Kapitel 3

A ls das letzte magische Kind mit großen Augen und unter Schock stehend in den letzten schwarzen FRoE-Transporter geladen wurde, nickte Cheyenne dem Agenten zu, der die Tür schloss. Der FRoE-Beamte setzte sich hinter das Steuer, sein Partner auf den Beifahrersitz und der Van fuhr hinter den anderen Fahrzeugen her.

Rhynehart warf seinen Helm, seine Weste und seine magiedämpfenden Handschuhe in den hinteren Teil seines Jeeps und pfiff. »Los geht’s.«

Es kostete sie viel Willenskraft, ihren Blick von dem letzten, sich entfernenden Van abzuwenden, aber schließlich schaffte sie es und ging zur Beifahrertür des Jeeps. Nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, startete Rhynehart ruckartig den Motor und verließ langsam das Viertel.

»Lass mich raten«, murmelte Cheyenne. »Die Putzkolonne kommt später.«

»Andere Abteilung.« Seine Hände griffen das Lenkrad fester. »Konzentrieren wir uns auf unsere, hm? Jetzt, wo der wichtigste Job erledigt ist und die Kinder zur Basis zurückkehren, kannst du mir erzählen, wer unser Held mit den Blitzen war.«

Die Halbdrow drehte sich zu dem Agenten um, der sich so sehr darauf konzentrierte, eine Antwort von ihr zu bekommen, dass er vergaß, seine Sonnenbrille aufzusetzen und deshalb blinzelnd gegen die untergehende Sonne schaute.

»Dazu kann ich dir nichts sagen, Rhynehart.« Nicht, wenn er nicht schon weiß, dass uns ein Nachtpirscher den Arsch gerettet hat. Besonders Corian.

»Du wirst richtig gut im Nachahmen, weißt du das?« Rhynehart warf ihr einen kurzen Blick zu, blinzelte wütend gegen die Sonne und klappte die Sonnenblende herunter. Es half nicht; er wurde weiter geblendet. Als er genervt grunzte, beugte sich Cheyenne vor und holte seine Sonnenbrille aus dem Fach unter dem Armaturenbrett.

»Hier.«

»Danke.« Er schnappte sie ihr weg, setzte sie mit einer Hand auf und schüttelte den Kopf. »Erwarte nicht, dass ich auch nur eine Sekunde lang glaube, dass du nicht weißt, was da drin passiert ist. In der einen Minute versuchst du noch, die Tür einzutreten. In der nächsten Minute ist da ein verdammter silberner Tornado, der jedes einzelne unserer Ziele ausschaltet und wer steht plötzlich wieder vor mir am Fuß der Treppe?«

Die Halbdrow starrte aus der Windschutzscheibe und presste ihre Lippen zusammen.

»Das ist keine rhetorische Frage, Cheyenne. Ich spreche von dir und deinem Gesichtsausdruck, als unser anonymer Freund wieder so schnell abgehauen ist, wie er gekommen war. Wenn du nicht weißt, wer es war, dann weißt du zumindest etwas . Spuck’s aus.«

»Es gibt nichts auszuspucken, Mann. Tut mir leid.« Sie konnte ihn nicht ansehen. Ich kann ihm auch nicht trauen und ich werde Corian nicht den Wölfen zum Fraß vorwerfen, auch wenn er mich eine Idiotin genannt hat.

»Es tut dir überhaupt nicht leid.« Rhynehart räusperte sich und bog auf die Autobahn in Richtung Richmond ab.

* * *

Eine halbe Stunde später hielten sie vor dem roten Diner, in dem Cheyenne vor ein paar Stunden ein weiteres Treffen mit L’zar ausgehandelt hatte.

