EINFÜHRUNG

Ich geb’s zu.

Ich bin ein Ernährungsfreak. Ich liebe es, mich nur aus Spaß an der Freude durch wissenschaftliche Literatur zu wühlen – einfach aus Faszination über die Funktionsweise des menschlichen Körpers und wegen all der Rätsel, die noch darauf warten, entschlüsselt zu werden. Während meiner Highschool-Zeit habe ich oft die Schule geschwänzt, um mich stundenlang in der wissenschaftlichen Bibliothek der örtlichen Universität herumzutreiben und dort die neuesten Ausgaben der wissenschaftlichen Fachliteratur zu verschlingen. Ich verstand kaum etwas davon, aber ich war völlig fasziniert von dem Konzept wissenschaftlicher Forschung: der experimentellen Beweisführung, um unsere Theorien über das Universum zu überprüfen.

An der Uni entschied ich mich zunächst für Biophysik. Am meisten interessierten mich die Rätsel des Universums, die sich in jedem von uns manifestieren. Doch so spannend die ganzen Wissenschaften und die Mathematik auch waren – mir wurde schnell klar, dass die Hauptursache für Tod und Behinderung in der westlichen Welt nicht das Higgs-Teilchen, sondern unsere Ernährung ist. Das starke Engagement meiner Mutter in der Bürgerrechtsbewegung inspirierte mich dazu, mein Leben der Aufgabe zu widmen, diese Welt zu einem besseren Ort zu machen. Die durch eine einfache Ernährungsumstellung herbeigeführte wundersame Heilung meiner Großmutter, die sich im Endstadium einer Herzerkrankung befand, gab mir die genaue Richtung vor: Ich wollte Arzt werden und mich auf Ernährung spezialisieren.

Auch wenn dies zunächst noch keinem Menschen half, verbrachte ich sieben Tage die Woche zwischen staubigen Bücherstapeln im Keller irgendeiner medizinischen Bibliothek, um meine eigene Neugier zu stillen. Was mich aber jeden Morgen aufs Neue dazu motiviert, aus dem Bett zu springen (und direkt zu meiner Schreibtisch-Laufband-Konstruktion), sind all die Leben, die ich verändern kann und die ich dank der Informationen, die ich aufstöbere, bereits retten konnte. Jahrelang konnte ich Millionen Menschen über die Webseite NutritionFacts.org erreichen, doch erst durch die Veröffentlichung von How Not To Die brachen tatsächlich alle Dämme. Mein Maileingang, mein Briefkasten und meine Handy-Mobilbox wurden mit Dankesnachrichten von Leserinnen und Lesern förmlich überflutet. Sie alle teilten mir begeistert mit, wie die wissenschaftlichen Informationen, die ich bereitstelle, ihnen und ihren Familien dabei geholfen haben, gesünder zu werden. Was für ein wunderbares Geschenk solche Nachrichten sind!

Das Einzige, das dies noch übertrifft, ist, wenn ich diese Wertschätzung für meine Arbeit von Angesicht zu Angesicht und von Herz zu Herz erleben kann. Bei meinen Buchvorstellungsreisen quer durch die Welt durfte ich Zeuge unzähliger Verwandlungserlebnisse werden. Unfassbar viele Menschen standen nach meinen Vorträgen Schlange, um mit mir zu reden, sodass manchmal Stunden vergingen, bis ich mich wieder auf den Weg zum Flughafen machen konnte.

Die Geschichten, die diese Leute mit mir teilen, sind nicht die üblichen, die Ärzte sonst so zu hören bekommen, sprich solche, die sich nur um Schmerzen und Krankheiten drehen. Es sind Geschichten über eine wiedererlangte Gesundheit und ein glückliches Ende. Was könnte für beide Seiten erfreulicher sein?

Lassen Sie mich folgende Geschichte mit Ihnen teilen:

Ich traf Chris, einen Mann mittleren Alters, nach einem Vortrag in Boston, den ich an Harvards Dana Farber Cancer Institute hielt, wo er arbeitete. Chris war zu meinem Vortrag gekommen, weil er nach 10 Jahren mit der Diagnose Typ-2-Diabetes absolut keine Lust darauf hatte, sein Leben lang von Medikamenten und Untersuchungen abhängig zu sein – ein Schicksal, das sein Arzt ihm prophezeit hatte.

Sein Arzt hatte ihm auch erzählt, dass sein Diabetes vermutlich nur das Ergebnis schlechter Gene sei und dass Chris Tabletten nehmen müsse und darüber hinaus »auf seinen Zucker aufpassen« solle (was auch immer das genau heißen mag). Chris wusste, dass Diabetes zu Komplikationen wie Erblindung oder Amputationen führen kann. Sein Arzt schien nicht sehr optimistisch zu sein, was die weitere Prognose betraf, und gab ihm auch keinerlei zusätzliche Empfehlungen.

Zehn Jahre später verließ Chris die Praxis seines Arztes ohne Hoffnung und mit einem Gefühl völliger Hilflosigkeit. Er fühlte sich, als wäre ihm sein eigenes Todesurteil verkündet worden. Trotzdem hörte er nicht auf, weiter nach anderen Antworten zu suchen. Deshalb kam er auch zu meinem Vortrag.

Nachdem Chris mir von seinen Erfahrungen berichtet hatte, erklärte ich ihm, dass wir trotz der Art und Weise, wie sein Arzt darüber denken mochte, einen gewaltigen Einfluss auf unser gesundheitliches Schicksal haben. Der Großteil frühzeitiger Todesfälle und Behinderungen lässt sich mit einer pflanzenbasierten Ernährung und anderen gesunden Änderungen der eigenen Lebensweise verhindern. Typ-2-Diabetes ist das perfekte Beispiel für eine Krankheit, die sich heilen lässt.

Chris gab mir sein Exemplar von How Not To Die zum Signieren. Wie ich es immer tue, wenn ich Bücher signiere, schrieb ich auch dieses Mal meine persönliche E-Mail-Adresse und meine Handynummer dazu und ermunterte ihn, mich zu kontaktieren, wenn es irgendetwas gäbe, bei dem ich ihm oder seiner Familie helfen könne.

Etwa zehn Monate später schickte Chris mir die folgende E-Mail:

Hallo Doc,

Sie werden es nicht glauben: Mein Diabetes ist VERSCHWUNDEN. Ich habe ihn besiegt, Doc! How Not To Die hat mir tatsächlich das Leben gerettet! Und raten Sie mal, was noch! Meine Frau hat schon seit ihrer Teenagerzeit Gewichtsprobleme. Wir sind zusammen auf eine pflanzenbasierte Ernährung umgestiegen, und sie hat es das erste Mal seit Jahren geschafft, ein normales Gewicht zu erreichen! Wir sind beide so glücklich, wir fühlen uns wieder wie Teenager. (Habe ich erwähnt, dass wir seit der Schulzeit zusammen sind? Das ist schon richtig lange her, aber jetzt fühlt es sich gar nicht mehr so lange her an!)

