4

Freitag, 21 . Oktober, 23 :15  Uhr

C aroline sah die Nachricht von Ethan und schrieb zurück: Ja. Wann?

Such du das Datum aus, schrieb er. Ich habe immer Zeit.

Caroline öffnete ihren Kalender, obwohl sie ihre Termine ziemlich genau kannte. Sie hatte am folgenden Wochenende Zeit und musste zwar noch eine Unmenge Arbeiten benoten, aber sie hatte an diesem Abend sehr viel geschafft und konnte unter der Woche noch zusätzliche Arbeitseinheiten einlegen. Bei dem Gedanken, Ethan von Angesicht zu Angesicht zu sehen, zog sich ihr Magen zusammen, aber es war nicht unbedingt ein schlechtes Gefühl. Sie sagte sich, falls es peinlich werden sollte, falls es keine körperliche Anziehung zwischen ihnen gab, konnten sie zumindest Freunde bleiben. So weit waren sie immerhin.

Treffen wir uns am Freitag?, schrieb sie.

Kann ich einrichten, schrieb Ethan zurück.

Caroline: Es ist das Halloween-Wochenende.

Ethan: Ist das eine große Sache bei dir? Lieber ein andermal?

Caroline: Es ist eine große Sache für meine Studenten. Jede Menge sexy Outfits.

Ethan: Bist du auf eine Party eingeladen?

Caroline: Immer. Einer meiner Kollegen veranstaltet jedes Jahr etwas am Samstag um Halloween herum.

Ethan: Sollen wir dann ein anderes Wochenende nehmen?

Caroline: Himmel, nein. Dich zu treffen bedeutet, ich muss mir keine Gedanken wegen eines Kostüms machen.

Ethan: Nuttige Sylvia Plath.

Caroline: Hab ich vor zwei Jahren gemacht. Man würde sich daran erinnern. Wie sieht es bei dir aus? Party?

Ethan: Es gibt eine Party, auf die ich gehen könnte, aber ich würde viel lieber nach Illinois fahren.

Caroline: Das freut mich. Was wäre dein Kostüm gewesen?

Ethan: Heruntergekommener Rockstar. Jedes Jahr dasselbe.

Sie schrieben sich noch eine Stunde hin und her, und am Ende hatte Ethan zwei Nächte in der Hütte für folgenden Freitag und Samstag reserviert.

Caroline ging zu Bett und versuchte, sich nicht den Kopf darüber zu zerbrechen, dass sie Ethan sehen, was er erwarten und wie es sein würde, mit ihm zusammen zu sein. Stattdessen zerbrach sie sich den Kopf darüber, wer auf Estrella und Fable aufpassen sollte, und darüber, wie gefährlich es war, wenn sie und Ethan sich am selben Ort aufhielten, wenn man bedachte, dass sie beide auf der Liste eines Killers standen. Vielleicht war es dumm, dass sie überhaupt versuchten, sich zu treffen. Aber einen Teil von ihr kümmerte es nicht oder zumindest nicht genug. Das Gefühl, das sie bei ihren Gesprächen mit Ethan hatte oder selbst wenn sie sich nur schrieben, war so intensiv, so befreiend, dass sie herausfinden musste, ob es anhielt, wenn sie sich persönlich begegneten. Manchmal fragte sie sich, ob sie jemals wirklich verliebt gewesen war. Ihr einziger ernsthafter Freund war Alec Gresham gewesen, den sie in Oxford kennengelernt hatte, als sie mit einem Fullbright-Stipendium dort gewesen war. Er war für zwei Jahre nach Amerika gezogen, um mit ihr zusammen zu sein, als sie in Ithaca ihren Doktor machte, und am Ende seines Aufenthalts hatten sie sich mehr wie beste Freunde als wie ein Liebespaar gefühlt. Nein, das stimmte nicht. Sie hatte ihn damals geliebt, und sie liebte ihn in gewisser Weise immer noch. Aber sie hatte bei ihm nie das empfunden, was sie jetzt plötzlich bei Ethan empfand. Ein Zitat aus Vernunft und Gefühl ging ihr ständig durch den Kopf: »Nicht Zeit oder Gelegenheit bestimmen die Intimität; es ist die seelische Veranlagung allein. Für manche Leute würden sieben Jahre nicht reichen, um sich gegenseitig kennenzulernen, und für andere sind sieben Tage mehr als genug.« War es das, was sie und Ethan verband – seelische Veranlagung? Oder vielleicht lag es nur an den Umständen, aber sie musste es so oder so herausfinden.

Am nächsten Morgen sprach sie mit Maeve, einer Professorin und ebenfalls Katzenliebhaberin, die sie kennengelernt hatte, und Maeve erklärte sich bereit, ihre Katzen über das Wochenende zu nehmen (»Kann nur sein, dass ich sie nicht mehr hergebe«), und dann sprach sie mit Officer Hanley, die für ihren Polizeischutz zuständig war. Officer Hanley sagte, sie werde dafür sorgen, dass Polizei vor der Rolling Brook Cabin in Illinois postiert wurde und sich mit den Einzelheiten wieder bei ihr melden. Am Ende des Gesprächs sagte sie noch: »Ziemliche Entfernung für ein Sex-Date«, und unterstrich den Satz, wie sie es oft tat, mit einem lauten Lachen.

»Das ist wahr«, sagte Caroline und unterdrückte das Bedürfnis, zu erwidern, dass es nicht direkt ein Sex-Date war, obwohl sie wusste, dass es so war.