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Die ersten fünf Minuten der Rückfahrt von Dr. Bogans Praxis verliefen schweigend. Patrick und Amy waren damit beschäftigt, die vorangegangene Therapiesitzung zu verdauen. Caleb hatte für einen Nachmittag genug mitgemacht und war nichts als eine Gähnmaschine, aber Carrie, die sowohl über eine gesunde Neugier als auch eine schnelle Auffassungsgabe verfügte, hatte nicht vor, die kurze Heimreise in Stille zu beenden.

»Warum hat Caleb Mommy wehgetan?«

Caleb sah seine Schwester an. Die Frage hatte der Gähnmaschine den Stecker gezogen, und er schien kurz vor dem Weinen zu sein.

»Carrie«, sagte Amy.

Unbeeindruckt vom scharfen Ton ihrer Mutter – eine nur geringfügige Hürde für ihre Neugier –, entschied Carrie sich, direkt an der Quelle zu forschen. »Warum hast du Mommy wehgetan?«, fragte sie ihren kleinen Bruder.

Caleb brach in Tränen aus.

»Carrie!«, rief Amy.

»Ihr Fuß hat geblutet«, sagte Carrie.

Caleb weinte heftiger.

Amy löste ihren Sicherheitsgurt, drehte sich herum und tätschelte Calebs Beine. Er hielt den Kopf gesenkt, und seine Schultern zuckten mit jedem Schluchzer. »Alles gut, Schätzchen, Mommy ist nicht böse auf dich – hoch und heilig versprochen.« Sie warf Carrie einen Blick zu. »Carrie, ich habe dir gesagt, dass wir das mit dir besprechen werden, wenn wir zu Hause sind. Es hilft uns nicht weiter, wenn du jetzt deinen Bruder aus der Fassung bringst.«

Carrie drehte verwirrt ihren Kopf zwischen Caleb und ihrer Mutter hin und her. »Warum schimpfst du mit mir? Ich hab dir nichts getan.«

»Caleb wusste nicht, dass er mir wehtun würde. Und das ist alles, was du im Moment wissen musst, verstanden?«

Carrie starrte Caleb zornig an. Sein Kopf hing noch immer herab, und auch das Beben der Schultern war nicht abgeebbt. Seine Wangen waren tränennass, und eine Rotzglocke bewegte sich auf seinen Mund zu. »Du hast es nicht gewusst? Wie dämlich

Amy zog ein Kleenex aus ihrer Handtasche und erwischte den Schnodder, bevor er Nase und Lippen verband. Dann faltete sie das Papiertaschentuch zusammen und tupfte damit seine Tränen auf. »Carrie, zum allerletzten Mal: Wenn du möchtest, dass dein Vater und ich heute Abend mit dir über das sprechen, was beim Doktor passiert ist, wirst du auf der Stelle aufhören, deinen Bruder zu schikanieren, ist das klar?«

Carrie schnaubte verärgert und verschränkte empört die Arme vor der Brust.

»Heißen Dank«, sagte Amy. Sie wandte sich wieder um und schnallte sich an.

Als Patrick den silbernen Highlander in die Einfahrt lenkte, war es Carrie, die zu weinen begann. Noch bevor Amy sich in ihrem Sitz umdrehen konnte, um sie zu trösten, sagte Carrie mit Blick auf ihren Bruder: »Du warst genauso wie die bösen Männer, von denen ich jede Nacht Albträume habe.«

Und damit waren auch Patrick und Amy einem Tränenausbruch nahe.