Außerdem spart uns diese Ernährung einiges an Geld! Früher habe ich über 70 Dollar im Monat für meine Diabetesmedikamente, mein Blutzuckermessgerät und die Teststreifen ausgegeben. Jetzt kommt all das Geld, das wir nicht mehr für Medizin brauchen, auf … raten Sie mal … ein Glückssparbuch!

Wir wollten beide schon immer einen Hund haben, und als ich den Diabetes endlich besiegt hatte, meinte meine Frau: »Der Tag, an dem du deine Gesundheit zurückbekommen hast, ist der glücklichste meines Lebens. Wir sollten das feiern!« Also sagte ich ihr, dass ich gern ins Tierheim fahren und dort einen Hund holen würde. Als die Tierheimmitarbeiter mich fragten, welche Art von Hund ich gern hätte, sagte ich: »Einen netten Hund. Einen, von dem Sie glauben, dass ihn sonst keiner will. Den Hund, den alle anderen aufgegeben haben. Einen Zweite-Chance-Hund – so einer wäre genau der richtige für mich!«

Die Tierheimleute beratschlagten einen Moment. Dann brachten sie mir eine große schwarze Hündin, die ihren Schwanz zwischen die Beine geklemmt hatte und ihren Kopf hängen ließ. Die Hündin und ich sahen uns an. Ihr Name war Joy, »Freude«. Bisschen komisch für ein so trauriges Tier, oder? Wir fanden schnell zueinander, und jetzt machen Joy, meine Frau und ich jeden Morgen einen gemeinsamen Spaziergang. Wir nennen es unseren »Joy Walk«! Sie macht ihrem Namen mittlerweile alle Ehre, und ich glaube, dass sie mich in ähnlicher Weise gerettet hat wie ich sie.

An den meisten Tagen fällt es mir leicht, meinen neuen Essgewohnheiten treu zu bleiben. Wenn ich aber doch mal vom Weg abkomme, sehe ich mir Joy an und erinnere mich daran, wie unser Leben früher aussah, und dass ich das auf keinen Fall wieder will.

Vielen Dank dafür, dass Sie mit mir gesprochen und meiner Familie und mir Ihre Aufmerksamkeit geschenkt haben. Sie wissen gar nicht, wie viel mir das bedeutet. Ich hoffe, dass Sie allen Menschen da draußen erklären können, dass unsere Gene NICHT unser Schicksal sind – so wie Sie es mir erklärt haben. Es gibt Hoffnung, und (zumindest in meinem Haus) auch Freude! Danke, Dr. Greger!

Gern geschehen, Chris!

Doch nicht alle Menschen fühlen sich so beglückt. Manche sind wütend. Warum hat ihr Arzt ihnen nicht erzählt, wie lebensrettend unsere Essgewohnheiten sein können? Wenn ich meinen Studierenden jahrzehntealte Studien zeige, die beweisen, wie schnell sich unsere häufigsten Todesursachen heilen lassen, denken sie oft: »Moment mal. Heißt das, mein Bruder hätte gar nicht sterben müssen?« Oder vielleicht ihre Schwester, ihre Mutter oder ihr bester Freund? Dr. Dean Ornish veröffentlichte schon in den 1990er-Jahren Studien, die bewiesen, dass sich Herzerkrankungen heilen lassen.1 Die Studie zur Umkehr von Diabetes, über die ich in dem Vortrag, den Chris besuchte, gesprochen hatte, wurde bereits 1979 veröffentlicht. Die Studie zeigte, dass Menschen, die schon seit zwanzig Jahren mit Typ-2-Diabetes lebten und sich täglich bis zu 32 Einheiten Insulin spritzten, das Insulin schon nach dreizehn Tagen absetzen konnten.2

Lassen Sie diese Information einen Moment lang auf sich wirken: Menschen, die zwanzig Jahre lang an Diabetes leiden, können in weniger als zwei Wochen ihr Insulin absetzen. Sie mussten die Krankheit zwanzig Jahre lang ertragen, weil ihnen niemand etwas über eine pflanzenbasierte Ernährung erzählt hatte. Jahrzehntelang waren sie nur dreizehn Tage davon entfernt, sich von ihrem Diabetes zu befreien …

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Auch wenn es theoretisch gesehen eines ist, sehe ich dieses Buch nicht als vegetarisches Kochbuch an. Bei gesundem Essen geht es nicht um Vegetarismus, Veganismus oder irgendeinen anderen »-ismus«. Aus ernährungsbasierter Sicht mag ich die Begriffe vegetarisch und vegan nicht, weil sie dadurch definiert werden, was wir nicht essen. Viel zu oft treffe ich auf Veganer, die mir stolz von ihrer tierfreien Ernährung erzählen, die allerdings hauptsächlich aus Pommes, Fleischersatzprodukten und kuhmilchfreier Eiscreme zu bestehen scheint. Das mag zwar vegan sein, doch gesundheitsförderlich ist es nicht gerade.

Aus diesem Grund verwende ich lieber den Begriff vollwertige, pflanzenbasierte Ernährung. Die besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse legen nahe, dass die gesündeste Ernährung die ist, die den Konsum von Fleisch, Eiern, Milchprodukten und stark industriell verarbeiteten Lebensmitteln minimiert und dafür den Konsum von Obst, Gemüse, Hülsenfrüchten (Bohnen, Erbsen, Kichererbsen und Linsen), Vollkorngetreide, Nüssen und Samen sowie Kräutern und Gewürzen maximiert – oder, einfach formuliert, den Konsum der Dinge, die aus der Erde wachsen. Das ist unsere gesündeste Wahl.

Was meine ich mit vollwertig? Ich meine damit Lebensmittel, die nicht zu stark verarbeitet sind. Oder denen, anders ausgedrückt, nichts Schlechtes hinzugefügt und nichts Gutes entzogen wurde.

Ein klassisches Beispiel dafür ist die Getreideverarbeitung, bei der z. B. Vollkornweizen in Weißmehl verwandelt oder Naturreis zu weißem Reis »poliert« wird. Weißer Reis mag sauber aussehen, doch ist er praktisch aller essenziellen Nährstoffe beraubt, die in Naturreis vorkommen, wie beispielsweise seiner B-Vitamine. Bevor die Lebensmittelhersteller damit begannen, weißen Reis mit Vitaminen anzureichern, starben Millionen Menschen an Beriberi, einer Vitamin-B-Mangelerkrankung, die das Ergebnis des Konsums von nährstofflich leerem weißem Reis war. Auch wenn raffiniertes bzw. verarbeitetes Getreide heutzutage normalerweise mit einigen Vitaminen angereichert wird, fehlt diesem dennoch die Vielzahl an Phytonährstoffen, die in Vollkorngetreide enthalten sind.

Gemäß meiner Definition nichts Schlechtes hinzugefügt, nichts Gutes entzogen sind für mich auch kernige und zarte Haferflocken und sogar (purer ungesüßter) Instant-Haferbrei relativ unverarbeitete Produkte, obwohl die beste Wahl natürlich vollwertiges und noch intaktes Vollkorngetreide ist, wann immer es geht und möglich ist.

