19
Er verabschiedete sich eilig von Marcus, schnappte sich sein Buchexemplar und das Foto von Penelope Deschamps, doch sobald er in seinem Truck saß, wusste er nicht, was er damit anfangen sollte. Er warf beides hinter den Vordersitz und entschied sich für eine Route zum Telford-Unit-Gefängnis in New Boston, die sich ziemlich nah an der Grenze zu Arkansas verlief. Er hatte noch nichts gegessen, machte einen Schlenker vorbei an einem Catfish-Drive-in und aß auf dem Weg nach Norden.
Er war erschrocken über seine Nervosität. Auch über das Zittern seiner Hände, wenn er sie vom Lenkrad nahm. Über den säuerlichen Geruch, der von seinem Hemdkragen aufstieg. Und über den frittierten Fisch, der ihm zu schaffen machte, noch bevor er zwanzig Meilen außerhalb von Jefferson war. Er hatte schon Mördern gegenüber gesessen, doch das hier fühlte sich anders an. Bill Kings Verbrechen waren etwas Persönliches. Er stieß einen übelriechenden Rülpser aus, als das Telefon klingelte.
Es war seine Mutter. Sie grollte vor Zorn, und Darren konnte das wütende Beben durch das Telefon spüren, als er den Highway 59 verließ und quer durch die Außenbezirke von Texarkana fuhr, um den Weg zur Gefängnisstadt von New Boston abzukürzen. »Du schickst mir also deinen Onkel auf den Hals?«, fragte Bell. »Verdammt, Darren, wieso musst du deine Mutter dazu bringen, dir wehzutun? Ich dachte, wir hätten eine Vereinbarung.«
Darren war verwirrt.
»Mama«, sagte er, um sie an die neu entdeckte Ergebenheit ihres Sohns zu erinnern.
»Dafür ist es jetzt zu spät. Ich weiß nicht, ob ich dir noch vertrauen kann, was bedeutet, dass ich nicht weiß, was ich jetzt tun soll. Ich dachte, wir hätten einen Deal.«
»Wovon redest du, Mama? Hat Clayton dich angerufen?«
»Mich angerufen? Dieser hochnäsige Nigger ist bei mir zu Hause
aufgetaucht. Als ich aus Lake Charles zurückkomme, wer steht da in meinem Garten und warnt mich davor, Geld von dir zu nehmen? Er wusste von der Waffe, Darren. Er wusste über alles Bescheid und hat gedroht, es so aussehen zu lassen, als wäre ich irgendwie in den Mord verwickelt. Ich schwöre dir, Darren …«
»Nein«, sagte er, und sein Truck schlingerte ein wenig zu dicht an den Wagen in der anderen Fahrspur heran. Er spürte, wie ihm vom Brustbein bis hinauf zum Hals heiß wurde. »Ich habe Clayton nicht zu dir geschickt.«
Auch von der Waffe habe ich ihm nichts erzählt, dachte er.
Dann fiel es ihm ein. Lisa. Herrgott
.
Er war so wütend, dass an den Rändern seines Sichtfelds weiße Lichter zuckten, und obwohl er am Steuer saß, kniff er kurz die Augen zu. Lisa hatte es also wieder getan. Sie hatte mit Clayton über ihn geredet, und Clayton, alarmiert von der Situation, hatte versucht, seinen Neffen zu beschützen, indem er sich direkt an Bell gewandt und ihr befohlen hatte, sich zurückzuhalten. Schlimmer noch, er hatte ihr sogar gedroht, sie zu verleumden, falls sie Darren nicht in Ruhe ließ und die Waffe nicht herausrückte. Bells Stimme brach jetzt. Sie schien ehrlich verletzt zu sein, weil ihr Sohn sie verraten hatte, auch wenn sie ihn seit Wochen sanft erpresste. »Als das eine Sache zwischen dir und mir war, war es etwas Besonderes, etwas, wovor nur ich dich bewahren konnte«, sagte sie und drehte die ganze Sache damit so, als wäre es ein Akt mütterlicher Fürsorge gewesen. »Aber Clayton hat alles ruiniert.«
»Nein, Mama, nein.«
»Falls mich dieser Bezirksstaatsanwalt jetzt was fragt, muss ich mich schützen, mein Sohn.«
»Du wirst gar nichts tun«, sagte Darren und hob vor Verzweiflung die Stimme. »Lass alles so, wie es ist, bis ich wieder in San Jacinto County bin, und ich verspreche dir, ich kann das wieder in Ordnung bringen. Hast du genug Geld für ’ne Weile?« Sein Magen krampfte sich zusammen, und er glaubte, sich womöglich übergeben zu müssen. Er hatte genug von seiner Mutter und der gesamten Situation. Und er war wütend auf Clayton und vor allem auf Lisa, so sehr, dass ihm beinahe der Kopf platzte. Er drehte die Klimaanlage auf. »Hat Mack was von der Miete zu Puck gebracht?«
»Ich will den Mann nicht in meiner Nähe haben«, bellte sie. »Weiß er Bescheid?«
»Dass du die Waffe gefunden hast?«
»Ja.«
»Nein, Ma’am«, sagte Darren. »Ich versuche ihn vor alldem zu beschützen.«
»Du solltest dir Sorgen um dich selbst machen, denn ich sage dir, ich weiß nicht, was ich tun werde. Falls dieser Mr. Vaughn anrufen sollte …«
»Du tust überhaupt nichts, Mama«, sagte er bestimmt. »Ich bringe das in Ordnung.«
Er beendete das Gespräch und betete dafür, dass seine Mutter stillhielt, bis er ihr mehr Geld geben konnte, irgendwas, damit sie nichts Unbedachtes tat.
