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BLEIB UM MEINETWILLEN

Dillion

Die Bürotür schwingt auf, und Van kommt herein. Er trägt verblichene Jeans, ein blassblaues T-Shirt, das schon bessere Tage gesehen hat, und eine schwarze Jacke. Sein Haar ist vom Wind zerzaust und seine Wangen sind gerötet. Der Herbst hat die Herrschaft über Pearl Lake ergriffen und die Blätter in die Farbe des Feuers getaucht.

Endlich treffen sich unsere Blicke, und ich muss lächeln. Seine Augen sind groß und leicht manisch. »Bist du allein?« Er schließt die Tür hinter sich, und ein frischer Herbstwind wirbelt die Papiere auf meinem Schreibtisch durcheinander.

»Ja. Alle sind auf irgendeiner Baustelle. Warum fragst du? Was ist denn los? Ist etwas passiert? Bitte sag mir, dass die Schatzbriefe nicht gefälscht sind.«

Er schüttelt kurz den Kopf. »Sie sind nicht gefälscht. Und es ist tatsächlich etwas passiert.«

»Etwas Schlechtes oder etwas Gutes?«

»Der CEO meiner alten Firma hat angerufen.«

»Okay.« Ich kann seinen Gesichtsausdruck nicht deuten, was mich nervös macht. »Sie haben mir meinen alten Job wieder angeboten.«

Ich lehne mich auf meinem Stuhl zurück, woraufhin er ein ganzes Stück von meinem Schreibtisch wegrollt. »Oh. Wow. Und wie findest du das?«

»Gut. Ich glaube, ich habe ein gutes Gefühl dabei. Sie haben mir eine Beförderung angeboten, einen Wechsel in eine neue Abteilung, wo ich an Restaurierungsprojekten arbeiten kann. Sie haben mir sogar eine Gehaltserhöhung und eine Entschuldigung angeboten.«

»Wirst du das Angebot annehmen? Willst du es tun?« Wirst du mich verlassen?, ist die Frage, die ich nicht ausspreche.

Er lässt sich auf den Stuhl auf der anderen Seite des Schreibtischs fallen und fährt sich mit der Hand durchs Haar. »Ich weiß es nicht. Zuerst dachte ich ›Scheiß drauf‹, weil ich ohne triftigen Grund gefeuert wurde, aber sie haben mir meinen Traumjob angeboten. Und ich weiß, dass ich dank Grammy Bee eigentlich gar nicht arbeiten muss, wenn ich nicht will, aber der Ruhestand scheint mir etwas zu sein, worüber ich erst in zwanzig Jahren nachdenken sollte.«

Ich lächle. »Nun, das macht Sinn. Ich kann mir vorstellen, dass der Ruhestand mit unter dreißig verfrüht wäre.«

Er streicht sich mit den Händen über die Oberschenkel. »Sie haben angeboten, mein Gehalt zu verdoppeln. Und ich werde ein Auge auf Teagan und meinen Vater haben können. Das scheint eine kluge Entscheidung zu sein.« Das hört sich eher nach einer Frage als nach einer Feststellung an.

Ich möchte ihm nicht den Spaß verderben oder seine guten Nachrichten schlecht machen oder mich in den Vordergrund schieben. Wenn ich in seiner Position wäre und mein früheres Unternehmen mir meinen Job zurückgeben würde, mit dem doppelten Gehalt und der Möglichkeit, wieder näher bei meiner Familie zu sein, wäre ich wahrscheinlich geneigt, das Angebot anzunehmen. Van steht seiner Schwester sehr nahe, und seit dem ganzen Mist, der mit seinem Bruder passiert ist, sind sich auch Van und sein Vater wieder nähergekommen. Es gibt zwar immer noch Grenzen zwischen Vater und Sohn, aber ich würde Van niemals im Weg stehen wollen, wenn er eine Beziehung wieder aufbauen will, die lange Zeit ziemlich zerrüttet war. »Wann würdest du anfangen?«

Er trommelt mit den Fingern auf die Armlehne seines Stuhls. »In ein paar Wochen.«

»Du kehrst also in die Stadt zurück?« Allein bei diesen Worten dreht sich mir der Magen um. Von dem Moment an, als Van in Bees Cottage eingezogen ist, wusste ich, dass es nur vorübergehend war, dass er irgendwann in die Stadt zurückkehren würde, weil es dort all die tollen Jobs für Architekten gibt. Aber ich hatte nicht erwartet, dass die Nachricht mir so weh tun würde. Und dabei ist es bisher nur die Vorstellung, er könne fortgehen, nicht sein tatsächlicher Umzug zurück nach Chicago.

»Komm mit mir«, sagt er. »Ich weiß, dass du das vielleicht nicht sofort tun kannst, wegen deines Vaters und der Arbeit in seiner Firma, aber sobald die Dinge hier unter Kontrolle sind, kannst du nachkommen. Ich bin mir sicher, dass ich etwas deichseln kann, um dir ein Vorstellungsgespräch in meiner Firma zu verschaffen. Du würdest da fantastisch hineinpassen. Du wohnst jetzt schon die meiste Zeit bei mir, also wäre es nicht einmal eine große Umstellung, mit mir zusammenzuleben. Und wir könnten in verschiedenen Abteilungen arbeiten, damit wir nicht im selben Raum sind, falls dir das unangenehm wäre oder so.«

Von seiner Begeisterung wird mir ganz schwindlig, und mein Bauchgefühl sagt sofort Ja, weil ich diesen Mann nicht verlieren will. In den letzten Monaten habe ich mich unleugbar und hoffnungslos in ihn verliebt. Aber so gern ich auch mit ihm zusammen sein möchte, befürchte ich doch, dass ich mit einem solchen Schritt nur eine Art von Glück gegen eine andere eintauschen würde.

»Ich liebe dich«, sage ich leise.

»Ich liebe dich auch.« Er schluckt hörbar und sein Lächeln ist unsicher.

»Ich bin nach Pearl Lake zurückgekehrt, weil ich mich verpflichtet gefühlt habe, meiner Familie zu helfen.« Ich schaue mich im Büro um, in dem Raum, den ich in den letzten Monaten zu meinem eigenen gemacht habe.

»Ich weiß. Und du warst fantastisch. Footprint Renovations ist es noch nie besser gegangen.«

Ich nicke, obwohl ich nicht allein der Grund für diesen Erfolg bin; ich bin nur ein Teil des Pakets. »Jetzt, wo ich die Gelegenheit hatte, einige Zeit hier zu verbringen und all die Beziehungen wieder aufzubauen, die ich vernachlässigt habe, als ich damals nach Chicago gezogen bin, habe ich erkannt, dass nicht Pearl Lake das Problem war. Es lag an mir und an der Situation, in die ich mich hineinmanövriert hatte. Ich wollte weg, weil ich nicht wusste, wie ich den Schlamassel, den ich angerichtet hatte, wieder in Ordnung bringen sollte, aber jetzt ist alles anders. Ich bin anders.«

»Du willst nicht mehr weg.« In seiner Stimme schwingen Traurigkeit und Verständnis mit.

Ich schüttle den Kopf. »Ich verstehe, dass du tun musst, was das Beste für dich ist, und wenn du dafür deinen alten Job wieder annehmen musst, dann solltest du das tun. Ich möchte mit dir zusammen sein, Van. Ich liebe, was wir haben, aber das hier ist mein Zuhause. Mein Herz ist dein, aber es gehört hierher.«