Mit pflanzenbasiert meine ich, dass unsere Ernährung auf so vielen pflanzlichen Lebensmitteln wie nur möglich basieren sollte. Für How Not To Die habe ich ein Ampelsystem erstellt, das grüne Lebensmittel auflistet, von denen wir mehr essen sollten, gelbe, die wir weniger essen sollten, und rote, auf die wir im Alltag idealerweise ganz verzichten sollten. Es wirkt sich kaum aus, was gesunde Leute an ihrem Geburtstag, während der Feiertage oder zu besonderen Anlässen essen. Das, was alltäglich auf unseren Tellern landet, summiert sich. Oder wie es der Leitfaden des Versicherungsunternehmens Kaiser Permanente The Plant-Based Diet: A Healthier Way to Eat formuliert: »Wenn Sie es nicht schaffen, sich zu 100 Prozent pflanzenbasiert zu ernähren, dann streben Sie 80 Prozent an. Jeder Schritt hin zu mehr pflanzlichen und weniger tierischen [und verarbeiteten] Produkten kann Ihre Gesundheit verbessern!«3

Ich habe versucht sicherzustellen, dass alle Rezepte in diesem Buch nur aus »grünen« Zutaten bestehen. Das heißt aber nicht, dass alle verarbeiteten Produkte schlecht für Sie sind. Lebensmittel sind nicht per se völlig gut oder völlig schlecht, sondern eher besser oder schlechter. Unverarbeitete Lebensmittel sind in der Regel gesünder als verarbeitete. Halten Sie sich folgendes Beispiel vor Augen: Haferbrei mit ganzen Mandeln ist besser, als Mandelmilch über den Haferbrei zu gießen. Hafermilch ist aber wesentlich besser als Kuhmilch.

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How Not To Die wurde von meiner außergewöhnlichen Großmutter inspiriert, der mit fünfundsechzig Jahren eröffnet wurde, dass ihr Leben vorbei sei. Ihre Ärzte schickten sie im Rollstuhl zum Sterben nach Hause. Doch kurz nachdem sie aus dem Krankenhaus entlassen worden war, sah sie im Fernsehen eine 60 Minutes-Folge über Nathan Pritikin, einen Pionier auf dem Gebiet, Herzerkrankungen mit einer pflanzenbasierten Ernährung rückgängig zu machen. Meine Großmutter flog zum Pritikin Center in Kalifornien, um herauszufinden, ob sein Programm ihr vielleicht helfen könne. Im Rollstuhl schoben sie sie hinein und auf ihren eigenen Beinen lief sie gesund wieder hinaus. Sie schaffte es, noch einunddreißig weitere Jahre über den ihr verkündeten Todeszeitpunkt hinaus zu leben – und dabei das Leben mit ihren sechs Enkelkindern, mich eingeschlossen, zu genießen.

Dieses neue Buch wurde von Ihnen, meinen Lesern und Unterstützern, inspiriert. Sie haben mich unzählige Male nach meinen Lieblingsrezepten gefragt, nach speziellen Empfehlungen zur Menüplanung und nach der besten Strategie, so viele Lebensmittel wie möglich aus dem Täglichen Dutzend zum festen Bestandteil Ihres Lebens zu machen. Ich hoffe, ich kann für Sie und Ihre Familie tun, was Pritikin für meine getan hat.

DER »HOW NOT TO DIE«-ANSATZ

Sollten Sie How Not To Die noch nicht kennen, empfehle ich Ihnen, sich ein Exemplar in der Bibliothek auszuleihen oder in Ihrem Buchladen vor Ort zu besorgen. Ich profitiere persönlich nicht von den Buchverkäufen. Alle Einnahmen, die durch den Verkauf meiner Bücher und DVDs und durch meine Vorträge erzielt werden, kommen gemeinnützigen Zwecken zugute. Ich hoffe also nicht aus eigennützigen Gründen, dass Sie sich mein neuestes Buch holen. Ich bin aus tiefstem Herzen davon überzeugt, dass ich Ihnen damit helfen kann, Ihr Leben in ein gesünderes und glücklicheres zu verwandeln.

Die folgenden Informationen fassen kurz zusammen, worum es in How Not To Die geht. Dieser schnelle Überblick soll Ihnen verstehen helfen, warum ich diese speziellen (und köstlichen) Rezepte für dieses Begleitkochbuch ausgewählt habe: Sie enthalten allesamt vollwertige pflanzliche Lebensmittel, die extrem hilfreich dabei sein können, Krankheiten abzuwehren und eine angeschlagene Gesundheit wieder auf Vordermann zu bringen.

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In den späten 1950er-Jahren wurde bei dem einundvierzigjährigen Ingenieur Nathan Pritikin eine koronare Herzkrankheit diagnostiziert. Seine Ärzte erklärten ihm, er könne nicht viel mehr tun, als viele Nickerchen zu halten, keine Treppen mehr zu steigen und so viel Zeit wie möglich mit seiner Familie zu verbringen. Doch anstatt auf das Unvermeidliche zu warten, nahm Pritikin die Sache selbst in die Hand und verschlang alle Informationen, die er über seine Krankheit finden konnte. Seine Nachforschungen inspirierten ihn schließlich dazu, auf eine pflanzenbasierte Lebensweise umzusteigen. Innerhalb von zwei Jahren sank sein Cholesterinwert enorm – von über 300 auf unter 160. Statt dank eines Herzinfarkts den Löffel abzugeben, half Pritikin unzähligen anderen Menschen dabei, ihre eigenen Herzerkrankungen rückgängig zu machen. Einer dieser Menschen war meine Großmutter, die, wie detailliert in Pritikins Biografie nachzulesen ist, zu einer seiner berühmtesten Erfolgsgeschichten wurde.4

Es war die wundersame Heilung meiner Großmutter, die mich dazu brachte, Medizin zu studieren. Zu Beginn des Studiums war ich schockiert, als ich herausfand, dass all die wissenschaftlichen Beweise zum Rückgängigmachen von Herzerkrankungen durch eine Änderung der Lebensweise, durch die sich die Arterien ohne Medikamente oder chirurgische Eingriffe wieder selbst öffneten, von der Schulmedizin fast durch die Bank ignoriert wurden. Wenn die sprichwörtliche Heilung unserer Todesursache Nummer 1 fast spurlos unter Bergen anderer Informationen verschwindet und völlig ignoriert wird, welche anderen lebenswichtigen Informationen verstecken sich dann noch in der medizinischen Fachliteratur? Ich machte es zu meinem Lebensziel, genau das herauszufinden. Das führte dazu, dass ich NutritionFacts.org ins Leben rief und How Not To Die schrieb.

Eine pflanzenbasierte Ernährung ist die einzige Ernährungsweise, die bewiesenermaßen Herzerkrankungen bei einer Mehrzahl von Patienten rückgängig machen kann. Wenn eine pflanzenbasierte Ernährung das schaffen kann – unsere Todesursache Nummer 1 heilen – sollte sie dann nicht die Standardernährungsweise sein, zumindest so lange, bis etwas anderes bewiesen ist? Vor allem, wenn man bedenkt, dass sie noch viel mehr kann, nämlich weitere unserer häufigsten Todesursachen effektiv behandeln, in ihrem Verlauf stoppen oder sogar umkehren.

