ganzen Tag über kaum zwei Worte gesprochen, und selbst Nona war es nicht gelungen, sie aufzumuntern.
Ich hatte versprochen, Mara abzuholen, und sie hasste es, wenn ich zu spät kam. Dann wurde sie stinksauer und saß so lange da und schmollte, wie ich sie hatte warten lassen.
Ich stellte das Bügeleisen einen Moment lang ab, um das Hemd umzudrehen, und verbrannte mir prompt die Unterseite vom Arm. Es tat gemein weh, und ich habe laut »Scheiße!« gebrüllt.
In dem Moment tauchte Laure plötzlich auf. Sie kam zur Haustür herein und sah, wie ich da im Wohnzimmer stand, in meinen Boxershorts, und mir den Arm hielt.
»Lass kaltes Wasser drüberlaufen«, sagte sie. Ich rannte in die Küche und hielt meinen Arm minutenlang unter den Wasserhahn. Als ich zurückkam, hatte sie mein Hemd fertig gebügelt und sich schon an meine Chinos gemacht.
»Trägst du sie mit Bügelfalten?«, wollte sie wissen.
»Äh – ja«, sagte ich. »Aber was tust du eigentlich hier, Laurel? Heute ist doch Dienstag.« Laurel kam normalerweise an Wochenenden und übernachtete dann im Gästezimmer.
»Ich hatte heute Nachmittag frei«, sagte sie, während sie mit dem Eisen über die Vorderseite meiner Hose fuhr. »Ich wollte einfach nur mal nach dem Rechten sehen.«
»Mom schläft schon«, sagte ich. »Seit sie diese neue Medizin nimmt, schläft sie dauernd.«
»Das ist gut«, sagte Laurel. »Und was ist mit dir? Wofür machst du dich so schick?«
Ich setzte mich auf die Couch und zog mir Socken an. »Heute Abend ist die Abschlussfeier vom College.«
Laurel reichte mir Hemd und Hose. »Wann geht’s los?«
Ich warf einen Blick auf die Standuhr im Eingang. »Vor zehn Minuten«, sagte ich und stieg in meine Hose.
»Dann solltest du wohl lieber mal los.«
»Danke fürs Bügeln«, sagte ich.
Ich schnappte mir gerade meine Schlüssel, als ich meine Mom aus ihrem Schlafzimmer rufen hörte. Ich wollte schon zu ihr, aber Laurel sagte: »Geh du nur zu deiner Feier, Jere. Ich hab alles im Griff.«
Ich zögerte. »Bist du sicher?«
»Tausend Pro. Und jetzt mach.«
Den ganzen Weg zu Maras Haus bin ich gerast. Sobald ich in ihre Einfahrt bog, kam sie auch schon aus dem Haus. Sie trug das rote Kleid, das ich so an ihr mochte, und sie sah wirklich hübsch aus. Ich wollte ihr das gerade sagen, aber sie war schneller: »Du bist zu spät.«
Ich machte den Mund wieder zu. Den Rest des Abends sprach sie kein Wort mit mir, nicht mal, als wir das Traumpaar des Abends wurden. Sie hatte auch keine Lust, anschließend zu der Party bei Patan zu gehen, genauso wenig wie ich. Den ganzen Abend über musste ich an meine Mom denken, und ich hatte ein schlechtes Gewissen, dass ich so lange wegblieb.
Als wir zurück bei Mara waren, stieg sie nicht sofort aus, was das Signal dafür war, dass sie noch reden wollte. Ich stellte den Motor ab.
»Also, was ist? Bist du immer noch sauer, weil ich so spät war, Mar?«
Sie machte ein gequältes Gesicht. »Ich will bloß wissen, ob wir zusammenbleiben. Kannst du mir bitte einfach sagen, was du willst, und dann machen wir das so?«
»Ehrlich, ich kann mir darüber im Moment echt keine Gedanken machen.«
»Ich weiß. Tut mir leid.«
»Aber wenn ich sagen müsste, was ich glaube – ob wir im Herbst, wenn wir aufs College gehen, noch zusammen sind und eine Fernbeziehung führen …« – ich zögerte, doch dann sprach ich es einfach aus –, »dann würde ich vermutlich sagen: Nein.«
Mara fing an zu weinen, und ich fühlte mich wie ein richtiges Miststück. Ich hätte einfach lügen sollen.
»Das dachte ich mir«, sagte sie. Dann küsste sie mich auf die Wange, stieg aus und rannte zum Haus.
Und damit war es aus zwischen uns. Wenn ich ganz ehrlich sein soll, muss ich zugeben, dass ich erleichtert war, nicht mehr an Mara denken zu müssen. Der einzige Mensch, der im Moment in meinen Gedanken Platz hatte, war meine Mom.
Als ich nach Hause kam, waren Mom und Laurel noch auf, spielten Karten und hörten Musik. Zum ersten Mal seit Tagen hörte ich Mom lachen.
Laurel fuhr am nächsten Morgen nicht nach Hause. Sie blieb die ganze Woche. Wie sie das mit ihrer Arbeit und all dem, was sie zu Hause zu tun hatte, geregelt bekam, die Frage stellte ich mir damals nie. Ich war einfach nur froh, einen Erwachsenen dazuhaben.