Freitag, 16 . September, 21 :25 Uhr
E than hatte Ashleys Nachricht ignoriert, sie sei vom Besuch bei ihren Eltern zurück, und ob er etwas mit ihr trinken gehen wolle. Stattdessen hatte er Hannah eine Nachricht geschickt und sie gebeten, zu ihm zu kommen. Er hatte noch keine Antwort erhalten.
Während er wartete, bis der Burrito in der Mikrowelle warm wurde, machte er sich ein Shiner Bock auf. Soviel er wusste, waren Hannah und Ashley, obwohl sie zusammenlebten, keine besonders guten Freundinnen. Das bedeutete nicht, dass Ashley damit einverstanden wäre, dass er früher mit ihr geschlafen hatte und jetzt ausschließlich mit ihrer Mitbewohnerin schlief. Aber vielleicht würde es ihr nicht allzu viel ausmachen. Er überlegte, seinen ältesten Freund Marcus anzurufen und ihn zu fragen, ob er es für möglich hielt, den Mitbewohnerinnentausch durchzuziehen, aber er konnte Marcus’ höhnisches Gelächter jetzt schon hören.
Während er auf eine Nachricht von Hannah wartete (Himmel, er liebte ihre Zurückhaltung), stellte er gründlichere Recherchen zu den Namen auf der Liste an, die er dem FBI ausgehändigt hatte. Einer davon war Caroline Geddes gewesen, und er fragte sich, ob es dieselbe Caroline Geddes war, die an der University of Michigan englische Literatur lehrte. Es gab ein Bild von ihr, dunkles Haar, das aus der breiten Stirn nach hinten gekämmt war, und ein halbes Lächeln im Gesicht, für das ihm kein rechtes Wort einfiel – geheimnisvoll vielleicht? Ethan hatte ein Gefühl von Wiedererkennen, als er sie ansah. Nicht, dass er ihr notwendigerweise schon einmal begegnet war, sondern als würde er sie irgendwie bereits kennen.
Auf ihrer Seite des Fachbereichs stand eine E-Mail-Adresse, und er schickte ihr rasch eine Nachricht:
Caroline, haben Sie eine seltsame Liste mit Ihrem Namen darauf erhalten? Wenn nicht, ignorieren Sie bitte diese peinliche Nachricht. Wenn ja, mein Name war ebenfalls auf der Liste, und ich weiß nicht, warum. Schicken Sie mir eine E-Mail. Ethan Dart.
Er schloss seinen Laptop, da er nicht mit einer baldigen Antwort rechnete, kauerte sich vor seine Plattensammlung und suchte nach etwas, das er anhören konnte. Wofür war er in der Stimmung? Er entschied sich für Joni Mitchell und spielte die zweite Seite von The Hissing of Summer Lawns ab, und als er seine E-Mails checkte, stellte er überrascht fest, dass Caroline bereits geantwortet hatte.
Ja, das war ich. Ein FBI -Agent hat sie mir nichts, dir nichts mitgenommen und keine meiner Fragen beantwortet. Wie sieht es bei Ihnen aus?
Er schrieb zurück:
Dasselbe. Etwas muss im Busch sein. Sollten wir uns Sorgen machen? Ich bin neugierig.
Caroline:
Ich bin ebenfalls neugierig. Und auch ein wenig beunruhigt. Kannten Sie welche von den anderen Namen auf der Liste?
Ethan:
Nein, und ich habe sie alle recherchiert. Bei keinem hat etwas geklingelt, aber dann habe ich Ihre Fachbereichsseite gesehen … Sie kamen mir bekannt vor. Ich weiß nicht, wieso.
Caroline:
Bekannt in dem Sinn, dass wir uns kennen? Ihr Name sagt mir nichts.
Ethan:
Wirklich? Ich bin ein berühmter Musiker.
Caroline:
Tatsächlich?
Ethan:
Nein, aber ich wäre wohl gern einer. Ich strebe es an. Und jetzt ist es mir peinlich, dass ich diesen blöden Witz überhaupt gemacht habe. Wollen wir über etwas anderes reden? Wo sind Sie aufgewachsen?
Sie schickten eine Stunde lang E-Mails hin und her, verglichen ihre Biographien, versuchten herauszufinden, ob es eine Verbindung zwischen ihnen gab. Bis auf ihr Alter – sie waren beide Mitte dreißig – hatten sie so gut wie nichts gemeinsam. Alles, was sie zutage förderten, war der Umstand, dass beide Großeltern aus der Gegend von Boston, Massachusetts, hatten.
Ethan schrieb:
Vielleicht verbindet uns, dass uns nichts verbindet. Es fühlt sich fast schon komisch an, dass wir nichts finden können.
Sie schrieb:
Sie schreiben Songs. Ich mag Songs. Aber ich schätze, das zählt nicht.
Ethan:
Na ja, wahrscheinlich würden Ihnen meine Songs nicht gefallen Aber Sie besprechen Lyrik, und ich mag Lyrik.
Caroline:
Lyrik zu mögen ist viel seltener als Songs zu mögen. Welche Dichter gefallen Ihnen?
Ethan überlegte kurz und versuchte eine schnelle Liste zusammenzustellen, die sie beeindrucken würde, aber dann fragte er sich, wieso er das wollte. Stattdessen beschloss er, einfach ehrlich zu sein.
Ohne lange nachzudenken: John Berryman, Frank O’Hara, Weldon Kees, Robert Lowell. Dazu eine Reihe von Leuten, die Sie wahrscheinlich nicht als Dichter ansehen würden: Joni Mitchell, Dylan, Leonard Cohen, James McMurtry, Willy Vlautin.
Nachdem er diese letzte Nachricht abgeschickt hatte, bekam Ethan keine sofortige Antwort, und er fragte sich, ob seine Lyrikauswahl sie irgendwie abgestoßen hatte. Er ging und flippte durch seine Plattensammlung, zog Songs of Love and Hate heraus und ließ die Nadel auf das erste Stück sinken.