In How Not To Die erkläre ich, welche Rolle die Ernährung bei dem Verhindern und Heilen der fünfzehn häufigsten Ursachen für einen vorzeitigen Tod in der westlichen Welt hat. Hier finden Sie sie alle aufgelistet, angefangen mit der am häufigsten vorkommenden Krankheit, nämlich der, die meine Großmutter so erfolgreich heilen konnte.

KORONARE HERZERKRANKUNGEN: Unsere Todesursache Nummer 1 führt in den USA jährlich zu 375.000 Todesfällen. In Deutschland geht fast jeder vierte Todesfall auf ein krankes Herz zurück.5 Doch das muss nicht so sein, wie bereits das China-Cornell-Oxford-Projekt gezeigt hat. Diese umfangreiche Studie, geleitet von Professor Emeritus T. Colin Campbell, untersuchte die Ernährungsgewohnheiten und die Sterberaten mehrerer Hunderttausender Chinesen aus dem ländlichen Raum. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse bildeten die Basis für Dr. Campbells späteren Beststeller China Study. Überraschenderweise fanden Dr. Campbell und seine Kollegen heraus, dass viele unserer westlichen Epidemien – extrem häufig auftretende chronische Krankheiten – bei der untersuchten, sich pflanzenbasiert ernährenden chinesischen Bevölkerungsgruppe gar nicht vorkamen.6 Ähnliche Studien, die im frühen zwanzigsten Jahrhundert im ländlichen Afrika durchgeführt wurden, kamen zu demselben Ergebnis: Pflanzenbasierte Bevölkerungsgruppen schienen einhundertmal weniger Herzinfarkte zu erleiden als US-Amerikaner im selben Alter.7

Autopsien von Unfallopfern haben gezeigt, dass Herzerkrankungen schon sehr früh im Leben beginnen.8 Sie können sich sogar schon im Mutterleib entwickeln, wenn die Mutter sehr hohe Cholesterinwerte hat.9 Im Jahr 1953 untersuchte eine im Journal of the American Medical Association veröffentlichte Studie dreihundert im Koreakrieg gefallene US-amerikanische Soldaten, die im Schnitt zweiundzwanzig Jahre alt waren. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass 77 Prozent dieser Soldaten bereits sichtbare Anzeichen einer koronaren Atherosklerose zeigten und einige sogar Arterien hatten, die zu 90 Prozent oder sogar noch stärker verstopft waren.10 Andere Untersuchungen an Unfallopfern zeigten, dass »fatty streaks« – streifenförmige Fettablagerungen, die Vorläufer von Plaque-Ablagerungen – bei Kindern, die eine durchschnittliche westliche Ernährungsweise befolgen, bereits schon ab einem Alter von zehn Jahren auftreten.11

Wir konnten nicht sicher sein, dass dies wirklich am Essen lag, bis es wissenschaftlich überprüft und getestet wurde. Dr. Dean Ornish war der Erste, der mittels einer randomisierten und kontrollierten Studie nachwies, dass eine pflanzenbasierte Ernährung und andere gesunde Änderungen der Lebensweise Herzerkrankungen rückgängig machen konnten.12 Dr. Caldwell Esselstyn jr. legte nach, indem er sich ausschließlich auf die Ernährung konzentrierte. Im Jahr 2014 veröffentlichte er eine Studie, an der fast zweihundert Patienten mit schweren Herzerkrankungen teilgenommen hatten – einige davon wie meine Großmutter, die es nicht einmal mehr bis zum Briefkasten schaffte, ohne sich vor Schmerzen zu krümmen. Zu Beginn der Studie wies Dr. Esselstyn seine Patienten an, sich vollwertig und pflanzenbasiert zu ernähren. Nach dem Umstieg gelang es über 99 Prozent von ihnen, weitere herzbezogene Ereignisse zu vermeiden.13

LUNGENKRANKHEITEN: Allein in den USA töten Lungenkrebs, chronisch obstruktive Lungenerkrankungen (COPD) und Asthma zusammen jedes Jahr 296.000 US-Amerikaner. 2014 starben in Deutschland 45.084 Menschen an Lungenkrebs.14 Eine pflanzenbasierte Ernährung kann sehr wahrscheinlich alle drei Krankheiten verhindern. Der beste Weg, keinen Lungenkrebs zu bekommen, ist natürlich aktives und passives Rauchen zu vermeiden. Doch schon ein einziger Stängel Brokkoli am Tag kann die Aktivität der entgiftenden Enzyme in der Leber gehörig ankurbeln und dabei Lungenkrebs verursachenden Schäden der DNA auf Zellebene vorbeugen.15 Jede tägliche Portion Obst wird bei Männern mit einem um 24 Prozent geringeren Sterberisiko aufgrund von COPD assoziiert. Zu der COPD gehört das Lungenemphysem, welches das Atmen erschwert und im Laufe der Zeit schlimmer wird. Ein hoher Gemüsekonsum bei Kindern wird darüber hinaus mit einem halb so großen Risiko in Verbindung gebracht, Asthma zu entwickeln.17 Bei der Behandlung von Asthma hat sich zudem in randomisierten Studien gezeigt, dass der Verzehr von zusätzlichen Obst- oder Gemüseportionen die Asthmaanfälle halbieren kann.18

HIRNKRANKHEITEN: Die zwei gravierendsten Hirnkrankheiten sind Schlaganfälle und Alzheimer. Diese beiden zusammen sind jedes Jahr für 215.000 Todesfälle in den USA verantwortlich. In Deutschland erkranken jedes Jahr rund 150.000 Menschen an einem Schlaganfall und 300.000 an Alzheimer.19 Beide haben mich auch persönlich betroffen: Der Vater meiner Mutter starb an einem Schlaganfall und ihre Mutter an Alzheimer. Bei den meisten Schlaganfällen wird die Blutzufuhr zum Gehirn unterbrochen, was zu einer Sauerstoffunterversorgung führt. Die Folgen eines Schlaganfalls hängen stark davon ab, welcher Bereich des Gehirns betroffen ist. Menschen, die einen leichten Schlaganfall erleiden, müssen danach vielleicht nur mit einem Taubheitsgefühl in einem Arm oder Bein zurechtkommen, während diejenigen, die einen schweren Schlaganfall erleiden, gelähmt sein können, ihre Sprachfähigkeit verlieren oder aber, wie es leider viel zu oft der Fall ist, daran sterben können.