Cheyenne schaute sich auf dem größtenteils leeren Parkplatz um und biss sich frustriert auf die Unterlippe. »Ich bin immer noch nicht hungrig. Nimm mich einfach mit zurück zum Gelände, damit wir die Sache mit den Kindern zu Ende bringen können.«

»Netter Versuch, Halbdrow.« Rhynehart schaltete auf Parken und nahm seine Sonnenbrille ab, bevor er ihr einen wütenden Blick zuwarf. »Wo auch immer du heute Abend hingehst, es ist nicht der Weg zurück zur Basis. Du musst dich um deine Prioritäten kümmern.«

»Danke für den Tipp.« Sie schnaubte. »Im Moment ist es meine oberste Priorität, diesen Kindern zu helfen, zu ihren Familien zurückzukehren.«

»Streich es von der Liste. Versuch gar nicht erst, dich zurück zum Gelände zu schleichen, nachdem du aus meinem Auto ausgestiegen bist. Ja, ich habe alles über deinen lustigen Abend mit meinen Agenten gestern gehört. Es hat keinen Sinn, dir auf der Fahrt dahin in Zukunft immer noch die Augen zu verbinden, aber wenn es sein muss, gebe ich den Befehl, dich so lange wie nötig vom Gelände fernzuhalten.«

Cheyenne blinzelte wütend. »Du kannst mir nicht einfach sagen, dass ich mich verpissen soll …«

»Das ist genau das, was ich tue, Mädel. Raus hier.«

»Hey, ich bin diejenige, die die Kinder gefunden hat, du Arschloch!« Es brachte sie mehr aus der Fassung, als sie erwartet hatte, als die übliche Hitze ihrer Drowmagie in ihrem Zorn überhaupt nicht auftauchte. »Sie wären immer noch in dieser psychotischen Ritualhöhle eingesperrt, wenn ich nicht die Verbindung zu Ranzig Ca’admar gefunden hätte.«

»Ja, das haben wir alles dir zu verdanken. Kannst dir gerne selbst auf die Schulter klopfen.« Rhynehart nickte mit zusammengekniffenen Augen in Richtung der Fahrertür. »Meine Jungs sind diejenigen, die sich jetzt um die Kinder kümmern müssen. Du bist aus dem Schneider. Es sei denn, du willst mir jetzt verraten, was du mir verschweigst.«

Das kann doch nicht wahr sein . »Da gibt es nichts zu erzählen.«

»Dann verschwinde aus meinem Jeep und ruf mich an, wenn du bereit bist, darüber zu reden, was vorhin passiert ist. Wir sind hier fertig.«

Cheyenne biss sich auf die Unterlippe, gab ein leises Knurren von sich und riss die Beifahrertür ruckartig auf. Rhynehart fuhr mit dem Jeep in derselben Sekunde davon, in der sie die Tür hinter sich zuschlug. Sie blieb auf dem Parkplatz des Diners vor ihrem abgeranzten, verbeulten, mattgrauen Ford Focus stehen.

Als sie ihre Hand wieder in die Jackentasche steckte, um nach ihren Schlüsseln zu greifen, zischte sie und blickte auf ihren Unterarm hinunter. Der Jackenärmel war von dem verrückten Skaxen, der noch verrücktere Forderungen über den ›Treueschwur‹ gestellt hatte, fast in Fetzen gerissen worden und ihre Unterarme brannten.

Sie schloss ihr Auto auf, öffnete die Tür und zog behutsam die Jacke aus. Sie ließ sie auf den Beifahrersitz fallen, dann betrachtete die Halbdrow die langen, roten Furchen in ihrer Haut. Einige von ihnen waren über einen halben Zentimeter tief. »Skaxen-Arschloch.«

Ich hätte mich gestern Abend in Peridosh mit heilenden Zutaten eindecken sollen.

Cheyenne ließ sich auf den Fahrersitz fallen, schlug die Tür hinter sich zu und startete den Motor. Ein paar Minuten lang saß sie einfach nur da und überlegte, ob es sich lohnte, auf Rhyneharts Warnung zu hören. Dann schüttelte sie den Kopf und schnallte sich an. »Ich habe bereits mein Druckmittel ausgespielt, um ins Chateau D’rahl zu kommen. Niemand mag es, wenn ein Drow uneingeladen auftaucht und weitere Forderungen stellt.«

Der graue Ford Focus verließ den Parkplatz und die Halbdrow fuhr auf die Autobahn in Richtung Innenstadt von Richmond.

* * *

Mit Tüten voller Essen in der Hand lief Cheyenne den Korridor der stationären Aufwachstation des VCU Medical Centers entlang. Sie blickte nicht von dem Linoleumboden vor ihr auf, auch nicht, als sie spürte, wie die Krankenschwestern und das Pflegepersonal die Goth-Frau anstarrten. Diese blöde Halskette blockiert vielleicht meine Magie, aber ich bin immer noch sauer genug, um ein furchterregender Mensch zu sein.

