Die Reise

1

Am Tage, an dem die Siebenjahresnonne Abschied nehmen sollte, zog die Schwester Ökonomin den großen eisernen Schlüssel aus ihrem Busen und sperrte das Magazin auf. »Tritt ein«, sagte sie. Sie nahm drei schwarze Kleider, sechs Mieder, Handschuhe und ein Schultertuch aus dem Schrank. Sie händigte ihr auch den Besen aus. Zuletzt noch für Notfälle einen Korb mit Heilmitteln: Kräuter und Wurzeln, Tinkturen, Salben und Balsame.

Es gab auch Papier, wenn auch nicht mehr als ein Dutzend Blätter in verschiedenen Formaten und Stärken. Papier wurde in Oz immer knapper. »Geh sparsam damit um«, riet die Schwester Ökonomin. »Du bist ein kluger Kopf, trotz deiner Verschlossenheit.« Sie fand eine Schreibfeder, eine Phönixfeder, bekannt für die Haltbarkeit und Stärke des Kiels. Drei Töpfchen schwarze Tinte, rundherum dick mit Wachs versiegelt.

Uda Lahmhand wartete mit der alten Mutter Oberin im Wandelgang. Das Kloster zahlte einen anständigen Preis für diesen Dienst, und Uda brauchte das Geld. Doch die unfreundliche Nonne, die von der Schwester Ökonomin hereingeführt wurde, gefiel ihr nicht. »Das ist Ihr Fahrgast«, sagte die Mutter Oberin. »Sie heißt Schwester Aelphaba. Viele Jahre lang hat sie einsam gelebt und Kranke gepflegt. Darüber ist ihr die Geschwätzigkeit vergangen. Aber es ist an der Zeit, dass sie weiterzieht, und das wird sie jetzt tun. Sie wird Ihnen nicht zur Last fallen.«

Uda besah sich die Frau und sagte: »Beim Wildbahnzug ist das Überleben der Mitreisenden nicht gesichert, Mutter. Ich habe in den letzten zehn Jahren ungefähr zwei Dutzend Fahrten geleitet, und es hat mehr Tote gegeben, als ich zugeben mag.«

»Sie fährt aus freien Stücken mit«, sagte die Mutter Oberin. »Sollte sie irgendwann umkehren wollen, würden wir sie wieder aufnehmen. Sie gehört zu uns.«

Sie machte auf Uda den Eindruck, nirgends hinzugehören, nicht Fisch und nicht Fleisch zu sein, nicht dumm und nicht gescheit. Schwester Aelphaba blickte nur unverwandt auf den Boden. Obwohl sie um die dreißig zu sein schien, hatte sie ein bleiches Jungmädchengesicht.

»Dort steht das Gepäck – können Sie es tragen?« Die Mutter Oberin deutete auf das Häuflein Sachen im ansonsten blitzsauberen Klostervorhof. Dann wandte sie sich der scheidenden Nonne zu. »Liebes Kind des Namenlosen Gottes«, sagte sie, »du gehst von uns, um eine Schuld zu sühnen. Du bist der Meinung, dass du Buße tun musst, bevor du Frieden finden kannst. Die ungestörte Stille des Klosters entspricht nicht mehr deinen Bedürfnissen. Du kehrst zu dir selbst zurück. Wir entlassen dich daher mit Liebe und guten Wünschen für deinen Erfolg. Der Namenlose Gott behüte dich, liebe Schwester.«

Die Angesprochene hielt den Blick auf den Boden gerichtet und antwortete nicht.

Die Mutter Oberin seufzte. »Die Andacht wartet auf uns.« Sie zog ein paar Scheine aus einer Geldrolle in den Tiefen ihrer Gewänder und reichte sie Uda Lahmhand. »Damit sollten Sie eigentlich gut auskommen.«

Es war ein ordentlicher Batzen. Uda verdiente viel an der Beförderung dieser stummen Person über die Kallen – mehr als die anderen Wagenführer zusammen. »Sie sind zu gütig, ehrwürdige Mutter«, sagte sie. Sie nahm das Geld mit ihrer guten Hand und machte mit ihrer lahmen eine Geste der Ehrerbietung.

»Niemand ist zu gütig«, erwiderte die Mutter Oberin freundlich und verzog sich mit erstaunlicher Geschwindigkeit hinter die Klostertüren. »Du bist jetzt auf dich allein gestellt, Schwester Aelphaba«, sagte die Schwester Ökonomin zum Abschied. »Mögen alle Sterne dir auf deinem Weg hold sein!« Und damit entschwand auch sie. Uda machte sich daran, Gepäck und Vorräte auf den Wagen zu laden. Hinter der Truhe schlief ein kleiner, dicklicher Junge in zerlumpter Kleidung. »Fort mit dir!«, sagte Uda, doch der Junge murmelte: »Ich soll mitkommen, hat es geheißen.« Als Schwester Aelphaba diese Aussage weder bestätigte noch bestritt, wurde Uda langsam klar, warum der Fuhrlohn für die grüne Nonne mehr als großzügig gewesen war.

Das Kloster der heiligen Glinda lag zwölf Meilen südwestlich der Smaragdstadt in der Schiefersenke und war ein Ableger des Konvents in der Stadt. Nach Auskunft der Mutter Oberin hatte Schwester Aelphaba zwei Jahre in der Stadt und fünf Jahre hier zugebracht. »Wollen Sie immer noch Schwester genannt werden, jetzt, wo Sie diesem heiligen Gefängnis entkommen sind?«, fragte Uda, während sie die Pferde mit einem Zügelschnalzen antrieb.

»Elphie tut’s«, sagte ihre Passagierin.

»Und der Junge, wie heißt der?«

Die Frau namens Elphie zuckte die Achseln.

Ein paar Meilen weiter traf die Kutsche auf die übrige Karawane. Es waren insgesamt vier Wagen und fünfzehn Reisende. Elphaba und der Junge stießen als Letzte dazu. Uda Lahmhand beschrieb die Route, die sie nehmen wollten: nach Süden am Kallensee entlang, nach Westen durch die Kumbricia-Schneise, nach Nordwesten durch das Tausendjährige Grasland, Zwischenstation in Kiamo Ko und dann ein Stück weiter nordwestlich überwintern. Der Winkus war unzivilisiertes Gebiet, erklärte Uda ihnen, und es gab Stämme, vor denen man auf der Hut sein musste: die Yunamatas, die Schrähen, die Arjikis. Und es gab wilde Tiere. Und Geister. Sie mussten dicht zusammenbleiben. Sie mussten sich gegenseitig vertrauen.

Elphaba zeigte keinerlei Interesse. Sie spielte mit der Phönixfeder herum und zeichnete zwischen ihren Füßen Muster in den Staub, gewundene Formen wie sich ringelnde Drachen oder Rauchfahnen. Der Junge kauerte misstrauisch und verschlossen zwei, drei Meter entfernt. Er schien ihr Diener zu sein, denn er kümmerte sich um ihr Gepäck und bediente sie, wenn sie etwas brauchte, aber sie sahen sich nicht an und redeten nicht miteinander. Uda fand es höchst merkwürdig und hoffte, dass es nichts Böses verhieß.