Als er es schließlich auf den Gefängnisparkplatz vorbei an Zäunen, die oben mit Stacheldraht versehen waren, geschafft hatte, hatte er Lisa eine Nachricht hinterlassen und sie des Verrats bezichtigt und Clayton angerufen, um ihm zu befehlen, Bell in Ruhe zu lassen und sich aus der ganzen verdammten Sache rauszuhalten. Du hast keine Ahnung, was du da angerichtet hast
. Als er den Motor abgestellt und die Fenster heruntergelassen hatte, um durchzuatmen, rief er Mack zu Hause an. »Dir ist vielleicht was zu Ohren gekommen«, begann Darren. »Aber ich möchte dir versichern, dass sich nichts geändert hat. Solange du bei deiner Version bleibst, kommen wir beide unbeschadet aus der Sache heraus.«
»›Wir?‹ Wovon redest du, Darren?«
»Nichts, was ich am Telefon näher erläutern möchte«, sagte er und blickte hinüber zu den verstärkten Stahlstangen an der Eingangstür des Gefängnisses und den bewaffneten Männern in den Wachtürmen. Er hatte das Gefühl, sie könnten hören, was er sagte, und wie Adler spüren, wenn ein potenzieller neuer Insasse in der Nähe war. »Wie wir schon festgestellt haben, nichts Neues von Bezirksstaatsanwalt Vaughn. Egal was er fragt, erzähl ihm genau die gleiche Geschichte wie zuvor, kein Wort über die Auseinandersetzung mit Ronnie Malvo bei dir vor dem Haus.«
Mack knurrte wütend. »Sie ist mein Enkelkind, und ich wollte
nicht zulassen, dass er sie belästigt.«
»Sag ihr das Gleiche, was ich dir gesagt habe«, sagte Darren. »Ich bin bald wieder in San Jacinto County, dann regeln wir das, ich schwör’s dir.« Obwohl er sich nicht mehr sicher war, was das heißen sollte. Er hatte die Kontrolle über die Sache verloren.
Er ging in das Befragungszimmer in Kings Zellenblock und hasste sich selbst. Und so war er richtig froh über seinen Hass gegen Bill King, der ihn erwartete, darüber, dass er seinen ganzen schändlichen Zorn über seinen gestörten moralischen Kompass auf den Weißen richten konnte. Wie konnte Darren in Gegenwart eines Mannes an sich zweifeln, der aus Spaß Schwarze gejagt hatte? Oh ja, er hasste Bill King in diesem Augenblick mit jeder Faser seines Körpers. Er hasste die Verbindung zur Bruderschaft, hasste die Verwüstung, die er angerichtet hatte, die Leben, die er zerstört hatte. Und wofür? Er hatte einen Mann getötet, der ihm nichts getan hatte, dessen Namen er nicht einmal gekannt hatte, nur um anderen Weißen zu beweisen, dass er einer perfiden Ideologie anhing, dass es sicher war, mit ihm Drogen herzustellen und zu verkaufen. Keith Washington, der Mann, den er getötet hatte, hatte eine Frau und Kinder, eins davon gerade mal in Levi Kings Alter, die jetzt ohne Vater in Longview aufwuchsen. Darren genoss die Gelegenheit, Bill King gegenüberzusitzen und sich in seiner eigenen Menschlichkeit bestätigt zu sehen. Bill King war für ihn kein Mensch mehr.