Glücklicherweise kann eine pflanzenbasierte Ernährung das Risiko eines Schlaganfalls verringern. Eine um nur 7 Gramm pro Tag erhöhte Ballaststoffaufnahme (Ballaststoffe kommen ausschließlich in Pflanzen vor) – das entspricht ungefähr einer großen Handvoll Himbeeren – wird mit einem um 7 Prozent verringerten Risiko in Verbindung gebracht.20 Zusätzlich ergab eine Metaanalyse im Journal of the American College of Cardiology, dass eine Erhöhung der Kaliumaufnahme um 1.640 mg – enthalten in 150 g grünem Blattgemüse oder 100 g gekochten Bohnen – mit einem um 21 Prozent niedrigeren Schlaganfallrisiko assoziiert wird.21

Alzheimer, eine furchtbare Krankheit, die unsere Erinnerung und unsere Selbstwahrnehmung zerstört, kann weder geheilt noch effektiv behandelt werden. Dennoch herrscht in steigendem Maße Einigkeit darüber, dass dieselben Lebensmittel, die zu einer Verstopfung unserer Arterien führen, mit der Zeit auch unser Gehirn lahmlegen. Ein leitender Wissenschaftler des Center for Alzheimer’s Research verlieh seinem Übersichtsartikel die Überschrift »Alzheimer ist unheil-, aber vermeidbar«.22 Autopsien haben wiederholt gezeigt, dass Alzheimerpatienten vergleichsweise deutlich mehr atherosklerotische Plaque-Ablagerungen und Verengungen in ihren Hirnarterien aufweisen.23

Zahlreiche Studien konnten nachweisen, dass Alzheimer primär keine genetische Erkrankung ist. So sind die Alzheimerraten unter japanischen Männern, die in den USA leben, wesentlich höher als unter japanischen Männern, die in Japan leben.24 Dasselbe wurde bei Afroamerikanern im US-amerikanischen Indianapolis im Vergleich zu Afrikanern in Nigeria festgestellt.25 Das eigentliche Problem ist wohl die typische westliche Ernährungsweise, die die Arterien im Gehirn abwürgen kann. In welchem Teil der Welt gibt es die niedrigsten validierten Alzheimerraten? Im ländlichen Nordindien, wo sich die Menschen traditionell pflanzenbasiert ernähren und dabei hauptsächlich Getreide und Gemüse essen.27

KREBSARTEN DES VERDAUUNGSSYSTEMS: Jedes Jahr sterben 106.000 US-Amerikaner an Krebsarten, die sich eigentlich gut verhindern lassen.28 Einige Krebsarten haben zwar auch genetische Ursachen, doch sind häufig auftretende Krebsarten des Verdauungssystems weit wahrscheinlicher das Ergebnis schlechter Ernährungsgewohnheiten. Wenn wir unsere Verdauungsorgane flach ausbreiten könnten, würden sie eine erstaunlich große Quadratmeterfläche bedecken.29 Das heißt, dass eine Oberfläche außergewöhnlichen Ausmaßes mit unserem Essen in Kontakt kommt, wenn dieses unseren Verdauungstrakt passiert. Nahrung ist der größte direkte Kontakt, den wir zur Außenwelt haben. Darmkrebs (Dickdarm- und Mastdarmkrebs) ist eine der am häufigsten diagnostizierten Krebsarten in den USA (in Deutschland ist Darmkrebs bei Männern die dritthäufigste und bei Frauen die zweithäufigste Tumorerkrankung), in Indien allerdings relativ selten. Im direkten Vergleich erhalten US-amerikanische Männer elfmal und US-amerikanische Frauen zehnmal häufiger die Diagnose Dickdarmkrebs.30 Ein möglicher Grund? Gewürze, so wie Kurkuma, ein in der indischen Küche fast täglich verwendetes Gewürz, das auch in Currymischungen verwendet wird und eine Vielzahl krebsbekämpfender Eigenschaften hat.31 Ein anderer möglicher Grund ist das Essen, das mit dem kurkumareichen Currypulver gewürzt wird: Indien ist einer der weltweit größten Produzenten von Obst und Gemüse, und nur circa 7 Prozent der erwachsenen Bevölkerung essen täglich Fleisch. Was stattdessen täglich verzehrt wird, sind Hülsenfrüchte (Bohnen, Erbsen, Kichererbsen und Linsen) sowie dunkles Blattgemüse,32 das randvoll mit einer anderen Art krebsbekämpfender Inhaltsstoffe namens Phytate ist.

Bauchspeicheldrüsenkrebs zählt zu den tödlichsten Krebsarten. Nur 6 Prozent der Betroffenen leben nach der Diagnose noch länger als fünf Jahre.33 Darum ist ein Vorbeugen so wichtig. Die National Institutes of Health-AARP Studie [AARP = American Association of Retired Persons, Mitbetreiber der Studie], bei der 525.000 Menschen zwischen fünfzig bis siebzig Jahren ab dem Jahr 1995 über mehrere Jahre begleitet wurden, fand heraus, dass der Konsum von tierischem Fett stark mit dem Risiko zusammenhängt, an Bauchspeicheldrüsenkrebs zu erkranken. Bei pflanzlichen Fetten wurde kein solcher Zusammenhang entdeckt.34 Auch die europäische EPIC-Studie (European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition), die ab 1992 477.000 Menschen über einen Zeitraum von 10 Jahren untersuchte, fand heraus, dass der Verzehr von jeden 50 Gramm Geflügel pro Tag (circa ein Viertel einer Hühnerbrust) mit einem um 72 Prozent erhöhten Risiko für Bauchspeicheldrüsenkrebs zusammenhängt.35

INFEKTIONEN: Mit jedem Atemzug gelangen Tausende Bakterien in unseren Körper. Mit jedem Bissen Nahrung sind es gleich unfassbare Millionen mehr. Die meisten Mikroben sind harmlos. Einige können aber ernste Infektionen auslösen, wie Grippe oder Lungenentzündung, denen jedes Jahr siebenundfünfzigtausend US-Amerikaner zum Opfer fallen. Experten schätzen, dass jährlich 35.000 Menschen in Deutschland an einer Lungenentzündung sterben.36 Eine pflanzenbasierte Ernährung kann Ihr Immunsystem robuster machen und Sie schützen. Eine 2012 im American Journal of Clinical Nutrition veröffentlichte Studie zeigte, dass ältere, nach dem Zufallsprinzip ausgewählte Probanden, täglich fünf oder mehr Portionen Obst und Gemüse aßen, eine um 82 Prozent stärkere Antikörperreaktion auf einen Impfstoff gegen Lungenentzündung hatten als diejenigen, die nur zwei oder weniger Portionen Obst und Gemüse am Tag aßen.37 Kurz gesagt können Sie Ihr Immunsystem also richtig fit machen, indem Sie einfach mehr Obst und Gemüse essen. Brokkoli und anderes Kreuzblütlergemüse verstärkt, wie wissenschaftlich nachgewiesen wurde, die Aktivität intraepithelialer Lymphozyten, einer speziellen Art weißer Blutkörperchen, die die erste Verteidigungslinie des Darms gegen Pathogene bilden.38 Heidelbeeren können die Zahl unserer natürlichen Killerzellen, die äußerst wichtige Verteidiger unseres Immunsystems gegen Viren und Krebszellen sind, bewiesenermaßen fast verdoppeln.39