Der Wildbahnzug brach im Morgengrauen auf und legte nur wenige Meilen zurück, bevor an einem Bach das erste Lager aufgeschlagen wurde. Die Reisenden, größtenteils Gillikinesen, faselten nervös davon, wie mutig sie waren, sich so weit von der Sicherheit von Mittel-Oz zu entfernen. Jeder hatte andere Gründe: Geschäfte, Familienpflichten, eine Schuld, die zu begleichen, ein Feind, der umzubringen war. Der Winkus war Grenzland und die Winkies ein unbedarfter, blutrünstiger Schlag, Leute, bei denen Badezimmer und Benimmregeln praktisch unbekannt waren, und so machte man sich mit Gesängen Mut. Uda sang ein Weilchen mit, aber sie wusste, dass kaum einer unter ihnen nicht lieber geblieben wäre, wo sie waren, und sich vom inneren Winkus ferngehalten hätte. Außer vielleicht dieser Elphie, die weitgehend für sich blieb.

Sie ließen das fruchtbare Randgebiet Gillikins hinter sich. Im Winkus wurde der schwere braune Boden langsam kieselig. Nachts wies ihnen der Eidechsenstern den Weg nach Süden am Rand der Großen Kallen entlang zu der gefährlichen Kluft der Kumbricia-Schneise. Kiefern und schwarze Sterntriefen ragten auf jeder Uferböschung wie Zähne empor. Bei Tag wirkten sie einladend und spendeten manchmal Schatten. Bei Nacht drohten sie düster und waren von Reißeulen und Fledermäusen bevölkert.

Elphaba lag nachts häufig wach. Das Denken kehrte ihr wieder, dehnte sich aus unter dem Eindruck der ungeheuren Weite, wo die Vögel mit fallenden Stimmen schrien und die Meteore ihre Omen an den Himmel zeichneten. Manchmal versuchte sie, mit ihrer Phönixfeder zu schreiben, manchmal saß sie da und dachte sich Worte aus und brachte sie nicht zu Papier.

Das Leben außerhalb des Klosters schien sich mit lauter solchen Kleinigkeiten zu füllen, und ihre vergangenen sieben Jahre gerieten darüber bereits in Vergessenheit, die viele undifferenzierte Zeit. Sie hatte Terrakottaböden geschrubbt, ohne die Hände in den Eimer zu tauchen, und für ein einziges Zimmer Stunden gebraucht, ohne dass je ein Fußboden dadurch sauberer geworden wäre. Sie hatte Wein bereitet, die Kranken aufgenommen, in der Pflege gearbeitet, was sie kurzzeitig ans Grattler-Kolleg erinnert hatte. Der Vorteil einer Uniform war, dass man sich nicht bemühen musste, einzigartig zu sein – wie viele Einzigartigkeiten konnte der Namenlose Gott oder die Natur erschaffen? Man konnte sich selbstlos im täglichen Ablauf verlieren, man ging seinen Weg, ohne ihn suchen zu müssen. Die kleinen Veränderungen – der rote Vogel landete auf dem Fensterbrett, und das war der Frühling, die Blätter wurden von der Terrasse gerecht, und das war der Herbst –, sie reichten völlig. Drei Jahre vollkommenes Stillschweigen, zwei Jahre Flüstern, dann auf Beschluss der Mutter Oberin zwei Jahre auf der Unheilbarenstation.

Dort, dachte Elphaba im Licht der Sterne bei sich, als schilderte sie es jemand anders, dort hatte sie neun Monate lang die Sterbenden gepflegt und die Ungeschickten, die das Sterben noch nicht verstanden. Nach und nach sah sie im Sterben einen Prozess, der auf seine Art schön war. Eine Menschengestalt ist wie ein Blatt, sie stirbt in einer bestimmten Ordnung, sofern nichts dazwischenkommt: erst dies, dann das, dann jenes. Sie hätte ewig als Pflegerin weitermachen können: die Hände über den gestärkten Laken hübsch zusammenlegen, die unsinnigen Worte der Schrift vorlesen, die doch so sehr zu helfen schienen. Sie konnte mit den Sterbenden umgehen.

Vor einem Jahr war dann der bleiche, todkranke Timmel ins Hospiz für die unheilbar Kranken eingeliefert worden. Er war noch nicht so hinfällig, dass er sie nicht erkannt hätte, trotz Schleier und Schweigen. Schwach, unfähig, ohne fremde Hilfe zu scheißen oder zu pissen, mit überall abblätternder Pergamenthaut, verstand er sich doch besser aufs Leben als sie. Selbstsüchtig verlangte er, dass sie sich als Individuum verhielt, und er sprach sie mit ihrem Namen an. Er scherzte, er kramte aus der Erinnerung Geschichten hervor, er beschwerte sich über alte Freunde, die ihn aufgegeben hatten, er bemerkte von einem Tag zum anderen die Veränderungen in der Art, wie sie handelte, wie sie dachte. Er machte ihr klar, dass sie tatsächlich Gedanken hatte. Unter dem prüfenden Blick dieses Todgeweihten wurde sie gegen ihren Willen als ein Individuum neu geschaffen. Jedenfalls beinahe.

Schließlich starb er, und die Mutter Oberin meinte, es sei an der Zeit, dass sie ging und ihre Verfehlungen sühnte, obwohl nicht einmal die ehrwürdige Mutter wusste, worin diese bestanden. Und wenn das geschehen war? Nun, sie war immer noch eine junge Frau, sie konnte eine Familie gründen. Ihren Besen nehmen und nicht vergessen: Gehorsam und Geheimnis.

»Du kannst nicht schlafen«, sagte Uda eines Nachts, als Elphaba wieder unter den Sternen saß.

Doch auch wenn ihre Gedanken reich und vielfältig waren, waren ihre Worte arm, und sie knurrte bloß. Uda machte ein paar Witze, über die Elphaba zu lächeln versuchte, aber Uda lachte so viel, dass es für sie beide reichte. Laut und schallend. Es machte Elphaba müde.

»Ist dieser Koch nicht das Hinterletzte?«, sagte Uda und erzählte irgendeine zusammenhanglose Anekdote, und sie gackerte über ihre eigene Geschichte. Elphaba versuchte mitzulachen, wenigstens zu grinsen, über ihr aber wurden die Sterne immer dichter, eher glitzernder Fischlaich als verstreute Salzkörner. Sie drehten sich auf ihren Stengeln und machten dabei ein quälendes, knirschendes Geräusch, doch sie konnte es nicht hören; Uda war zu derb und zu laut.

Es gab viel zu hassen auf dieser Welt und zu viel zu lieben.

Nicht lange und sie kamen ans Ufer des Kallensees, eines unheimlichen Gewässers, das dalag wie aus der Flanke einer Gewitterwolke geschnitten. Es war völlig grau, von keinerlei Lichtern erhellt. »Deshalb«, meinte Uda, »trinken Pferde das Wasser nicht und Reisende auch nicht. Deshalb wurde es nie mit Aquädukten in die Smaragdstadt geleitet. Es ist totes Wasser. So was hast du noch nicht gesehen.« Die Reisenden waren beeindruckt. Am westlichen Ufer erhob sich eine lavendelfarbene Masse, die ersten Anzeichen der Großen Kallen, des Gebirges, das den Winkus vom übrigen Oz abteilte. Von ihrem Standort aus erschienen die Berge als ein dünner Gasschleier.