Als er in den kleinen, quadratischen Raum geführt wurde – mit Wänden aus Betonquadern, die in einem glatten Grau gestrichen und im Laufe der Jahre vielleicht hundert Mal übertüncht worden waren, wodurch alles, von vulgären Zeichnungen bis zu Pisse und Kot, nicht mehr zu sehen war –, hielt Bill King den Kopf gesenkt. Er wurde von zwei Gefängniswärtern flankiert, sodass sich kurzfristig sechs Männer in dem kleinen Raum aufhielten und Darren ihren Atem nach Kaffee oder Juicy-Fruit-Kaugummi riechen konnte, den einer von ihnen zwischen seinen langen Zähnen zerplatzen ließ. Dieser zog einen Stuhl von dem runden Tisch in der Mitte des Raums zurück und stieß Bill King darauf. Seine gefesselten Hände schlugen auf dem Holzlaminat des Tisches auf, wobei ein leises Ping wie von einer Glocke zu hören war. Seine Haare waren nachgewachsen und
bedeckten die Tattoos, die seinen Schädel ringförmig umgaben und die Darren vertraut waren. Und er trug eine Brille. Er hob den Kopf und blickte Darren an, nannte ihn Sir und fragte, ob er wolle, dass die Officer blieben. »Wie es Ihnen beliebt«, sagte er.
Seine Augen waren wie die von Rosemary blau. Levi kam nach seiner Mutter. So wie Darren körperlich mehr Gemeinsamkeiten mit seiner Mutter hatte als mit den Mathews-Männern in der Familie. Bill King sprach leise, mit einem leichten Flackern in den Augen, das auf ein chronisches Leiden hinwies. Es war Scham. Sie hatte graue Ringe unter seinen Augen eingegraben, die ihn leicht kränklich aussehen ließen. »Na schön, Ranger, ich würde gern mit Ihnen allein sprechen. Vertraulich, wenn das geht.« Die noch anwesenden beiden Wärter zuckten mit den Achseln und gingen zur Tür, ohne sich zu vergewissern, ob Darren überhaupt damit einverstanden war. In der Stahltür befand sich ein Fenster. Bill King würden die Handschellen nicht abgenommen werden. Darren entließ sie.
Als sich die Tür hinter ihnen schloss, schob Bill seinen Stuhl zurück, dessen Beine über den Boden schrappten, und stand auf, womit er Darren erschreckte. Seine Hand war augenblicklich an seiner Seite. Doch er hatte seinen 45er Colt abgeben müssen, bevor er das Gefängnis betreten durfte. Er wich zurück und hörte die Ketten klirren, die an Bills Handschellen befestigt waren. Als Bill klar wurde, dass er Darren Angst machte, setzte er sich verlegen wieder hin und sagte mit leiser Stimme: »Ich habe es in meinem Leben nicht weit gebracht, war ein zorniger Junge und dann ein zorniger Mann, ohne die Gründe dafür richtig zu verstehen, habe meiner Mutter Kummer gemacht und weiß Gott einige Leben zerstört.«
»Keith Washington.«
»Ja«, sagte Bill. »Und Danielle, Keisha und Jarrod.«
Er sprach von Keiths Frau und Kindern.
Er kannte ihre Namen.
»Ich habe ihnen die vergangenen sechs Jahre jede Woche geschrieben, habe mich auf jede erdenkliche Weise entschuldigt. Zuerst kamen die Briefe zurück, doch vor ein paar Jahren dann nicht mehr, also … vielleicht«, sagte er und seine Stimme wurde schwermütig. »Aber ich würde es auch verstehen, wenn sie die Briefe einfach nur wegschmeißen würden. Aber meine Hoffnung ist,
dass sie was von dem mitbekommen haben, was ich ihnen mitteilen wollte, meinen Gesinnungswandel.«
»Ich bin allerdings nicht hier, um Ihnen bei Ihrer angeblichen Seelenrettung beizustehen, und ehrlich gesagt interessiert es mich einen Scheiß, dass Sie angeblich geläutert sind.«
»Gott
weiß es.«
»Nun, es ist Ihnen unbenommen, das später mit ihm abzumachen. Ich bin hier …«
»Sie müssen mir helfen, meinen Sohn zu finden«, sagte Bill. »Bitte.«
»Auch deswegen bin ich nicht hier.«
»Ich weiß, ich weiß, ich hab mit Marnie gesprochen.«
Darrens Ohren glühten, sein Blutdruck schoss nach oben und sein Körper dünstete erneut diesen säuerlichen Geruch aus. »Haben Sie?« Würde es wirklich so einfach sein?
Er hörte die Worte beinahe schon, bevor Bill King sie aussprach.
