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Er rief Lisa von unterwegs an; er hinterließ ihr sogar zwei Nachrichten, bevor er den Freeway erreichte. Ihre Sekretärin versprach, dass sie zurückrufen würde, als er sich mit seinem Chevy durch den bereits nachlassenden Verkehr der morgendlichen Rushhour quälte, durch die volle Stadt in Richtung Highway 59, jene Straße, die ihn aus Houston heraus in das Herz von Osttexas führen würde. Er fuhr Richtung Norden nach Jefferson, eine Kleinstadt mit etwas über zweitausend Einwohnern an der Grenze zu Louisiana. Die Fallakte lag aufgeschlagen auf dem Beifahrersitz seiner Chevy-Kabine, während der Brief von Bill King am Lenkrad lehnte. Er las ihn in kurzen Abschnitten, wobei er den Blick immer nur für Sekunden von der Straße nahm. Hinter dem Städtchen Humble und dem George Bush Intercontinental Airport wurde es einfacher, als die Gebäude und Einkaufszentren, Handelshäuser für Traktoren und Feuerwerksstände unberührter Landschaft wichen – dichter Pinienbewuchs auf beiden Seiten des Highways – und der Verkehr nachließ.
Bill King eröffnete mit dem 5. Buch Mose.
Er wusste, dass Gott von ihm erwartete, stark und mutig zu sein, sich seiner Angst nicht zu beugen, weil der Herr ihn nicht verlassen würde. Er wusste das. Doch er glaubte, Gott habe Soldaten der Gnade auf Erden, und er brauchte jemanden, der seinen Jungen suchte. Er bat den Gouverneur, ihn beim Vornamen zu nennen, dem Sheriff von Marion County Druck zu machen, damit er Vermisstenanzeigen über seinen Sohn Levi ernst nahm. Darren blickte hoch und bremste, als er merkte, dass er auf den Sattelschlepper vor ihm zu dicht aufgefahren war. Er fragte sich, wie diese Vermisstenanzeigen in Bill Kings Knast gelangt waren. Der Brief war am Sonntag geschrieben worden – jedenfalls war er da ins Postsystem von Telford gelangt, wo Bill King eine zwanzigjährige Haftstrafe verbüßte, von der er bereits sechs Jahre hinter sich hatte. In dem Brief gestand er, nicht gerade
einen christlichen Einfluss in der Welt zu hinterlassen und ein beschissener
Vater zu sein. Das Wort war dann durchgestrichen und durch schlechter
ersetzt worden. Doch wie der Gouverneur inzwischen wisse – so schrieb er weiter in diesem seltsamen, allzu vertraulichen Ton –, sei er dabei, seine Schuld an der Gesellschaft zu begleichen und sein Leben in den Dienst Gottes zu stellen. Die Vorstellung, dass die Regierung – in Gestalt der örtlichen Strafverfolgungsbehörden – sein Kind für etwas bestrafe, für das er bereits büße, würde ihn umbringen. Er hoffte, das Gefängnis bald
verlassen zu können – ein Wort, das er unterstrichen hatte –, um mit seinem Sohn ein neues Leben zu beginnen, der im Augenblick nicht nur Opfer seiner falschen Entscheidungen, sondern auch des Mannes sei, der bei seiner Exfrau lebte, ein zwielichtiger Kerl
, der, wie er fürchtete, seinem Sohn Levi Leid zufügte, entweder direkt oder schlechterdings durch Vernachlässigung. Seine Ex, Marnie, und ihr Freund Gil hätten manchmal Besuch von ein paar üblen Burschen. Er musste es schließlich wissen. Ich war selber mal einer
. Er drängte den Gouverneur, den Sheriff davor zu warnen, irgendwelche Äußerungen seiner Exfrau für bare Münze zu nehmen und den Lügen, die sie über ihn und die Familie verbreitete, Glauben zu schenken. Er glaubte, sein Sohn sei in Gefahr und dass jede Sekunde zähle. Ich flehe Sie an, Sir. Finden Sie meinen Jungen
.
Darren faltete den Brief zusammen und legte ihn in den Fallordner neben sich.
Der Brief lag ihm schwer im Magen.