Uda demonstrierte den Nutzen des Nebelzaubers im Fall eines Angriffs durch eine Horde von Yunamatajägern. »Werden die uns überfallen?«, fragte der Junge, der Elphies Diener zu sein schien. »Die mach ich tot, bevor keiner weiß, was los ist.« Angst ging von ihm aus und übertrug sich auf die anderen. »Meistens geht es gut«, sagte Uda. »Wir müssen nur auf der Hut sein. Sie können freundlich sein. Wenn wir freundlich sind.«

Die vier Wagen zuckelten tagsüber in einiger Entfernung voneinander dahin, begleitet von neun Pferden, zwei Milchkühen, einem Stier, einer Färse und etlichen Hühnern. Der Koch hatte einen Hund namens Mordefroh, der Elphaba aber eher ein Spielefroh zu sein schien, ein überall herumschnüffelndes neugieriges Ding. Einige hatten eine Zeitlang den Verdacht, er könnte in Wirklichkeit ein Hund sein, der sich verstellte, doch schließlich gaben sie den Gedanken auf. »Ha«, sagte Elphaba zu den anderen, »habt ihr so selten mit Tieren gesprochen, dass ihr den Unterschied nicht mehr kennt?« Nein, er war nur ein Hund, aber ein richtiger Prachthund, ein wütender Beller und ein schmeichelnder Bettler zugleich. Mordefroh war eine Gebirgskreuzung mit grauschwarzem Fell, eine Mischung aus Linstercollie, Lenxterrier und vielleicht Wolf. Seine Nase ging nach oben wie ein Butterkringel. Er ließ sich nicht davon abhalten zu jagen, aber er fing auch nicht viel. Nachts, wenn die Wagen im Karree aufgestellt waren, das Küchenfeuer brannte, die Tiere nahebei weideten und das Singen schließlich begann, verkroch sich Mordefroh unter einem der Wagen.

Uda hörte, wie der Junge dem Hund seinen Namen sagte. »Ich heiße Liir«, sagte der Junge. »Du kannst mein Hund sein, wenn du willst.« Sie musste grinsen. Der dicke Junge schloss nicht leicht Freundschaft, und für ein einsames Kind war ein Hund genau das Richtige.

Der Kallensee entschwand ihren Blicken. Weiter weg davon fühlten sich manche sicherer. Mit jeder Stunde wuchsen die Großen Kallen höher und massiger empor und nahmen bald die braune Farbe von Buttertaumelonen an. Der Pfad schlängelte sich weiter durch das Tal des Winkusflusses, dahinter die Berge. Uda kannte mehrere Furten, doch sie waren nicht deutlich markiert. Während sie danach suchten, erwischte Mordefroh endlich eine Talglache, wurde aber bei dem Kampf verletzt. Er blutete und winselte und bekam etwas gegen eine eventuelle Vergiftung. Liir nahm ihn bei der Weiterfahrt auf den Schoß, was Elphaba ein wenig eifersüchtig machte. Es amüsierte sie beinahe, so ein abgeschmacktes, antiquiertes Gefühl an sich zu entdecken.

Der Koch war böse, dass Mordefroh lieber bei jemand anderem war als bei ihm, und schüttelte seine Kelle, als wollte er den Zorn des Küchenchefs der himmlischen Heerscharen herabrufen. Elphaba sah in ihm einen groben Schlächter, denn er schien keine Skrupel zu haben, Kaninchen zu schießen und zu verzehren. »Woher willst du wissen, dass es keine Kaninchen sind?«, empörte sie sich und rührte keinen Bissen an.

»Sei bloß still, sonst brate ich stattdessen den kleinen Jungen da«, versetzte er.

Sie hätte Uda gern dafür erwärmt, den Koch fortzuschicken, doch die wollte nichts davon hören. »Wir nähern uns der Kumbricia-Schneise«, sagte sie. »Mich beschäftigen andere Dinge.«

Sie konnten sich der eigentümlichen Erotik der Landschaft nicht entziehen. Von Osten sah die Kumbricia-Schneise aus wie eine auf dem Rücken liegende Frau, die Beine einladend gespreizt.

Weiter oben an den Hängen verdeckten die Kiefern die Sonne und verschlangen die wilden Birnen ihre knorrigen Äste, als rängen sie miteinander. Hier herrschte plötzlich ein extrem feuchtes Klima, in dem die Rinden der Bäume nur so trieften und die Luft sich einem schwer auf die Haut legte wie halb getrocknete Wäsche. Einmal in den Wald eingetaucht, konnten die Reisenden die Gipfel nicht mehr sehen. Alles roch nach Farnen und Fiedelkraut. Und am Ufer eines kleinen Sees stand ein toter Baum, bewohnt von einem Schwarm Bienen, die fleißig ihrer Kammermusik und Honigproduktion frönten.

»Ich würde sie gern mitnehmen«, sagte Elphaba. »Ich rede mit ihnen und schaue, ob sie mitkommen wollen.«

Im Küchengarten des Grattler-Kollegs hatte es Bienen gegeben und im Kloster der heiligen Glinda in der Schiefersenke auch. Elphaba war von ihnen fasziniert. Liir jedoch machten sie Angst, und der Koch drohte, umzukehren und die Gruppe sich selbst zu überlassen. Eine hitzige Debatte entstand. Ein alter Mann, der auf eine nächtliche Vision hin zum Sterben nach Westen zog, gab zu bedenken, dass ein wenig Honig den geschmacklosen Spatzenblatttee verbessern würde. Eine Glikkin, die die Fahrt auf eine Heiratsanzeige hin unternahm, stimmte zu. Uda, begeisterungsfähig, wenn man es am wenigsten erwartete, votierte für Honig. Also stieg Elphaba auf den Baum und redete mit den Bienen, und diese kamen als ganzer Schwarm mit, doch die meisten Reisenden blieben in den anderen Wagen und fürchteten sich plötzlich vor jedem Staubkörnchen, das sie anwehte.

Mit Trommeln und Rauchzeichen bemühten sie sich, die Aufmerksamkeit eines Rafiqi auf sich zu ziehen, denn Karawanen durften nicht durch die Gebiete der verschiedenen winkischen Stämme ziehen, wenn sie nicht einen solchen Führer hatten, der für sie die Bedingungen aushandelte. Eines Abends, als allen langweilig war und ihnen die Dunkelheit aufs Gemüt schlug, kam das Gespräch auf die Sage von der kumbrischen Hexe. Wer war zuerst da, lautete die Frage, die Feenkönigin Lurlina oder die kumbrische Hexe?

Igo, der kranke alte Mann, zitierte die Ozias und erinnerte alle daran, wie die Welt entstanden war: Der Drache der Zeit schuf Sonne und Mond, und Lurlina verfluchte sie und erklärte, die Kinder der beiden würden die eigenen Eltern nicht kennen, und dann kam die kumbrische Hexe und mit ihr die Sintflut, der Krieg, die Verbreitung des Bösen über die Welt.