Als sie Zimmer 317 erreichte, knisterte sie ein wenig mit den Tüten, bevor sie schnell an die Tür klopfte.

»Komm rein.« Ember klang recht fröhlich und freute sich, Cheyenne zu sehen, als die Halbdrow die Tür aufstieß. Dann verblasste ihr Lächeln. »Was ist los mit dir?«

»Ein seltsamer Tag.« Cheyenne schloss die Tür hinter sich und ging quer durch das Krankenhauszimmer zum Bett ihrer Freundin.

»Das ist eine Untertreibung. Du siehst schrecklich aus.«

Die Halbdrow blieb auf halbem Weg durch den Raum stehen und sah Ember überrascht an. Die magielose Fae im Krankenhausbett schmunzelte und Cheyenne lachte. »Okay, gut. Ein seltsamer und ziemlich verkorkster Tag, mit einer Portion ›Was zur Hölle‹.«

Ember lachte. »Das klingt schon eher akkurat.«

Als sie die andere Seite des Bettes erreichte, ließ Cheyenne die Tüten auf den Rolltisch fallen und drehte sich dann um, um den lächerlich unbequemen Sessel so nah wie möglich an ihre Freundin heranzuziehen. »Ich hoffe, du hast Lust auf Burger.«

»Komm schon, Cheyenne. Ich habe immer Lust auf Burger.« Ember fing an, das Essen auszupacken und wurde etwas langsamer, als sie die hässlichen Wunden an den Unterarmen der Halbdrow bemerkte. »Ich habe auch Lust, mir die wilde Geschichte anzuhören, wie deine Arme Freddy Krueger getroffen haben und warum du Mauerstücke in deinen Haaren hast. Das ist doch nur Mauer, oder?«

»Was?« Die Halbdrow lehnte sich über die Seite des Sessels und schüttelte ihr Haar aus, während sie sich mit der Hand hindurch strich. Die Ketten um ihre Handgelenke klirrten, als Trockenmauer- und Gipsbrocken auf den Boden fielen. »Oh, ja. Das. Ein ganz normaler Tag im Halbdrow-Paradies, was?«

»Aha.« Ember nahm sich einen der Burger und packte ihn langsam aus. »Ich höre.«

Seufzend fuhr sich Cheyenne erneut mit der Hand durch die Haare und schaute an die Decke, um ihren Nacken zu strecken. »Wir haben die Kinder gefunden.«

»Die Kinder?« Ember nahm einen großen Bissen von ihrem Burger, wobei die Barbecue-Soße und ein Stück Zwiebelring auf der Papierverpackung landeten.

»Davon habe ich dir nichts erzählt?« Cheyenne zuckte mit den Schultern. »Verdammt. Ich schätze, es sind erst zwei Tage vergangen. Fühlt sich aber an wie zwei Wochen.«

Als sie Ember ansah, starrte das Fae-Mädchen sie nur an und schob sich noch mehr Burger in den Mund, während sie schweigend darauf wartete, dass die Halbdrow weitererzählte.

»Okay, das wird sich verrückt anhören.«

Ember lachte und schaffte es, ihren Mundvoll fettigem Essen nicht über ihren Schoß und die Krankenhausdecken zu verteilen. »Im Vergleich zu was ? Deine Geschichten sind alle verrückt, Cheyenne. Wenn du sie mir erzählst, ist das der beste Teil meines Tages.«

»Dir juckt es in den Fingern, dein nächstes Halbdrow-Drama zu erleben, was?«

»Ob du es glaubst oder nicht, die Unterhaltung ist hier ziemlich dürftig.« Ember beugte sich zu ihrer Freundin und flüsterte: »Ich glaube, die Krankenschwestern tun alles, damit ich mich so sehr wie möglich langweile.«

»Gut, dass wir Freunde sind.« Zum ersten Mal, seit sie gestern Morgen erfahren hatte, dass die magischen Kinder entführt worden waren, hatte Cheyenne Summerlin einen Grund zu lächeln. »Okay. Du isst und ich rede.«

Ember nahm einen weiteren großen Bissen und hob die Augenbrauen.