# 475

Bevor ich mich mit meinem Buch in die Diele setzte, hatte ich meine Sachen gepackt, und ich las, als der Lkw-Fahrer hereinkam. Ich fragte ihn, ob er auf dem Weg Richtung Süden sei, ob er an einer Bahnstation vorbeikomme, ob ich mitfahren dürfe. Ja, gerne, sagte er. Ich hatte überlegt, dass er mich am Bahnhof der nächsten Stadt absetzen könnte, aber er musste noch weiter südlich, er würde die Bergen-Bahn kreuzen, sagte er, und für mich wäre es einfach, von irgendeiner Station unterwegs weiterzukommen.

Während er die Waren ablud, holte ich meine Tasche und bezahlte meine Rechnung in der Rezeption. Das Buch, in dem ich gelesen hatte, ließ ich auf einem Regal in der Diele, wo sich die Gäste mit dagelassenen Büchern versorgen konnten. Es war eines der Bücher, die ich bei meinen Eltern mitgenommen hatte. Ich holte das andere Buch aus der Tasche und stellte noch ein paar, die ich längst ausgelesen hatte, aufs Regal, bevor ich ins Führerhaus des Lastwagens kletterte. Wenige Minuten später, nachdem der Fahrer sich vergewissert hatte, dass alle Türen geschlossen waren, wendete er den Lkw auf dem Vorplatz, bog auf die Landstraße und fuhr in Richtung Süden.

Im Lastwagen fühlte ich mich sicher. Vom Führerhaus konnte ich die Landschaft betrachten. Ich hatte einen Überblick über die Straße und konnte die Autos sehen, die unter uns fuhren: Familien und Paare und einzelne Personen gefangen in kleinen Fahrzeugen. Ich weiß nicht, warum ich mich sicher fühlte, denn natürlich konnten wir von der Fahrbahn rutschen, wir konnten über den Abhang fahren, wir konnten umkippen, aber wir taten es nicht.

Von meinem Aussichtsposten neben dem Fahrer schaute ich über die Bäume, die jetzt schmächtig wirkten, wo viele ihrer Artgenossen entwurzelt worden waren, zarte Pflanzen, die kreuz und quer in der Landschaft lagen, vom Sturm umhergewirbelt. Der Fahrer erzählte mir davon, ein Herbststurm, sagte er, dabei muss es ein früher Frühjahrssturm gewesen sein, der die Bäume umgeknickt hatte, denn ich bin auf dem Weg in den Frühling, und ich habe wieder angefangen, Teile für mein Jahr zu sammeln. Ich denke an den März, und ich habe Märzsturm in mein grünes Buch geschrieben. Ich halte nach Frühlingsvorzeichen Ausschau, und der Schnee war bereits weniger geworden, als wir die Berge verließen und weiter in den Süden kamen.

Ich erzählte dem Fahrer von meinem Erlebnis in der Taxe. Ich erwähnte nicht, dass es wahrscheinlich sein Lkw gewesen ist, der uns um ein Haar zermalmt hätte, denn weder er noch Jeannette würden sich an das Ereignis erinnern, aber jetzt fing er an, noch mehr von Bremssystemen zu erzählen, als ich ohnehin schon wusste. Ich sagte, ich fühlte mich im Lastwagen sicher, hoch oben über der Fahrbahn, und dass ich mir aus normalen Autos, Personenwagen und Familienautos nichts machte: Es seien kleine Schachteln aus Metall mit falschen Versprechungen von Sicherheit.

Als wir nach einigen Stunden Fahrt eine Pause einlegten, bestand der Fahrer darauf, sein Essenspaket mit mir zu teilen: Roggenbrot mit mariniertem Hering und kaltes Fleisch mit eingelegter roter Bete. Ich sagte ihm, dass ich Hering schon unheimlich mochte. Und Roggenbrot. Und nun lernte ich auch lammerud med rødbete schätzen. Die Lammrolle ist hausgemacht, sagte er. Alles von seiner Frau. Sie versorgte ihn immer mit reichlich Proviant, wenn er seine Tour machte. Es kam vor, dass er mehrere Tage hintereinander unterwegs war, manchmal fuhr er durch ganz Europa, nicht sehr oft, aber wenn, hatte er Verpflegung für die ganze Fahrt dabei. Dann hatte er das Gefühl, trotz der Distanz mit seiner Familie zu essen.

Als wir uns der Stadt näherten, von der ich mit dem Zug weiterreisen wollte, bot er mir an, mich bis zum Bahnhof zu bringen, aber das lehnte ich ab und stieg an der Einfallstraße aus. Ich wollte ihn nicht von seiner geplanten Route abbringen, deshalb dankte ich ihm für die Fahrt und ging am Straßenrand in die Stadt, während der Laster in der Ferne verschwand.

Der letzte Zug war schon weg, also quartierte ich mich im nächstbesten Hotel ein, und jetzt habe ich meine Jahreszeitenreise wieder aufgenommen. Ich habe die Adresse in mein Jahreszeitenbuch geschrieben, ich habe über Frühlingsvorzeichen geschrieben und die Zugverbindungen nach Bergen notiert.

Ich merke, dass es vorwärtsgeht. Ich bin sicher, dass der Frühling im Anmarsch ist, und zu meinen Rühreiern im Hotel aß ich Schnittlauch, der hier grassløk heißt und ein wenig nach Frühling schmeckt. Aber ich will das Jahr nicht drängen. Ich fahre nicht zum Flughafen und ergaunere mir irgendwo Frühlingsluft, es ist die Wartezeit, die den Frühling zum Frühling macht. Der Schnee ist beinahe weg, und ich warte geduldig. Ich sitze in meinem Hotel und warte darauf, dass die Zeit kommt, zum Bahnhof zu gehen, ich warte auf kleine Frühlingsvorzeichen, auf Tauwetter und mildere Tage.