Uda Lahmhand widersprach. »Du alter Narr«, sagte sie, »die Ozias ist nur die kitischige, romantische Umdichtung älterer, rauherer Sagen. Was in der Erinnerung des Volkes lebt, ist wahrer als die Darstellung eines feingeistigen Dichters. Im Volksglauben geht das Böse immer dem Guten voraus.«

»Kann das die Wahrheit sein?«, fragte Igo interessiert.

»Gibt es nicht eine ganze Reihe alter Märchen, die anfangen mit ›Mitten im Wald, da wohnte einmal eine alte Hexe‹, oder ›Als der Teufel eines Tages über die Erde wandelte, begegnete ihm ein Kind‹?«, sagte Uda und bewies damit, dass sie außer Grips auch eine Schulbildung hatte. »Die Bitterarmen brauchen nicht erklärt zu bekommen, woher das Böse entsteht; es entsteht einfach, es ist immer da. Man erfährt nie, wie die Hexe böse wurde oder ob das für sie die richtige Wahl war – ist es jemals die richtige Wahl? Ringt der Teufel jemals darum, wieder gut zu werden, und wenn, ist er dann kein Teufel mehr? Das ist zumindest eine Definitionsfrage.«

»Es stimmt allerdings, dass es reichlich Märchen von der kumbrischen Hexe gibt«, pflichtete Igo bei. »Die anderen Hexen sind alle nur Schatten, eine Tochter, eine Schwester, ein armseliger Abklatsch. Die kumbrische Hexe ist das Urbild, hinter das man nicht zurückgehen kann.«

Da fiel Elphaba das Rollbild von damals in der Drei-Königinnen-Bibliothek ein, das möglicherweise die kumbrische Hexe dargestellt hatte: mit glänzenden Schuhen breitbeinig über einem Kontinent stehend, ein Lebewesen nährend oder erwürgend.

»Ich glaube nicht an die kumbrische Hexe, nicht einmal in der Kumbricia-Schneise«, prahlte der Koch.

»Du glaubst auch nicht an Kaninchen«, fauchte Elphaba ihn ärgerlich an. »Die Frage ist, ob die kumbrische Hexe an dich glaubt.«

»Gemach, gemach«, sagte Uda begütigend und wiederholte es, bis ein Lied daraus wurde, das alle mitsangen. Elphaba stampfte davon. Sie fühlte sich zu sehr an die Gespräche erinnert, die sie in jungen Jahren mit ihrem Vater und Nessarose über die Frage geführt hatte, wo das Böse herkommt. Als ob man das jemals wissen konnte. Mit langen Beweisführungen zur Natur des Bösen hatte ihr Vater versucht, die Menschen zu überzeugen und zu bekehren. Elphaba war damals in Shiz der Gedanke gekommen, dass Männer Beweise benutzten wie Frauen Parfüm: um sich ihrer selbst zu vergewissern und damit anziehend zu sein. Aber war nicht das Böse über jeden Beweis erhaben, genau wie die kumbrische Hexe sich dem Zugriff der Geschichtsforschung entzog?

2

Ein Rafiqi erschien, ein hagerer Mann mit schütteren Haaren und Schlachtnarben. Die Yunamatas könnten dieses Jahr Schwierigkeiten machen, erklärte er ihnen. »Eure Karawane kommt nach einer ganzen Reihe von hinterhältigen Angriffen von Kavalleristen aus der Smaragdstadt auf die Winkies«, klagte er. Es war nicht klar, ob er damit Kneipenschlägereien wegen Beleidigung winkischer Frauen oder Sklavenhandel und Lagerhaft meinte.

Sie schlugen das Lager ab, verließen den See und zogen einen weiteren halben Tag durch den stillen Wald. Sonnenspeere stachen hin und wieder durch das Blätterdach, doch es war ein blasses Licht, das immer nur die Seiten beschien und niemals direkt den vor ihnen liegenden Weg. Sie hatten das gruselige Gefühl, dass Kumbricia persönlich neben ihnen herzog, versteckt, ungebeten, dass sie von Baum zu Baum huschte, hinter Felsen glitt, in schattigen Tiefen lauerte, schaute und lauschte. Der kranke alte Mann betete in näselndem Singsang, er möge diesem Hexenwald entkommen, bevor er starb, sonst werde sein Geist nie wieder herausfinden. Der Junge weinte wie ein Mädchen. Der Koch drehte einem Huhn den Hals um.

Selbst die Bienen hörten auf zu summen.

Mitten in der Nacht verschwand der Koch. Alle waren bestürzt bis auf Elphaba, die sich nicht darum scherte. War er entführt worden? War er schlafgewandelt? Hatte er Selbstmord begangen? Waren die erzürnten Yunamatas in der Nähe und beobachteten sie? Rächte Kumbricia selbst sich an ihnen für die leichtfertigen Reden, die sie über sie geführt hatten? Es gab viele Meinungen, und die Frühstückseier waren flüssig und ungenießbar.

Mordefroh störte das Verschwinden des Kochs nicht. Er grinste im Tiefschlaf und kuschelte sich näher an Liir.

Die Bienen in dem hohlen Stammstück, das als Wohnung für sie mitgenommen worden war, verfielen in einen rätselhaften Schlaf. Mordefroh, der immer noch an dem Glachengift laborierte, schlief vierundzwanzig Stunden am Tag. Die Reisenden stellten die Gespräche völlig ein, damit ja niemand sie belauschen konnte.

Gegen Abend wurden die Kiefern endlich spärlicher und nach und nach von Hirschkopfeichen abgelöst, deren ausladenderes Astwerk mehr Himmel durchscheinen ließ, käsig gelb, aber immerhin. Dann kamen sie an einen Abgrund. Sie waren höher gestiegen, als sie gemerkt hatten. Unter ihnen erstreckte sich der Rest der Kumbricia-Schneise, eine Fahrt von noch einmal vier oder fünf Tagen. Dahinter begann das Tausendjährige Grasland.

Niemand bedauerte es, dass der Himmel ihnen auf einmal Licht und Weite gewährte. Selbst Elphaba fühlte, wie ihr das Herz unerwartet leichter wurde.

Mitten in der Nacht kamen die Yunamatas. Sie brachten getrocknete Früchte als Geschenk, sangen Stammeslieder und ermunterten die Tanzwilligen dazu, aufzustehen und zu tanzen. Den Reisenden war ihre Gastlichkeit noch weniger geheuer als der Angriff, mit dem sie gerechnet hatten.

Auf Elphaba machten die Yunamatas den Eindruck eines sanften, nachgiebigen Menschenschlags, nicht furchtsamer und furchtloser als Schulmädchen – jedenfalls gaben sie sich so. Sie waren übermütig, eigensinnig; sie erinnerten Elphaba an die Quadlinger, mit denen sie aufgewachsen war. Vielleicht waren sie entfernte Verwandte. Lange Wimpern. Schmale Ellbogen. Kindlich geschmeidige Handgelenke. Längliche Schädel und dünne, konzentriert wirkende Lippen – trotz ihrer fremden Sprache fühlte Elphaba sich in ihrer Nähe heimisch.

Die Yunamatas zogen am Morgen ab und beschwerten sich lautstark über die Flüssigkeit der Frühstückseier. Sie würden keine Schwierigkeiten mehr machen, meinte der Rafiqi. Er wirkte enttäuscht, vielleicht weil seine Dienste kaum benötigt worden waren.