TYP-2-DIABETES: Über zwanzig Millionen US-Amerikaner leben derzeit mit der Diagnose Diabetes (in Deutschland über fünf Millionen), dem »schwarzen Tod des einundzwanzigsten Jahrhunderts«. Das entspricht einer Verdreifachung der Fälle seit dem Jahr 1990.40 Diabetes verursacht in den USA zurzeit jährlich 50.000 Fälle von Nierenversagen, 75.000 Fälle von Amputationen unterer Extremitäten, 650.000 Fälle von Sehverlust und 75.000 Todesfälle.41 Typ-2-Diabetes wird durch eine Insulinresistenz unseres Körpers ausgelöst. Insulin ist ein wichtiges Hormon, das Glukose (Blutzucker) in unsere Zellen transportiert und dadurch gefährlich große Zuckermengen in unserem Blut verhindert. Diese Insulinresistenz wird hauptsächlich durch eine Fettablagerung in unseren Muskelzellen verursacht.42 Dieses Fett stammt entweder aus übermäßigem Fett aus unserer Nahrung oder aus überschüssigem Körperfett. Bis zu 90 Prozent aller Menschen, die Diabetes entwickeln, sind übergewichtig.43

Eine pflanzenbasierte Ernährung kann Ihnen dabei helfen, sich die überflüssigen Pfunde buchstäblich vom Leib zu halten. Es scheint mit den Übergewichtsraten schrittweise immer weiter nach unten zu gehen, wenn Menschen von einer nicht-vegetarischen zu einer flexitarischen (überwiegend vegetarischen), zu einer pescetarischen (Fisch essende Vegetarier), zu einer vegetarischen und schließlich zu einer veganen Ernährung wechseln. Diejenigen, die sich ausschließlich pflanzenbasiert ernähren, waren die einzige Ernährungsgruppe, die im Durchschnitt ein Idealgewicht hatte, und sie wiesen einen durchschnittlichen BMI (Body Mass Index) von 23,6 auf. (Ein BMI über 25 gilt als Übergewicht.) Nichtvegetarier führten die Liste mit einem ungesunden BMI-Durchschnittswert von 28,8 an.44 Wenn Sie abzunehmen versuchen, kann ein erhöhter Verzehr pflanzlicher Lebensmittel Ihnen dabei helfen: Allein das Hinzufügen von Bohnen zur alltäglichen Ernährung kann bewiesenermaßen die Taille schlanker werden und den Blutzucker sinken lassen, und zwar in derselben Weise, wie es das Verkleinern von Portionen zur Kalorieneinschränkung tut.45

Wie eine Studie mit zehntausenden Erwachsenen aus den USA und Kanada nahelegt, scheinen Menschen, die auf sämtliche Tierprodukte inklusive Fisch, Milchprodukte und Eier verzichten, ein um 78 Prozent geringeres Diabetesrisiko zu haben.46 Wenn Sie schon Diabetes haben, kann eine pflanzenbasierte Ernährung diesen umkehren. Sogar, wenn sie dabei nicht abnehmen, kann eine pflanzenbasierte Ernährung auch bei Menschen, die seit Jahrzehnten an Typ-2-Diabetes leiden, dafür sorgen, dass diese in schon zwei Wochen keine Insulininjektionen mehr brauchen.47 Aus diesem Grund sollten Sie, falls Sie Medikamente zum Senken des Blutzuckers oder Blutdrucks einnehmen, bei einer Umstellung auf eine gesündere Lebensweise unbedingt Ihren Arzt einbeziehen, damit Sie im gegebenen Fall diese Medikamente schnell geringer dosieren oder auch ganz absetzen können. Andernfalls könnte die Ernährungsumstellung so gut funktionieren, dass Ihr Blutzucker oder Blutdruck in Kombination mit den gewohnten Medikamenten zu stark sinkt. Wenn der Körper die Möglichkeit hat, sich selbst zu heilen, können gewöhnlich eingenommene Medikamente sehr schnell schädlich sein.

BLUTHOCHDRUCK: Bluthochdruck, auch Hypertonie genannt, ist weltweit der größte Risikofaktor für Tod und Behinderung48. Ihm fallen global jedes Jahr neun Millionen Menschen zum Opfer49, fünfundsechzigtausend davon allein in den USA.50 Ein erhöhter Blutdruck belastet das Herz, kann die empfindlichen Blutgefäße in Augen und Nieren beschädigen und sogar zu Hirnblutungen führen. Viele Ärzte glauben, dass ein erhöhter Blutdruck eine natürliche Folge des Alterns ist, so wie graue Haare oder Falten – schließlich können 65 Prozent aller US-Amerikaner über sechzig Jahre damit rechnen, die Diagnose Bluthochdruck zu bekommen. In Deutschland leiden schätzungsweise ein Drittel aller Erwachsenen an Bluthochdruck.51 Allerdings wissen wir seit fast einem Jahrhundert, dass der Blutdruck das ganze Leben lang stabil bleiben oder ab einem Alter über sechzig Jahre sogar sinken kann.52

Im Durchschnitt verringern Blutdruckmedikamente das Risiko eines Herzinfarkts um 15 Prozent und das eines Schlaganfalls um 25 Prozent.53 In einer randomisierten, kontrollierten Studie führten drei Portionen Vollkorngetreide am Tag bei den Testpersonen zu denselben Ergebnissen, und zwar ganz ohne Medikamente.54 Eine Tasse Hibiskustee zu jeder Mahlzeit konnte den systolischen Blutdruck im Vergleich zu einer keinen Hibiskustee trinkenden Kontrollgruppe um 6 Punkte absenken.55 Eine placebokontrollierte, randomisierte Doppelblindstudie fand heraus, dass Menschen mit Bluthochdruck, die sechs Monate lang jeden Tag einige Löffel Leinsamen aßen, ihren Blutdruck im Durchschnitt von 158/82 auf 143/75 senken konnten. Das wiederum könnte im Laufe der Zeit zu 46 Prozent weniger Schlaganfällen und 29 Prozent weniger Herzerkrankungen führen.56

LEBERERKRANKUNGEN: Viele Leute glauben, dass Lebererkrankungen, an denen jedes Jahr sechzigtausend US-Amerikaner sterben,57 das Ergebnis eines übermäßigen Alkoholkonsums oder intravenös zugeführter Drogen sind. Doch nicht-alkoholische Fettlebererkrankungen (NAFLD) sind in den USA schleichend zur häufigsten chronischen Lebererkrankung geworden. Davon sind mittlerweile geschätzte siebzig Millionen Menschen58 betroffen, von denen fast 100 Prozent stark fettleibig sind.59 Genau wie die alkoholische Fettlebererkrankung beginnt auch NAFLD mit einer Fettablagerung in der Leber. In seltenen Fällen kann dies zu Entzündungen und einer tödlich endenden Vernarbung der Leber, der Leberzirrhose, führen.60 Schon eine Softdrinkdose am Tag scheint das Risiko einer Fettlebererkrankung um 45 Prozent zu erhöhen.61 Menschen, die jeden Tag so viel Fleisch essen, wie in vierzehn Hühnchennuggets enthalten ist, haben im Vergleich zu Menschen, die nur eine sechs Nuggets entsprechende Menge oder weniger essen, eine fast dreimal so hohe NAFLD-Rate.62 Eine pflanzenbasierte Möglichkeit, um Leberentzündungen zu bekämpfen, ist das Essen von Haferbrei. Eine randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie mit übergewichtigen Männern und Frauen konnte nachweisen, dass dieser die Leberfunktion deutlich verbesserte – und den Probanden darüber hinaus auch half abzunehmen.63