»Ich werde aussagen, dass ich Ronnie Malvo getötet habe. Im Gegenzug möchte ich, dass Sie meinen Sohn suchen.« Er blickte Darren an, dem klar wurde, dass Bill King aus diesem Grund die Wärter nicht im Raum haben wollte, weil Darren und er das Gleiche wollten. Mit einem resignierten Achselzucken sagte er: »Ich hätte lebenslänglich oder vielleicht sogar den elektrischen Stuhl bekommen, wenn diese erste Jury mich des Mordes schuldig befunden hätte. Ich kannte Ronnie Malvo, wusste, wofür er eintrat. Ich nehme das gern auf mich.«
»Ich dachte, sie wollten so schnell wie möglich hier rauskommen«, sagte Darren, als er sich an Bill Kings Brief an den Gouverneur erinnerte.
»Ich habe meiner Mutter bereits gesagt, dass sie nächste Woche abblasen soll.«
»Was ist nächste Woche?«
»Ich bin bereit, meine Zeit bis zum Schluss abzusitzen.«
»Was ist nächste Woche, Bill?«
»Ich will niemanden in Schwierigkeiten bringen, ich will nur, dass Sie meinen Sohn finden. Levi ist das einzig Gute, das ich in dieser Welt zustande gebracht habe, und ich hatte gehofft, eines Tages nach Hause zu kommen und dem Jungen ein richtiger Vater zu sein, dafür
zu sorgen, dass er nicht so wird wie ich. Doch in Wahrheit war ich ein schlechter Mensch, und ich bin bereit, meine Freiheit meinem Kind zu opfern. Zum Teufel, vielleicht kann ich am besten dafür sorgen, dass er nicht so wird wie ich, indem ich einfach hier drin bleibe.«
»Wie kommen Sie darauf, dass ich Ihren Sohn finde?«
Bill stieß einen resignierten Seufzer aus, der eine gewisse Hoffnungslosigkeit verriet. »Ich sag’s Ihnen, Sir, ich nehm den Tod von Ronnie Malvo auf mich, wenn Sie’s nur versuchen. Können Sie wenigstens versuchen, meinen Sohn zu finden, bitte, Sir?« Er klang wie die bettelnde Marnie King. Und Darren musste an ihre und Danas Tränen denken. Die Liebe hier war echt. Bill King war bereit, für Levi eine Mordanklage auf sich zu nehmen. Doch Darren zögerte.
»Wieso glauben Sie, dass er noch am Leben ist?«
»Hab ich eine Wahl?«, sagte Bill, und seine Augen füllten sich mit Tränen. »Dieses Kind ist meine einzige Hoffnung, dass meine Zeit auf diesem Planeten, der Mist, den ich angestellt habe, noch mal ’ne Wendung zum Guten nimmt.«
»Das geht aber nicht, Bill«, sagte Darren in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete. »Ich helfe Ihnen, Ihren Sohn zu finden, und wer gibt Keisha und Jarrod ihren Daddy zurück? Wie soll das funktionieren? Wollen Sie mir erzählen, Ihre Erlösung zählt mehr als die von denen, dass die Rettung Ihres weißen Sohns, der wahrscheinlich das gleiche rassistische Arschloch ist wie sein Dad – diese Fantasie können Sie sich also schon mal abschminken –, für Keiths Kinder alles wieder in Ordnung bringt?«
Bill strich sich mit seinen schmutzigen Fingern durch sein kurzes Haar, wobei die Ketten an seinen Handgelenken gegen den Tisch klirrten. Das schien ihn getroffen zu haben, Darrens fehlende Anerkennung seiner Läuterung. Er wollte so dringend, dass ihm dieser Schwarze für etwas auf den Rücken klopfte, das Millionen anderen problemlos gelang: Einen Schwarzen nicht kaltblütig zu ermorden. Bill bettelte um Gnade. »Ich tu alles, um für meine Sünden zu büßen, Mann. Jeden einzelnen Tag.«
Darren blickte direkt in Bills feuchte Augen. »Das genügt leider nicht.«
Er liess sich zu nichts breitschlagen, aber das musste er auch nicht.
