Du weißt genau, dass wir es nicht kontrollieren können
»Dieser Bastard hatte mich vergessen … Als das Tor zersplitterte und das Chaos losbrach, war ich oben gewesen, auf einem der Türme. Hendrikson, unser Anführer, hatte tags zuvor den Befehl gegeben, dass wir uns im Blockhaus verschanzen sollten, wenn das Fort fallen würde. Es war aus massiven Holzstämmen erbaut und das älteste Gebäude im Zentrum des Forts. Wir dachten, dass abgesehen von einer Kanone nichts in der Lage sei, gewaltsam in dieses Bollwerk einzudringen.« Butch lachte bitter und schüttelte den Kopf, weil er das nach all den Jahren noch immer nicht glauben wollte. »Doch wir hatten die Rechnung ohne den Rougarou gemacht.«
»Er kam ins Haus …«, murmelte Mason mehr zu sich selbst. Dieser Butch erzählte die Geschichte so lebensecht und emotional, dass Mason langsam in Erwägung zog, der Aussage des alten Mannes zu glauben.
»Der Rougarou zertrümmerte die Tür und nahm sich einen Mann nach dem anderen vor, bis ich an der Reihe war. Ich stand mit dem Rücken zur Wand, meine ungeladene, rauchende Flinte mit dem Bajonett nach vorne gerichtet … Ich war jung und längst nicht bereit, zu sterben. Das Monster ragte vor mir auf wie ein mit Fell überzogener Fels, es schien ins Unendliche zu wachsen.« Butch fuhr sich mit der Hand über die Augen, sichtlich bewegt von der Erinnerung. Er knöpfte sein Hemd auf und entblößte seine muskulöse Brust, auf der sich tiefe, verwucherte Narben zeigten. »Mit einem einzigen Schlag streckte er mich nieder. Ich sah, wie sich die widerliche Fratze über mein Gesicht senkte, sein Maul öffnete und Speichel in meinen Mund tropfte … Seine gelben Augen schienen mich zu mustern, tief in mich hinein zu blicken …«
Mason wurde sichtlich nervös. »Und? … Spannen Sie mich nicht auf die Folter, Mann!«
Butch tippte auf die Narbe in seinem Gesicht, dann auf sein Glasauge. Das künstliche Geräusch ließ Mason erschauern und Butch grinsen. »Er nahm mir die Augen und gab mir sein Blut … und damit verbunden den Fluch der Bestie.«
»Jetzt hören Sie doch auf … Den Fluch der Bestie, dass ich nicht lache …«, brauste Mason auf. Dieser Mann gehörte in die Anstalt und nicht bewaffnet in die Wälder. Er war eine Gefahr für die Öffentlichkeit.
»Der schnallt es nicht, oder?« Peggy stand auf und verschränkte die Arme. »Was meinst du, Dad, sollen wir es ihm zeigen, damit er rafft, was vor sich geht, hm?«
»Nein … das darf auf keinen Fall geschehen«, fuhr Butch seine Tochter an, »Du weißt genau, dass wir es nicht kontrollieren können … Nur im Notfall, so lautet die Vereinbarung!« Seine Worte ließen keinen Widerspruch zu.
Peggy sah ihren Vater wütend an, resignierte unter seinem Blick jedoch und setzte sich. »Und genau das ist unsere Schwäche, Dad … genau deswegen werden wir am Ende unterliegen.«
Mason verstand überhaupt nichts mehr. Was stimmte nur mit diesen Leuten nicht. »Ich mache euch einen Vorschlag …«
Butch sah auf, runzelte interessiert die Stirn. »Und der wäre?«
»Ihr macht mich los und ich begleite euch bei dem, was ihr vorhabt!« Was haben die überhaupt vor, fuhr es Mason durch den Kopf. »Ich werde alles festhalten, die Story, die Bilder, was wichtig ist … und am Ende reden wir darüber, wie wir zusammen damit an die Öffentlichkeit gehen.« Mason setzte alles auf eine Karte. Wenn es hier eine Story gab, und dessen war er sich absolut sicher, war dies der richtige Weg, um an sie ran zu kommen, direkt an der Quelle. Er sah Butch auffordernd an, der überrascht wirkte. »Ihr werdet es nicht bereuen!«
»Du verkaufst deine Seele an den Teufel und hast überhaupt keine Ahnung, worauf du dich einlässt«, knurrte Butch gefährlich leise. Dann, an Timothy gewandt: »Mach ihn los …«
»Was? … Ich verstehe nicht …« Timothy sprang auf und sah Butch fassungslos an. »Der Schmierfink wird bei der erstbesten Gelegenheit …«
»Überhaupt nichts tun!« Butch war schneller auf den Beinen, als es Mason für möglich gehalten hätte. Er packte den Deputy am Kragen. »Er kann uns hier im Sumpf weder schaden noch entkommen. Das hier ist unser Land, hier sind wir die Herren! Und jetzt tu, was ich dir sage … Schneid diesen Bastard los und kleb ihm um Gottes Willen ein Pflaster auf seine Nase, damit er aufhört, zu jammern … Wir haben hier einen Job zu erledigen!«