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ICH VERMISSE DICH JETZT SCHON

Dillion

Der erste Monat ist eine harte Umstellung. Besuche unter der Woche sind praktisch unmöglich, da Van sich kopfüber in seinen neuen Job stürzt.

Letztendlich bin ich diejenige, die für das erste Wochenende nach Chicago fährt, anstatt dass er nach Pearl Lake kommt, aber es war ganz anders, als wir es erwartet hatten. Er hat die meiste Zeit des Wochenendes gearbeitet, sodass ich mir selbst überlassen war, was mich in meiner Entscheidung bestärkt hat, dass ich nicht mehr in Chicago leben will. Aber ich bin fest entschlossen, unsere Beziehung aufrechtzuerhalten, denn ich liebe ihn mehr, als ich es für möglich gehalten hätte.

Tawny und Allie veranstalten seit Neuestem mittwochs einen Mädelsabend, um die Woche aufzulockern. Wir hängen ab wie in alten Zeiten, und ich erzähle ihnen alles über die Eishockeyspieler auf der anderen Seite des Sees, während sie mich in den neuesten Klatsch aus der Stadt einweihen. Ich erfahre, dass Tucker und Sue sich endlich getrennt haben, nachdem ein Vaterschaftstest ergeben hatte, dass das Baby nicht von ihm ist. Sue ist in die Nachbarstadt gezogen, wo zufällig auch Sterling wohnt. So leid es mir für Tucker tut, er hat sich sein Bett gemacht, und jetzt muss er darin liegen.

Trotz der Mädelsabende und der vielen gemeinsamen Abendessen mit meiner Familie habe ich mich daran gewöhnt, Van ständig um mich herum zu haben, sodass die Verringerung dieser Zeit auf zwei Tage in der Woche eine Umstellung ist, die mir nicht gefällt. Vor allem, weil er das nächste Wochenende wegen eines Projekts, das er abschließen muss, verkürzen will. Eine Nacht mit ihm anstatt vierzehn Nächte ist nicht tragbar.

Wir telefonieren jeden Abend, aber am Ende des Tages ist er immer müde, und es ist nicht dasselbe, ihn neben mir zu haben. Er hat mir angeboten, in Bees Cottage zu ziehen, aber es fühlt sich seltsam an ohne ihn. Viel einsamer als mein Wohnwagen.

Sechs Wochen nachdem er den Job in der Stadt angenommen hat, erwarte ich ihn endlich zu einem verlängerten Wochenende. Er kommt in ein paar Stunden nach Hause, also dusche ich, rasiere mich, mache mir die Haare und schminke mich sogar, bevor ich zu Van hinübergehe und das Abendessen vorbereite, denn ich will dort sein, wenn er endlich nach Hause kommt.

Um halb sieben gebe ich nach und schicke ihm eine Nachricht mit der Frage, wann er ankommt. Es dauert eine halbe Stunde, bis er mir antwortet, und zwar mit der kurzen Message: »Tut mir leid, mir ist ein spontanes Meeting mit Abendessen dazwischen gekommen«, und er wolle jetzt aufbrechen.

Ich stehe in der Küche, starre auf das geschnittene Gemüse und das marinierte Huhn und kämpfe mit den Tränen. Ich bin keine Heulsuse – das war ich noch nie –, aber die letzten Wochen ohne Van waren hart, und statt mit der Zeit einfacher zu werden, ist alles immer schwieriger geworden. Fernbeziehungen sind schwierig, und ich war schon immer ein Mensch, der die Nähe anderer gesucht hat.

Ich räume alle Lebensmittel weg, um sie für morgen Abend aufzubewahren, und mache mir stattdessen einen Käsetoast. Als Van nach Hause kommt, ist es fast acht Uhr dreißig. Er stellt seine Reisetasche an der Tür ab, und ich habe nicht einmal die Chance, meinen deprimierten Hintern von der Couch zu heben, bevor er auch schon auf meinem Schoß sitzt, die Knie in die Kissen zu beiden Seiten von mir ins Polster versenkt, die Hände in meinem Haar vergräbt, die Daumen unter mein Kinn legt und meinen Kopf nach hinten drückt.

»Ich habe dich so sehr vermisst.« Seine Augen suchen einen Moment lang meinen Blick, heiß und gequält und verzweifelt, bevor er seinen Mund auf meinen drückt.

