Freitag, 28 . Oktober, 17 :47 Uhr
D ie Rolling Brook Cabins machten von außen nicht viel her, aber innen grenzten sie an Luxus. Es sah aus wie in einem Katalog von L.L.Bean, Möbel aus dunklem Holz, Anglerdrucke an den Wänden und auf dem Bett eine weiße Decke mit roten, grünen und gelben Streifen. Es gab einen funktionierenden Kamin und zwei gepolsterte Loungesessel, und das Bad verfügte über eine tiefe Wanne.
Ethan war zuerst eingetroffen und hatte Caroline eine Nachricht geschickt, er habe bereits eingecheckt, und sie solle direkt in die Hütte kommen. Sie schrieb zurück, dass sie eine halbe Stunde entfernt sei. Er lief nervös auf und ab und überlegte, ob er noch Zeit für eine schnelle Dusche hatte, entschied sich aber dagegen. Er ging ständig ans Fenster und zog den Vorhang zurück, um zu sehen, ob Caroline schon angekommen war. Den Streifenwagen nahm er kaum wahr, obwohl sich der Beamte nach dem Einchecken bei Ethan vorgestellt hatte.
Er schaute in den Kühlschrank. Darin standen eine Flasche Weißwein und ein mit Plastikfolie bedeckter Obstteller als Willkommensgeschenk. Er ließ beides im Kühlschrank. In seinem Rucksack hatte er seinen One-Hitter mit ziemlich starkem indischen Hanf darin, aber er wollte nicht stoned sein, wenn er Caroline zum ersten Mal sah. Es erschien ihm wichtig.
Es klopfte an der Tür, und sein Herz hämmerte in der Brust. Er ging und öffnete, und da stand Caroline, größer, als er gedacht hatte, die Wangen gerötet, ein Lächeln im Gesicht.
»Ich bin nervös«, sagte sie.
»Ich bin auch nervös. Wieso?«
»Ja, wieso?«
Sie kam in die Hütte, stellte ihre Reisetasche ab, und sie umarmten sich. Es fühlte sich gut an, aber auch surreal, als hätte die Welt plötzlich eine zusätzliche Dimension erhalten, und Ethan beeilte sich, dem Gefühl gedanklich hinterherzukommen.
»Was sollen wir jetzt tun?«, fragte sie.
»Was möchtest du gern tun?«
»Ich habe zuerst gefragt.«
»Ich denke, wir sollten miteinander ins Bett gehen«, sagte Ethan. »Es ist mir egal, ob wir Sex haben oder so, aber ich möchte an deiner Seite liegen und dich berühren und küssen können.«
»Genau das möchte ich auch.«
Zwei Stunden später tranken sie im Bett den Wein und aßen das Obst, und beide waren gewaltig erleichtert, dass sie sich einander genauso nahe fühlten wie in den letzten Wochen. In regelmäßigen Abständen lachte einer von ihnen – oder beide – unvermittelt los.
»Wenn uns jetzt jemand sehen könnte …«, sagte Caroline.
»Wäre mir egal. Ich bin so glücklich, hier bei dir zu sein.«
»Ich auch.«
Eine Stunde später lagen sie nebeneinander und sahen sich an, die Laken um ihre nackten Körper gewickelt. Beide waren erschöpft. »›Ich traf dich am Ende der Party‹«, sagte Ethan.
Caroline schaute einen Moment lang verwirrt drein, dann lachte sie.
»Du sagst ein Gedicht für mich auf.«
»Es ist das Gedicht, das du entdeckt hast.«
»Ja«, sagte sie. »›Ich traf dich am Ende der Party, die Drinks fast alle geleert.‹«
»Kannst du den Rest?«
»Teilweise, nicht alles. Gedichte aufsagen habe ich hinter mir.«
»Ich bin froh, dass wir das hier getan haben«, sagte Ethan.
»Überleg mal, auf was für eine seltsame Weise wir uns kennengelernt haben.«
»Ich denke die ganze Zeit daran.«
»Glaubst du, es war irgendwie Schicksal?«, sagte Caroline.
Nach kurzem Nachdenken sagte Ethan: »Nein. Ich glaube nicht an Seelenverwandtschaft, oder dass es für jeden von uns nur einen Menschen gibt, der genau zu uns passt. Ich glaube, es gibt viele für jeden, und manche Leute finden ihre Gegenstücke nie, andere finden dafür zwei oder mehr. Es ist Zufall.«
»Das sehe ich genauso. Ich glaube auch nicht an Seelenverwandtschaft, woran ich aber glaube, ist seelische Veranlagung.«
»Ach ja?«, sagte Ethan.
»In mancher Hinsicht sind wir uns nicht ähnlich, aber wir sind seelisch ähnlich veranlagt. Nur darum geht es, glaube ich, und ich bin sehr froh, dass wir das hier getan haben.«
»Ich auch. Und wenn sonst nichts, ist das das bequemste Bett, in dem ich jemals geschlafen habe.«
»Ha. Stimmt, oder?«
Sie fielen in einen tiefen Schlaf, unterstützt durch das Benzodiazepin, das durch den Korken in den Wein injiziert worden war. Keiner der beiden wachte von den Spritzen auf, die ihnen dann verabreicht wurden, erst eine wesentlich höhere Dosis desselben Benzodiazepins, danach eine tödliche Dosis Morphium. Caroline, die fast zwanzig Kilo leichter war als der Mann, in dessen Armen sie schlief, zuckte leicht in Krämpfen, als die Sauerstoffzufuhr in ihr Gehirn ausblieb, dann starb sie.