BLUTKREBSARTEN: Leukämie, Lymphome und Multiple Myelom-Erkrankungen werden zuweilen auch als flüssige Tumore bezeichnet, da die Krebszellen durch den Körper wandern, anstatt sich irgendwo als feste Ansammlungen zu konzentrieren. Jedes Jahr töten diese Krebsarten sechsundfünfzigtausend US-Amerikaner. In Deutschland starben 2014 7.743 Menschen an Leukämie.64 Eine der größten Studien zu Ernährung und Krebs fand heraus, dass Menschen, die sich stärker pflanzenbasiert ernähren, tendenziell alle Krebsarten seltener entwickeln, aber dabei am deutlichsten vor Blutkrebs geschützt sind.65 Die Iowa Women’s Health Study, die mehrere Jahrzehnte lang über fünfunddreißigtausend Frauen untersuchte, zeigte, dass ein höherer Konsum von Brokkoli oder anderem Kreuzblütlergemüse mit einem geringeren Risiko eines Non-Hodgkin-Lymphoms assoziiert wird.66 Dies stimmt mit einer Studie der Mayo Clinic überein, die herausfand, dass Menschen, die drei oder mehr Portionen dunkles Blattgemüse pro Woche verzehrten, ein nur etwa halb so großes Risiko einer Lymphomerkrankung hatten wie Menschen, die weniger als eine Portion pro Woche aßen.67 Dieser Schutz scheint dem hohen Antioxidantiengehalt pflanzlicher Lebensmittel zu verdanken zu sein. Es ist allerdings wichtig zu wissen, dass Antioxidantienpräparate oder -ergänzungsmittel keinen solchen Schutz bieten.

NIERENERKRANKUNGEN: Unsere Nieren filtern alle vierundzwanzig Stunden 150 Liter Blut, um die 1 bis 2 Liter Urin zu bilden, die wir täglich loswerden. Wenn die Nieren nicht richtig funktionieren, können sich Stoffwechselabfallprodukte im Blut ansammeln, was irgendwann zu ernsten Problemen führen kann, wie beispielsweise Schwäche, Kurzatmigkeit, Verwirrung und Herzrhythmusstörungen. Irgendwann können die Nieren ganz kapitulieren, was zum Tod führt, wenn keine Dialyse durchgeführt wird – ein Schicksal, das jedes Jahr fast siebenundvierzigtausend US-Amerikaner ereilt.68

Eine kürzlich durchgeführte US-weite Erhebung fand heraus, dass nur 41 Prozent aller US-Amerikaner eine normale Nierenfunktion haben.69 Die meisten Menschen mit einer Nierenerkrankung wissen vermutlich gar nicht, dass sie eine haben.70 Harvard-Wissenschaftler untersuchten über ein Jahrzehnt lang die Nierenfunktionen Tausender gesunder Frauen. Sie fanden heraus, dass drei bestimmte Nahrungskomponenten für die Verschlechterung der Nierenfunktion verantwortlich sind: tierisches Protein, tierisches Fett und Cholesterin.71 Jede dieser drei Komponenten hat dieselbe Quelle: Tierprodukte.

Tierisches Protein löst in den Nieren eine Entzündungsreaktion aus.72 Innerhalb von Stunden nach dem Verzehr von Fleisch schalten die Nieren hoch in den Hyperfiltrationsmodus.73 (Hyperfiltration heißt, dass die Nieren unablässig arbeiten, während sich in ihnen ein erhöhter Druck aufbaut.) Ein lebenslanger Verzehr von übermäßig viel tierischem Protein fordert seinen Tribut und kann dazu führen, dass die Nieren mit den Jahren immer weniger effizient arbeiten. Dieselbe Menge an pflanzlichem Protein können sie hingegen problemlos vertragen.74 Pflanzliches Protein kann sogar dabei helfen, die Funktion bereits angeschlagener Nieren aufrechtzuerhalten.75

BRUSTKREBS: Brustkrebs, der jedes Jahr zum Tod von vierzigtausend US-Amerikanerinnen führt (in Deutschland sterben jährlich siebzehntausend Frauen an Brustkrebs),76 gehört zu den am meisten gefürchteten Diagnosen, die eine Frau bekommen kann. Und ja – was wir essen, spielt eine große Rolle dabei. Das Long Island Breast Cancer Study Project fand heraus, dass postmenopausale Frauen, die mehr gegrilltes oder geräuchertes Fleisch im Laufe ihres Lebens verzehren, ein um volle 47 Prozent höheres Brustkrebsrisiko haben.77 In der größten bisher durchgeführten Studie zu Krebs und Cholesterin mit über einer Million Teilnehmerinnen und Teilnehmern wurde ein um 17 Prozent höheres Brustkrebsrisiko bei den prämenopausalen Frauen festgestellt, die im Vergleich zu anderen Frauen, deren Cholesterinwert unter 160 lag, Cholesterinwerte von über 240 aufwiesen.78 Das bedeutet, dass dieselbe Ernährungsweise, die einer Frau dabei hilft, ihr Herzinfarktrisiko zu verringern, auch ihr Brustkrebsrisiko senken kann. Die Black Women’s Health Study, die fünfzigtausend Afroamerikanerinnen ab dem Jahr 1995 untersuchte, fand heraus, dass Frauen, die täglich zwei oder mehr Portionen Gemüse aßen, ein deutlich geringeres Risiko hatten, an schwer behandelbaren Brustkrebsarten zu erkranken: östrogenrezeptor-negativem und progesteronrezeptor-negativem Brustkrebs.79 Bei prämenopausalen Frauen wurde eine ballaststoffreiche Ernährung sogar mit einem um 85 Prozent niedrigeren Risiko für östrogenrezeptor-negative Brusttumore assoziiert.80

SUIZIDALE DEPRESSION: Einundvierzigtausend US-Amerikaner nehmen sich jedes Jahr das Leben. In Deutschland sind es rund 10.000 Menschen pro Jahr.81 Einer der Hauptgründe dafür sind Depressionen.82 Jeder, der Selbstmordgedanken hat, sollte sich professionelle Hilfe suchen. Darüber hinaus können Veränderungen der Lebensweise bei der Heilung von Seele und Körper helfen. Vor allem Grünzeug ist vermutlich sehr gut darin, einige dunkle Wolken zu vertreiben: Ein erhöhter Konsum von Gemüse kann das Risiko, eine schwere Depression zu entwickeln, um volle 62 Prozent verringern.83 Generell kann das Essen von reichlich Obst und Gemüse »eine nicht-invasive, natürliche und günstige therapeutische Maßnahme zur Unterstützung eines gesunden Gehirns« sein.84 Darüber hinaus wurde herausgefunden, dass das Gewürz Safran bei der Behandlung einer leichten bis mittelschweren Depression genauso effektiv sein kann wie das Medikament Prozac85 – und es schmeckt auch noch wesentlich besser.