Er hatte keine Kinder, würde unter den gegebenen Umständen vielleicht nie welche haben. Er und Lisa hatten anfangs oft darüber geredet, im ersten Jahr, als sie zu entscheiden versuchten, wo sie etwas Eigenes kaufen sollten. Ein Bauernhaus auf ein paar Morgen ehemaligen Weidelands in einem spärlich besiedelten Vorort nordwestlich der Stadt, was Darren gern wollte, oder ein Loft im wiederbelebten Zentrum von Houston in der Nähe von Lisas Büro sowie zahllosen Bars und Restaurants, Konzerthallen und Kunstgalerien und einem Yogastudio, das ihr gefiel, für das sie aber nur selten Zeit hatte. Lisa hatte gewonnen, und Darren vermutete, dass es schon in Ordnung war, kein Fleckchen Gras ihr eigen zu nennen – keinen Ort für ein Kind, um Fahrradfahren zu lernen, oder
für einen Wallach, von denen Darren zwei besaß, die aber bei Mack untergestellt waren –, denn nachdem Lisa ihr erstes großes Schadenersatzverfahren gewonnen hatte, war Kinderkriegen kaum noch ein Thema gewesen. Darren war zwar kein Vater, aber er war selbst einmal neun gewesen, und wie bei Levi King war das eine Zeit großer häuslicher Konflikte gewesen.
Es war das Jahr, in dem er Onkel William zum ersten Mal verloren hatte: Das Jahr, in dem sein Onkel – nach einer quälend langen Verlobungszeit – schließlich Naomi geheiratet und selbst eine Familie gegründet hatte, das Jahr, in dem er und sein Zwillingsbruder Clayton aufgehört hatten, miteinander zu reden. Die Männer hatten Darren großgezogen, nachdem sein Vater in Vietnam gefallen war und seine Mutter sich als unfähig erwiesen hatte, sich um etwas Kleines und Bedürftiges zu kümmern. Er selbst war verunsichert und völlig zerrissen gewesen angesichts des Zerwürfnisses zwischen den Brüdern. Clayton, der schon seit Jahren in Naomi verliebt gewesen war, verbannte seinen Bruder vom Familiensitz in Camilla, und Darren sah seinen Onkel William beinahe ein Jahr lang nicht. Es war das erste Mal, dass er sich wie ein uneheliches Kind fühlte, wie ein Junge ohne Familie, jedenfalls nicht so, wie er Familien in Filmen und Bilderbüchern gesehen hatte: mit einer Mom und einem Dad und ein paar Kindern. Auf einmal waren es nur noch Darren und Clayton. Das Haus, genau genommen seine gesamte Kindheit, fühlte sich ohne seinen geliebten Onkel William – den Mann, der ihm das Angeln, das Schießen mit einer Flinte Kaliber 12 und das Züchten von Tomaten, so fest und süß wie Äpfel, beigebracht hatte – vollkommen leer an. Darren hatte es Clayton stets übel genommen, dass er William fortgeschickt hatte, dass er ihn einer weiteren Vaterfigur beraubt hatte. Es dauerte Jahre, bis er die Einzelheiten der Dreiecksbeziehung besser verstand, die seine Familie auseinandergerissen hatte, dass Naomi und William daran ihren Anteil hatten. Die Tatsachen – die für Clayton sprachen – lagen klar auf der Hand. William hatte Clayton sein Mädchen gestohlen.