Wir schaffen es nicht mal bis ins Schlafzimmer und ziehen uns stattdessen hektisch mitten im Wohnzimmer aus. Der Couchtisch wird aus dem Weg geschoben. Wir zerbrechen fast eine Lampe, und das Sofa knarrt bedrohlich unter uns, aber wir beide scheinen diese Vereinigung auf eine Weise zu brauchen, die sich jeder Logik und Vernunft entzieht. Außerdem ist das Sofa sieben Millionen Jahre alt und muss wahrscheinlich ohnehin durch ein neues ersetzt werden.

Eine halbe Stunde und zwei Orgasmen später habe ich Vans Hemd an und sonst nichts, und er trägt Boxershorts und eine Jogginghose. Es ist zu kalt, um mit nacktem Oberkörper dazusitzen, also zieht er schließlich ein langärmliges Shirt an, und wir kuscheln uns auf dem Sofa zusammen.

»Tut mir leid, dass ich so spät nach Hause gekommen bin.« Er küsst mich auf die Schläfe.

»Schon gut, ich weiß, es war viel los.«

»Mmm.« Er spielt mit meinen Fingern. »Das stimmt. Es gab viel mehr zu tun, als ich erwartet habe. Ich hatte heute Abend sogar ein Meeting mit meinem Chef wegen meines Vertrags.«

»Oh?« Ich hebe den Kopf und suche seinen Blick.

Er scheint nervös zu sein. »Ich habe ihm einige der Entwürfe gezeigt, an denen ich in diesem Sommer gearbeitet habe. Sie wollen mich zum leitenden Architekten für einen unserer großen Kunden machen.«

Mein Magen krampft sich unbehaglich zusammen. »Das klingt toll. Was genau bedeutet das?«

»Ich würde die Leitung für ein ganzes Projekt übernehmen. Wenn also ein Kunde eine neue Grünanlage wünscht, würde ich alles vom architektonischen Standpunkt aus beaufsichtigen. Ich hätte ein Team, das unter mir arbeitet und so weiter.«

»Das ist unglaublich.« Aus meiner Zeit als Projektmanagerin weiß ich, dass die Leitung eines Teams eine enorme Aufgabe ist, vor allem in einem großen Unternehmen. Er wird länger arbeiten müssen und wahrscheinlich noch mehr in Chicago sein als jetzt. Ich möchte mich für ihn freuen, aber ich weiß nicht, was das für uns bedeutet.

»Das ist es, aber ich habe gesagt, dass ich das Angebot nicht annehmen kann, wenn sie mir nicht flexible Arbeitszeiten einräumen.«

»Flexible Arbeitszeiten? Warum?«

»Weil ich beschlossen habe, dass ich nicht auf Fernbeziehungen stehe oder fünf Tage am Stück ohne dich sein will. Also habe ich gesagt, dass ich die Stelle annehme, aber nur, wenn sie meine Anwesenheit im Büro auf drei Tage pro Woche reduzieren.«

»Was haben sie gesagt?« Mein Herz schlägt mir bis zum Hals, und ich versuche, meine Hoffnung zu zügeln.

»Dass sie ihr Bestes tun würden, um meiner Bitte nachzukommen, und dass ich trotzdem die Gehaltserhöhung bekomme. Es wird Zeiten geben, in denen ich mehr gebraucht werde, aber normalerweise muss ich höchstens ein paar Tage pro Woche in der Stadt sein. Wenn es nötig ist, kann ich auch virtuelle Sitzungen abhalten.«

»Und das ist es, was du willst?«

»Auf jeden Fall. Es gibt Dinge, die ich hier erledigen möchte. Ich möchte zum Beispiel den Garagen-Loft fertigstellen, mit der Renovierung des Hauses beginnen und im Frühjahr den Strand auf Vordermann bringen. Wenn ich die meiste Zeit in der Stadt bin, kann ich keines dieser Dinge effektiv und effizient angehen. Außerdem liebe ich dich mehr als diesen Job, und ich möchte nicht, dass das durch irgendetwas gefährdet wird.«

»Was ist mit deiner Familie? Was ist mit Teagan und deinem Vater?«

»Ich werde sie trotzdem sehen, wenn ich in Chicago bin, und sie sind nicht weit weg. Ich will mehr Tage mit dir als ohne dich. Ich will Wurzeln schlagen und mir ein Leben aufbauen, und das will ich hier tun, mit dir.«