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Patrick überlegte während der schweigsamen Rückfahrt nach Valley Forge, ob er immer noch in die Hundehütte verbannt war, was ihm, so seltsam es scheinen mochte, durchaus recht gewesen wäre. Er hatte nicht die geringste Ahnung, was er seiner Frau sagen sollte. Sie hatten offiziell Abschied von Amys Vater genommen. Es wäre unnötig und ein Tabubruch gewesen, laut dem Wie und Warum seines Todes nachzugrübeln. Für das Schwelgen in seligen Erinnerungen war es noch zu früh. Das einzig Naheliegende schien ein gelegentliches Tätscheln des Knies zu sein, gefolgt von der in behutsamem Tonfall gestellten Frage »Alles einigermaßen im grünen Bereich, Liebling?«. Letztere blieb in der Regel unbeantwortet, es kamen höchstens ein Achselzucken und ein standhafter Blick aus dem Fenster. Doch trotz dieser sparsamen Reaktionen wusste Patrick, dass seine Bemühungen nicht umsonst waren. Amy hatte ihm einmal bei einem Problem mit einer ihrer engsten Freundinnen (für das Patrick ihr eine knappe und simple Lösung vorgeschlagen hatte) gesagt, dass er nicht ständig ihre Probleme lösen musste – manchmal wollte sie einfach nur, dass er zuhörte.

Dennoch war es für Patrick nicht einfach. In ihrer Beziehung war er derjenige, der die Dinge in Ordnung brachte. Im Zweifel pfiff er auf seine eigenen Ängste und Sorgen, um seiner überlasteten Frau nachdrücklich zu versichern, dass alles gut werden und er sich schon darum kümmern würde – auch wenn er nicht den leisesten Hauch einer Ahnung hatte, wie das anzustellen war. Seine Methode fußte nicht auf roboterhaften Phrasen wie bei einer Audrey Corcoran, sondern auf logischem Denken (dem Patrick selbst mitunter nur zweifelnd zu folgen bereit war), Verständnis und Trost. Und das erfüllte so gut wie immer seinen Zweck: Amy ging es dann besser.

Diese Beziehungsdynamik war niemals so deutlich zum Tragen gekommen wie bei den grässlichen Vorfällen am Crescent Lake. Rückblickend war es bereits vom ersten Tag sonnenklar gewesen: eine derartige Häufung von Pech und schlimmen Wendungen hatte einfach kein Zufall sein können. Amy war höchst argwöhnisch gewesen und hatte den Kurzurlaub abbrechen wollen. Patrick hatte sie beschwichtigt – wieder einmal im Widerspruch zu seinen eigenen Befürchtungen – und ihr versichert, dass es keinen ernsthaften Grund zur Sorge gab, dass sie nur eine Unglückssträhne hatten und er sie im übelsten Fall beschützen würde. Doch als dieser übelste Fall eintrat, war es zu spät gewesen – sie hatten bereits in Arty und Jim Fannellis teuflischem, maschendichtem Spinnennetz gezappelt. Und was dann kam, war die Hölle.

Patrick hatte den Eindruck, aus dieser Erfahrung gelernt zu haben. Es war eine in jeder erdenklichen Hinsicht schmerzhafte Lektion gewesen, gewiss, doch ebenso fraglos eine lehrreiche. Vertrau immer auf dein Bauchgefühl. Wenn sich was falsch anfühlt, ist es auch falsch. Patrick und Amy hatten, nachdem sie vor Monaten aus dem Krankenhaus in Pittsburgh entlassen worden waren, auf der Fahrt zurück nach Valley Forge einen Tankstopp eingelegt. Ein junger Mann hatte Patrick wegen des blauen Löwen, der am Heck ihres Toyota Highlanders prangte, gefragt, ob er Penn-State-Absolvent war.

Arty Fannelli hatte ihm in charmantem Tonfall bei ihrer ersten Begegnung die exakt gleiche Frage gestellt.

Also stillte Patrick die Neugier des jungen Mannes mit einem rechten Haken und schickte ihn auf einen kurzen Trip ins Reich der Träume. Vielleicht hatte er leicht überreagiert, aber fortan würde er im Zweifelsfall lieber zuschlagen, als noch einmal zuzulassen, dass seine Familie in Gefahr geriet.

Vertrau deinem Bauchgefühl. Vor allem dann, wenn ein Unglück bevorsteht. Das war die erteilte Lektion. Er hatte sie gelernt. Und wie er sie gelernt hatte.

Wie also solltest du dich jetzt verhalten, Patrick, dachte er. Wie sagt dein Bauch?

Er musste sich gestehen, dass ihm ein ganz bestimmter Gedanke bereits tatsächlich durch den Kopf geschossen war. Erst Oscar und dann das hier? Geht es jetzt von vorne los?

Doch das war ausgeschlossen. Hundertprozentig. Diesbezüglich musste er gegenüber sich oder Amy keine Überzeugungsarbeit leisten. Oscar war ihre Schuld. Bob war Bobs Schuld. Es war nicht nötig, Amy zu versichern, dass der Schwarze Mann nicht zurückgekehrt war; es war vielmehr nötig, ihr zu beteuern, dass der Schmerz über den Verlust ihres Vaters mit der Zeit nachlassen und er immer für sie da sein würde, dass er sie über alles liebte. Damit war er mehr als einverstanden – leichtes Spiel, verglichen mit dem Grauen, vor dem er wenige Monate zuvor gestanden hatte.

Er massierte erneut sanft ihren Oberschenkel. Diesmal belohnte sie ihn mit der Andeutung eines Lächelns. Patrick war zuversichtlich, dass der Hund heute Abend Auslauf bekam.