Über den Koch sagten die Yunamatas kein Wort. Sie schienen nichts von ihm zu wissen.

Beim weiteren Abstieg der Karawane öffnete sich der frische, herbstliche Himmel wieder und wurde so weit, dass das Auge ihn kaum überblicken konnte. Die Ebene tief unten erschien glatt wie die Oberfläche eines Sees. Der Wind zog Striche darauf, als buchstabierte er Wörter in einer Sprache der Kringel und Streifen. Aus dieser Ferne waren keine wilden Tiere zu erkennen, nur hier und da ein paar Lagerfeuer. Die Kumbricia-Schneise lag hinter ihnen, jedenfalls so gut wie.

Da kam von dort auf flinken lederigen Füßen ein Yunamatabote angelaufen, um ihnen mitzuteilen, dass sie am Fuß eines Steilfelsens eine Leiche gefunden hatten; vielleicht war es der Koch. Es schien sich um einen Mann zu handeln, doch der Körper war derart von kleinen Wunden übersät und angeschwollen, dass man es nicht genau erkennen konnte. »Es waren die Bienen«, sagte jemand erbittert.

»Ach ja?«, erklang Elphabas ruhige Stimme. »Die schlafen schon lange. Hätte es nicht Schreie gegeben, wenn sie mitten in der Nacht einen Mann angegriffen hätten? Haben die Bienen ihn zuerst in die Kehle gestochen, damit die zuschwoll und er keinen Laut mehr herausbrachte? Sehr begabte Bienen, muss ich sagen.«

»Es waren die Bienen«, wurde allgemein gemurmelt, und die Folgerung war klar: Du auch.

»Ich habe die menschliche Phantasie vergessen«, bemerkte Elphaba giftig. »Wie grenzenlos sie ist.«

Doch sie war durchaus nicht bestürzt. Mordefroh erholte sich endlich wieder, und mit dem Abstieg aus den Bergen wachten auch die Bienen auf. Vielleicht hatte die Kälte auf der Höhe der Kumbricia-Schneise sie in eine Art Winterschlaf versetzt. Bald ging Elphaba lieber mit ihnen als mit den übrigen Reisenden um, und ihr war, als ob auch sie immer wacher würde.

Der Rafiqi wies auf mehrere Rauchwolken am Horizont hin. Zuerst befürchteten die Reisenden einen Sturm, aber Uda beruhigte und beunruhigte sie zugleich: Es waren die abendlichen Feuer eines großen Lagers. Schrähen. Es war Herbst und Jagdzeit, obwohl niemand an Wild etwas Größeres gesehen hatte als einen Hasen oder einen Grasfuchs (peitschende bronzene Rute im goldenen Gras, die Füße in schwarzen Strümpfen, wie Kellnerinnen sie trugen). Mordefroh wurde immer aufgeregter und fand nachts kaum mehr Ruhe. Selbst im Traum zuckte er vor Jagdfieber.

Die Reisenden fürchteten die Schrähen mehr als vorher die Yunamatas. Der Rafiqi sagte nicht viel, was ihre Ängste beschwichtigt hätte. Er war skeptischer, als es zuerst den Eindruck gemacht hatte; vielleicht war ja in den Verhandlungen mit argwöhnischen Völkerschaften eine gewisse Vorsicht geboten. Liir vergötterte ihn schon nach wenigen Tagen maßlos. Dumme Dinger, Kinder, dachte Elphaba, und so peinlich, denn aus Scham, oder weil sie geliebt werden wollen oder sonst etwas, passen sie sich ständig an. Tiere dagegen werden geboren, wie sie sind, finden sich damit ab und fertig. Sie leben mit größerem inneren Frieden als Menschen.

Bei dem Gedanken, den Schrähen zu begegnen, fühlte sie sich von jäher Vorfreude durchströmt. Neben vielem anderen hatte sie vergessen gehabt, was Vorfreude war. Bei Einbruch der Dunkelheit wurden alle wachsamer, sei es aus Furcht oder Erregung. Der Himmel vibrierte türkisblau, selbst um Mitternacht. Sternenlicht und Kometenschweife ließen die Spitzen der sich ins Endlose erstreckenden Gräser wie Kirchenkerzen erglühen, die gerade ausgeblasen worden waren, aber noch glommen.

Wenn man im Gras ertrinken könnte, dachte Elphaba, wäre das vielleicht die beste Art zu sterben.

3

Es war Mittag, als die Karawane am Rand des Schrähenlagers Halt machte, wo die letzten sandfarbenen Zelte sich im hohen Gras verloren. Eine Abordnung von Schrähen war ihnen entgegengeritten, etwa sieben oder acht Männer und Frauen mit blauen Bändern und Elfenbeinreifen. Daneben stand eine Art Sänfte, deren Vorhänge auf eine geknurrte Anweisung von innen hin zurückgezogen wurden und den Blick auf eine offensichtlich ältere Frau von kolossaler Statur freigaben, am ganzen Körper behängt mit kleinen Trommeln, klimpernden Amuletten und Gazeschleiern. Sie ließ den Rafiqi und die Stammespaladine Höflichkeiten oder Beleidigungen wechseln. Sie hatte eine wulstige Oberlippe, die so groß war, dass sie sich zurückkrümmte wie der umgekehrte Schnabel eines Kruges. Ihre Augen waren mit Kajal umrändert. Auf den Schultern hatte sie zwei mürrisch dreinblickende Krähen sitzen. Die Füße der Vögel waren von Goldringen umschlossen und an Schlingen in ihrem Zierkragen befestigt, in den der Saft der Früchte gelaufen war, die sie beim Warten verzehrt hatte. Ihre Schultern waren von Krähenkot besudelt.

»Die Fürstin Nastoya«, sagte der Rafiqi schließlich.

Sie war die schmutzigste, ungehobeltste Fürstin, die sie jemals gesehen hatten, doch sie besaß eine gewisse Würde. Selbst der glühendste Demokrat unter den Reisenden beugte das Knie. Sie lachte rauh. Dann befahl sie ihren Trägern, sie von diesem langweiligen Theater wegzubringen.

Das Schrähenlager war in konzentrischen Kreisen angeordnet, in der Mitte das Zelt der Fürstin, verschönt und erweitert mit ausgebleichten gestreiften Baldachinen an allen Seiten, ein kleiner luftiger Palast aus Seide und Baumwollmusselin. Ihre Berater und Beischläfer wohnten anscheinend im nächsten Kreis (armselige Hänflinge allesamt, dachte Elphaba bei sich, aber vielleicht wurden sie ja eigens nach ihrer Geducktheit und Magerkeit ausgewählt, um die Fürstin noch mächtiger erscheinen zu lassen). Um diesen Ring schlossen sich gut vierhundert Zelte, was insgesamt etwa tausend Bewohner bedeutete, tausend Menschen mit lachsroter Haut, feucht vorstehenden Augen (aber dezent niedergeschlagen, dem direkten Blick ausweichend), wohlgeformten großen Nasen, dicken Hinterteilen und schwingenden breiten Hüften, Männer und Frauen gleichermaßen.

