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Monica behielt unterdessen Steve Lucas im Auge. Er hatte sich keinen Zentimeter gerührt, saß nach wie vor aufrecht auf der Couch, mit dem Kopf im Nacken und weit offenem Rachen, aus dem ein donnerndes Schnarchen rasselte. Sie war kaum dazu imstande, ihn länger zu betrachten. Sie wusste, dass sie ein Profi war, aber wie sie es geschafft hatte, so oft mit ihm zu ficken, ohne ihn auszuweiden, würde ihr für immer ein Rätsel bleiben.
Ihr Handy vibrierte zweimal. Eine SMS. Sie ließ es aufschnappen.
Von: Dad
BIN DA.
Sie klappte das Telefon zu und eilte nach draußen. John parkte wieder an derselben Stelle am Straßenrand. Das Beifahrerfenster war runtergekurbelt. Monica schob ihren Kopf hindurch.
»Hier.« John gab Monica die Magnetkarten.
Sie inspizierte sie.
»Krieg ich eine?«, fragte John.
»Nein – warum solltest du?«
»Na ja, du hast drei«, sagte er.
»Reine Vorsichtsmaßnahme, Väterchen«, sagte sie.
Er knurrte und ließ sich wieder in seinen Sitz zurückfallen.
»Halt«, sagte sie. »Du musst mit reinkommen.«
»Weswegen?«
»Komm einfach, sei so gut.«
John knurrte erneut und schaltete die Zündung aus.
Monica und John starrten auf den komatösen Steve Lucas auf dem Sofa.
»Herr im Himmel«, sagte John. »Wie viel hat er getrunken?«
»Sehr viel. Ich hab ihm allerdings auch noch ein paar Tabletten untergeschoben.«
»Hoffentlich krepiert er nicht.«
»Dem wird nichts passieren. Abgesehen von der Mutter aller Kater.« Sie wandte sich ihrem Vater zu. »Du musst ihn ins Schlafzimmer tragen.«
»Was?«
»Es muss so aussehen, als hätten wir rumgemacht.«
»Schön – solange ich den Wichser nicht ausziehen muss.«
John lud sich Steves schlaffen Körper mühelos auf und folgte Monica ins Schlafzimmer. Er schleuderte Steve auf das Bett. »Gut so?«, fragte er.
»Hau noch nicht ab. Warte im Wohnzimmer auf mich«, sagte sie.
John nickte und verließ das Zimmer. Monica zog Steve Lucas rasch bis auf die blanke Haut aus und verteilte seine Klamotten überall im Raum. Sie zog die Decken unter ihm hervor und arrangierte sie auf dem Boden zu einem wirren Haufen. Sie stieß einige Fotos von seiner Kommode und zertrampelte die Rahmen. Sie trat eine Lampe um, rammte ihren Ellenbogen so oft gegen den Spiegel an der Wand, bis er splitterte, ging dann in die Küche und kehrte bald mit einer offenen Flasche Bourbon zurück. Sie warf sie auf den Teppich und sah zu, wie sich der grobe Stoff mit der bernsteinfarbenen Flüssigkeit vollsaugte, bis nur noch ein oder zwei Schluck davon in der Flasche verblieben.
Zufrieden ging sie schließlich ins Wohnzimmer zurück. John saß auf der Couch und blätterte in einer Zeitschrift. Steve Lucas’ Geldbörse lag noch immer auf dem Tisch. Monica nahm sie an sich, stopfte den Original-Kartenschlüssel hinein und legte die Brieftasche wieder auf den Tisch.
»Was zum Teufel hast du da drin getrieben?«, wollte John wissen, ohne den Blick von seinem Magazin abzuwenden. »Klang so, als hättest du alles demoliert.«
»Habe ich auch«, sagte sie. »Es muss überzeugend wirken.«
»Was muss überzeugend wirken?«
»Schlag mich«, sagte sie.
John schaute von seiner Zeitschrift auf. »Was soll ich?«
»Wir haben alles, was wir brauchen. Du hast doch nicht geglaubt, ich würde mich weiter von diesem Deppen vögeln lassen, oder?«
John warf einen Blick Richtung Schlafzimmer und sah dann wieder Monica an.
»Dank Schnaps und Clonazepam wird er sich an nichts mehr erinnern können«, sagte sie.
John nickte und stand auf. »Wohin?«, fragte er.
Monica wies auf ihr linkes Auge. »Übertreib es nicht, du Gorilla. Er ist nicht gerade Bruce Lee.«
John lächelte und schlug ihr an der gewünschten Stelle ins Gesicht, nicht zu fest, aber doch so stark, dass sie ein paar Schritte rückwärts taumelte.
»Aua, au, Scheiße noch mal«, sagte sie, während sie ihr Gesicht mit beiden Händen bedeckte.
»Lass mal sehen«, sagte John.
Sie nahm die Hände weg, und John betrachtete ihr Auge. Er nickte, als würde er eine Antiquität begutachten. »Das gibt ein hübsches Veilchen«, sagte er.
»Gut.« Sie drehte sich um und trat für eine letzte Inspektion ins Schlafzimmer. Steve lag nach wie vor nackt auf dem Bett ausgestreckt und schnarchte so laut wie zuvor. Sie überlegte, ihm den Schwanz abzuschneiden und in sein Maul zu stopfen, um dem Schnarchen ein Ende zu machen. Vielleicht ein andermal.
Monica gesellte sich im Wohnzimmer erneut zu ihrem Vater. »Komm, lass uns aufbrechen. Wir müssen morgen früh wieder hier sein.«
»Wie bitte? Warum?«
Sie schubste ihn die Tür hinaus und sagte: »Damit du mir nicht umsonst ein blaues Auge verpasst hast, Dummerchen.«