Clayton war im achten Semester an der Prairie View A&M University, als er Naomi zum ersten Mal sah, eine Studienanfängerin im ersten Jahr in Caprihosen und Strickjacke, das Haar frisch geglättet und gewellt. Sie war so hübsch mit ihrem dunkelbraunen
Haar und den sinnlichen braunen, mandelförmigen Augen, dass er über seinen offenen Schnürsenkel gestolpert wäre, wenn sie im Kolleghof nicht stehen geblieben wäre und ihn darauf aufmerksam gemacht hätte. Ihre Blicke begegneten sich, und Clayton war hin und weg. Prairie View war das erste College für Schwarze in Texas gewesen, doch er hätte beinahe mit der Tradition der Mathews gebrochen und sich am Wiley College in Marshall eingeschrieben, um nicht
als der Zwillingsbruder von William Mathews zu gelten – wenigstens ein paar Jahre lang. Doch in dem Moment, als er Naomi Cortland erblickte, war er für den Rest seines Lebens dankbar, sich für Prarie View entschieden zu haben. William war am selben College Student des ROTC, des Reserve Officer Trainings Corps, mit den Hauptfächern Mathematik und Geschichte, und schien Naomi gegenüber völlig gleichgültig zu sein, nannte sie sogar heimlich »Klappergestell«, nachdem er sie zum ersten Mal gesehen hatte. Zu der Zeit war er damit beschäftigt, einen Pädagogikabschluss in Lufkin zu machen. Schon ein paar Monate nach dem Liebeswerben um Naomi dachte Clayton ans Heiraten, wollte aber erst dann einen Ring kaufen, wenn er die Studiengebühren bezahlt hätte. Während seines dritten Jahrs an der juristischen Fakultät der Texas Southern University in Houston kehrte sein Bruder William an die Prairie View zurück, um nach einem freiwilligen Einsatz in Vietnam seinen Abschluss zu machen. William und Naomi gerieten ins Plaudern – und es waren mehr als ein paar flüchtige Worte auf dem Flur von Claytons Studentenwohnheim. Es gab lange Gespräche über den Krieg und Williams Motive dafür, mitzumachen. Er litt an einem Patriotismus, der ihn am Nabel hinter sich herzog, wie er es beschrieb; es war ein Gefühl, dem er ständig gerecht zu werden versuchte und das an seinem Wunschbild von Amerika nagte. Er war bereit, für dieses Ideal zu kämpfen, zu glauben, dass Treuepflicht und Dienstbereitschaft ihn dorthin bringen konnten. Damals wollte Naomi Krankenschwester werden und begriff, was ein Leben im Dienste anderer bedeutete, begriff, was es hieß, durch Blut und Dreck zu waten in der Hoffnung, reparieren zu können, was zerbrochen war. Es ist der Kampf
, sagte William häufig. Die edle Gesinnung liegt im Kampf
. Clayton, den Kopf in einem juristischen Lehrbuch irgendwo in Houston vergraben, fühlte sich von beiden weit
entfernt, und als er seinen Abschluss an der juristischen Fakultät machte, führten William und Naomi ihn beim Abendessen der Abschlussfeier in eine ruhige Ecke, um ihm zu sagen, dass sie verlobt seien. Clayton nannte William einen Verräter und Naomi eine Närrin; bis Weihnachten sei sie eine Kriegswitwe, weil sich William eine Kugel für ein Land einfinge, das seine Liebe niemals erwidern würde. Diese Worte nahm er nie zurück, nicht einmal, als er am Grab seines Zwillingsbruders stand, nachdem William in Ausübung seiner Pflichten als Texas Ranger getötet worden war.
Darren fragte sich manchmal, ob der tiefgreifende Unterschied zwischen den beiden Seiten des Gesetzes, welche die Brüder repräsentierten – William, der Texas Ranger, und Clayton, der ehemalige Strafverteidiger –, sowohl von Herzensangelegenheiten als auch von einem ideologischen Dissens geprägt war. Inzwischen hatte er erkannt, dass ihn der Versuch, die Glaubenssysteme der beiden Männer unter einen Hut zu bringen – der Impuls, bei Polizeivergehen gegen einen Schwarzen, diesen vor der Polizei zu schützen –, den ganzen Ärger mit Mack und dem Malvo-Mord eingebracht hatte.
Was das Zerwürfnis zwischen seinen Onkeln betraf: William war tot, und Clayton hatte schließlich das neu entfacht, was er vor vielen Jahren verloren hatte. Er und Naomi lebten zusammen in Austin, wo er an der Texas School of Law unterrichtete. Sie hatten noch nicht geheiratet. Aber Darren war sich sicher, dass es passieren würde. Es war seltsam genug, um ihm Kopfschmerzen zu bereiten, wenn er zu lange darüber nachdachte. Nie wusste er, ob er in Williams Namen gekränkt sein oder sich für Clayton freuen sollte. Und Bruderschaft hin oder her, er hatte Mitgefühl mit Levi King und jedem anderen Kind, dessen Privatleben vom chaotischen Beziehungsleben Erwachsener bestimmt wurde.