Die meisten Mitglieder der Karawane entfernten sich nicht von ihren Wagen, weil sie gleich hinter dem nächsten Zelt mit dem Schlimmsten rechneten. Aber Elphaba konnte dieser ganzen lockenden Neuheit nicht widerstehen und einfach ruhig sitzenbleiben. Als sie umherging, wurde sie allgemein bestaunt, und die Erwachsenen wichen ihr scheu aus. Doch es waren gerade zehn Minuten vergangen, da schwirrte schon eine johlende Horde von sechzig Kindern hinter und vor ihr her wie ein Mückenschwarm.

Der Rafiqi riet ihr, vorsichtig zu sein und zu den Wagen zurückzukehren, doch die Kinderjahre in den Sümpfen von Quadlingen hatten Elphaba nicht nur kühn gemacht, sondern auch neugierig. Es gab noch andere Arten zu leben als nach den bekannten Vorschriften.

Nach dem Abendessen nahte sich eine Abordnung von aufrechten alten Schrähenwürdenträgern dem Wildbahnzug und begann ein langwieriges Palaver mit dem Rafiqi. Am Schluss übersetzte dieser das Anliegen: Eine kleine Schar war eingeladen (aufgefordert? angewiesen?), in das Heiligtum der Schrähen zu kommen. Mit dem Kamel sei es ein Ritt von einer Stunde. Vermutlich wegen ihrer sündhaften Hautfarbe, möglicherweise auch, weil sie die Kühnheit besessen hatte, allein durch die Zeltstadt der Schrähen zu schlendern, durfte Elphaba sich Uda, dem Rafiqi, Igo aufgrund seines ehrwürdigen Alters und einem der Spekulanten anschließen, der Knicker hieß – aber vielleicht war das auch ein boshafter Spitzname.

Im Licht von Weidenfackeln schaukelten die mit glitzernden Schabracken bedeckten Kamele einen ausgetretenen Pfad entlang. Auf ihnen zu reiten war, als ginge man eine Treppe gleichzeitig hinauf und hinunter. Elphaba blickte über die flirrende Weite des Graslands hinaus. Obwohl das Meer nur eine den Mythen entsprungene Idee war, sah sie beinahe, wie die Idee entstanden war: Kleine Grasfalken schossen empor wie aus der Gischt springende Fische, schnappten nach Leuchtkäfern, schluckten sie und ließen sich mit einem trockenen Platschen wieder fallen. Fledermäuse strichen mit einem lauten Flattern vorbei, das jäh mit einem Wusch endete. Die Ebene selbst schien nächtliche Farben hervorzubringen: mal ein Blauviolett, mal ein bronziertes Grün, mal ein rot und silbern geädertes Graubraun. Der Mond ging auf, eine opalisierende Göttin, die mit ihrem harten mütterlichen Krummsäbel Licht spendete. Mehr hätte für Elphabas Geschmack nicht zu geschehen brauchen: Die eigentümliche Ekstase, in die sie die sanften Farben und das Gefühl der Geborgenheit versetzten, reichte ihr vollkommen aus. Doch nein, es ging weiter.

Schließlich sah Elphaba in der überwältigenden Weite einen Hain sorgfältig gepflanzter und gepflegter Bäume auftauchen. Zuerst kam eine Reihe Krüppelfichten, vom Wind verformt zu knorrigen Gestalten mit rissiger Borke und zischenden Nadeln – und dem heidnischen Saftgeruch. Dahinter kam eine Reihe höherer und dahinter eine noch höherer Bäume. Das Kreismuster des Schrähenlagers wiederholte sich. Die Schar zog schweigend ein wie in ein Labyrinth, durch äußere Kreise flüsternden Grüns zu inneren, die von Öllampen an verzierten Holzpfosten beleuchtet wurden.

In der Mitte wartete die Fürstin Nastoya in einer einheimischen Tracht aus Leder und Gras, deren Wirkung noch durch eine Bahn rotweiß gestreiften Frotteestoff verstärkt wurde, den sie einem Reisenden abgehandelt haben musste. In Gedanken versunken und schwer atmend stützte sie sich auf derbe Wanderstöcke. Sandsteinblöcke standen um sie herum wie mächtige Zähne mit Lücken dazwischen und gemahnten an einen steinernen Käfig, dem sie bei ihrem Umfang kaum entschlüpfen konnte.

Die Gäste aßen und tranken mit ihren Gastgebern und zogen an einer Pfeife mit einem Kopf, der dem einer Krähe glich. Überall auf den Sandsteinblöcken saßen Krähen – zwanzig, dreißig, vierzig? Elphaba schwamm der Kopf, der Mond stieg höher, die nächtliche Ebene, von dem geheimen Zentrum des grünen Labyrinths aus nicht zu sehen, schien sich darum zu drehen wie ein Brummkreisel. Sie konnte das Drehen beinahe hören. Die Ältesten der Schrähen stimmten einen eintönigen Gesang an.

Als der Gesang verklungen war, hob die Fürstin Nastoya den Kopf.

Die großen Lappen alten Fleisches unter ihrem kleinen Kinn wabbelten. Die Stoffbahn fiel zu Boden. Nackt und alt und stark stand sie da. Was wie Langeweile ausgesehen hatte, erwies sich als Geduld, Erinnerung, Beherrschung. Sie schüttelte sich buchstäblich die Haare vom Kopf, und sie glitten ihr über den Rücken und verschwanden. Ihre Füße stampften gewichtig, als suchten sie den besten Stand, wie Säulen, wie steinerne Pfeiler. Sie fiel nach vorn auf die Hände und wölbte den Rücken, doch der Kopf blieb erhoben, die Augen strahlten heller, die Nase verzog sich extrem. Sie war eine Elefantin.

Eine Elefanten-Göttin, dachte Elphaba und wich entsetzt und entzückt zurück, doch die Fürstin Nastoya sagte: »Nein.« Sie ließ den Rafiqi weiter übersetzen, der dies offensichtlich nicht zum ersten Mal sah, aber vor Trunkenheit stotterte und nach Worten suchen musste.

Einen nach dem anderen befragte sie die Reisenden nach ihren Zielen.

»Geld und Handel«, antwortete Knicker vor Schreck ehrlich: Geld und Handel und Raub und Plünderung um jeden Preis.

»Ein Ort, wo ich in Ruhe sterben und mein Geist sich auf die Reise machen kann«, erklärte Igo.

»Sicherheit und Bewegung, ohne dass es Ärger gibt«, sagte Uda energisch, womit sie ganz offensichtlich meinte: Ärger mit Männern.

Der Rafiqi gab mit einer Handbewegung zu verstehen, dass Elphabas Antwort noch ausstand.

In der Gegenwart eines solchen Tieres konnte Elphaba ihre Verschlossenheit nicht aufrechterhalten. Sie antwortete also, so gut sie konnte. »Der Welt entsagen, nachdem ich mich vergewissert habe, dass es der Familie meines Geliebten gut geht. Seiner Witwe Sarima mit Schuld und Verantwortung gegenübertreten und mich dann aus dieser finsteren Welt entfernen.«

Die Elefantin gebot den anderen außer dem Rafiqi zu gehen. Sie hob den Rüssel und schnupperte den Wind. Ihre wässrigen alten Augen blinzelten langsam, und ihre Ohren bewegten sich hin und her, als nähme sie eine Feineinstellung vor. Würdevoll und ungezwungen pisste sie mit einem mächtigen dampfenden Strahl, die Augen fest auf Elphaba geheftet.