PROSTATAKREBS: Prostatakrebs tritt wesentlich häufiger auf, als die meisten Leute annehmen: Autopsien haben gezeigt, dass etwa die Hälfte aller Männer über achtzig Jahre daran leiden.86 Die meisten sterben vorher an anderen Krankheiten. Dennoch tötet Prostatakrebs in den USA jedes Jahr achtundzwanzigtausend Männer. In Deutschland ist Prostatakrebs die häufigste Krebserkrankung und die zweithäufigste Krebstodesursache bei Männern. 87 Aktuelle Studien haben einen Zusammenhang zwischen Ernährung und Prostatakrebs aufgezeigt. Bevölkerungsstudien legen ebenfalls nahe, dass mit einem höheren Konsum von Tierprodukten auch die Prostatakrebsraten steigen. So hat sich z. B. die Todesfallrate durch Prostatakrebs in Japan seit dem Zweiten Weltkrieg verfünfundzwanzigfacht. Dieser dramatische Anstieg korreliert direkt mit einem fünfundzwanzigmal höheren Konsum von Milchprodukten, einem siebenmal höheren Konsum von Eiern und einem neunmal höheren Konsum von Fleisch.88 Der Konsum von Milchprodukten wird immer wieder mit einem bestimmten Risiko assoziiert: 2015 wurden eine Metaanalyse und ein Review durchgeführt, die herausfanden, dass ein starker Verzehr von Milchprodukten, d. h. Milch und Käse (sowohl Vollfett- wie auch fettreduzierte Produkte), nicht aber pflanzenbasierte Kalziumquellen, das Gesamtrisiko für Prostatakrebs zu erhöhen scheinen.89

Wenn Sie Prostatakrebs im Frühstadium haben, können Sie es schaffen, dessen Verlauf mit einer pflanzenbasierten Ernährung umzukehren. Nachdem er unsere Todesursache Nummer 1, die Herzkrankheiten, besiegt hatte, konzentrierte sich Dr. Dean Ornish auf unseren zweitmächtigsten Killer, den Krebs. Er teilte Prostatakrebspatienten randomisiert in zwei Gruppen auf: eine Kontrollgruppe, die keine Empfehlungen zu ihrer Lebens- und Ernährungsweise erhielt, außer denen, die sie zuvor von ihren jeweiligen Hausärzten bekommen hatten, und eine Gruppe mit einer gesunden Lebensweise, der eine pflanzenbasierte Ernährung verschrieben wurde, die auf Obst, Gemüse, Vollkorngetreide und Bohnen basierte und die weitere gesunde Änderungen der Lebensgewohnheiten beinhaltete. Ein Jahr später hatte sich der PSA-Blutwert (ein Marker für das Wachstum von Prostatakrebs im Körper) bei der Kontrollgruppe tendenziell erhöht, während der PSA-Wert der pflanzenbasierten Gruppe tendenziell gesunken war.90 Das weist daraufhin, dass die Prostatatumore bei dieser Gruppe tatsächlich kleiner wurden. Keine Eingriffe, keine Chemotherapie, keine Bestrahlung – nur durch gesundes Essen und gesunde Lebensgewohnheiten.

PARKINSON: Parkinson, die Krankheit, die vor allem Boxer und American-Football-Spieler befällt, die während ihrer sportlichen Laufbahn wiederholt Kopftraumata erleiden, tötet jährlich fünfundzwanzigtausend US-Amerikaner. 2015 starben in Deutschland über zehntausend Menschen an Parkinson.91 Diese Krankheit wird möglicherweise auch durch Hirnschäden verursacht, die durch Schadstoffe und giftige Schwermetalle entstehen, die sich in unserer Nahrung konzentrieren. Geflügel und Thunfisch sind nachweislich die Nahrungsmittel mit dem höchsten Arsengehalt. Milchprodukte sind am stärksten mit Blei belastet, während Fisch und Meeresfrüchte, Thunfisch eingeschlossen, die Hauptquelle von giftigem Quecksilber sind.92 Eine Analyse von über zwölftausend Lebensmittel- und Futterproben aus über zwanzig Ländern fand heraus, dass die höchste Konzentration der giftigen Chemikalie Polychlorbiphenyl (PCB) in Fisch und Fischöl vorkommt, gefolgt von Eiern, Milchprodukten und Fleisch. Die niedrigste Konzentration wurde am Ende der Nahrungskette gefunden – bei den Pflanzen.93 Diejenigen, die sich pflanzenbasiert ernähren, haben deutlich geringere PCB-Werte in ihrem Blut und daher ein geringeres Risiko, Parkinson zu entwickeln.94

Moment mal, Doc, denken einige meiner sehr aufmerksamen Leserinnen und Leser jetzt vielleicht. Das sind nur vierzehn.

Stimmt! Unser Killer Nummer 15 ist eigentlich die dritthäufigste Todesursache und in den USA für jährlich 225.000 Opfer verantwortlich.95 Und übrigens: Es ist keine Krankheit.

Es sind Ärzte.

Ganz richtig. Die medizinische Versorgung ist in den USA die dritthäufigste Todesursache. Ob es sich nun um Todesfälle aufgrund von Krankenhausinfektionen,96 unnötigen Eingriffen, falscher Medikation oder Nebenwirkungen der richtigen Medikamente handelt97 – die traurige Wahrheit bleibt, dass Sie zu einer Routinebehandlung ins Krankenhaus gehen können, aber vielleicht nicht wieder lebend herauskommen. Natürlich bemühen sich Krankenhäuser, medizinische Irrtümer zu minimieren und die Ausbreitung von Infektionen zu verhindern. Trotzdem bleiben sie gefährliche Orte.98 Wussten Sie, dass eine routinemäßig durchgeführte Brustkorb-CT dasselbe Krebsrisiko birgt wie das Rauchen von siebenhundert Zigaretten?99 Oder dass eine von 270 Frauen im mittleren Alter nach einem einzigen Angiogramm Krebs entwickeln kann?100 Oder dass, wenn es um Cholesterin, Bluthochdruck und blutverdünnende Medikamente geht, die Chance, dass sogar Hochrisikopatienten davon profitieren, in der Regel unter 5 Prozent in einem Zeitraum von fünf Jahren liegt?101 Ärzte und Patienten überschätzen die Macht von Pillen und Eingriffen zur Verhinderung von Tod und Krankheiten immens.

Für mich besteht die wahre Tragödie in all den verpassten Gelegenheiten, die eigentlichen Grundursachen chronischer Krankheiten in Angriff zu nehmen. Unsere moderne Schulmedizin ist großartig darin, gebrochene Knochen wieder zusammenzufügen und Infektionen zu heilen, versagt aber kläglich, wenn es um das Vorbeugen und Umkehren der häufigsten Todesursachen geht. Bis das System sich von Grund auf ändert, stehen wir selbst in der Pflicht, Verantwortung für unsere eigene Gesundheit und die unserer Familien zu übernehmen. Wir können nicht abwarten, bis die Gesellschaft irgendwann so weit ist, mit der Wissenschaft gleichzuziehen. Es geht um Leben und Tod. Ich schrieb How Not To Die, damit Sie verstehen, welche Bedeutung Lebensmittel bei dem Vorbeugen, Aufhalten oder Umkehren der fünfzehn häufigsten Todesursachen haben. Dieses Buch schrieb ich, damit Sie dieses Wissen praktisch umsetzen können, und zwar umgehend und direkt in Ihrer eigenen Küche.