Eine gute Stunde hinter Marshall, weniger als neunzig Meilen von Jefferson, dem Verwaltungssitz von Marion County, entfernt rief er seine Mutter an. Sie ging beim ersten Klingeln ran, an das Handy, das er ihr erst letzten Monat gekauft hatte. Im Hintergrund war Musik und das Rauschen des Windes zu hören. Sie war irgendwo draußen, das Radio auf ihrem Putzwagen, wie Darren vermutete, und hörte
Betty Wright und den Rhythm and Blues der Ausgebeuteten. Sie war kurz angebunden, verärgert darüber, von ihrem Sohn gestört und kontrolliert zu werden. Sie sagte: »Was willst du?«, ohne die Musik leiser zu stellen, und gleich darauf hörte Darren Stimmen im Hintergrund und ein Klirren, das für ein Windspiel zu laut war. Bierflaschen, dachte er. Bell war nicht bei der Arbeit. Sie machte Party mit ein paar Leuten. Kein Grund, die Stechuhr zu bedienen, wo Darren ihr doch regelmäßig einen Batzen Geld zusteckte. Er kam gleich zur Sache.
»Wo ist sie?«, fragte er.
»Wo ist was, mein Junge? Ich hab dir doch gesagt, dass ich beschäftigt bin.«
»Die Waffe, Mom. Wo zum Henker hast du die Waffe hingetan?«
»Moment, lass mich das Telefon leise stellen.«
»Mom …«
»Was, sie werden nichts sagen«, bemerkte sie. »Es sind Fisher und’n paar seiner Leute aus Lake Charles. Die interessiert so’n Kleinstadtkram nicht.«
»Bist du in Louisiana? Was ist mit der Arbeit?«
»Ich bin mit meinem Boss hier, also gibt’s keine Probleme«, sagte sie. »Ich verstehe nicht, wieso dich das kümmert, kommst ja nicht mal vorbei, um mich zu besuchen.«
»Ich hab dich am Donnerstag besucht«, sagte er. »Ich habe deinen Rasen gemäht.«
Das mit dem Einreden von Schuldgefühlen geschah ganz automatisch, und wenn sie dabei ertappt und korrigiert wurde, saugte sie lediglich die Luft durch die Zähne ein und sagte: »Was willst du, Darren?«
»Wo ist sie?«
»An einem sicheren Ort.«
»Wo?«
»Besser, du weißt es nicht, oder? Glaubhafte Soundso«, sagte sie und suchte nach dem passenden Wort. »Bestreitbarkeit, das ist es. Ich hab das bei Investigation Discovery gesehen.« Über die Kabelbox, für die Darren ebenfalls bezahlte. »Ich will nicht, dass mein Baby lügen muss.«
»Ich würde nur lügen müssen, wenn jemand nach der Waffe fragen
würde«, sagte er. »Was niemand tun wird, wenn du kein Wort darüber verlauten lässt.«
»Ich habe dein Geheimnis bisher bewahrt.«
»Es geht nicht nur um mich. Macks Freiheit steht ebenfalls auf dem Spiel. Sie könnten uns beide ins Gefängnis stecken, wegen Mordes oder wegen Vertuschung.«
»Mack ist nicht mit mir verwandt, also ist das nicht meine Sorge.« Sie bat jemanden, ihr einen Flusskrebs und ein wenig Mais zu reichen. »Ich werde dich beschützen. Schließlich bin ich deine Mutter und werde nicht zulassen, dass dich jemand holt.«
Etwas in ihrer Stimme brachte ihn dazu, ihr glauben zu wollen. Es war seltsamerweise einer der wärmsten mütterlichen Momente, die er je mit ihr gehabt hatte. Er erlaubte sich den unrealistischen Gedanken, die Situation von Anfang an falsch eingeschätzt zu haben.
