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»Kann’s losgehen?«, fragte Domino.

Genauso gut hätte man ein Kind fragen können, ob es Lust auf ein Eis hat. Amy, die einen schlichten Jogginganzug und ihre Handtasche über der Schulter trug, nickte eifrig.

Sie standen zu viert an der Eingangstür: Domino, Amy, Briggs und Allan. Patrick beobachtete sie von der Küche aus.

Domino stieß Allan leicht gegen die Schulter. »Bei der allerkleinsten Auffälligkeit, egal was, ziehst du die Waffe. Absolut eiskalt. Wie ein gottverdammter Schneemann.«

»Japp«, sagte Allan.

Domino wandte sich an Briggs. »Halt größtmöglichen Abstand zu ihnen – und Ausschau nach etwaigen Verfolgern. Bleib ein Weilchen auf dem Parkplatz, wenn sie angekommen sind, und sieh dich gründlich um. Mach Meldung, wenn sie sicher eintrudeln.«

Briggs nickte.

Niemand außer Amy lächelte. Patrick bemerkte es, und er schüttelte den Kopf. Amy ging zu ihm rüber in die Küche.

»Könntest du bitte mit deiner Schwarzseherei aufhören?«, sagte sie.

Patrick fiel nichts mehr ein. Er hatte seinen Standpunkt dargelegt – etliche Male. Im Laufe ihrer Beziehung hatte er sich immer darum bemüht, die Dinge, über die sie diskutierten, aus der Perspektive seiner Frau zu betrachten und ein verständnisvoller Ehemann zu sein. Aber in diesem Fall kam er nicht mit. Amy hatte gesagt, dass er es nicht verstehen konnte, weil er keine Frau war. Insgeheim fragte sich Patrick, ob seine Frau ihm damit nicht manipulativen Bockmist vorsetzte. Vielleicht war Amys Argumentation auch einigermaßen begründet, und da er mit ihr nicht das Hirn tauschen konnte, würde er es niemals verstehen. Doch änderte das etwas? Ob er nun Verständnis aufbrachte oder nicht, die Hauptsache war, dass sie ein in seinen Augen unnötiges Risiko für etwas so Banales wie eine Massage einging.

Nein, er hatte nicht das geringste Verständnis dafür. Dennoch geschah es. Sie ging.

»Nein, werde ich nicht«, gab er zurück.

»Patrick, es ist nichts anderes, als in den Park oder einkaufen zu gehen. Ich halte es sogar für sicherer.«

Patricks Mimik forderte eine Erklärung.

»Ich bin die ganze Zeit über an einem Fleck. Wenn wir im Park oder in einem Laden sind, bewegen wir uns, dort sind massenweise Menschen …«

»In der Menge bist du geschützter. Hat Domino gesagt.«

Amy stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn. Er nahm den Kuss entgegen, ohne allerdings seinerseits die Lippen zu spitzen.

»Ich bin bald wieder da. Dann bin ich eine völlig neue Frau, du wirst schon sehen.«

Patricks Miene blieb unbewegt.

»Und ich werde mich entspannt und frisch wie der junge Morgen fühlen«, fuhr sie in sinnlichem Flüstern fort, »sodass ich meinen verständnisvollen Gatten heute Nacht mit etwas Besonderem belohnen werde.«

Seit ihrer Rückkehr aus Pittsburgh war ihr Sexleben nicht besonders schwungvoll verlaufen – für ein gänzlich hemmungsfreies Paar, dem es ehemals mühelos gelungen war, es am helllichten Tag an einem öffentlichen Strand miteinander zu treiben, nicht gerade eine Kleinigkeit. Patricks Libido hatte sich in den letzten paar Wochen gegen seine Angst und Anspannung durchgesetzt, und wenn es nur für eine nette schnelle Nummer gewesen war. Doch was Amy jetzt durchzog, setzte alles unmittelbar unterhalb seiner Hüften unter Vollnarkose. Sie benutzte, ja, missbrauchte Sex als Mittel zum Zweck. Das ärgerte ihn, und diesbezüglich weigerte er sich, ihr entgegenzukommen.

Patrick trat einen Schritt zurück. »Genieß deine Massage.«

Amy neigte den Kopf, musterte ihn, zuckte schließlich die Achseln und sagte. »Okay. Liebe dich.«

Ihre Gleichgültigkeit gegenüber seinem Verhalten befeuerte seinen Ärger. Er erwiderte nichts. Sie drehte sich um und ging mit Allan und Briggs davon.