Dann sagte die Elefantin durch den Rafiqi: »Tochter des Drachens, auch ich bin verzaubert. Ich weiß, wie der Zauber gebrochen werden kann, aber ich habe mich entschieden, als Wechselwesen zu leben. Als Elefant wird man in der heutigen Zeit gejagt. Die Schrähen verehren mich. Sie haben Elefanten schon in der Zeit vor der Sprache angebetet, in der vorgeschichtlichen Zeit. Sie wissen, dass ich keine Göttin bin. Sie wissen, dass ich ein Lebewesen bin, das die magische Verkörperung als Mensch der gefährlichen Freiheit seiner eigenen machtvollen Gestalt vorzieht. In Zeiten der Krise, wenn das Leben zur Feuerprobe wird«, sagte sie, »sind diejenigen die Opfer, die am meisten sie selbst sind.«

Elphaba konnte nur schauen, sie konnte nichts sagen.

»Aber die Entscheidung, sich zu retten, kann ihrerseits tödlich sein«, fuhr die Fürstin Nastoya fort.

Elphaba nickte, schaute weg, schaute wieder hin.

»Ich werde dir drei Krähen als tierische Helfer mitgeben«, sagte die Fürstin. »Damit bist du jetzt als Hexe getarnt. Das ist deine Verstellung.« Sie machte eine Bemerkung zu den Krähen, und drei zerzauste, böse blickende Exemplare flogen herbei und ließen sich in der Nähe nieder.

»Als Hexe getarnt?«, rief Elphaba aus. Was ihr Vater wohl denken würde? »Wieso denn das?«

»Wir haben denselben Feind«, sagte die Fürstin. »Wir sind beide in Gefahr. Wenn du Hilfe brauchst, schick die Krähen aus. Sofern ich noch am Leben bin, sei es als alte Matriarchin oder als freie Elefantin, werde ich kommen und dir beistehen.«

»Warum?«, fragte Elphaba.

»Weil kein Rückzug von der Welt verbergen kann, was dir im Gesicht geschrieben steht«, lautete die Antwort.

Die Fürstin sagte noch mehr. Es war Jahre her – mehr als ein Jahrzehnt –, seit Elphaba das letzte Mal Gelegenheit gehabt hatte, mit einem Tier zu sprechen. Wer, fragte sie die Fürstin, hatte sie verzaubert? Doch das wollte die Fürstin Nastoya nicht verraten, auch zum Selbstschutz, denn wenn derjenige starb, der sie verwünscht hatte, konnte das zur Aufhebung der Verwünschung führen, und diese war zugleich ihre Sicherheit.

»Aber ist das Leben in der falschen Gestalt lebenswert?«, fragte Elphaba.

»Das Innere verändert sich nicht, höchstens durch die Beschäftigung mit sich selbst. Wovor man keine Angst haben und zugleich auf der Hut sein muss.«

»Ich habe kein Inneres«, sagte Elphaba.

»Irgendetwas hat diesen Bienen befohlen, den Koch zu töten«, versetzte die Fürstin Nastoya mit einem Funkeln in den Augen. Elphaba merkte, wie sie erbleichte.

»Ich nicht!«, beteuerte sie. »Nein, das kann ich nicht gewesen sein! Und wie hast du davon erfahren?«

»Doch, das warst du, in gewisser Weise. Du bist eine starke Frau. Und ich kann Bienen hören, musst du wissen. Mein Gehör ist scharf.«

»Ich würde gern hier bei dir bleiben«, sagte Elphaba. »Das Leben ist sehr hart mit mir umgesprungen. Wenn du mich hören kannst, obwohl ich das selbst nicht kann – wozu nicht einmal die Mutter Oberin in der Lage war –, könntest du mir helfen, keinen Schaden in der Welt anzurichten. Das ist alles, was ich mir wünsche: keinen Schaden anrichten.«

»Wie du selbst erklärt hast, hast du eine Pflicht zu erfüllen«, sagte die Fürstin. Sie schlang ihren Rüssel um Elphabas Gesicht, betastete seine Züge und Zeichen. »Geh und erfülle sie!«

»Darf ich zu dir zurückkehren?«, fragte Elphaba.

Aber die Fürstin antwortete nicht. Sie wurde langsam müde, denn sie war selbst für eine Elefantin uralt. Ihr Rüssel schwang hin und her wie ein Pendel an einer Uhr. Auf einmal streckte sich die große Nasenhand aus, legte sich Elphaba schwer und doch sacht auf die Schulter und wand sich ein wenig um ihren Hals. »Hör mir zu, Schwester«, sagte sie. »Denk immer daran: Nichts steht in den Sternen geschrieben. Nicht in diesen Sternen und auch nicht in irgendwelchen anderen. Niemand bestimmt dein Geschick.«

Elphaba konnte nicht antworten, so erschrocken war sie über die Berührung. Von der Elefantin entlassen zog sie sich zurück und wusste kaum mehr, wer sie war.

Es folgte der Rückweg auf dem Rücken der Kamele durch die flimmernden Farben des nächtlichen Graslands: hypnotisch, ungewiss und bedrückend.

Und doch war diese Nacht gesegnet. Elphaba hatte vergessen gehabt, wie es war, gesegnet zu werden – wie vieles andere auch.

4

Sie ließen das Schrähenlager und die Fürstin Nastoya hinter sich. Der Wildbahnzug schwenkte jetzt in einem weiten Bogen nach Norden.

Igo starb und wurde in einem Sandhügel beigesetzt. »Möge sein Geist Freiheit und Flug gewinnen«, sagte Elphaba bei der Trauerfeier.

Der Rafiqi gestand später, dass er geglaubt hatte, einer der zwangsgeladenen Gäste der Fürstin Nastoya werde rituell geopfert werden. Es wäre nicht das erste Mal gewesen. Auch wenn sich die Fürstin mit ihrem Dilemma abfand, war ihr eine gewisse Rachsucht nicht ganz fremd. Knicker, auf den die Wahl wohl am ehesten gefallen wäre, war von seiner Ehrlichkeit gerettet worden. Vielleicht war ja auch Igo deutlicher von seinem bevorstehenden Tod gezeichnet gewesen, als Menschen erkennen konnten, und die Elefantin hatte Mitleid gehabt.

Die Krähen waren lästig: Sie ärgerten die Bienen, schissen den ganzen Wagen voll, triezten Mordefroh. Die Glikkin, die Raraini hieß, traf den abgeschieden lebenden Witwer, den sie heiraten wollte, an einem Brunnen und verließ den Wildbahnzug. Der zahnlose neue Ehemann hatte sechs mutterlose Kinder, und sie hängten sich an Raraini wie verwaiste Entenküken an einen Hofhund. Damit waren nur noch zehn Reisende übrig.

»Wir kommen jetzt in das Stammesgebiet der Arjikis«, sagte der Rafiqi.