Vielleicht hatte seine Mutter die Waffe tatsächlich von seinem früheren Wohnsitz fortgeschafft, um ihren Sohn zu beschützen. Vielleicht waren die vielen Male, die er in den vergangenen beiden Monaten bei ihr gewesen war, die vielen gemeinsamen Mahlzeiten ihre Art gewesen, ihm näherzukommen. Vielleicht hatte sie sein Geld nur genommen, weil er es ihr angeboten hatte. Hatte sie ihn mit der 38er denn je direkt erpresst? Er musste zugeben, dass die Antwort Nein
lautete. Vielleicht war es ein Fehler, seine Mutter nach ihren früheren Fehltritten zu beurteilen, auch wenn sie zahlreich waren. »Du hast also nicht mit dem Bezirksstaatsanwalt gesprochen?«
Bell stieß ein raues Lachen aus. »Soll ich denn?«
»Nein.«
»Dann hör auf, dir Sorgen zu machen, mein Junge.«
»Wo ist sie, Mom?«, fragte er drängend. »Ich würd’ mich einfach besser fühlen, wenn ich es wüsste, wenn ich sie an mich nehmen und irgendwo …«
»Und deine Fingerabdrücke überall darauf hinterlassen würdest? Das ist das Letzte, was du brauchst.« Er hörte das Ploppen eines Bierflaschenverschlusses. Bell nahm einen Schluck und stieß einen kleinen Seufzer aus, gefolgt von einem leisen, damenhaften Rülpsen. »Ich hab’s dir gesagt, Junge, ich hab dich. Wir einander.«
»Danke«, sagte er kurzzeitig verwirrt und verunsichert von der Zuneigung seiner Mutter. Ich liebe dich, Mom
. Er sagte es stumm
vor sich hin, bevor er es laut aussprach. Es fühlte sich auf einmal richtig an. Er war sich nicht sicher, ob sie ihn gehört hatte. Die Musik, die Bierflaschen, ein Mann und eine Frau, die im Hintergrund lachten. Bell, die um Feuer für ihre Zigarette bat. Er hörte, wie das Papier in der Flamme knisterte, wie sie an der Zigarette zog und den Rauch ausstieß.
»Das stimmt«, sagte sie noch immer tröstend. »Mom hat dich.«
Noch ein Zug und dann: »Wo wir davon sprechen, Puck fragt schon wieder nach der Miete. Er hat die Kabelfirma gesehen, den Flachbildschirm, den du mir gekauft hast, und er sagt, dreihundertfünfzig reichen nicht mehr. Er will jetzt fünfhundert im Monat.« Ihre Stimme nahm einen fragenden Ton an.
»Und ich soll das bezahlen?«
»Worüber zum Kuckuck haben wir die letzten zehn Minuten gesprochen, Darren?« Sie klang aufgebracht, aber nicht weniger aufgebracht als er am anderen Ende der Leitung. Etwas zwischen ihnen, eine Hoffnung, die in ihm gekeimt hatte, zerstob, und Darren fühlte sich abermals betrogen. Scheinbar jedes Mal, wenn er bereit war, einen Schlussstrich unter ihre Geschichte zu ziehen und neu anzufangen, auf die Liebe zu setzen, die irgendwo da war, jedes Mal, wenn er die Hand ausstreckte, um ihr zu vergeben, wurde sie ihm weggeschlagen. Sie stellte ihre Forderung. »Könntest du bei ihm vorbeifahren und für mich bezahlen? Fisher und ich werden mindestens übers Wochenende hierbleiben«, sagte sie.
»Ich arbeite, Mom, und bin gerade auf dem Weg nach Jefferson.«
»Dann sag deinem hübschen Mädchen, dass sie zu mir rauffahren soll. Wir sind jetzt eine Familie, ob sie’s versteht oder nicht …«
»Ich habe dir gesagt, dass sie dich gern hat, Mom.«
Sie schnalzte mit der Zunge und wurde mit jeder Sekunde, in der sie nicht bekam, was sie wollte, übellauniger. »Na ja, Familienmitglieder helfen sich gegenseitig. Bring mich nicht dazu, irgendwas zu unternehmen, um dir in dem Punkt auf die Sprünge zu helfen, Darren. Macks Pistole kann bleiben, wo sie ist … oder eben nicht
.«
Dann sagte sie ein, zwei Worte zu Fisher oder mit wem auch immer sie zusammen war. Ihm schwirrte der Kopf, so benommen war er von der emotionalen Achterbahnfahrt. Über vierzig Jahre mit ihr,
und er war wieder da, wo er begonnen hatte. »Ich liebe dich, mein Sohn«, sagte Bell.
Ich liebe dich auch, Mom
.