3.MUSLIME AM KAP: DAS STADTVIERTEL BO-KAAP

Von der Buitengracht Street, einer vielbefahrenen Verkehrsachse am Rande der Innenstadt, ziehen sich schmale kopfsteingepflasterte Gassen zum Signal Hill hinauf – gesäumt von niedrigen bunten Häusern. Kapstadt wirkt hier wie ein beschauliches Dorf. Wir sind in Bo-Kaap, dem sogenannten Malaienviertel der Metropole.

Schon wenige Jahre nach der Errichtung der Niederlassung am Kap brachte die Niederländisch-Ostindische Kompanie Sklaven und politische Dissidenten islamischen Glaubens aus den holländischen Kolonien in Ostasien nach Südafrika. Um 1800 zählte man in Kapstadt mehr muslimische als europäische Bewohner. Und obwohl unter ihnen auch viele Abkömmlinge von Sklaven waren, die aus Ostafrika und Madagaskar stammten, setzte sich die Bezeichnung Cape Malay – Kapmalaien – für die Bevölkerungsgruppe durch.

Jan de Waal, Ahnherr einer heute weit verzweigten südafrikanischen Familie, baute in den 1760er-Jahren auf seiner Farm unterhalb des heutigen Signal Hill Mietshäuser für die Familien seiner Sklaven. In einem dieser Häuser, 71 Wale Street, befindet sich heute das Bo-Kaap Museum. Es ist das älteste Haus in Kapstadt, das im Originalzustand erhalten ist. Schon bald entstand ein ganzes Stadtviertel, das von Muslimen bewohnt wurde. Vor allem nach der Aufhebung der Sklaverei in den 1830er-Jahren wuchs die Bevölkerung stark an.

Blick über Bo Kaap zum Lions Head

Bo Kaap Museum

Im Jahr 1794, zehn Jahre bevor die Briten in ihrer Kolonie die Religionsfreiheit gewährten, wurde in der Dorpstraat der Grundstein für die Auwal-Moschee gelegt. In ihren Mauern wird auch die älteste Koranhandschrift Südafrikas aufbewahrt, die der Imam Tuan Guru, 1767 als politischer Gefangener nach Robben Island gebracht, aus dem Gedächtnis aufschrieb. Die Holländer hatten es den Menschen, die nach Südafrika verschifft wurden, verboten, den Koran in ihr Exil mitzunehmen.

Auwal Moschee

Eine authentische Begegnung mit der Lebensart der Kapmalaien ist ein Kochkurs, zuweilen auch als Cooking Safari angeboten. Den Teilnehmern wird gezeigt, wie man Samosas faltet, die traditionellen Gewürze behandelt oder einen Curry zubereitet – und wer mag, kann gerne mitmachen. Unterhaltsam ist es immer, denn die Köchinnen sind stolz auf ihre Gerichte. Viele haben inzwischen auch in die südafrikanische Alltagsküche Eingang gefunden. Bobotie, ein süß gewürzter Hackfleischauflauf, gilt als Nationalgericht.

Samosas

Bo-Kaap ist für seine bunten Häuser bekannt. Bei einem Rundgang durch die stillen Gassen präsentieren sich zahllose Fotomotive. Das war nicht immer so. Bis 1991 die Apartheid fiel, mussten die Häuser weiß gekalkt werden. Erst dann begannen die Hausbesitzer um die Fassade mit der grellsten Farbe zu wetteifern. Pink, Knallblau, Kanariengelb – je auffälliger, desto besser! Doch die Idylle trügt. Dank der Nähe zur Innenstadt droht auch Bo-Kaap die Gentrifizierung. Apartmentblocks und Hotels schießen am Rande des Traditionsviertels aus dem Boden und die Preise steigen. Ob der Denkmalschutz, der erst seit 2019 für das gesamte Viertel gilt, der Teuerung Einhalt gebieten kann?

Schon in den 1960er-Jahren wurde der nördliche Teil von Bo-Kaap zum „weißen“ Wohngebiet erklärt, die Bewohner zwangsweise in Townships umgesiedelt. Das „neue“ Viertel bekam den Namen „De Waterkant“. Viele Häuser wurden restauriert, ein schickes Wohngebiet mit dörflichem Charakter entstand. Hier sind nicht die Häuser bunt, sondern das gesamte Viertel: Die Waterkant ist Kristallisationspunkt der Kapstädter Gay- und Lesbenszene: mit Bars, Gästehäusern, Clubs, Restaurants, Szeneläden, Antiquitätengeschäften – tagsüber ein trendiges Viertel, nachts voller Leben.

Wer hat das schönste Haus?

INFO

Lage: Bo-Kaap liegt im Nordwesten des Kapstädter Central Business District jenseits der Straße Buitengracht. Das Viertel De Waterkant ist durch die Strand Street abgetrennt.

Aktivitäten:

Bo-Kaap Museum: 71 Wale Street, Schootsche Kloof, Cape Town, 8001, Tel. +27 21 481 3938, iziko.org.za/museums/bo-kaap-museum

Auwal Masjid: Besichtigung nach Voranmeldung möglich; 43 Dorp Street, Cape Town, 8001, Tel. +27 82 5517324, E-Mail info@auwalmasjid.co.za, auwalmasjid.co.za

Kochkurse:

The Bo-Kaap Cooking Tour by Zanie Misbach: Rundgang durch Bo-Kaap mit Kochworkshop und Lunch; 46 Rose Street, Bo-Kaap, Cape Town, 8001; Tel. +27 74 130 8124, bokaapcookingtour.co.za

Andulela: Rundgang mit Kochvorführung und Lunch;
Tel. +27 21 790 2592, andulela.com

Kochvorführung mit Gamidah Jacobs: in der Lekka Kombuis, 81 Wale Street, Schootsche Kloof, Cape Town, 8001,
Tel. +27 21 423 3849, lekkakombuis.co.za

Kochbücher: Cariema Isaacs, Cooking for my father in my Cape Malay Kitchen, Penguin Random House, 2016. Als Klassiker gilt: Faldela Williams, The Cape Malay Cookbook, Struik 1998

Gewürzladen:

Atlas Trading Company: 104 Wale Street, Schootsche Kloof, Cape Town, 8001, Tel. +27 21 423 4361, atlastradingcompany.co.za

Bars und Restaurants:

Bo Kaap Kombuis: kapmalaisches Restaurant mit tollem Blick auf den Tafelberg; 7 August Street, Schootsche Kloof, Cape Town 8001, Tel. +27 21 422 5446, bokaapkombuis.co.za

Cafe Manhattan: Kultbar; 74 Waterkant Street, De Waterkant, Cape Town 8051, Tel. +27 21 421 6666, manhattan.co.za

Website: capetown.travel/getting-to-know-the-bo-kaap/