Die ersten Arjikis näherten sich ihnen ein paar Tage später. Sie hatten keine so prächtigen blauen Tätowierungen wie Fiyero – es waren Nomaden, Hirten, die dabei waren, die Schafe aus den westlichen Ausläufern der Großen Kallen für die jährliche Zählung und den Verkauf an östliche Abnehmer zusammenzutreiben. Trotzdem zerriss es Elphaba das Herz, als sie ihre stolzen Gestalten sah. Ihre Wildheit. Ihre Fremdartigkeit. Möglicherweise ist das eine Strafe bis zur Stunde meines Todes, dachte sie.

Die Karawane bestand jetzt nur noch aus zwei Wagen: in einem der Rafiqi, Uda, der kleine Liir, der Spekulant Knicker und ein gillikinesischer Mechaniker namens Kaupp, im anderen Elphaba mit den Bienen, den Krähen und Mordefroh. Sie war bereits, schien es, als Hexe anerkannt. Es war keine ganz unleidliche Tarnung.

Kiamo Ko war nur noch eine Woche entfernt.

Der Wildbahnzug wandte sich nach Osten und kam zu den stahlgrauen Pässen der steilen Großen Kallen. Der Winter stand vor der Tür, und die verbliebenen Reisenden waren dankbar, dass es noch nicht geschneit hatte. Uda hatte vor, den Winter in einem Arjikilager zwanzig Meilen weiter zu verbringen. Im Frühling wollte sie auf der Nordroute durch Ugabu und das Perther Bergland von Gillikin in die Smaragdstadt zurückkehren. Elphaba dachte daran, ihr einen Brief an Glinda mitzugeben, falls sie nach all den Jahren noch dort wohnte, doch da sie sich nicht dafür entscheiden konnte, entschied sie sich dagegen.

»Morgen«, sagte Uda, »werden wir Kiamo Ko sehen. Die Bergfeste der Herrschersippe der Arjikis. Bist du bereit, Schwester Elphie?«

Elphaba konnte solche Sticheleien nicht leiden. »Ich bin keine Schwester mehr, ich bin eine Hexe«, sagte sie und versuchte, Uda giftige Gedanken zu schicken. Aber Uda war anscheinend stärker als der Koch, denn sie lachte nur und ging ihres Weges.

Der Wildbahnzug machte an einem kleinen Bergsee Rast. Die anderen meinten, das Wasser sei erfrischend, wenn auch eiskalt; Elphaba interessierte das nicht. Doch in der Mitte war eine Insel, winzig, so groß wie eine Matratze, und darauf wuchs ein einziger laubloser Baum wie ein Schirm, dessen Bespannung verschlissen ist.

Bevor Elphaba wusste, was los war – zu dieser Jahreszeit dämmerte es früh und noch früher in den Bergen –, hatte Mordefroh sich wie wild ins Wasser gestürzt und platschte und schwamm zu der Insel hinüber, wo er wohl eine Bewegung oder einen lockenden Geruch wahrgenommen hatte. Er stöberte im Riedgras herum und legte dann die Zähne, die das Wolfartigste an ihm waren, sanft um den Schädel eines kleinen Lebewesens im Gras.

Elphaba war sich nicht sicher, doch es sah wie ein Säugling aus.

Uda schrie, und Liir zitterte wie ein Wackelpudding. Mordefroh ließ los, aber nur, um gleich wieder nachzufassen, und sein Speichel troff über den Kopf des Wesens, das er gepackt hielt.

Sie durfte auf keinen Fall ins Wasser gehen … das wäre ihr Tod …

Doch die Füße gingen trotzdem.

Sie kamen hart auf dem Wasser auf, und das Wasser kam hart zurück.

Sie lief, und mit jedem Schritt, den sie eilend machte, wurde das Wasser unter ihren Füßen zu Eis. Augenblicklich bildete sich eine silberne Fläche, die geradlinig weiterwuchs und eine kalte sichere Brücke zu der Insel baute.

Dort wurde Mordefroh geschimpft und der Säugling gerettet, obwohl sie nicht zu hoffen gewagt hatte, es noch rechtzeitig zu schaffen. Sie zog Mordefrohs Kinnladen auseinander und hob das Kleine auf. Es schlotterte vor Angst und vor Kälte. Seine verständigen schwarzen Augen waren wach und gespannt und verrieten die Bereitschaft, zu tadeln oder zu verurteilen oder zu lieben, genau wie bei jedem denkenden erwachsenen Wesen.

Die anderen erstaunte der Anblick nicht minder, als das Eis sie erstaunt hatte, das vielleicht aufgrund eines Zaubers entstanden war, mit dem eine vorbeiziehende Hexe den Bergsee einst belegt hatte. Das Wesen war ein kleiner Affe, ein sogenannter Schneeaffe. Ein von seiner Mutter und seinem Stamm verlassenes oder durch Zufall getrenntes Junges.

Es hielt nicht viel von Mordefroh, aber die Wärme des Wagens gefiel ihm.

Sie schlugen ihr Lager auf halber Höhe des steilen Hangs von Kiamo Ko auf. Die Burg wuchs schroff und schwarz aus dem Fels empor. In Elphabas Augen hockte sie über ihnen wie ein Adler mit angelegten Flügeln. Die Türme mit ihren konischen Dächern, die Zinnen und Erker, die Fallgitter und Schießscharten, sie alle widersprachen ihrer ursprünglichen Bestimmung als Wasserwerkszentrale. Um ihren Fuß wand sich ein großer Nebenfluss des Winkus, an dem der Ozma-Regent damals in der schlimmsten Dürreperiode einen Staudamm hatte bauen wollen, um das Wasser mit Kanälen ins Zentrum von Oz zu leiten. Fiyeros Vater hatte die Feste belagert und eingenommen und zum Sitz der arjikischen Fürsten gemacht, ehe er starb und die Führung des Stammes an seinen einzigen Sohn fiel, wenn Elphaba sich richtig erinnerte.

Die wenigen Taschen waren gepackt, die Bienen summten (je mehr Elphaba lauschte, desto freundlicher klang ihr die Melodie in den Ohren), Mordefroh schmollte noch, weil ihm die Beute entrissen worden war, die Krähen spürten, dass eine Veränderung bevorstand, und wollten nichts fressen. Das Äffchen, das wegen der Geräusche, die es machte, den Namen Plapperaff bekommen hatte, schnatterte und plapperte jetzt, wo es warm und in Sicherheit war, munter vor sich hin.

Am Lagerfeuer nahm man Abschied voneinander, wünschte sich alles Gute, sogar ein paar Worte des Bedauerns fielen. Der Himmel war schwärzer als die ganze Zeit über, was vielleicht am Kontrast zu den weißen Schneegipfeln ringsherum lag. Liir erschien mit einem Kleiderbündel und einem Musikinstrument und verabschiedete sich ebenfalls.

»Ach, du bleibst auch hier?«, sagte Elphaba.

»Ja«, sagte er, »bei dir.«

»Bei den Krähen, beim Affen, bei den Bienen, beim Hund und bei der Hexe?«, sagte sie. »Bei mir?«

»Wo soll ich sonst hin?«, fragte er.

»Was weiß denn ich«, antwortete sie.

»Ich kann mich um den Hund kümmern«, sagte er ruhig. »Ich kann für dich den Honig einsammeln.«

»Das ist mir egal.«

»Abgemacht«, sagte er, und so kam es, dass Liir das Haus seines Vaters betrat.