Darren wusste bereits, was er tun würde. Es würde nur ein paar Drinks brauchen, um ihm die nötige Courage zu verleihen. Er hielt vor der ersten Kneipe außerhalb des Gefängnisses. Eine primitiv aussehende Spelunke am Straßenrand, die wie eine Scheune aufgemacht war. Sie hieß Bucky’s und war voll mit Gefängniswärtern, die gerade ihren Dienst beendet hatten, Männern und Frauen, Schwarzen, Weißen und Latinos und Verwaltungspersonal des Gefängnisses. Darren hatte Hut und Marke im Wagen gelassen, um kein Aufsehen zu erregen, und an der Bar bestellte er zwei Gläser Bourbon, jeweils drei Fingerbreit. Er wollte sie nebeneinander auf dem Tresen haben, sodass es kein langsames Nippen gäbe, keine Chance, es sich anders zu überlegen. Das Licht in der Kneipe war so schummrig und warm wie das Gefühl in seinen Gliedern, als der Alkohol seine Wirkung entfaltete und seine Großhirnrinde vernebelte. Er wollte nichts denken oder fühlen, nur die Worte abspulen, als er zwanzig Minuten später in seinen Truck stieg und Lieutenant Wilson die Neuigkeiten mitteilte. »Er behauptet, er hätte den Mord an Ronnie Malvo befohlen.«
»Ist nicht wahr«, sagte Wilson völlig verwundert.
»Sie brauchen natürlich eine eidesstattliche Erklärung.«
»Das ist mehr, als wir erwartet haben, Mathews.« Und dann, so als könnte er sein Glück nicht fassen, könnte es einfach nicht glauben, sagte er erneut: »Ist nicht wahr. Verabredung zu Mord, Manipulation eines Zeugen, das ist es.«
Darren spürte daraufhin ein seltsames Ziehen in der Brust, so als schuldete er Bill King etwas dafür, dass er Mack entlastete. »Er glaubt, dass sein Sohn noch lebt.«
»Da ist er wohl der Einzige«, sagte Wilson und versuchte ruhig zu atmen, bevor er fortfuhr. Er meinte, dass sie umgehend die eidesstattliche Erklärung besorgen müssten, entweder indem sie Darren zurückschickten oder einen Ranger, der in der Gegend von Texarkana stationiert war, damit beauftragten. »Und wir müssen uns genau ansehen, was das für die Sondereinheit bedeutet – falls Bill King wusste, dass Ronnie Malvo ein Informant war, wer weiß dann noch Bescheid? Da wir gerade davon sprechen …« Er rief seiner Sekretärin zu: »Holen Sie mir Frank Vaughn unten in San Jacinto County ans Telefon. Wir müssen ihm mitteilen, dass die
Sondereinheit die Untersuchung von hier aus leitet.«
Die Erwähnung von Vaughn erinnerte Darren an den Deal, den er mit Bill gemacht hatte, und an das Pflichtgefühl gegenüber dem ABT-Captain, das er nicht empfinden wollte. »Bill sorgt sich wegen der Suche nach seinem Sohn.«
»Nun, das ist nicht mehr Ihre Angelegenheit, Ranger. Sie haben da einen Wahnsinnsjob gemacht, haben ein Wunder vollbracht, mein Sohn. Sie sollten sich einen Drink gönnen und nach Hause fahren.«
Darren lächelte bitter angesichts der Tatsache, dass er bereits einen doppelten intus hatte und zu Letzterem noch nicht bereit war. »Da steckt noch mehr dahinter«, sagte er.
Er berichtete Wilson von Rosemarys seltsamen Verhalten, von dem Anwalt, der stets in ihrer Nähe war und sämtliche Fragen abgeblockt hatte, einschließlich der über Marion Countys jüngstes Rätsel. Er berichtete von Monica Maldonado, dem Lärm in dem Zimmer, der Begegnung mit Gaines, den Lügen und der Notarin, die sie nicht finden konnte, und der Tatsache, dass sie anscheinend verschwunden war. Wilson lachte zum Schluss leise, als glaubte er, dass Darren nach einem Vorwand suchte, die Stadt nicht verlassen zu müssen. »Ich dachte, zu Hause läuft es gut.«
»Eine Frau, die bei Rosemary King war, wurde mit dem Mann gesehen, der irgendwie in den Verkauf von Hopetown verwickelt ist, wo Leroy Page lebt und Levi King verschwunden ist. Jetzt ist sie ebenfalls verschwunden«, sagte Darren mit übertriebener Bestimmtheit. Konnte er denn sicher sein, dass die Frau bei Sandler Gaines vor dem Cardinal Hotel Monica Maldonado gewesen war? Nein, konnte er nicht
. Aber er war sich sicher, dass mehr an der Geschichte dran war. »Ich finde, dem sollte man nachgehen.«
»Sie haben getan, was Sie konnten, Ranger. Sie haben den Sheriff davon in Kenntnis gesetzt, außerdem kann ich nicht behaupten, dass das eine Sache für Texas Ranger ist. Verschwenden Sie nicht länger Ihre Zeit, verlassen Sie Jefferson und kehren Sie dorthin zurück, wo sie hingehören.«